Uztrutzer Umtriebe - Beratungen zu Koschtal: Unterschied zwischen den Versionen
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Die Gute Stube im Haus der Uztrutzer in [[Handlungsort ist::Koschtal]] war nicht gerade groß und es war gerade so Platz für die Gäste und die lange Tafel. Gerade hatte man noch gemeinsam gespeist, doch nun da das Essen beendet war würde der eigentlich Anlass für diese, fast schon verschwörerisch wirkende, Zusammenkunft besprochen werden.<br/> | Die Gute Stube im Haus der Uztrutzer in [[Handlungsort ist::Koschtal]] war nicht gerade groß und es war gerade so Platz für die Gäste und die lange Tafel. Gerade hatte man noch gemeinsam gespeist, doch nun da das Essen beendet war würde der eigentlich Anlass für diese, fast schon verschwörerisch wirkende, Zusammenkunft besprochen werden.<br/> |
Version vom 24. November 2017, 12:45 Uhr
Teil der Briefspielgeschichte "Uztrutzer Umtriebe"
Uztrutzer Umtriebe - Zu Besuch auf Burg Koschtal | Beratungen auf Burg Ingen |
Die Gute Stube im Haus der Uztrutzer in Koschtal war nicht gerade groß und es war gerade so Platz für die Gäste und die lange Tafel. Gerade hatte man noch gemeinsam gespeist, doch nun da das Essen beendet war würde der eigentlich Anlass für diese, fast schon verschwörerisch wirkende, Zusammenkunft besprochen werden.
Derya von Uztrutz blickte die Tafel herunter, betrachtete die Anwesenden kurz. Alle waren sie aus unterschiedlichen Anlässen gekommen. Die allermeisten waren nicht wegen ihr hier, sondern weil der alte Fuchs Roban von Treublatt viele Gefallen und Ehrenschulden eingefordert hatte. Der Treublatter wollte freilich seinen widerlichen Enkelsohn, ihren Ehemann Berwin, auf dem Baronsthron sehen. Sie würde den Burschen schon noch zu Recht stutzen, aber jetzt brauchte sie die Hilfe des mächtigen Adelshauses.
Derya erhob sich und ergriff das Wort. „Einmal mehr möchte ich euch alle hier willkommen heißen. Es bedeutet mir viel, dass ihr dem Ruf für den Kampf für die Gerechtigkeit gefolgt seid und euch hier zu ernsten Beratungen eingefunden habt. Wie ihr wisst ist das Testament meines Großvaters äußerst umstritten und mein Onkel Grimbart fordert das Erbe für sich, obgleich er schon seit ewigen Zeiten mit Großvater zerstritten war und mein Vater in dessen Testament als Erbe genannt wurde. Nun will Grimbart nicht nur das Lehen an sich reißen, doch es gleich auch noch an die Rondrakirche verschenken, ganz so wie zu Zeiten der Priesterkaiser. Die Mühlen im Fürstenpalast mahlen dieser Tage ausgesprochen langsam, sodass es an uns liegt eine Entscheidung herbei zu führen. Die Lage kennt ihr ja sicher schon, aber ich wiederhole es noch einmal. Die Stadt Uztrutz und die Burg Rudes Schild sind in der Hand von Grimbarts Kindern, mein Vater Alrich ist auf dem Weg zu Verhandlungen mit ihnen verschwunden und es muss befürchtet werden das er tot, oder gefangen worden ist und dass obgleich ein Verhandlungsfrieden ausgehandelt worden war. Der Niederadel der Baronie verhält sich größtenteils abwartend. Einzig die Edle Ingrimma von Firunshof“ Derya nickte der Edlen zu „hat sich offen für unsere Seite erklärt. Soweit es uns bekannt ist hat allerdings auch Grimbart keine Unterstützer im Niederadel gefunden. Die Lage ist also vertrackt und recht offen. Welche Vorschläge habt ihr also, meine verehrten Gäste? Wir wollen hier ganz offen diskutieren und werden dann dem besten Ansatz folgen.“
Sobald Derya ihre Ansprache beendet hatte ergriff schon Gisbrun von Treublatt, Berwins Vater, das Wort. „Ich sage wir schlagen so schnell als möglich mit aller militärischen Macht zu. Wir haben bereits Kontakte spielen lassen und zwei Söldnerhaufen von je 30 Kämpfern befinden sich schon auf dem Marsch. Ich sage als wir stürmen die Stadt Uztrutz, ihre klägliche Mauer wird uns nicht lange aufhalten und dann belagern wir Rudes Schild und führen Grimbart und seine Band ihrer gerechten Strafe zu.“
Erlan von Sindelsaum konnte kaum an sich halten. Am liebsten hätte er den aufbrausenden Treublatter ins Gesicht geschlagen, aber stattdessen saß er still da und wartete ab was die anderen Anwesenden vorzuschlagen hatten. Vielleicht gab es ja den ein oder anderen Vorschlag der nicht gleich zwei Belagerungen als ersten Schritt vorschlug.
