Zwergwerdung - Verzwerglichung
Gasthaus „Feuertopf“ am Fuße des Weißkegels vor den Toren Xorloschs, 1044
Eine sehr aufgeregte Stimmung lag in dem Gastzimmer, in dem zwei Geweihte auf und ab liefen, an sich rumzupften, sich im Spiegel betrachteten und sich allgemein auf den Termin vorbereiteten.
Vor dem kleinen Fenster pfiff weiterhin ein schneeerfüllter Sturm durch die Ingrakuppen.
Die Reise hierhin war nach den ereignisreichen Abenteuern der letzten Monate wenig ereignisreich, fast erholsam, aber dennoch nicht einfach gewesen.
Das Wetter, der Marsch und nicht zuletzt die täglich steigende Nervosität hatte dem ungewöhnlichen Vater-Tochter-Paar zugesetzt. Die anschließende Übernachtung vor den Toren Xorloschs hatte gutgetan, die Reisestrapazen aber noch nicht ganz vergessen gemacht.
„Sehe ich zwergisch aus, Papa Xuronim?“
„Du bist zu groß“, antwortete der Angesprochene trocken, beim Versuch, runenverzierte Bartperlen in seinen wallenden, roten Bart einzuflechten.
„Papa!“, protestierte die junge menschliche Borongeweihte gespielt. „Das war das Einzige, was ich nicht meinte.“
Mit einem kaum vernehmbaren Klick, schloss sich endlich die Bartperle und der Angroschgeweihte schaute regelrecht erleichtert, dieses schreckliche Gefuckel endlich beenden zu können.
Er drehte sich um und sah sich seine Tochter an. „Marbolieb, Tochter des Xuronim, Du bist die schönste Angroschna in ganz Xorlosch.“ Er schaute sie noch einmal prüfend und offensichtlich sehr stolz an.
Marbolieb hatte die dunkle Kutte der Borongeweihten abgelegt und ein schwarzes Kleid angezogen, dass nach Zwerginnenart etwas mehr Dekolleté zeigte. Dazu trug sie einen leichten, dafür aber angroschgefälligen dunkelroten Umhang. Xuronim hatte sie nicht überzeugen können, ohne Schleier aufzutreten. Zwar hatte er argumentiert, dass Angroschs Feuerzeichnungen, wie er die Narben der Verbrennungen Marboliebs liebevoll nannte, nirgends mehr als gutes Zeichen angesehen würden, als im Haus des Vaters des Feuers.
Doch hatte er sich natürlich, wie immer, nicht durchsetzen können und nun trug sie einen mit angroschgefälligen Runen verzierten, stählernen Kopfschmuck, an dem ihr Schleier so gekonnt angebracht war, als ob er schon immer da hingehört hätte.
Er räusperte sich bewegt: „Kein Vater könnte stolzer sein – nur halt zu groß!“