Herrn Ingerimm ein neues Haus — in Thorwal!

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Ausgabe Nummer 31 - 1024 BF

Herrn Ingerimm ein neues Haus — in Thorwal!

Bericht der fahrenden Thorwaler Bardin Walpurga Trondesdottir

Ein besonderer Tag ist es und bemerkenswerte Ereignisse, von denen ich hier berichten werde, denn in Thorwal wurde ein neuer Tempel eingeweiht. Doch keiner der Götter, die wir nun als „die unseren“ benennen, nein. Ingerimm ist es!

Viel wurde mit uns gehadert, seitdem Bridgera, die Hochgeweihte des Inselgleichen die Fesseln des Ediktes sprengte, welches uns einst von den güldenländischen Eroberern aufgezwungen wurden. Ketzer seien wir, die mit den schwarzen Landen unter einer Decke stecken würden. Doch ich will Euch mit den folgenden Ereignissen erzählen, daß wir keine Götterlästerer sind. Das wohl, beim weißen Gottwal, unserem Väterchen Swafnir!

Bridgeras Worte fanden große Aufmerksamkeit, auch bei den „Nichthjaldingern“ allerorten. Doch teilten viele unsere Freude nicht, unsere wahren Götter wiedergefunden zu haben. Unverständnis, Drohungen, ja blanker Haß quoll uns entgegen. Hier in Thorwal waren es nun die Zwerge, die darüber mißmutig wurden und so beratschlagten sie sich und es war Arxas, Sohn des Ambolosch, der hiesige Ingerimm-Geweihte der Thorwal-Zwerge, der vor den Hetmann Tronde trat und auch Bridgera und sprach:

„Höret, Freunde! Wir Angroschim haben Eure Beschlüsse vernommen, daß Ihr Eure Götter gefunden habt. Doch war ist mit IHM, dem Urväterchen aller Götter? ER, in dessen Esse wir erschaffen wurden, er wird mit Recht zürnen, wenn wir nicht seiner gedenken, wie es sich für rechtschaffene Angroschim ziemt! So wollen auch wir einen Tempel in Thorwal errichten, damit unser Väterchen Ingra ein Heim hier hat. Und welcher Platz ist dafür wohl besser geeignet, als mitten auf dem Eisenhof, wo Erz und Feuer ihre Hochzeit feiern? Wir werden noch diesen Winter mit dem Bauen beginnen, damit wir rechtzeitig zu seinem höchsten Ehrentag fertig sein werden!“

Man sah Tronde an, daß er gar nicht begeistert war, daß die zwergischen Handwerker und Ingenieure ihre Arbeit für einige Zeit verlassen würden, um einen Tempel zu bauen, anstatt an neuen Waffen zu forschen oder Geschütze zu bauen. Doch sah er in seiner Weisheit, was alles die Zwerge bisher für Thorwal getan hatten und daß er ihnen ihr gutes Recht nicht abschlagen konnte, ohne eine tiefe Kluft zwischen sich und ihnen aufzureißen. Und so erwiderte er:

„Wenn ich auch nicht darüber glücklich bin, Arxas, daß Ihr gerade jetzt, in dieser schweren Zeit, mit dem Tempelbau beginnen wollt, so werde ich doch meine Einwilligung nicht verweigern, mein Freund. Im Gegenteil möge sich jeder, der Willens ist, am Bau beteiligen. Desto schneller könnt Ihr Euch wieder um die neuen Waffen kümmern, denn es ist immer noch Krieg in diesem Lande.“

Befriedigt strich sich der Priester den Bart: „Das haben wir nicht vergessen, Tronde. Wie wir auch Deinen weisen Entschluß nicht vergessen werden.“ Sprach’s, nickte den beiden zu und ging, um sein Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Die Zwerge sorgten schon dafür, daß diese Nachricht sich schnell wie ein Lauffeuer durch die Stadt und weit darüber hinaus verbreitete und es kam so mancher, um beim Bau zu helfen. Auch viele Menschen kamen und auch einige Orken, denn auch bei ihnen wird Ingerimm als Gott des Schmiedefeuers verehrt...

