Das Kloster Trolleck

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Ausgabe Nummer 33 - 1025 BF

Das Kloster Trolleck

Dreieiniges Refugium der Rabendiener

Kloster Trolleck © M. Lorber

Das Krächzen der Raben dringt tief hinunter bis in das neblige Tal. Dort, wo sich der alte Rittersteig auf seinem Weg durch die Lande der Zwerge gabelt und zu drei Wegen Gewird, welche in die angrenzenden Baronien Bärenfang, Fürstenhort und Metenar führen, lässt mich ein finsterer Ort erschauern. Hoch oben lauern drei Burgen aufeinander, die in den Kaiserlosen Zeiten manch letzte Schlacht und blutige Klinge gesehen haben. Kein Wunder, daß gerade von hier die Geweihten Borons ausziehen, um in den umliegenden Landen die Toten zur letzten Ruhe zu geleiten. Vom Kloster Trolleck, das grimmig wie seine Umgebung, gleich einem Alben in der Nacht, von seinem steilen Felsen auf uns herabzublicken scheint — düster und wissend …

Reisebericht von Cheriwen, Novizin der Draconiter, 25 Hal

Seit Kalmun Breckenbart im Jahre 20 nach Hal eine Horde von Anhängern der Visaristensekte aus Trolleck vertrieb und den Grundstein für ein neues Boronkloster legte, hat sich viel getan in diesem Winkel der Koscher Berge. Den zwergischen Baumeistern Herigar und Hegeram gelingt es nach und nach, aus unweit gebrochenem schwarzgrauen Basalt einen geheimnisumwitterten Ort zu schaffen. Wie der Reisebericht erkennen läßt, blicken die vorbeiziehenden Wanderer mit Respekt von der Schlucht hoch auf die Gebäude, die sich aus dem Berg zu schälen scheinen.

Die Gruppierungen

Nicht eine, sondern drei kleine Gemeinschaften von je einer Hand voll Geweihten und ebenso vielen Laiendienern haben sich im Namen Borons in Trolleck niedergelassen. Sie teilen sich einerseits die Aufgaben innerhalb und außerhalb des Klosters. So ziehen etwa die Zorkabiner nach Fürstenhort und Bärenfang und die Kalmuniten nach Rohalssteg, Metenar und Drakfold, um Beerdigungen vorzunehmen und die Boronanger zu pflegen. Andererseits achten sie peinlich darauf ihre Eigenständigkeit zu wahren. Das Kloster wird durch die jeweiligen Vorsteher im Dreiäbterat geleitet, der auch eventuelle Streitpunkte beilegt, denn die Auslegungen der Lehre ihres Gottes ist bei den Gruppen teilweise recht unterschiedlich.

Die Kalmuniten betrachten sich als eigentliche Gründer des Klosters und wollen vor allem das Andenken an den Märtyrer Kalmun Breckenbart wahren. In seinem Geiste versucht Äbtissin Surxinda Kreuthenstyn die Einhaltung der Gebote Punins zu überwachen und Bestattungsriten zu erforschen. Die ernste Gemeinschaft in ihren dunkelgrauen Roben kümmert sich zudem um jene Pilger, welche die Reliquien des Heiligen preisen möchten.

Wie die meisten Kalmuniten, so sind auch die Anhänger des Malchias von Schnellenbrück vor einigen Jahren aus dem Drifter Kloster Garrensand gekommen. Schon dort vertrat die einstige Fraktion des verstorbenen Abtes Pelgor Larbentrost grundsätzlich andere Ansichten. Den in mittelgrauen Kutten gekleideten, meist milde lächelnden geht es um die reine Lehre Borons, um innere wie äußere Ruhe und daraus gewonnenen Trost. Kirchenpolitik liegt ihnen fern, ist es doch die Abgeschiedenheit, in der sie meditierend Kraft schöpfen. So halten sie auch sehr wenig von den Kriegern im Namen des Raben wie den Golgariten.

Gelegentlich kümmern sie sich wie die Kalmuniten um geistig Verwirrte, denen sie in gemeinsamer Arbeit den Weg zurück ins Leben ermöglichen. Vor allem die aus der klostereigenen Schafherde gewonnene Wolle wird zu Roben für Borongeweihte von Nah und Fern verarbeitet, aber auch Urnen und Särge werden gefertigt.