Baroness Isida vom Grauen See hatte sich bei dem jähen Vorstoß von Junker Gisbrun unwillkürlich gerade in ihrem Stuhl aufgesetzt. Schloss Grauensee erschien ihr mit einem Mal als Hort der Friedlichkeit. Ihr war nicht bewusst gewesen, dass es so kampfeslustige Koscher gab.
„Wohlgeboren Gisbrun“, richtete sie mit freundlicher, etwas besorgter Stimme das Wort an den Junker. „Ihr sprecht von ‚gerechter Strafe‘. Ich bin mit Euch einer Meinung, dass jene Leute, die Euren Gegenschwager haben verschwinden lassen genau diese erhalten. So Alrich denn tatsächlich gefangengenommen wurde.
Nur: wir, Ihr, ich, wohl alle hier, wissen doch gar nicht, ob Wohlgeboren Grimbarts Kinder für das Verschwinden des rechtmäßigen Erben von Uztrutz verantwortlich sind. Da steht Behauptung gegen Behauptung.“
Mancher der Anwesenden zog die Stirn in Falten. Die Edeldame war keine Koscherin, obgleich sie schon einige Jahre hier lebte. Und sie war keine Ritterin, obwohl sie einst als Knappin des Barons von Vinansamt gedient hatte. Sie saß eigentlich nur an dieser Tafel, weil sie tags zuvor in Begleitung des Alt-Rottmeisters Dankwart von Salzmarken-See mit kleinem Gefolge in Koschtal erschienen war. Das hatte genügt, die Gastgeber verstehen zu lassen, dass jemandem am Grafenhof von Grauensee daran gelegen war, Augen, Ohren und Stimme bei den Beratungen zu haben.
Mancher der Anwesenden rechnete mit einer barschen Erwiderung Gisbruns oder eines anderen Diskutanten. Doch Isida war noch nicht fertig: „Mir persönlich erscheint es nicht koscher Art zu sein, sofort loszuschlagen, ohne zuvor in Ruhe alle Möglichkeiten zu durchdenken. Wäre es nicht beispielsweise sinnvoll, zuerst einen Trupp auszusenden, der nach dem Verbleib Alrichs und den Schuldigen an dessen Verschwinden forscht? Sollte ein solcher herausfinden, dass tatsächlich einer oder mehrere Gefolgsleute Grimbarts daran Schuld tragen, würde dies die Rechtmäßigkeit des Erbanspruchs Eures Familienzweigs auch gegenüber...“, sie verhaspelte sich einen Augenblick, „...höheren Stellen deutlich stärken. Wie seht Ihr das?“ Mit fragendem Blick richtete sie sich an die Versammelten.
In der Uztrutzer guten Stube lauschten Thalian und seine Tochter gebannt den Reden und Ratschlägen und versuchten die einzelnen Gesichter aufmerksam zu studieren. Dem alten Treublatt ging es wohl nur darum, seinen Enkel auf dem Stuhl der Macht zu sehen, um seine Hausmacht zu stärken. Dass Derya dazu instrumentalisiert wurde schien diese entweder nicht zu sehen oder nicht sehen zu wollen. Wenn sie glaubte, dem alten Roban gegenüber bestehen zu können, dann war sie naiver als er dachte.
Die Rede von Baroness Isida hatte ihn jedoch beeindruckt, für eine Dame aus dem Hinterkosch klangen ihre Vorschläge durchaus vernünftig. Thalian ergriff das Wort und erhob sich als eine Redepause eintrat. Er räusperte sich, bevor er anhob.
“Nun, Baroness, ich stimme euch zu, zuallererst sollte das Schicksal des Herrn Alrich erforscht werden. Falls Grimbarts Seite dahinter stecken sollte, dann hätten wir zumindest Gewissheit.”