Alsbald war der Bauplatz auf dem Eisenhof abgesteckt und es wurde eine große Bretterhalle darüber errichtet. Man war natürlich allgemein gespannt, wie denn die Zwerge im gefrorenen Boden so schnell ein Fundament ausheben wollten, aber wer sich durch härtesten Granit gräbt, für den wird wohl auch so was kein Problem darstellen. Und in der Tat sah man schon bald Rauch durch die Abzugslöcher im Dach dringen, der anzeigte, daß man mit der Arbeit begonnen hatte. Nur wenig später war es auch Gespräch in der ganzen Stadt, daß man den Boden ganz einfach in einem begrenzten Bereich mit großen Kohlefeuern auftaute, worauf man ihn recht gut abtragen konnte. Da der umgebende Boden gefroren blieb, konnte man sich auf diese Art auch aufwendige Absteifungen ersparen.

Bald schon zeigte sich, daß das Fundament bestimmte seine zwei Stockwerke tief werden würde, währenddessen trotz der Kälte im neuen Steinbruch vor dem Nordtor fleißig Bausteine gebrochen und behauen wurden. Auch lief das eine oder andere Schiff mit einer Ladung besonders schöner oder bunter Steine in den Hafen ein. Es sind wohl sogar einige Quader aus dem Kosch darunter gewesen. Auch in den Schmieden des Eisenhofes war man nicht untätig und neben Waffen und Beschlagteilen entstand auch viel meisterliches Zierwerk für den Tempel.

Doch sollte man später im Tempel auch viele Stücke sehen, die schon vor längerer Zeit fertiggestellt wurden und nur auf diesen Anlaß zu warten schienen. Offensichtlich hegten die Zwerge doch schon seit langer Zeit die Absicht des Tempelbaues, doch mangelte es ihnen anscheinend immer wieder an einem Anlaß dazu, den sie jetzt endlich gefunden hatten. [...]

Es wurde schon Mitte Faramond, den die Zwerge immer noch Ingerimm nennen, als ich endlich wieder nach Thorwal reisen konnte. Wie sehr hatte sich doch inzwischen der Bau verändert! [...]

Matt schimmernder Granit, fein behauen zu einer glatten Oberfläche — nur an den Ecken und Kanten mit reichen Reliefbändern verziert. Dazu brüniertes Schmiedeeisen in meisterlicher Qualität vor allen Fenstern. Hier wiederholen sich die Symbole des Amboß, des Hammers, der Flamme und der Lava in Form von dampfenden Wellen, während die gemeißelten Kantenreliefs augenscheinlich besondere Ereignisse aus der jahrtausendealten zwergischen Geschichte darstellen.

Der ganze Tempelbau hat einen T-förmigen Grundriß, den man durch ein zweiflügeliges Portal aus reich mit Schmiede- und Schnitzarbeiten verzierter Steineiche am Fuße des Längsschenkels betritt. Das Längsschiff wird links und rechts durch eine Säulenreihe unterteilt, die wohl weniger der Stütze des Daches dienen werden, denn mehr als Träger für die reichen Opfergaben, die in ihrer glitzernden Pracht tausendfach das Licht der Laternen wiederspiegeln! Wunderschön gemaserte Erzklumpen wechseln sich mit anmutig geformten Kristallen ab, dazwischen sind geschickt beleuchtete Hohlkristalle, sogenannte „Drusen“ in die Säulen eingelassen, die ihr buntes Licht durch die Facetten tausendfach gebrochen in das Tempelschiff werfen. In den Außenwänden befinden sich unzählige Nischen und Simse, von denen viele noch leer stehen, bei denen ich mir aber sicher bin, daß sie in Zukunft noch mit aufwendig ausgeführten Handwerksstücken belegt werden.

Am Ende des Längsschiffes schließt sich nun das Querschiff an, welches das dreigeteilte Sanktuarium beherbergt.

In der Mitte, hinter dem mächtigen Amboß, füllt eine gewaltige Esse die Rückwand auf, deren Hitze den Tempel an diesen Frühlingstagen schon ein wenig unangenehm warm werden ließ. [...] Der Rauch aus den Essen zieht jeweils durch einen eigenen Schlot ab, um gemeinsam mit den Rauchsäulen aus den anderen Schloten des Eisenhofes dunkle Figuren in das helle Blau des Frühlingshimmels zu malen.

