Der Ruf des Friedwanger Raben 1032 BF: Teil 24

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Texte der Hauptreihe:
K1. Prolog
K2. Teil 1
K3. Teil 2
K4. Teil 3
K5. Teil 4
K6. Teil 5
K7. Teil 6
K8. Teil 7
K9. Teil 8
K10. Teil 9
K11. Teil 10
K12. Teil 11
K13. Teil 12
K14. Teil 13
K15. Teil 14
K16. Teil 15
K17. Teil 16
K18. Teil 17
K19. Teil 18
K20. Teil 19
K21. Teil 20
K22. Teil 21
K23. Teil 22
K24. Teil 23
K25. Teil 24
Pra 1032 BF
Teil 24
Teil 23


Kapitel 25

Autor: ?

Briefspielgeschichte der Golgariten

Die Wildermark, Anfang Praios 1032 BF

Bishdarielon atmete erleichtert auf. Er sah zur Magistra, die sich, in klebrigen Spinnen-Fäden verheddert, über den Boden wälzte. Jeder ihrer (zunehmend verzweifelten) Befreiungsversuche führten dazu, dass sie sich nur noch mehr in dem Gewirr verstrickte. Mit großen Augen sah sie auf die blutverschmierte Praiosfigur, die Bishdarielon noch immer in Händen hielt, hoch erhoben, als wolle er sie damit erschlagen. Mit breitem Grinsen stellte er sie neben dem blonden Kopf der Magistra. „Wer anderen eine Grube gräbt…Den Rest solltet Ihr besser mit IHM klären.“

Ein kühler Wind wehte durch die Baumwipfel, ließ die Zweige traurig rascheln. Es wurde kühl, einen Moment lang spürte er nicht einmal die Hitze des „Dracheneis“. Bishdarielon merkte, wie sich seine Nackenhaare aufstellen. Ein Raubtierblick bohrte sich von hinten in sein Innerstes. „Ihr blutet ja“ flüsterte eine zeitlos junge Stimme in sein Ohr. Eine Hand, eine bleiche schlanke Hand fasste nach seiner zerschnittenen Rechten. Sie fühlte sich kalt und holzig an. Der Golgarit verspürte Widerwillen, er wollte sich nicht umdrehen, dennoch tat er es. Ein vornehm blasser Mann sah ihn an, mit kraftvollem Gesichtsausdruck und schwarzlockigen Haaren, lauernd, aber auch interessiert. Sehr rational und beherrscht. Wieder jung, wieder stark – diese Botschaft schien in sein alabasterfarbenes Antlitz gemeißelt zu sein. Die gelben, eiskalten Katzenaugen unter den fein geschwungenen Wimpern ließen dem Betrachter allerdings das Blut in den Adern gefrieren. Der Fremde hatte ein Seidentüchlein aus dem Rüschenärmel seiner weinroten, mit verschlungenen Ornamenten verzierten Weste gezogen, tupfte damit vorsichtig, fast zart den Lebensaft aus Bishdarielons Handfläche und schloss dann behutsam dessen Finger um das zusammengeballte Tuch. Dann wandte der Mann sich der linken Hand zu, schien erst jetzt zu merken, dass er über keinen Verbandsstoff mehr verfügte. Der Ausdruck in dem Gesicht des Neuankömmlings wurde mit einem Mal gierig. Der Blutfluss des aufgeschlitzten Handtellers stockte genau in dem Moment, in fast schon unnatürlicher Schnelle. Eine graurote Zunge war zwischen spitzen Eckzähnen hervorgezuckt, glitt nun wieder zurück. Enttäuscht ließ ihr Besitzer die Hand fallen. „Das Tüchlein dürft Ihr behalten“, sagte der Mann gönnerhaft. Auch wenn er nur wenig Fingerbreit von Bishdarielon entfernt stand, war nicht der einzige Hauch eines Atems zu spüren. Zarter Lavendelgeruch lag in der Luft. Dann wandte er sich dem Ei zu. „Ein Spross des sechsflügligen Menacor? Interessant. Limbusmagie ist mein besondertes Steckenpferd, müsst Ihr wissen. Außerdem habe ich ein untrügbares Gespür dafür, wenn man mich zu hintergehen versucht.“ Er beachtete Esteforia nicht einmal, dennoch war völlig klar, wen er mit seinen Worten (auch) meinte. „Bitte glaubt nicht, dass es Rachsucht ist, die mein Handeln leitet. Nennen wir es lieber Prinzipientreue. Einer muss schließlich der Böse sein. Ich meine, nichts gegen einen guten Scherz. Dennoch bin ich es gewohnt, dass man mir… jedenfalls am Ende… Respekt erweist. Nach all den Jahren…“ Die schmallippige Andeutung eines Lächelns. Ein kleiner Stab, dessen Spitze ein Kristall zierte, war wie aus dem Nichts in den Händen des Jünglings aufgetaucht und zeigte beiläufig in Richtung der Feuerkugel. „In einem kann ich Euch beruhigen, Golgarit. Es handelt sich dabei nicht um das Wahre Ei Eures Seelenvogels. In diesem Fall müsste es aus schwarzem Eternium bestehen. Ansonsten hattet Ihr Recht. Verlässt der Feuerelementar das Ei, wird es zerstört, es verbrennt restlos zu Asche. Was überaus schade ist, denn auch ich hätte dafür noch Verwendung. Aber was will man machen, selbst ich bin machtlos gegenüber meinen Prinzipien – bei UTHARS PFORTE!“

