Neue Zeiten - Der Uztrutzer Rinderstreit: Unterschied zwischen den Versionen

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In der Gemeinschaftshalle des Gutes Rübhas war man guter Dinge. Vor über zwei Jahren hatte der Edle  
In der Gemeinschaftshalle des Gutes Rübhas war man guter Dinge. Vor über zwei Jahren hatte der Edle  

Aktuelle Version vom 2. April 2022, 16:11 Uhr



Gut Rübhas bei Pirkensee, Anfang Travia 1040

In der Gemeinschaftshalle des Gutes Rübhas war man guter Dinge. Vor über zwei Jahren hatte der Edle Alphak zu Nimmertrutz zwei wertvolle Zuchtrinder Winas beschlagnahmen lassen. Angeblich als Ausfuhrzoll. Es stellte sich freilich heraus, dass Alphak, oder dessen zwergischer Haushofmeister den Erlass nur erfunden hatten, da sie die Rinder für die Feldarbeit brauchten. So hatte Wina ihre Rinder zwar zurückerhalten, aber sie waren abgemagert und zerschunden und sicher nicht mehr für ihr einst zartes Fleisch zu gebrauchen. Wina hatte damals beim freiherrlichen Gericht Klage erhoben, aber kein Recht bekommen. Seither hatte sie jedoch keine Ruhe gegeben. Zwar war ihr die Fehde gegen den Standeshöheren verboten worden, doch stattdessen hatte sie den Albenhuser Bund dazu bewogen den Nimmertrutzer Edlen mit einem Handelsembargo zu belegen und Druck auf Baronin Derya von Uztrutz auszuüben.
Diese hatte die Sache freilich lange vor sich hingeschoben und war dann auch noch monatelang auf dem Heerzug gegen Haffax gewesen. Nun endlich war die gute Nachricht gekommen. Alphak von Steinklos sollte ihr den Preis der beiden Rinder zurückerstatten und dazu eine gesalzene Strafe sowohl an sie als auch an die Baronin selbst zahlen. Endlich hatte Wina Recht bekommen und so wurde heuer auf Gut Rübhas gefeiert.

Derweil auf Burg Nimmertrutz

Alphak von Steinklos traute seine Augen und Ohren nicht. Er sollte eine gesalzene Strafe an eine Händlerin zahlen? Sein Derebild geriet vor seinen Augen völlig außer Fugen. Unter Ontho hätte es das nicht gegeben, aber das junge Mädel, dass heuer auf dem Uztrutzer Thron saß machte sich wohl lieber mit dem Händlerpack, als mit ihren Lehnsleuten gemein. Ob dies eine Strafe dafür sein sollte, dass er sich damals bei dem Thronfolgstreit nicht auf ihre Seite gestellt hatte und sich danach auch sehr viel Zeit mit seinem Lehnseid gelassen hatte? Übelgelaunt blickte Alphak den Boten an. Er hatte sich als Bardo vom Grauen Schild vorgestellt und war ein Dienstritter der Baronin. Wenn man den Gerüchten Glauben schencken konnte, dann verband die beiden aber deutlich mehr.
Lange musste Alphak überlegen. Das geforderte Gold konnte er kaum zusammenbekommen. Die paar Dukaten die sein Gut abwarfen steckte er in den Erhalt seiner Burg und in sein Gefolge. Seine Rüstung, oder sein Schlachtross würde er jedenfalls nicht verscherbeln um der Forderung der Baronin nachzukommen. Eine steile Zornesfalte machte sich auf seinem Gesicht breit. Derya wusste nur zu gut, dass die Strafe zu hoch war. Sie wollte ihn demütigen, soviel war für Alphak klar, aber da hatte sie sich den falschen ausgesucht. Burg Nimmertrutz war gut befestigt und die Ernte war erst kürzlich eingebracht worden. Aber war das genau die Reaktion die Derya hervorrufen wollte?
Vielleicht würde er das Gold ja doch zusammenkratzen können. Die Strafe zu zahlen würde magere Zeiten für ihn und sein Gefolge bedeuten. Unruhig ging Alphak auf und ab. Lange dachte er nach und doch reifte allmählich ein Plan in seinem Kopf.

