Wundersame Heilung: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 5. Juni 2020, 10:45 Uhr


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Ausgabe Nummer 63 - Rahja 1042 BF

Aus Koscher Sagenwelt: Wundersame Heilung

Einmal war Wilbur Sumspflog, der berühmte Krambold, unterwegs im Gôrmelschen und hatte gute Aussicht, bald das Städtchen zu erreichen. Wie er so einher schritt, sah er am Wegrand ein Mädchen sitzen, und neben dem diesem, mit dem Rücken an einen knorrigen Baum gelehnt, einen Alten, der hatte mehr Runzeln im Gesicht als das Koschgebirge Schluchten und Schlüfte hat. Das Mädchen aber rief verzweifelt immer wieder: „Großvater, Großvater, steh auf! Wir müssen weiter nach Gôrmel, dort wirst du Heilung finden!“ Der Alte aber regte sich nicht.

Da trat Wilbur Sumspflog hinzu, zog seinen Hut und kniete neben dem Greise nieder. Er fühlte ihm den Puls, er fühlte ihm den Herzschlag, und als er beides nicht fand, da hielt er einen kleinen Kupferspiegel – denn solcherlei Tand hat ein Krambold ja meistens in seiner Kiepe – dem Alten unter die Nase. Und wie der Spiegel nicht beschlug, da sagte Wilbur zu dem Mägdlein: „Den weckst du nicht mehr auf, der ist in Borons Hallen eingegangen und würde auch dann nicht mehr die Augen auftun, wenn ich ihm ein Koschwasser reichte, so gut, als wie ich’s hier habe.“

Da aber tat der Alte eben dies, nämlich die Augen auf, und sagte mit krächzender Stimme: „Ein Koschwasser würde ich gerne noch trinken, bevor mich Golgari holt.“

Verwundert reichte ihm der Krambold einen winzigkleinen Becher, gefüllt mit dem gewünschten Trank. Der Alte kiptte ihn herunter hinunter, schnalzte mit der Zunge und stand mit knackenden Knien auf. Dann rief er: „Kommst du, Kindchen, wir müssen nach Gôrmel!“ und wackelte davon.

Wilbur Sumspflog sah den beiden staunend nach. Er hatte gar nicht gewusst, was für einen Heiltrank er da in seinem Fläschchen hatte.

Karolus Linneger