Ein hässliches Knacken war zu hören. Ein Geflecht aus flammenden Rissen wanderte über die Eierschale, wie bei einem geborstenen Spiegel. Es war, als würden sie sich unsichtbar durch die ganze Welt ziehen. Eine Spalte öffnete sich, dort wo die Krähe auf das Ei eingehackt hatte, entließ einen Wirbelsturm aus fein geäderten Flammen. Der Hitzeschwall ließ Bishdarielon zu Boden gehen. Instinktiv rollte er sich hinter einen Steinhaufen, versuchte sein Gesicht mit den Händen zu schützen. Die Welt schien nur noch aus glosendem, fast weißem Brandgelb zu bestehen. Ein brutaler Feuersturm, vermischt mit Funkenflug, fegte über seinen zuckenden, nackten, schutzlosen Leib hinweg. Das Licht wurde dunkler, arangefarben, schließlich Blutrot, wie bei einem Sonnenuntergang, in den sich nun ein grausiges namenloses Purpur mischte.

Dröhnen. Überderisch, grausam, hart. Der Boden bebte, zitterte, brach hie und da auf, schien Wellen zu schlagen. Bishdarielon schrie, vor Schmerz und Angst, konnte es selbst aber nicht hören. Es war, als hätte man ihn von einem Moment zum Nächsten in einen Hochofen voller glutflüssigem Metall geschleudert.

Bisch sah einen zerbrochenen Krug neben sich liegen, in dem eine Art Fett oder Talg zerrann, zu einer großen Pfütze zerschmolz. In seiner Verzweiflung wälzte er sich darin, beschmierte sich Arme, Gesicht, Beine, Haare. Die infernalischen Brand-Schmerzen ließen etwas nach. Das Dröhnen wurde zu einem Brüllen, das langsam nach oben zu steigen und den Himmel auszufüllen begann. Der Golgarit sah aus zusammengekniffenen Augen die Feuersäule aufsteigen – ebenso majestätisch wie bösartig. Ein Baum aus Feuer wuchs empor, setzte beiläufig einige der umstehenden Bäume in Brand, entfaltete sich hoch oben zu einem Feuervogel, einem gewaltigen drachenähnlichen Etwas, dessen Leib aus reinen Flammen zu bestehen schien. Dessen feuervolles Haupt grollend durch die Luft wanderte, auf der Suche nach einem lohnenden ersten Ziel für Vernichtung. Während die Schwingen die Luft selbst zu entflammen schienen.

Einen Moment lang verharrte der Elementar (oder war es ein Dämon?), eine gewaltige Fackel, gegen deren Glosen selbst Praios' Schild wie ein armseliges Lichtchen wirkte. Taumelnd und verstört stand Bishdarielon auf, sah unter verbrannten Wimpern hinweg die schwarzverkohlte Lichtung, duckte sich unter dem Gluthauch des „Phönix“.