Als jüngste Gemeinschaft sind die Zorkabiner nach Trolleck gezogen, die den Golgariten nahe stehen und in deren Reihen geistliche Aufgaben übernehmen. Ihr Abtkomtur Azzan achtet auf die außerordentlich strengen Ordensregeln des Gründers Zakharabas, die alleine männliche Mitglieder vorsehen. Das Kloster darf nur nachts verlassen werden, was zum unheimlichen Erscheinen der Mönche ebenso wie die schwarzen Roben mit ihren weiten Kapuzen beiträgt. So manchem Landbewohner fährt ein Schauer über den Rücken, wenn er im Dunkel des Madamals eine Gruppe von fünf Schweigenden sieht und er weiß, daß der Rabe wieder einen der ihren geholt hat. Auch das Redeverbot ist strikter als in den anderen Gemeinschaften. Es darf nur durch den Abt selbst und die beeindruckenden, düsteren Choräle in den Götterdiensten gebrochen werden. Die Gemeinschaft ist für die Fertigung steinerner Grabmale mit tiefer Symbolik bekannt.

Das Kloster

Mittig zwischen den charakteristischen fünf Türmen liegt der eigentliche Tempel (A), ein Heiligtum, das nur Geweihten und den Laien des Ordens zugänglich ist, befindet sich darin doch ein bedeutendes Artefakt. Eingeweihte berichten, daß der Hauptteil des kreisrunden Raumes durch eine Steinscheibe eingenommen wird, deren Oberfläche ein Relief mit zahllosen mystischen Symbolen zeigt.

Es heißt, der Geist des Heiligen Kalmun wache noch immer über die umliegenden Lande und immer dann, wenn Golgari die Seele eines Menschan holt, fällt eine Rabenfeder durch eine Öffnung im Dach oberhalb des Steines. Die Stelle, auf der die Feder auf dem Relief liegen bleibt, zeigt den kundigen Geweihten an, wo der Gestorbene zu finden sei, so daß umgehend ein Zug von meist Fünfen aufbricht um die Beerdigungszeremonie zu vollziehen. Daß die Boronis auf diese Weise oft am Ort eines Todes erscheinen, ohne gerufen zu werden, trägt zur schauerlichen Aura der Trollecker Gemeinschaft bei. Etwa im Fall eines heimlichen Meuchelmordes mag es gar zu pikanten Situationen führen.

Das Heiligtum erreichen die Nonnen und Mönche über eine der drei den Ordensgemeinschaften zugewiesenen Zugänge, die wiederum in den Gang der Besinnung (B) führen, der sich im Halbkreis eines gebrochenen Rades um die Tempelhalle zieht. Von dort gelangt man in die einzelnen Gebäude der drei Gruppen, so etwa in das erst kürzlich fertig gestellte Haus der Zorkabiner (C), einen finsteren Ort, dessen Ordenskapelle (D) unter anderem mit den Gebeinen ehemaliger Mönche geschmückt wird.

Daneben wird derzeit ein Gästehaus für die Golgariten (E) errichtet, deren Ritter seit einem Beschluss des Dreiäbterates (unter Federführung von Abt Malchias, siehe Kosch-Kurier 15, S. 7) das innere Klostergelände selbst nicht mehr betreten dürfen. Dazu gehört auch der abgeschiedene Bereich der Gemeinschaft um den besagten Malchias von Schnellenbrück (F), von dem aus das Kloster unter anderem mit Nahrung versorgt wird, weswegen hier die meisten Scheunen und Werkstattgebäude stehen.

Auf dem höchsten Punkt steht der „Narrenturm“ (G), in dem einige schwer geistig Verwirrte bis zu ihrer Heilung leben. Im Schäferhof (H) wacht die Hirtin Maula Semmelrüb über die klostereigene Herde schwarzer Schafe (siehe Kosch-Kurier 27, S.10). Die Bauten der Kalmuniten (I) liegen wiederum hangabwärts.

Die darunter liegende Bibliothek (J) wird von allen drei Orden gemeinsam genutzt. Die Themen der meist selbst kopierten oder verfassten Bücher sind jedoch recht unterschiedlich: die Kalmuniten bevorzugen Traktate über Boronsriten und Kirchenpolitik, die Schnellenbrücker philosophische Schriften und die Zorkabiner schaffen meist düstere Totengesänge.

Über eine Treppe auch für Gäste zugänglich ist die Kapelle mit Reliquien des entrückten Heiligen Kalmun (K), jedoch darf Pilgerbereich nur barfuß und ohne Rüstung oder Bewaffung betreten werden. Derzeit wird ein Haus für die gelegentlichen Pilger (L) errichtet, in dessen Untergeschoss man bereits jetzt in Borons Armen nächtigen kann.

Losiane Misthügel