Der Zorn des Praios

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Ausgabe Nummer 12 - Firun 1018 BF

Der Zorn des Praios

Die „Zeit der brennenden Tempel“ findet ihre spektakuläre Fortsetzung

KOSCHTAL. Der Monat des Sonnengottes war angebrochen und immer noch herrschte in der kleinen Grafschaft Wirrnis, Aberglaube und Unordnung. Die meisten Bürger hatten sich in ihren Heimen verschanzt und wagten sich kaum hinaus, der Handel lag völlig brach, so daß sich gar viele durchreisende Fuhrleute wundern mußten.

Aus dem Praiostempel, dessen düstere Prophezeihungen schließlich die Wurzel des Chaos darstellten (der Kurier berichtete in seiner Numero 11) war indes keine Hilfe zu erwarten, waren doch die Geweihten selbst — namentlich seien Hochwürden Berwangk und der zum Seher erklärte Stockbrügel genannt — in höchst unheiligen Disput getreten.

Es begab sich nun, daß sich just in diesen Tagen gereiztester Stimmung, finstere Wolken über Koschtal zu ballen begannen. Nun ist es für das wankelmütige Wetter des Schetzeneck beileibe nichts Ungewöhnliches, wenn im Hochsommer ein Gewitter aufzieht und die erhoffte Kühlung bringt, doch zu einem Zeitpunkte, da man eifrig das Ende des Derenrunds erwartet — wie’s die Koschtaler nun dräuen sahen — sieht man in solch natürlichen Dingen die übelsten Gefahren. So nimmt es nicht Wunder, daß heillose Panik die Bevölkerung aufs neue packte und schüttelte.

Wahrlich schickten die Götter ein gar garstiges Unwetter über die Stadt, deren Einwohner sich sämtlich zitternd und betend verkrochen hatten.

Efferd hatte seine Tore weit geöffnet, Bäche schossen dem Großen Flusse gleich über den Marktplatz und drohten die Stadt hinab in den See zu spülen. Grelle Blitze zuckten über den schwarzen Himmel und tanzten ein Hexenfest auf der Spitze des Götterzahns. Gar manches Gehöfte der Umgebung mußte Bekanntschaft mit den grollenden Säulen machen — ja selbst in den Bergfried der Grafenburg soll ein Blitz gefahren sein (der — den Göttern sei’s gedankt — aber keine Schäden hinterließ). Wohl drei volle Stundengläser tobten die Gewalten schon, als das wilde Himmelsfeuer für einige unheilvolle Augenblicke ruhte.

Dann, die Boronsstunde war frisch angebrochen, öffnete sich das Wolkengebirge ein letztes Mal und sandte den Vater aller Feuersäulen hinab. Erschrecklich lange stand er am Firmament, bedrohlich und machtvoll zugleich. In diesem Augenblick, so die Aussage sämtlicher Augenzeugen, zerbarst die Kuppel des Praiostempels in wohl tausend brennende Stücke, die den gesamten Tempelgrund innerhalb weniger Momente in hellem Loder stehen ließen.

Geweihte und Laien konnten sich zwar retten, doch des greisen Meisters Bergen Stockbrügels Herz soll im Augenblick des Einsturzes stillgestanden sein. Der Tempelbau selbst, ohnehin ein eher kleines, aber neues Haus, ward gänzlich zu Asche. Und so wird es auch bleiben, denn überraschend schnell kam nach nur sieben Wochen Botschaft aus Gareth selbst, daß der Kirchenstandort Koschtal nach kurzen 99 Götterläufen fürderhin aufzugeben und der Tempelbezirk unter Nadoret und Drift aufzuteilen sei.

Es ist anzunehmen, daß die hohen Kirchenleute dem Treiben von Koschtal schon länger mit Unbill zusahen. Dieses eindeutige Zeichen — kein Zweifel vom Götterfürsten selbst entsandt — besiegelte die nur kurze Geschichte des Koschtaler Tempels.

Da auch das Gewitter daraufhin so schnell, wie es über das Städtchen hereingebrochen war, auch wieder verschwand und Tagen prächtigsten Sonnenscheins wich, fiel auch die einfache Bevölkerung rasch wieder ins gewohnte Leben zurück. Wohl auch dank der fürsorglichen „Rosenschwestern“, dem hiesigen Peraineorden zeigte sich Koschtal bald wieder in der gewohnt blühenden Herzlichkeit und gediegenen Schönheit. Einzig dort, wo der Praiostempel stand, hat man ein hübsches Blumenbeet gepflanzt.

L.C.

Letzten Meldungen zufolge sind einige Koschtaler der Meinung, es habe sich um eine Feuersäule des Herrn Ingerimm gehandelt, die das Haus seines Bruders zerstörte. Dies wurde jedoch von den Geweihten des Schmiedegottes nicht bestätigt. Es geht bekanntlich die Sage, der Koschtaler Berg sei die Spitze von Ingerimms Amboß.