Auch hier drin herrschte noch reger Betrieb an allen Stellen. Wo die einen noch die Kristalle polierten und die Lampen einrichteten, heizten die anderen den Essen ein, um die Schamottmauerung zu prüfen und weitere noch auf dem Amboß letzte Schmiedeteile schlugen. Trotz der großen Geschäftigkeit lag doch über allem eine heitere Stimmung, die mich ansteckte. Und so fieberte auch ich dem Tag entgegen, wo dieser prachtvolle Bau eingeweiht werden sollte.

Zwei Tage vorher erreichte eine zwergische Delegation aus dem Kosch die Stadt. Sie hatten tatsächlich den beschwerlichen Landweg über Andergast hierher genommen, nur um nicht mit einem Schiff fahren zu müssen! Eine respektable Leistung mit dem Karren. Wenn sie einen Boten vorausgeschickt hätten, hätte sie doch Tronde mit ein paar besonderen Fahrzeugen von der Grenze abholen lassen.

Jedenfalls waren sie nun da und unsere Zwerge ganz aufgeregt. Denn, so teilte man mir mit vor Begeisterung heiser flüsternder Stimme mit, es handelte sich bei dem Anführer der Delegation um Meister Lorthax, Sohn des Loin. Er ist der Stellvertreter des Hüters der Flamme und der Träger Des Steines.

Das erstaunte nun doch viele von uns, daß man in der Ingerimm-Kirche der Weihe dieses Tempels bei uns „Barbaren“ so viel Aufmerksamkeit schenkte. Wenn es mich auch auf jeden Fall für unsere kleinen Freunde freute.

Auf jeden Fall nutzt die Delegation den ersten der beiden verbleibenden Tage bis zur Einweihung, um sich ausgiebig von den Strapazen der Reise zu erholen, wozu auch ein ausgiebiges Gastmahl in Trondes Ottaskin gehörte. Es wurden wohlweislich nicht nur thorwalsche Spezialitäten aufgetischt, doch waren wir verwundert darüber, daß die Zwerge auch den Meeresfrüchten reichlich zusprachen. Doch erhielten wir schnell schmunzelnde Auskunft darüber, daß die Fische und Flußtierarten aus dem Angbarer See und dem Großen Fluß seit Jahrhunderten den Speiseplan der Zwerge bereichern. Schau mal einer an!

Verwunderung bei den Zwergen hingegen bewirkte unser „Premer Feuer“. Zwar sind sie durchaus auch einen guten Brannt gewohnt, aber doch geradezu begeistert aufgenommen wurde die traditionelle Art der Thorwal-Zwerge, ihn „warm“ zu trinken, das heißt, man entzündet den Brannt im Krüglein kurz vor dem Trinken und wenn dann die rötliche Flamme lustig auf der Flüssigkeit tanzt, führt man das Krüglein zum Mund, möglichst ohne sich dabei den Bart aus dem Gesicht zu sengen.

Hier ergab sich für die Ingerimm-Geweihten die einzigartige Möglichkeit, den Verzehr geistiger Getränke mit der Verinnerlichung Ingerimms heiligen Elementes, des Feuers, zu verbinden und man machte recht ausgiebig davon Gebrauch! Den zweiten Tag benötigte die Delegation, um sich von den körperlichen Folgen des ungewohnten Getränks zu erholen...

Und nun war er endlich da, der Tage der Weihe, der von Thorwals Zwergen so lange herbeigesehnt wurde, und es versprach, ein wunderschöner, mildwarmer Frühling zu werden, Beleman schickte uns nur ein paar kleine Schäfchenwolken, um das strahlende Blau aufzulockern.

Die Zwerge brachen zeitig aus den Stollen im Westen der Stadt auf. So ging es weiter durch die Stadt, aus dem Osttor hinaus und am neuen Sägewerk vorbei, welches sich Meister Lorthax noch kurz zeigen ließ. Überhaupt zeigte er ein großes Interesse an allen Bauwerken und Handwerksarbeiten und dergleichen und ging in der ganzen Zeit, wo ich mit dabei war, nicht ein einziges Mal auf politische Angelegenheiten ein. Tronde war weise genug, diesen Wink zu verstehen und zu respektieren, was viel zur guten Stimmung dieser Tage beitrug.