Nimmertrutz, Ende Travia 1040

Ingrimma von Firunshof mochte es dem Regen dabei zuzuhören, wie er auf die Planen ihres Zeltes prasselte. Noch waren die Tage recht warm und nur die Nächte kalt, aber Ingrimma hatte vorgesorgt und ihr Gefolge ein prasselndes Feuer entfachen lassen. Ihren Leute draußen war es hingegen kalt. Sie waren dem kalten Wind und dem Regen viel mehr ausgesetzt. Seit Tagen belagerten sie nun schon die Burg Nimmertrutz und Langeweile hatte sich breit gemacht. Anfangs hatte man noch eine Schanze zur Burg hin aufgeworfen, doch seither gab es nicht mehr viel zu tun, außer die Burg im Auge zu behalten. Auf der Burgmauer wiederum beobachtete man aufmerksam das Lager der Belagerer. Knapp zwanzig Waffenknechte der Uztrutzer Baronin hatten dort ihr Quartier bezogen, aber da sie kein Belagerungsgerät besaßen hatten sich die bisherigen Feindseligkeiten auf sporadischen Armbrustbeschuss beschränkt. Einen Sturmangriff wollte man jedenfalls nicht wagen.
Baronin Derya hatte Ingrimma und ihre Leute geschickt nachdem ihr Gesandter Bardo vom Grauen Schild von seiner Reise zur Nimmertrutz nicht zurückgekehrt war. Der Edle Alphak von Steinklos hatte freilich seine Unschuld beteuert. Angeblich hatte er Bardo mit dem geforderten Gold zurück nach Alt Rudes Schild geschickt. Derya und ihre Berater glaubten ihm freilich kein Wort. Sie waren sich sicher, dass Alphak Bardo aus dem Weg geschafft hatte. So kam es, dass Ingrimma geschickt wurde um Alphak für ihre Lehnsherrin zur Rechenschaft zu bringen.
Die heutige Nacht war besonders nass und kalt und verhieß nichts Gutes für die kommenden Tage und Wochen. Während sich die Wachen auf der Burg mehr und mehr in den Schutz der Türme zurückzogen, zog es die Wachen im Lager der Belagerer mehr und mehr zu ihren kleinen Feuern. Insbesondere in den frühen Morgenstunden, als Nebel aufzog fröstelte es den Waffenknechten auf beiden Seiten, doch dies war genau der Zeitpunkt zu dem sich Alphak zum handeln entschloss. Er wusste, dass die Wachen der Uztrutzer nun so kurz vor dem Wachwechsel am unaufmerksamsten waren und so ließ er das Ausfalltor öffnen und führte seine Getreuen in den Nebel heraus. Er kannte jeden Stock und Stein seiner Lande und so konnte er und sein Gefolge sich unbemerkt der Uztrutzer Schanze nähern. Auf sein Signal hin gaben sie ihre Tarnung auf und Hörner erklangen und die Nimmertrutzer warfen sich mit wildem Geschrei auf die überrumpelten Uztrutzer Waffenknechte. Der Kampf sollte kaum ein halbes Stundenglas dauern. Trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit war es ihnen gelungen die Uztutzer in die Flucht zu schlagen, waren viele von ihnen doch unbekleidet und schlaftrunken in die Äxte der Nimmertrutzer gewankt. So hatten die Nimmertrutzer doch keine Verluste beklagen, während bei den Uztutzern die Hälfte der Waffenknechte tot, oder verwundet worden war, während der Rest, Ingrimma von Firunshof eingeschlossen die Flucht ergriffen hatte.

Alt Rudes Schild, Ende Travia 1040

Derya raufte sich die Haare und stampfte immer wieder wütend den Thronsaal ihrer Burg entlang. Ingrimma von Firunshof hingegen stand wie ein Häufchen Elend in der Mitte des Saales und hatte die langen Tiraden Deryas über sich ergehen lassen müssen. Trotz Überzahl hatte Ingrimma die Hälfte ihrer Leute verloren und die Belagerung der Nimmertrutz war aufgehoben worden. Derya tobte umso mehr, da sie wusste, dass der Nimmertrutzer Edle sie vorgeführt hatte und nun die reiche Beute genoss. Viel konnte sie gegen ihn nicht unternehmen. Die Ernte war gerade erst eingebracht worden und der Edle von Nimmertrutz brauchte seine Burg bis zum Frühling nicht mehr verlassen.
Ja sie konnte die Landwehren zusammenrufen lassen, oder Söldner werben um ihre eigene Waffenknechte zu verstärken, aber beides passte ihr nicht. Ihre Landleute wären kaum begeistert bei einer Heerfahrt gegen Nimmertrutz dabei, zumal ein Sturm verlustreich sein würde und dann viele Hände bei der Aussaat fehlen würden. Söldner waren hingegen teuer, zumal wenn sie Zwerge mit Geschützen anwerben musste. Sie könnte einfach bis zur Zeit der Aussaat abwarten und dann zuschlagen, irgendwann würde Alphak seine Burg ja verlassen müssen, aber auch das dauerte ihr zu lange. Sie musste jetzt Stärke beweisen. Noch immer saß sie eher locker im Sattel und so konnte sie sich keine Verzögerung erlauben. Sie würde wohl um Hilfe bitten müssen. Die Treublatts waren mächtig, aber sie hatten ihr schon zum Baronsreif verholfen und es sie seither stets spüren lassen. Nein die kamen nicht in Frage, zumal Derya ihren Gemahl, Berwin von Treublatt, nicht leiden konnte. Nein diesmal würde sie sich an Neralda Cella von Nadoret wenden. Von Frau zu Frau würde man sich einig werden.

So kam es, dass wenige Wochen später Baronin Derya von Uztrutz selbst mit achtzig Uztrutzer und Nadoreter Waffenknechte vor der Burg Uztrutz Aufstellung bezog, aber damit nicht genug, denn die Nadoreter hatten Wurfgeschütze mitgebracht und begannen damit der Burg zuzusetzen. Für Alphak war dies umso bitterer da der Nadoreter Geschützmeister sein Vetter Erzward war.
In der Burg Nimmertrutz brach die Moral schnell in sich zusammen. Der Beschuss aus den Geschützen ließ die Mauern erzittern und brachte so manchem Nimmertrutzer Tod, oder Verletzung. Alphak musste erkennen, dass er Deryas Entschlossenheit unterschätzt hatte.
Endgültig gedemütigt wies er seine Leute an die Baronin noch einige Tage hinzuhalten und kletterte selbst den steilen Burgberg herab und machte sich auf um in den Bergen ein Versteck zu finden. Zwei Tage später strichen die Nimmertrutzer dann ihr Banner und öffneten ihrer Baronin die Tore.
Immerhin zeigte Derya sich gnädig und verzichtete auf eine Bestrafung der einfachen Gefolgsleute. Den Edlen Alphak von Steinklos aber erklärte sie zum Vogelfreien.
Ohne lange zu zögern belehnte sie gleich an Ort und Stelle den jungen Balinor von Nadoret als neuen Edlen von Nimmertrutz. Wie es schien waren sich die beiden Frauen tatsächlich schnell einig geworden. Derya bekam solcherart einen getreuen Vasallen, der ihr keinen Ärger bescheren würde und Neralda konnte einmal mehr den Einfluss des Hauses Nadoret ausweiten.