Inmitten der Zerstörung stand der Jüngling, wischte sich beiläufig Asche von der Schulter. Erst jetzt merkte er, dass sein Ärmel brannte – unbeeindruckt, eher amüsiert, blies er das Flämmchen aus. Feuer tropfte von oben, der Kreatur herab, ein wahrer Feuerregen, vermischt mit glühender Asche. Bishdarielon schrie auf, als sich einer der Funken in seine Schulter brannte. Der lodernde Kometen-Schweif des Untieres peitschte mal hier hin, mal dort hin, es war, als stünde der Golgarit im Auge eines Wirbelsturms aus Feuer, Hitze und Rauch. Der Magier wies mit dem Zauberstab, in dessen Kristall der Widerschein des Feuervogels gloste, auf Bishdarielon. „Verdampfe den Regenbogensee für immer, mein hübsches Vögelchen. Aber vorher verbrennst du den Pfaffenkrieger dort zu Asche!“ Jäher Hass zuckte bei diesem Wort durch das bislang maskenhafte, bleiche Gesicht. „Und dann alle anderen Sterblichen hier. Niemand fordert Merwan vom Schratenwald ungestraft heraus! Wie stehe ich sonst nachher vor Pardona dar?“ Der Vampir schnippte mit den Fingern und löste sich in der brennenden Luft auf – fast im gleichen Herzschlag, als sich der Drache auf Bishdarielon stürzte, das Maul öffnete und einen gewaltigen Schwall Feuer auf den Adeligen spie.

Bisch hatte nicht einmal Zeit zu schreien, als er auch schon hinweggefegt wurde – am Feuerstrahl vorbei in die Luft hinein. Erst nach einigen Augenblicken merkte er, dass er sich an einen Besen klammerte: Ludwinas Hexenbesen. Die Festkönigin saß dort mit blutender Stirn, zerrte, zog ihn auf ihr aberwitziges Reittier, während sie geradewegs in den Himmel schwirrten. Wenig später, er hätte nicht sagen können, wie er dieses akrobatische Kunststückchen geschafft hatte, saß er hinten auf dem Besen, klammerte sich an den bunten Rock der Hexe.

Das war die gute Nachricht.


Die schlechte Neuigkeit brüllte hinter ihm, in Gestalt der geflügelten Feuerschlange, die mit einem wahnsinnigen Goblinzahn hinter dem Besen her brauste. Bisch konnte bereits die Hitze in seinem Rücken spüren. Er und die Hexe jagten im Tiefflug über die Wälder, faszinierte beobachtete der Friedwanger die Schatten, die sie auf den Wipfeln hinterließen. Der Wind brauste, irgendwie fühlte er sich benommen und betäubt – er hätte nicht sagen können, wie lange diese Verfolgungsjagd dauerte. Eigentlich wunderte er sich nur, dass er nicht einfach vom Besen in die Tiefe stürzte. „Festhalten!“ kommandierte Ludwina barsch – keinen Moment zu früh. Dann riss sie den Besen aus der Flugbahn. Eine weitere Feuerlanze zischte an ihnen vorbei. Verstört, aber auch empört sah sich Bisch um. Der Feuervogel holte immer mehr auf, öffnete erneut sein Maul. Ein weiterer Angriff. Ludwina drückte den Besen nach unten, schrammte über mehrere Äste hinweg, Blätter wirbelten hoch. Bisch schrie, als das Feuer über seine Beine leckte. Das Reißigbündel hinter ihm begann knisternd zu brennen – der Besen verlor schlagartig an Höhe. Dann sah er vor sich das blaue Rund der Orckensauffe aufleuchten: Der große See glitzerte ruhig in der Mittagssonne.

Der Drache kam jäh von links, schätzte aber die Geschwindigkeit seiner Opfer falsch ein: Sein Feuerodem verfehlte sie, brachte nur das Wasser zum Kochen. Täuschte Bishdarielon sich oder wurde ihr Gegner tatsächlich mit jeder Attacke kleiner?

Der Sinkflug verwandelte sich immer mehr in einen Absturz. Die Seeoberfläche jagte jetzt geradewegs auf sie zu. „Bei meiner…“ konnte der Ordenskrieger noch schreien (oder denken? Er wusste es nicht mehr). Dann klatschten sie hart in das Wasser, glitten in die graublaue Tiefe. Bläschen sprudelten hoch, angenehme Kühle umfing sie. Bisch schüttelte die Benommenheit ab. Er sah nicht allzu viel, nur die hochtreibenden Haare der Hexe und einige fliehende Fische. Wenn Ludwina gehofft hatte, den Feuerelementar hinter sich her ins Wasser zu locken, dann ging ihre Rechnung nicht auf. Der glosende Feuerschein schwebte oben über den See und ihre Köpfe hinweg, selbst in einigen Schritt Tiefe war er noch als jäher Wärmeschwall spürbar.

