Rahilja - Salz und Eichen Teil III

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Amaralys, Anfang Praios 1040

Es war Anfang Praios und vor kurzem erst hatte das Schützenfest in Amaralys stattgefunden. Noch gab es auf Feld und Wiese nur wenig zu tun und so übten viele für das anstehende Schützenfest in Rohalssteg und genossen die freien und sonnigen Tage bei kühlem Rohalssteger Hils im Schatten eines Baumes. Helle Aufregung herrschte indes in dem beschaulichen Marktflecken Amaralys, denn die Bewohner des Marktfleckens hatten der Natur der Sache folgend am schnellsten von den Ereignissen Wind bekommen, über die schon zahlreiche Gerüchte entstanden, obwohl der Zwischenfall erst wenige Stundengläser zurück lag.

„Das ist ja unerhört!“ „Welch eine Schande!“ „Das ist wohl das Niederträchtigste, das ich seit langem erlebt habe!“, hörte man es in Gaststuben und Schenken des Ortes, als man sich zum Feierabendbier zusammensetzte und das aktuellste Geschehen rund um die Fehde zwischen den braven Eichsteinern und den garstigen Salzmärkern diskutierte. Und diskutiert wurde viel zu der Tat, die wohl als Dritter Akt in die Geschichtsschreibung der laufenden Fehde eingehen würde.

Schnell war man sich einig: Das war wohl eine der schändlichsten und niederträchtigsten Taten, die sich viele nur vorstellen konnten. Das würde sicherlich ein Nachspiel haben, jetzt würde es dem Salzmärker, dessen schandhaftes Treiben man nun schon viel zu lange mit ansehen musste, sicherlich an den Kragen gehen. So etwas, das würde ein aufrechter Koscher niemals tun, ganz sicher nicht!

Doch was war überhaupt passiert? Hören wir die Ereignisse aus dem kundigen Munde des Fuhrkutschers Ontho Hangenhaas, der inmitten der Gäste in den Hilsbräustuben an einem der blankgescheuerten Holztische sitzt und vor sich eine gute Maß kühles Rohalssteger Hils stehen hat. Fast könnte man meinen, er würde die Aufmerksamkeit der vielen Leute um ihn herum genießen, aber solch Eitelkeit wollen wir ihm selbstverständlich nicht unterstellen, ist er doch ein hart arbeitender Fuhrknecht, dem jegliche Eitelkeit fremd ist.

Und so lässt er sich auch nicht übermäßig lange drängen, bis er seine Geschichte zum Besten gibt: „Ich hatte also in Amaralys geladen und war gerade aus dem Ort raus und auf den Weg zur Burg unterwegs. Es war fürwahr ein feines Wetter, die Praiosscheibe strahlte vom Himmel. Ich dachte mir also nichts böses und geriet schon ins Schwärmen ob des schönen Wetters, denn dann hätte ich ja auf der Burg nach dem Abladen noch mit der feschen...“ Ein lautes Räuspern erinnert Ontho daran, was er eigentlich erzählen wollte. Er nimmt erneut einen guten Schluck Rohalssteger Hils, dann fährt er fort: „Jedenfalls dachte ich mir noch nichts Böses und trieb die guten alten Zossen an, damit wir die kostbare Fracht auch gut den Weg zur Burg hochbekommen, als aus dem Wald schon die Reiter angeprescht kamen. Ihr müsst ja wissen, dass der Weg mit dem Fuhrwerk zur Burg hinauf gar nicht so ohne ist, aber ich bin den Weg ja schon oft gefahren und kenne ihn ja gut. Also, jedenfalls, blau und weiß überall, da dachte ich doch bei mir, das wird doch nicht der Salzmarker sein? Was habe ich mich da erschrocken! Ich dachte schon, der Ork wäre hier unterwegs oder wildes Gesindel würde sich im Wald herumtreiben und die Salzmärker wären hinterher, um diese zu stellen. Aber es war ja alles anders! Das waren sicher ein Dutzend bewaffnete und gerüstete Reiter, umzingelt haben die mich, ihre Pferde vor die Gäule getrieben, aber hinter mir waren sie auch und überall, wo ich hinsah, waren sie auf einmal. Es hat nicht lang gedauert, dann war ich umzingelt von ihnen und sie zwangen mich zum Anhalten, das hinterhältige Pack. Wenn mir mein Leben lieb sei, so sagten sie, dann soll ich keine Dummheiten machen und schleunigst sehen, dass ich Land gewinne, haben sie gesagt. Diese Thalessia, das Miststück, die war höchstselbst die Anführerin der Schurkenbande und drohte mir mit ihrem Schwert. Sie sagte, sie würde den Zehnt kassieren und wenn sich der Junker weigere, dann würden sie eben anders sehen, dass sie die Abgaben erhielten. Gegen mich selbst hege sie keinen Groll, wenn ich keine Dummheiten anstellen würde, dann würde sie mir kein Haar krümmen, sagte sie noch. Doch solle ich mich auch vorsehen, denn nur ein Wort von ihr und mein Wanst wäre von Armbrustbolzen gespickt, jawohl, das hat sie gesagt! Und ganz hämisch dabei gegrinst hat sie auch noch, das Miststück! Dann musste ich auch schon vom Bock runter, sie hatten ja auch Armbrüste auf mich gerichtet und das Mordvolk sah ganz so aus, als ob es jeden Augenblick ernst machen würde! Mir wurde ganz bang ums Herz, denn man hört ja so allerlei vom Salzmarker, was der so treibt! Und sein Bankertenkel erst, die hat es ja faustdick hinter den Ohren! Man hört ja allerlei von ihr, die würde ja wohl auch des Nächtens nackert auf einem Salzrechen irre lachend über die Lande fliegen und die Kinder verhexen! Dass die sich nicht in Grund und Boden schämt vor den Göttern, möge sie der Herr Praios strafen für ihre Tat, bei allen Zwölfen! Erst dacht ich, wenn ich nur den Knüppel hätte, dann würden sie schon sehen, so leicht täte ich es ihnen ja nicht machen – aber dann sah ich meine gute Harika vor mir und die liebe Mora und den kleinen Wengel und dachte bei mir, die sind bestimmt froh, wenn sie mich noch ein Weilchen haben. Außerdem waren sie ja auch viel mehr als ich und das ist ja sowieso nicht sonderlich ritterlich, sondern ganz schön feig. Dann bin ich doch vom Kutschbock. Weggejagt haben sie mich dann wie einen räudigen Hund und da habe ich gesehen, dass ich die Beine in die Hand nehme, denn sonst, sagten sie, würden sie mir einen Armbrustbolzen in den Allerwertesten jagen. Gelaufen bin ich da den Weg hinunter zurück nach Amaralys und wie ich mich noch einmal umdrehte, da sah ich gerade noch, wie sich einer der Kerle auf den Bock schwang und sie mit dem Wagen wegfuhren – und mit ihnen die ganze Lieferung Rohalssteger Hils, die doch für den guten Junker war. Und gelacht und gefeixt haben sie dabei, als ob sie eine Heldentat vollbracht hätten, diese Halunken. Eine schändliche Gemeinheit, so was. Als ob unser guter Junker nicht eifrig seine Abgaben an den Baron entrichten tät, wie es seit Alters her nur recht und billig ist und wo der Junker doch so praiostreu ist. Niemals würd‘ der seinen Zehnt nicht zahlen, niemals nicht! Vieles hätt‘ ich ja vermutet und den Salzmärkern zugetraut – aber wer klaut denn als guter Koscher Bier?“

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