Derya von Uztrutz sprang auf und rief erbost: “Zweifelt ihr etwa daran, Hügelsaum?”
Thalian Has von Hügelsaum überging diese Unfreundlichkeit und fuhr fort.
“Und sobald dies geklärt ist, gibt es andere Mittel und Wege, berechtigte Ansprüche durchzusetzen. Mein Lehnsherr...”, er deutete auf Erlan von Sindelsaum, “... und ich wissen, wovon wir reden. Denn ich selber unterlag vor einigen Jahren einem durchaus koscheren Wettbewerb um die Baronswürde von Sindelsaum. Auch hier käme doch so etwas durchaus in Betracht. Man könnte ein Götterurteil daraus machen, für jeden der zwölf guten Götter ein eigener Wettbewerb. Ein rondragefälliger Zweikampf oder Lanzenreiten, ein traviagefälliges Kochduell, ein efferdgefälliges Wettschwimmen, nur um ein paar Beispiele in den Raum zu werfen. Versteht mich nicht falsch, mir ist nicht daran gelegen, aus Uztrutz Kirchenland zu machen, dies mögen Ingerimm und seine Geschwister verhindern. Aber koscher und unblutig, das sollte unser Credo sein.”
Thalian setzte sich und ließ die wütenden Kommentare der Uztrutzer und Treublatter Seite tapfer über sich ergehen.
Gisbrun jedoch bemerkte das starre Gesicht der Lanzerin Perdita und sprach diese an.
“Und was hat die hier anwesende Ferdoker Gardistin, welche sicherlich die Donnernde überaus verehrt, dazu beizutragen?” fragte er lauernd und mit Raubtierblick.>br/>
Perdita zögerte und versuchte ein möglichst starres Gesicht zu machen.>br/>
“Ich…, ich vertrete die Meinung meines Herrn Vater” sagte sie ton- und emotionslos.”
Thalian nickte ihr dankbar und kaum sichtbar zu und wartete auf weitere Reaktionen und Vorschläge aus den Reihen der Versammelten.
Grübelndes Schweigen senkte sich über die Runde. Man hörte das verstohlene Klappern von Bierkrügen, mit deren Hilfe sich der eine oder die andere die Kehle befeuchtete, das Schmauchen einer Pfeife, ein verlegenes Räuspern.
Ritter Rondrabert vom Hochfeld hatte bisher wortlos in zweiter Reihe hinter Baroness Isida gesessen. Man konnte an seiner Miene ablesen, wie das bislang Gesagte gemächlich durch seinen Geist rann, wie Goldsand durch ein feines Sieb. Dann blieb, bildlich gesprochen, ein glitzerndes Körnchen hängen, nach dem der ungeschlachte Krieger griff, es hin und her drehte, und schließlich seine Meinung darüber kund tat.
„Zweikampf. Das finde ich gut. Sollen die Brüder ehrenhaft gegeneinander kämpfen.“ Dann schien er zu erkennen, dass das Gedankenkorn aus Katzengold bestand: „Aber... der Alrich ist ja nicht da. Den müsstet Ihr zuerst finden. Oder jemanden bestimmen, der für ihn kämpft.“
Rondrabert klappte den bartumsäumten Mund zu, aber seine Augen blieben in Bewegung: Er musterte alle erkennbar ritterlichen Teilnehmer der Beratung, wer von ihnen als Alrichs Stellvertreter in Frage käme.
„Auch ich bin der Meinung, dass alle überstürzten Abenteuer – insbesondere militärischer Art – vorerst unterbleiben sollten. Selbst, wenn wir Burg Rudes Schild im Handstreich erobern könnten, würde dies uns nicht die Herrschaft über ganz Uztrutz sichern, schon gar nicht langfristig“, warf Frylinde von Salmingen, die Mutter des Hagen von Salmingen-Sturmfels, Baron zu Dunkelforst und Baruns Pappel, mit dem Selbstbewusstsein einer Koscher Uradligen in die Runde.
Ohne das Beispiel der Eroberung der Burg Dohlenhorst im Hesinde 1032 nach Bosparans Fall explizit zu erwähnen, wusste jeder der Anwesenden, wie trotz des frühen militärischen Triumphs Hagens und seiner machtvollen Allianz von Unterstützern die Baronie Dohlenfelde letztlich an die Feinde des Hauses Salmingen fiel. Jeder der Anwesenden wusste zudem, wie sehr es Frylinde immer noch schmerzte, damit gescheitert zu sein, ihrem Sohn das nordmärkische Erbe ihres ermordeten Ehemannes zu sichern.