Schließlich erreichte die Delegation den bunt geschmückten Eisenhof, auf dem nicht weit vom Eingang der Ingerimm-Tempel in seiner Pracht in der Morgensonne erstrahlte. Die Rauchfahnen aus den Schloten wurden schnell von Belemans Atem erfaßt und tanzten lustig über den Dächern. Auch wenn heute während der feierlichen Zeremonie hier nicht gearbeitet wurde, so wurden doch alle Essen und Schmelzöfen zu Ehren Ingerimms befeuert.

So machte sich nun Meister Lorthax mit unserem Meister Arxas daran, den neuen Tempel zu inspizieren und wie Arxas damals an dem Fenstergitter prüfte nun Lorthax hier das Maß einer Schmiedearbeit, dort den lotrechten Sitz einer Fensterbank, da drüben die fachgerechte Verfugung der Steine und auch die Blasebälge mußte unter seinen prüfenden Blicken Bestand haben.

Bestimmt zwei Stunden nahm diese Inspektion in Anspruch und während sich vor dem Tempel schon eine ziemliche Menschenmenge angesammelt hatte, ließ er sich nun auch noch von einem menschlichen und einem orkischen Meister das jeweilige Seitenschiff erläutern.

Man konnte ihm gerade auch beim Orkenführer, Meister Aishim Grav’hai, der das thorwalsche doch besser als das Garethi spricht und sich sichtlich bemühte, sich mit seiner abgehackten, bellenden Aussprache Lorthax verständlich zu machen, eine gehörige Distanz anmerken. Befremdet starrte er öfters auf Aishims gewaltige, mit Silber- und Goldarbeiten verzierte Hauer. Doch letztendlich schien er das traute Nebeneinander zu akzeptieren und begab sich schließlich vor den Tempel, wo ein hölzernes Podest errichtet war, um pünktlich zur elften Stunde die Feierlichkeiten mit Hetmann Tronde zu eröffnen.

Es war auch Tronde, der die erste Rede hielt. Ich will das hier jetzt nicht alles wortwörtlich wiedergeben, aber Tronde blickte darin kurz zurück auf das vergangene Jahr und was es schreckliches für Thorwal gebracht hatte. Dann bedankte er sich bei den Thorwal-Zwergen für ihre tatkräftige Unterstützung in so vielen Dingen wie auch zum Beispiel das Sägewerk, was man von hier aus durch die geöffneten Fenster des Eisenhofes sehen konnte. [...]

Dann blickte er Meister Lorthax an und auch ihm sprach er seinen Dank aus im Namen aller für die Unterstützung, die die Koschprovinz und die Bergfreiheiten Thorwal in der vergangenen, schweren Zeit zuteil werden ließen und auch für ihr heutiges Erscheinen, um seine zwergischen Freunde und mit diesen ganz Thorwal mit der Tempelweihe zu ehren.

Nun, sprach er und ein feines Lächeln umspielte seine bartlosen Lippen, während sein Blick in die Runde schweifte, da dieser Bau in einer beachtlich kurzen Zeitspanne vollendet wurde, beweist es sich doch, zu welchen stolzen Leistungen alle Handwerker Thorwals fähig sind und darum werde er beruhigt in die Zukunft schauen können, daß auch die Kriegsrüstung den momentanen, starken Anforderungen gewachsen sei!

Nun trat Tronde zurück, um Meister Lorthax den Vortritt zu lassen und dieser begann mit unvermutet lauter, weit schallender Stimme seine wohlgesetzte Rede.

Schwer sei unsere Prüfung gewesen und bitter die Verluste, doch mögen wir Mut fassen, denn sei doch mit Väterchen Ingra auch sein Sohn Simia in diese Stadt eingekehrt. Simia, der Sohn Ingras und Tsas, der Erneuerer, der aus Vergangenem Neues erschafft. So, wie wir schon fleißig in dieser geschundenen Stadt wieder aufgebaut und neues und schöneres geschaffen haben.

Inzwischen lobte meister Lorthax den Tempel. Die Arbeit sei Väterchen Ingra würdig und wahrlich — dabei blickte sich Lorthax um — auch der Platz hier, mitten im Eisenhof, würde sein Wohlgefallen erregen.