Aus irgendeinem absurden Grund „flog“ der Besen ein ganzes Stück unter Wasser weiter, bevor Ludwina ihn wieder nach oben zog. Sie schossen einen Steinwurf von einem Fischerboot entfernt in die Höhe, eine Frau fiel dort schreiend über Bord: vermutlich bekam sie nicht jeden Tag Feuerelementare und Unterwasserhexen mit Begleitung (ohne Bekleidung) zu sehen.


Sie flogen triefend weiter, aber tiefer als zuvor. Der Golgarit schüttelte sich die Nässe aus dem Haar, die wilde Jagd zielte nun wieder auf das sumpfige Seeufer: Ein brackiger Morast im Süden (oder Westen? Osten? Wie sollte sich einer bei diesem Wahnsinnstempo orientieren?). Jetzt, im heißen Sommer war der flache See dort zu einem grün-braunen Sumpf ausgetrocknet. Bisch drehte sich um. Wie eine zweite Sonne hatten sie den „Phönix“ im Nacken, eine Art Feuerball mit Schweif und Flügeln. Hinter dem Monstrum brannte das Segel des Fischerboots, lichterloh. Der Golgarit biss jetzt die Zähne zusammen, pflückte einige Algen von seinem Kopf. Das würde verdammt knapp werden. Zickzackschlagend wie eine Libelle versuchte Ludwina dem Verfolger zu entkommen, aber der spuckte nicht einmal mehr Feuer, baute stattdessen immer mehr Geschwindigkeit auf. Die Oberhexe flog immer tiefer, geradewegs über den blubbernden Sumpf und die glitschigen, verkrüppelten Baumstümpfe eines ertrunkenen Waldes hinweg. Fauliger Gestank drang an Bischs Nase. Er begriff, was die Mutter seines Vetters plante: Der Feuervogel rauschte geradewegs in die Schwaden aus Faulgas hinein, die sich über all den verrottenden Pflanzen und Bäumen gebildet hatten.

Mit dumpfen Knall riss es hinter ihnen die Entität auseinander: Diesmal ein echter Feuerball, der einfach zerplatzte, mit ungeheurem Getöse und um sich selbst wirbelnden Feuergirlanden auseinanderflog.

Bisch wollte bereits losjubeln –gerettet! - als er bemerkte, wie sich der Feuervogel wieder zusammenfügte: er schien durch die gewaltige Detonation sogar wieder stärker und größer geworden zu sein.

Schritt um Schritt schob sich der Feuerdrache an seine Opfer heran, ein pfeilschnelles Verhängnis. „Das schaffen wir nicht!“ hörte er vor sich die alte Hexe murmeln – es war das erste Mal, dass sie bei diesem Flug etwas sagte. „Sokramor verzeih!“ Bisch hätte zu gerne widersprochen, verkniff es sich aber. Irgendwie fühlte er sich schuldig an all diesem Schlamassel. Immerhin hatte er die Hauptrolle in dem Ritual gespielt, mit dem die Kreatur erschaffen worden war. Oder zumindest spielen sollen… Verzweiflung breitete sich in ihm aus. Irgendwie schien es derzeit die ganze Welt auf ihn abgesehen zu haben…vor allem das fliegende Feuer hinter ihm…Hatte er dieses Schicksal verdient?

Er klammerte sich wieder an die Hexe, die sich nicht mehr ganz so rahjagefällig anfühlte wie die süße Hekata, aber dafür der derzeit einzige Garant für sein Überleben war. Der Besen wich hektisch nach links und rechts aus: Der „Drache“ spuckte Feuerbälle, die glosend an ihnen beiden vorbeizischten. Vor allem holte er immer mehr auf. Die ungleiche Jagd würde bald schon zu Ende sein. Vermutlich würde das Ende überaus schmerzhaft werden.