Die Mutter des Barons zu Dunkelforst und Baruns Pappel nippte an ihrem herben, dezent gewürzten Weißwein – sie war eine der wenigen in der Runde und wohl überhaupt im Kosch, die ein Gläschen Wein dem Bier vorzog – und fuhr, mit Blick zu den Sindelsaumern fort: „Thalian, ich stimme Euch auch vollkommen zu, dass Kirchenland im Kosch keinesfalls im Interesse des Adels ist. Entsprechende Beispiele aus dem Osten des Reiches sollten uns kein Vorbild sein, sondern uns als Mahnung dienen, wohin Kirchenherrschaft führen kann. Ein jeder Stand möge sich auf seine göttergegebene Aufgaben besinnen – und die Aufgabe der Kirchen ist nicht die politische Machtausübung. Aber ich möchte mich zugleich auch deutlich gegen jedwede Götterurteile, zu denen selbstverständlich Zweikämpfe gehören, aussprechen. Diese sind Relikte aus finsterer, hesindevergessener Vergangenheit.“
Frylinde ließ den Blick kurz schweifen, bevor sie ihre Rede fortsetzte:
„Götterurteile mögen ein Ausdruck tiefster Frömmigkeit sein, aber sie reduzieren zwingend komplexe politische Probleme – wie dieses, vor dem wir hier stehen – auf äußerst hesindeungefällige Art und Weise. Unsere Ahnen mögen in dunkelster Vergangenheit womöglich dazu tendiert haben, im Zweikampf oder beim Wetttrinken solcherart Streitigkeiten zu entscheiden. Aber da wir hier und heute zivilisierte Leute sind, sollten wir dem Rat der Herrin Hesinde vertrauen. Lasst uns also, wie es uns die alveranische Allweise gelehrt hat, zuerst einmal, wie von Baroness Isida bereits gefordert, die Fakten zusammentragen und von den Gerüchten trennen, lasst uns dann erneut beraten. Lasst uns schließlich, wenn wir uns auf eine kluge Strategie geeinigt haben, das gesittete Gespräch mit Grimbart suchen und gemeinsam eine Verhandlungslösung finden. Die Herrin Hesinde liebt den Streit mit Worten, nicht das Waffengeklirre!“
Frylinde hoffte, mit ihrer Rede den kleingeistigen Hitzköpfen ein wenig den Wind aus den Segeln genommen zu haben: In einem bewaffneten Konflikt würde das Haus Salmingen wohl oder übel auf Seiten des Hauses Treublatt stehen müssen – und egal wie es ausgehen würde, es wäre ein teurer Spaß, die Salminger hätten nichts zu gewinnen, aber viel zu verlieren. Und ein Götterurteil? Nein, beim besten Willen, nein! Ihr schauderte beim Gedanken, nicht den eigenen, von Herrin Hesinde geschenkten Geist zu gebrauchen, sondern sich wie ein unmündiges Kind dem für die Sterblichen unergründlichen – und daher zumeist willkürlichen erscheinenden – Ratschluss der Zwölfe zu unterwerfen.
Wie froh war die Salmingerin, dass Hagen nicht hier war, sondern im fernen Tobrien für Königin und Fürst stritt. So konnte er wenigstens im Kosch kein Unheil anrichten…
Erlan von Sindelsaum hatte bis dahin aufmerksam zugehört. Nun war für ihn die Zeit gekommen um sich zu Wort zu melden „Die Lage ist nach wie vor äußerst vertrackt. Eine Lösung durch Zweikämpfe scheint mir problematisch, weil wir dadurch Grimbarts Ansprüche als Gleichwertig anerkennen würden. Auch eine reine Verhandlungslösung erscheint mir schwierig, falls nicht gar völlig unmöglich. Solcherart bleiben nicht mehr allzu viele Optionen, aber eine gewaltsame Lösung erscheint mir nicht wünschenswert. Ich schließe mich Baroness Isidias Meinung an, dass wir den Verbleib von Alrich von Uztrutz ergründen sollten, immerhin hat sein Verschwinden die Situation gewaltig eskaliert.“
"Das klingt doch, als ob wir einen Plan hätten?", sagte Baroness Isida hoffnungsvoll. "Gut... ich hätte nur drei kurze Fragen: Erstens, wie viele Tageritte ist es von Koschtal zum vermutlichen Ort des Verschwindens Alrichs? Zweitens, welche Hinweise wurden dort gefunden? Und drittens, wer hat diese gefunden?"
