Heiße Ware II

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Texte der Hauptreihe:
Autor: Brumil

Stadt Drift, Bordell Neckersang, Travia 1046 BF


Schrobosch nickte knapp. Worte waren überflüssig.
"Nun, es gibt da einen Händler, der sucht Leute, die bereit sind, die Zunge still zu halten. Du fragst nicht, er zahlt gut."
Schrobosch schluckte schwer und nickte dann abermals.
Der Wirt lehnte sich näher und flüsterte: "Im Bordell Neckersang. Gehe hin, wenn die Schlossuhr zur Rosenstunde schlägt. Erkundige dich nach den Muschelbrüdern."
Später in der Nacht, als der Mond tief über den stillen Wassern hing, fand sich Schrobosch in den dunklen Gassen des Hafens wieder, wo er einen Steinwurf entfernt vom Bordell Neckersang ungeduldig auf und ab ging. Durch die Fenster fiel das Licht von Öllampen auf die nassen Pflastersteine des Hafens und bunte Lampions wehten im leichten Wind. Ab und zu flog die schwere Tür auf und Gäste, Männer und Frauen, verließen oder betraten das Neckersang. Schrobosch musterte sie aus seiner dunklen Ecke heraus argwöhnisch.
Endlich hörte er aus der Ferne die Turmuhr des Alten Schlosses schlagen. Leise zählte Schrobosch die Schläge mit. Nach dem elften Gong verstummte die Uhr. Schrobosch atmete tief durch, schritt auf das Neckersang zu und trat ein.
Der Raum war voll von Menschen, Flussschiffer und Kaufleute, Fremde aus fernen Ländern – alle waren sie hier. Die Tische standen eng, aus dunklem Holz gefertigt und von zahllosen Geschichten gezeichnet – eingravierte Namen, Spuren alter Münzspiele und tiefe Kratzer, als hätten hier schon Flussschiffer vor Jahrzehnten ihre Abende verbracht. Die Luft roch nach gebratenem Fisch und frischem Brot, während ein weicher Duft von Kräutern und etwas Blumigem durch den Raum zog.
Auf einer kleinen Bühne in der Mitte des Raumes spielte eine Gruppe von Musikanten mit Lauten und Flöten, während sich auf der freien Fläche davor Tanzpaare zur Musik drehten. Schrobosch stand wohl schon einige Minuten reglos staunend neben dem Eingang, als eine Magd mit kohlrabenschwarzem Haar auf ihn zutrat: „Du siehst etwas verspannt aus, Schätzchen. Soll ich jemanden holen, der dir die Schultern weich knetet?“
Schrobosch zog die Schultern zu den Ohren und krächzte heiser: „Ich, äh, mir geht’s gut. Ich suche die Muschelbrüder.“
Die Magd musterte ihn von oben bis unten: „Ach, so einer bist du? Na dann komm mit. Ich zeige dir den Weg“
Sie führte ihn wortlos durch verwinkelte Gänge zu einer Tür am Ende des Flurs. „Hier.“ Dann zwinkerte sie ihm zu: „Lass dich von denen nicht über den Tisch ziehen.“ Sie öffnete Schrobosch und kündigte ihn mit „Da sucht euch einer“ an, dann verschwand sie und ließ Schrobosch alleine zurück. Die Luft in dem kleinen Raum roch nach Rauch und verschüttetem Schnaps. Eine Handvoll Männer und Frauen saßen um einen runden Tisch und waren in eine Partie Boltan vertieft. Sie bedachten sich gerade mit derben Flüchen oder lachten grimmig. Ein dürrer Mann mit strähnigem Haar und scharfem Blick jedoch fixierte Schrobosch, erhob sich wortlos vom Tisch und führte den Angroscho in eine weitere Kammer, neben dem Spielraum.
Etzel Kohlbrenner, so stellte er sich vor, ließ sich in einen bequemen Sessel nieder und wies Schrobosch ebenfalls an, sich zu setzen. „Mir wurde gesagt, du möchtest einen Auftrag für die ehrenwerte Gesellschaft der Muschelbrüder übernehmen?“