Gerade nun, nachdem er geendet hatte und das Podest verlassen wollte, um zur Weihe zu schreiten, trat Bridgera nach vorne und erhob mit ihrer vollen Stimme das Wort.

Aufmerksam hingen alle an ihren Lippen, was sie denn nun dazu sagen würde, daß man in ihrer Stadt fremden Göttern einen Tempel errichtet.

Doch wer einen eifrigen Zornesausbruch erwartete, hatte weit gefehlt, denn mit freundlichen Worten beglückwünschte sie ihre Freunde, die Thorwal-Zwerge und auch die vielen zugesiedelten aus den Mittellanden dazu, daß sie nun einen Platz hätten, ihren Gott zu verehren. Denn, so betonte sie noch einmal ausdrücklich und deutlich für alle, wenn Ingerimm auch kein Gott der Hjaldinger sei, so ist er doch ein Gott, dem man damit Respekt zu zeigen und zu ehren hat, wie man auch die Freunde seiner Eltern ehren soll.

So trat sie auf den verdutzten Meister Lorthax zu und hielt ihm die Hand zur Freundschaft hin. Immer noch ziemlich verblüfft, nahm er die Hand an und Bridgera sprach zu ihm die Worte: „Wir sind weder Ketzer, noch Barbaren, Lorthax. Wir haben nur heimgefunden zu unseren Göttern.“ Und unter lautem Jubelgeschrei aus vielen hundert Kehlen verließen sie den Podest, um nun im Tempel der Weihe beizuwohnen.

Im Tempel wurde es jetzt richtig eng, denn alle Zwerge drängten sich nun hinein, viele ingerimmgläubige Menschen und auch einige Orks. Die Essen waren inzwischen bis zur Rotglut angefacht worden und man hatte allerlei Essenzen und Rauchwerk in die Glut getan. Der Qualm zog sich nun unter der niedrigen Decke durch das ganze Tempelschiff und reizte viele Menschen zum Husten. Die Hitze trieb uns den Schweiß aus den Poren. Den Zwergen schien es nichts auszumachen — kein Wunder, denn sie haben ja ihre Nasen fast einen Schritt weiter unten!

Mit einigen wuchtigen Hammerschlägen an der Esse beendete nun Lorthax symbolisch den Bau des Tempels am heutigen Tage und begann mit den heiligen Rezitationen in der alten Sprache der Angroschim. Viele Zwerge fielen in die Liturgien ein, während die meisten Menschen doch etwas ratlos umherblickten, bis endlich Arxas in thorwalscher Sprache einfiel und auch der Ork Aishim es versuchte.

So dröhnte schließlich der ganze Tempel unter den Lobpreisungen Ingerimms in den Sprachen dreier Völker und den rhythmischen Hammerschlägen auf den Ambossen.

Schließlich, auf dem offensichtlichen Höhepunkt der Litaneien, holte Meister Lorthax aus einer reichverzierten Truhe einen Erzklumpen hervor und stemmte ihn hoch über den Kopf. Schlagartig kehrte bei den Gläubigen ehrfürchtiges Schweigen ein und auch die Hammerschläge verstummten.

Lorthax legte ihn auf den großen Amboß und begann wieder eine altzwergische Liturgie, in die die Angroschim einfielen.

Arax und Aishim wiederholten sie in den anderen Sprachen, bis alle wieder mit einstimmten. Nun hob Lorthax einen Schmiedehammer und schlug mehrmals im Rhythmus der Liturgie auf den Erzklumpen, während es hinter ihm in der Esse hell aufflammte. Doch war kein Schlag von seinem Hammer zu hören, nein! Die ganze Erde bebte ! Deutlich war jeder Stoß von den Füßen her zu spüren, auch draußen im Eisenhof, wo sich nun Aufregung ausbreitete. Selbst auf dem alten Ugdalskronir waren die Stöße noch zu spüren.

Obwohl auch ich erschrocken mehr auf das Grollen zu meinen Füßen als auf die Worte der Priester achtete, bleiben sie mir doch im Gedächtnis haften:

„Flamme uns Fels! Hitze und Stahl! Zorn und Härte! Mut und Kraft! Herr des Feuers, Herr des Erzes, erhöre mich!