Dann war da plötzlich die Eule, die mitten am Tag vor ihnen schwebte, in einem Pfeilschuss Entfernung. Ein großes Tier mit markanten Ohren. Sie steuerte die Berge an, die vor ihnen lag, die Zaberger Höhen. Eher intuitiv als planvoll folgte Ludwina dem Raubvogel, der lautlos, als stummer Schatten über die Bäume schwebte. Bishdarielon runzelte die Stirn. Die ganze Szenerie wirkte mit einem Mal merkwürdig friedlich, fast schon entrückt….völlig unwirklich…

Gelassenheit breitete sich in dem Golgariten aus, die Bereitschaft, sein Schicksal anzunehmen, wie immer es beschaffen sein würde. Freiheit ist auch nur das Ausgeliefertwerden an einen größeren Kerker als den, den man bisher kannte. Die Worte seines Lehrmeisters Oderin du Metuant kamen ihn in den Sinn. Er musste lächeln. Seltsam, dass es ausgerechnet der unglaubliche Zynismus der Al´Anfaner war, der ihn in Situationen wie diesen tröstete. Wenn er wenigstens ein Schwert gehabt hätte, sich gegen den Feuerelementar zu wehren…Aber gegen den half keine derische Klinge…. Der Besen glitt, mit letzter Kraft, schien es, auf ein schwarzes Felsmassiv zu, in dessen Schatten die Eule verschwand. Dann erkannte er den Ort: Es war wieder die Dunkle Pforte, der Eingang zum Eulenkuhl (wie passend). Sie schwirrten in die Felsspalte hinein, ihre letzte Hoffnung. Der Feuerdrache jagte hinterher.

Der Besen suchte, fand seinen Weg durch die Spalte, mit irrlichtender Geschwindigkeit. Hüpfte über den herabgestürzten Baumstamm, folgte dem Licht am Ende des Tunnels. Die Gluthitze in Bishdarielons Nacken wurde stärker und stärker. Er fühlte sich wie im Schacht eines Kamins gefangen, in dem gerade ein gewaltiges Feuer entfacht wurde. Es würde nur noch wenige Herzschläge dauern, bis sie restlos verbrannt waren.

Ein jäher Donnerschlag. Die Erde grollte, Steinbrocken stürzten, taumelten von den Felswänden hinab, gefolgt von dem einen oder anderen Baumstamm. Alles geriet ins Rutschen. Ein Erdbeben ?! Was auch immer: Die Pforte begann sich langsam und unheilvoll zu schließen – drohte sie zu zerquetschen. Bishdarielon betete zu allen der zwölf Götter, die ihm auf Anhieb einfielen. Wie eine wildgewordene Hummel zog der Besen mitsamt seinen Reitern mal hierhin, mal dorthin, wich all den Vorsprüngen, Felsstürzen und herunterklackernden Steinen aus. Der Abgrund, nur raus aus diesem Abgrund… Ein Feuerstrahl prallte vor ihm auf Fels, der Drache versuchte tatsächlich noch, sie zu töten, allen wahnsinnigen Geschwindigkeiten zum Trotz. Grausamer Gluthauch kam über sie. Die Eule, sie mussten der Eule vor ihnen folgen… Raus hier, raus. Bishdarielon schrie auf, als ihn einer der herabstürzenden Steine am Rücken traf, und er loslassen musste. Keuchend fiel er vom Besen ins Leere, die Hände ruderten panisch im Nichts, Zweige peitschten an ihm vorbei, er prallte viel zu schnell, viel zu hart auf den Boden, spürte die Zähne gegeneinander schlagen, die Knochen krachten, seine Stirn brannte. Das letzte, was er sah, war die Spalte, die sich hinter ihm schloss: Die Dunkle Pforte begrub ihren feurigen Verfolger. Ein letzter Feuerstrahl brüllte über seinen Kopf hinweg. Flammen schlugen verzweifelt aus dem Schiefer, schienen sich regelrecht gegen die zusammengeschobenen Felsmassen stemmen zu wollen, züngelten, leckten heiß über die Felsen und verloschen. Mit einem dumpfen, schweren Kaloonk wurde der Feuervogel zu Rauch und Funkenflug zermalmt. Erst jetzt merkte Bishdarielon, dass er selbst zerschlagen und versengt im Gebüsch des Eulenkuhl lag: Gnädige Dunkelheit senkte sich über alles.

Die Welt stand still.