Der Wille des grimmigen Herrn Firun
Der Wille des grimmigen Herrn Firun
Vom Tod einer Geweihten in den Koschbergen
KOSCHBERGE, Phex 1045 BF. Die Firungeweihte Matissa von Kemlar hat ein Dorf gerettet, dabei jedoch für ihren Mut mit dem Leben bezahlt. Erst nach der Schneeschmelze – als Nachrichten aus den Bergen wieder nach außerhalb gelangten – konnte diese Geschichte aufgeschrieben werden.
Matissa von Kemlar, die seit Jahren ganz im Sinne des Herrn Firun durch den Kosch zog und sich dabei mit den Naturgewalten maß, kam im Mond ihres Gottes in ein kleines Dorf. Es war bitterkalt, und so hoch der Schnee auch lag, er trug sie gut auf ihrem Weg. Als sie kurz vor dem Ende eines sehr kurzen Tages auf die Hütten zuging, da öffnete sich ein Fenster und die Dorfoberste rief ihr mit geschwächter Stimme zu, dass sie nicht näherkommen solle, denn in der Siedlung wüte ein Fieber und habe bereits einige zu Boron gerufen.
Die Firungeweihte nickte nur und schlug dann ihr Lager abseits der Häuser auf. Früh am nächsten Tage reiste sie weiter – so lange, bis sie den Wohnort des nächsten Heilers erreichte, den sie kannte. Der gute Mann wollte es selbst nicht wagen, durch den Winter zu ziehen, war er doch nicht abgehärtet wie Matissa, und was, wenn andere seine Heilkunst in der Zwischenzeit nötig hatten? Doch gab er ihr einen Trank gegen Fieber, heilende Kräuter für einen Tee und Honig mit. Damit ausgerüstet, wagte sie sich zurück ins Dorf und verteilte die Gaben des Heilers. Sie blieb so lange, bis das Fieber besiegt war. Die Dorfbewohner waren ergriffen von ihrer Tapferkeit. Sie aber winkte ab und sagte nur, sie brauche keine Angst zu haben. Sie habe mehr als sechzig Winter gesehen, und wenn es an der Zeit wäre, dann würde sie der Herr Firun holen; darüber bräuchte sie sich keine Sorgen zu machen.
So zog sie deutlich später als geplant weiter ihres Weges, doch im nächsten Ort sollte sie nicht ankommen. Inzwischen war der Schnee weicher geworden und es hatte viel geschneit. Eine Lawine kreuzte ihren Pfad und begrub sie unter sich. So starb sie, wie sie gelebt hatte – im Wettstreit mit der Natur. Die Dorfbewohner beteten jedoch zu Ifirn, dass es keinem so ergehen möge, der diese Herausforderung nicht suche, und zu Firun, dass er Matissa in seine Jagdgründe aufnehmen möge.