Gewähre Deinen Kindern in diesem Hause Schutz, wie Du ihn auch einst Huramasch gewährtest, als er Dir seine einzige Tochter opferte! Kein Beben und auch keine Feuersbrunst sollen dieses Haus zerstören können und es soll all jenen Schutz gewährt werden, die ohne Hader mit Dir in diese Halle traten!“

Und mit einem letzten Schlag kehrte wieder Stille ein. Noch immer das Dröhnen in den Ohren, vernahm ich kaum das Prasseln der Glut, das Zischen der Eisen und das erregte Keuchen der Menge ringsum.

Meister Lorthax hatte den Tempel fürwahr mit Hilfe einer der höchsten Reliquien des Ingerimm-Glaubens eingesegnet und eine göttliche Manifestation hervorgebracht! Viele der Gläubigen, gestandene Zwerge von hundert oder mehr Wintern darunter, fielen darob in wahre Verzückung.

Nachdem Der Stein wieder sorgfältig in seine Kiste verpackt wurde, nahmen die Gläubigen ihre Gesänge wieder auf und nun, da die Tempeleinsegnung erfolgreich abgeschlossen war, wurden die vielen vorbereiteten Werkstücke gesegnet. Unermüdlich prüfte und begutachtete Meister Lorthax die ihm präsentierten Stücke, überwachte deren symbolische oder tatsächliche Fertigstellung, segnete jedes mit der gleichen Inbrunst und schlug persönlich den Stempel „ING XXI“ ein.

Diese Zeremonie zog sich bis in die späten Nachmittagsstunden hin, doch war bei keinem der Gläubigen eine Spur von Müdigkeit oder Erschöpfung zu entdecken. Mir jedoch machten die Hitze und der Qualm ziemlich zu schaffen und auch sah ich mit den durch den scharfen Rauch tränenden Augen, wie Bridgera von Tronde gestützt wurde.

So drängelte ich mich durch die Anwesenden bis hin zu ihr, um ihr von der anderen Seite Halt zu gewähren und so überstanden wir es schließlich auch. Aber viel länger hätte es nicht dauern dürfen, denn nachdem zum Schluß der Einsegnungen nochmals einige Liturgien angestimmt wurden und wir mit dem Abschluß der offiziellen Feierlichkeiten endlich den Tempel verlassen konnten, ohne Anstoß zu erregen, mußte sich Bridgera erstmal draußen hustend und keuchend auf einem Stapel Bauholz hinsetzen und ausruhen. Sogleich wurden auch schon von den Umstehenden einige Gefäße mit Brannt herübergereicht und nach ein paar Schlucken bekam Bridgera swafnirseidank wieder etwas Farbe ins Gesicht. [...]

Klugerweise hielt sich die koscher Delegation diesmal mit dem Genuß des „warmen“ Feuers deutlich zurück und so konnten sie sich am Morgen des übernächsten Tages in der Frühe auf den Weg zurück in den Kosch aufmachen. Doch nun begleitet von einer Abordnung von Trondes Hetgarde, sowie eines Ortskundigen, damit sie diesmal auf einen etwas besseren Pfad bis zur andergastschen Grenze gelangen würden und drei Pferdegespannen, um ihnen die Reise zu erleichtern und um die Gastgeschenke mitzuführen — darunter drei Fässer mit Hjalskes Rotbrannt. Doch nicht alle kehrten zurück, denn ein junger zwergischer Geweihter aus Meister Lorthax Gefolge bat darum, für ein Jahr und einen Tag im neuen Tempel bleiben zu dürfen, was auch gerne gewährt wurde. [...]

Wie auch in der Stadt selber wieder langsam so etwas wie Normalität einkehrt — wenn man auch meint, die Zwerge noch geschäftiger als sonst bei der Arbeit zu sehen, dabei ein fröhliches Liedchen pfeifend... Das wohl, bei Swafnir!

Wie aus dem Tempel der Ewigen Flamme verlautet, sind Se. Eminenz Lorthax, Sohn des Loin und seine Begleiter inzwischen wohlbehalten nach langer Reise wieder in Angbar angelangt.