Schrobosch fühlte sich unwohl und hätte am liebsten sofort den Raum und das Bordell verlassen. Wo war er hier nur rein geraten? Ja, er brauchte Geld. Aber brauchte er es so dringend, dass er sich mit diesen finsteren Gestalten einlassen wollte? Noch während seine Gedanken kreisten, hörte er sich „Mir wurde gesagt, ihr zahlt gut“ sagen und war im nächsten Augenblick über sich selbst erstaunt.
Etzel grinste schmallippig. „Gut. Keine Fragen. Du holst eine Ladung aus Erlenbruch ab und bringst sie nach Moorfurt, wo du sie beim alten Ratzenbold-Kontor löschst.“
Schrobosch versteifte sich. Erlenbruch. Der Name lag schwer in der Luft. Piraten, Schmuggler und Dinge, die man besser nicht beim Namen nannte, hausten dort. „Erlenbruch?“, krächzte Schrobosch, seine Kehle trocken. „Das ist Wahnsinn.“
Kohlbrenners Lächeln war dünn wie ein Messer. „Du willst wieder segeln, oder nicht, Kapitän?“ Er schob einen schweren Beutel über den Tisch, das metallische Klingen der Münzen war das einzige Geräusch im Raum. „Du hast keine Wahl.“
„Erlenbruch“, wiederholte Schrobosch, seine Stimme kratzend. Er schob den Beutel zurück. „Es gibt genug Narren, die in diese Grube segeln. Was macht dich so sicher, dass ich nicht einer von denen bin, die nie wieder herauskommen?“
Etzel lehnte sich zurück, sein Lächeln dünn und unergründlich. „Erlenbruch hat seinen Ruf, das ist wahr. Aber Gerüchte neigen dazu, größer zu werden als die Wahrheit. Die Leute dort sind auch nur Menschen, Schrobosch. Menschen, die Geschäfte machen – wenn der Preis stimmt.“
Schrobosch verzog das Gesicht, die Unruhe in ihm wuchs. „Es ist nicht nur der Preis. Erlenbruch ... dort verschwindet mehr als nur Ware. Ich habe Geschichten gehört.“ Er beugte sich vor, die Stimme gesenkt. „Warum gerade Erlenbruch? Was ist so wichtig an dieser Ladung, dass du bereit bist, mich dorthin zu schicken?“
Etzels Augen glitzerten wie kalte, stille Gewässer. Er zog eine Halskette aus Muscheln unter seinem Gewand hervor und schob sie über den Tisch. „Erlenbruch ist der einzige Hafen, wo Fragen keine Antworten verlangen. Zeige diese Halskette vor und du wirst die Ladung erhalten.“
Schrobosch schluckte schwer. Etwas an den Worten des Händlers ließ ihm die Haare im Nacken zu Berge stehen. „Und wenn ich mehr wissen will?“
„Du bist nicht hier, um Fragen zu stellen, Schrobosch. Du bist hier, um dein Schiff wieder auf die Beine zu bringen. Du kannst diese Ladung holen und mit vollen Taschen zurückkehren. Oder du kannst weiter in der Hafenkneipe sitzen, das Bier schal und warm, während dein Kahn in den Fluten verrottet.“
Schrobosch zögerte, suchte nach einem letzten Argument, etwas, das ihn aus dieser schattenhaften Verstrickung herausziehen könnte. „Warum machst du es nicht selbst?“
Etzel hob eine Augenbraue, sein Lächeln erstarb. „Ich bin kein Flussschiffer, Schrobosch. Ich bleibe lieber im Trockenen. Aber du, du kennst den Fluss und seine Häfen. Und die Leute in den Häfen kennen dich und vertrauen dir. Wer würde einem Angroscho nicht vertrauen?“
Schrobosch griff nach dem Beutel und der Kette. „Was ist, wenn etwas schiefgeht?“, fragte er, mehr für sich selbst als für Etzel. Der Händler neigte den Kopf, als hätte er schon lange gewusst, dass Schrobosch so entscheiden würde. „Das wird es nicht. Solange du nicht zu viele Fragen stellst.“ Schrobosch atmete tief ein, sein Blick schwer auf dem Beutel. „Ich fahre, sobald alles bereit ist.“