Zur Ehre Grimsaus - Von Moder, Zeter und Mordio
Grimsaus Ehr, Ende Peraine 1032 BF
Bandhag wippte, einen Bierkrug in der Hand und eine Schaumpfeife schmauchend, auf seinem Schaukelstuhl vor seinem Haus im Sumpf und war stolz auf sich.
Und er hatte allen Grund stolz auf sich zu sein. Die Zisterne zur Regenwassergewinnung war schließlich seine Idee gewesen. Und der unter der Erde eingebettete riesige Bottich, der das ganze Frischwasser bis zur Nutzung sicher hielt vor der Verbrackung, war schlichtweg genial.
Und all das hatte er in weniger als vier Wochen vollbracht. Gut, das Holz kam fertig geschnitten aus Angbar, ebenso die kunstvoll geschmiedeten Eisenbänder.
Aber die Filterung des Regenwassers durch die aufgestellten Sandbottiche war allein seine Errungenschaft. Nun, vielleicht war auch das Filterprinzip bereits seinen Nachbarn in Ferdok bekannt, und vielleicht hatte sich Bandhag dort auch ein kleines Bisschen für seine Idee inspirieren lassen.
Aber nur ein kleines Bisschen. Und stolz konnte er trotzdem sein. Die Zisterne würde die Wasserversorgung für Grimsaus Ehr sicherstellen, und niemand würde je wieder auf das brackige Moorwasser zurückgreifen müssen.
Seit der Fertigstellung vor zwei Wochen begegneten Bandhag die Einwohner der kleinen Siedlung im Moorbrücker Sumpf mit neuem Respekt. Waren sie doch anfangs überhaupt nicht von der Idee des Hügelzwerges überzeugt, den Hausbau ruhen zu lassen, bis ein genügend großes Loch in der Mitte von Grimsaus Ehr für den Bottich freigegraben war.
Aber nachdem der Bottich versenkt, das Loch wieder zugeschüttet und das erste sandgefilterte Wasser genutzt wurde, war alles anders. Vergessen waren die zusätzlichen Tage, welche die Neusiedler in Zelten statt festen Häusern verbringen mussten. Die Frauen grüßten ihn mit einem Lächeln im Gesicht, die Männer hoben anerkennend den Hut, wenn sie Bandhag sahen.
Sogar Valpo Faßbrandt, der sich mehr Sorgen um die Bewässerung seiner frisch gepflanzten Apfelbäume machte als um das Gemeinwohl von Grimsaus Ehr, grummelte etwas von einem Schönen Tag und Peraines Segen bei jeder Begegnung.
Und so war es auch das Haus des Büttners Bandhag, dass als zweites, direkt nach dem des Ritters von Grimsau, fertiggestellt wurde. Mitsamt einer kleinen Veranda und einem Schaukelstuhl.
Kurzum, das Leben war gut zu Bandhag und er genoß jede Minute davon.
Und die Erholung der letzten Tage hatte er sich redlich verdient. Allein wenn er nur an das Biegen der Hölzer dachte, begann der Schweiß bereits wieder, ihm auf die Stirn zu steigen. Gut, dass sich der Halbork Morrok als wahrer Kraftprotz entpuppt hatte und ihm die meiste Zeit zur Hand ging.
Bandhag seufzte kurz, gönnte sich noch einen tiefen Schluck Ferdoker Helles, einen genüßlichen Zug von der Pfeife und schloß die Augen, um den Geräuschen des Tages zu lauschen.
Seine Ohren hörten das allgegenwärtige Summen der Insekten, Zirpen von vielen Grillen, vereinzeltes Quaken aus den nahen Sümpfen, ein „Schönen Tag“ von Valpo, der sich wohl gerade auf den Weg zu den Apfelbäumchen machte, das Glucksen von Luftblasen, die sich im Sumpf den Weg nach oben bahnten, ein Knirschen wie von modrigem Holz...
Bandhag öffnete die Augen wieder ob des ungewohnten Geräusches. In der Mitte des Dorfplatzes sah er eben jenen Valpo, der ungläubig in die Richtung des Hügelzwerges blickte und dann einfach so in einem Loch im Boden verschwand. Wie gebannt blickte Bandhag weiter auf den Dorfplatz, auf dem Valpos Frau Lechmin schreiend in Richtung des entstandenen Loches lief, nur um selber nur einen guten Schritt davon entfernt in ein weiteres, neu entstandenes Loch zu stürzen.
Nach und nach kamen immer mehr Siedler auf den Platz und halfen den in den durchgemoderten Bottich Gefallenen wieder heraus, sofern sie nicht selber einbrachen, was die ganze Angelegenheit nur noch verlängerte.
Und so standen letzten Endes die Bewohner von Grimsaus Ehr, fünf davon triefend nass, angeführt von Valpo Faßbrandt und Erzian Schinder vor Bandhags Haus und hätten den armen Zwerg wohl an der nächsten knorrigen Weide aufgeknüpft, wenn nicht der Halbork Morrok und der Ritter von Grimsau sich schützend vor ihn gestellt hätten.
Was jedoch nichts daran änderte, dass Bandhag den in so kurzer Zeit vermoderten Bottich komplett mit Sand und Erde auffüllen und bis dahin sein Haus mitsamt der Veranda und dem so bequemen Schaukelstuhl der Familie Faßbrandt überlassen musste.
Zu allem Überdruss würde die Arbeit der nächsten Jahre für ihn sein, an jedem Haus eine kleine eigene Zisterne zu erstellen.
Kurzum, das Leben war nicht mehr gut zu Bandhag, und er genoß keine Minute davon.