Dreister Einbruch in Steenback - Es beginnt mit einem Paukenschlag
Schwester Gidiane kniete neben ihrem Großonkel Stordan, dem Herrn von Steenback und betupfte dessen Stirn mit einem feuchten Tuch. Einige Diener und Mägde umstanden die Hesindegeweihte und den bewusstlosen Ritter von Steenback. Durch das schmutzige Fenster des Schlafzimmers fiel warmes Sommerlicht und zauberte Schweißtropfen auf die Stirnen der Anwesenden.
"Ist der alte... ich meine, ist der Herr Ritter... tot?" fragte Nottel vorsichtig und leise in die betretene Stille hinein.
"Tja, also, nun, ich meine...", begann Gidiane langsam zu stottern. Eine schwere Hand legte sich beruhigend auf die zarte Schulter der Geweihten und eine tiefe, angenehme Männerstimme sprach:
"Nein, Nottel, der alte Herr ist nicht tot. Er ist nur bewusstlos. Schwester Gidiane kümmert sich um ihn. Lasst die beiden jetzt allein. Wir anderen haben genug zu tun. Daher raus jetzt- alle!"
Obwohl der Dorfschulze Korsten mit leiser Stimme gesprochen hatte, war seine Botschaft bei den Bediensteten angekommen. Leise und im Gänsemarsch verließen sie die muffige Schlafkammer des Ritters und versammelten sich draußen auf dem Flur, vor der staubigen Ahnengalerie der Herren von Steenback.
"Was nun, Korsten? Habt ihr eine Idee, bei Phex?" Wie immer war es der freche Jorm, der den älteren und ihm im Rang überlegenen Schulzen Korsten ansprach.
"Mhmm, tja..." begann Korsten seine Antwort. "Zunächst einmal fassen wir zusammen, was passiert ist. Nottel, berichte!"
"Also, als ich heute morgen aufwachte, um mein Geschäft zu verrichten, hörte ich im Hof ein Geräusch. Es klang wie das Schnauben eines Pferdes. Als ich in die Empfangshalle schlich, um den frühen Gast zu sehen, hörte ich Geräusche aus dem Keller. An der Empore angekommen, hatte ich einen guten Blick in die Empfangshalle. Dort lag lang ausgestreckt der Herr Stordan auf dem Boden. Sein Kopf...", Nottel schluckte, "lag in einer riesigen Blutlache!"
Ein aufgeregtes Raunen ging durch die versammelte Dienerschaft. Korstens Blick aus seinem verbliebenen Auge ließ die Knechte jedoch schnell verstummen.
"Dann ging alles ganz schnell. Ich sah, wie die Diebe die Waffensammlung aus dem Keller in den Hof trugen und dort auf einen Karren luden! Es waren sicherlich sechs oder sieben finstere Gesellen. Ihre Anführerin war bestimmt neuneinhalb Spann groß und garstig sah sie aus mit der breiten Narbe über ihrer Wange! Ich wollte nach Hilfe rufen, doch da hatten sie mich auch schon entdeckt. Ich lief weg und versteckte mich. Mehr weiß ich nicht."
Korsten atmete tief durch. "Ja, Nottel. Das war nicht eben rondrianisch, aber vermutlich das beste, was du deinem Leben antun konntest. Hat sonst noch jemand etwas gesehen?"
Eine alte Dienstmagd meldete sich zaghaft. "Nun, ich glaube, ich habe etwas gehört. Der Herr Stordan wünscht ja nicht, dass das Gesinde im Gutshaus schläft, daher wäre mir der Raub gar nicht aufgefallen. Heute morgen war ich aber früh am Teich, die Gänse hüten. Da habe ich gehört, wie ein schwerer Wagen auf der Straße nach Gôrmel entlang gerollt ist. Das können eigentlich nur die Gauner gewesen sein. Korsten, ihr müsst das Diebsgesindel schnappen!"
Auch die anderen Knechte und Mägde begannen wieder, unruhig zu raunen und zu flüstern. Korsten hob nur die Hände. "Ich kann hier gar nichts! Wenn es wirklich, wie Nottel sagt, acht schwer bewaffnete Halunken waren, dann brauchen wir bewaffnete Hilfe. Ich werde Boten aussenden zu den Nachbargütern, dem Herrn Grafen und den befreundeten Adelshäusern. Wenn die Waffensammlung aus Gut Steenback in die falschen Hände gerät, dann wird bald eine Horde bestens ausgerüsteter Mordbrenner, Halunken und Orks über unsere schönen Lande herfallen! Das dürfen wir keineswegs zulassen! Nottel, Jorm! Macht euch bereit zur Abreise, ich schreibe derweil die Depeschen!"