Frylinde von Salmingen nickte zufrieden. Sie wusste nicht, was sie von dieser Nordmärkerin, die ihre Tochter sein könnte, halten sollte: Warum wollte Isida dem Treublatter helfen wollte, seinen Sohn zum Uztrutzer Baron zu machen? Was waren Isidas Interessen? War sie womöglich eine Agentin der Partei Grimbarts? Und welches Spiel spielte Wilbur vom Grauen See, dieser ausgeprochen unfähige Graf? Frylinde würde die Hofdame im Auge behalten.
Höflich sprach sie, an Isida gewandt: "Baroness, ich schließe mich Euren Fragen an. Aber ich wäre geneigt zu sagen, dass wir von einem Plan noch sehr weit entfernt sind."
Bei ihren letzten Worten funkelte die Salmingerin ihren Schwager, Roban von Treublatt, an.
„Nun…“, Thalian strich sich nachdenklich mit seiner Rechtenüber seinen gestutzten Vollbart, „… wenn ich es recht bedenke, so entsprichteine Nachforschung, wie von Baroness Isida vorgeschlagen, ganz der Koscher Art.Zuerst einmal die Fakten zusammen tragen. Anschließend kann man mit diesen Erkenntnisseneinen Plan zusammen basteln. Und da ich nach wie vor für eine gewaltlose Lösungplädiere, melde ich mich freiwillig, einem Suchtrupp anzugehören. Und meineTochter sicher auch. Oder?“ Er warf einen Seitenblick auf seinen Spross, dieauf ihrer Unterlippe kauend still neben ihm saß.„Oder??“ wiederholte Thalian die Frage etwas energischer.„Ja, Vater“ bekam er gepresst zur Antwort, was ihm jedoch nurein mildes Lächeln entlockte. Diese Heißspornigkeit war ein Vorrecht derJugend, er als Vater war hier, um diese zu zügeln. Doch er musste seine Tochterwohl genauer im Auge behalten, dass diese nicht von seiner Linie ausbrechenwürde.Thalians Blick wanderte zurück zu Baroness Isida. „Nun denn, euer Hochgeboren, ich stimme hiermit für eurenVorschlag.“
Obwohl sie noch auf Antworten auf ihre Fragen von Erlan oder einem anderen zu hoffen schien, wirkte Baroness Isida erfreut. Sie ignorierte zurückhaltende Blicke und das Schweigen vieler Anwesender: „Dann lasst uns nicht lange zögern. Ein kleiner Reitertrupp sollte genügen, um sich am Ort der mutmaßlichen Entführung Alrichs schlau zu machen. Derweil kann der Rest dieser Versammlung hier vor Ort bleiben und Varianten für das weitere Vorgehen entwerfen, die Möglichkeiten bieten, auf jedwedes denkbare Ergebnis der Nachforschungen der Exkursion zu reagieren.“
Ritter Rondrabert versteifte sich sichtlich, als sich die Edeldame für den Ausritt begeisterte. Die Aussicht auf dieses Unterfangen schien Isida von Moment zu Moment mehr Freude zu bereiten: „Ich selbst werde mitreiten, gerne begleitet von euch, die Herrenn Thalian, Farelius, Erlan, Gisbrun? Vielleicht wollt Ihr Euch mir anschließen... oder besser: ich würde mich Euch anschließen...?“ Sie blickte die Angesprochenen an und dann in die Runde: „Ohne irgendeinen von Euch ausschließne zu wollen, versteht sich. Wer von Euch die Hand lieber am Zügel hat als am Bierkrug, der soll mitkommen.“
Was um alles in der Welt ging nur vor sich?
Weshalb konnten die Erben vom alten Steigbügel ihre Zwistigkeiten nicht so beilegen, wie es sich für Leute ihres Standes gebührte?
Ein Götterurteil wäre der Weg der Wahl, um eine solch verworrene Situation zu lösen, doch stattdessen verschwindet einer der Erben plötzlich.
Wie ungemein praktisch für die andere Seite.
Sollte es sich tatsächlich bewahrheiten, dass es sich um eine Entführung, oder gar einen heimtückischen Mord handeln sollte, dann... ja dann... was dann?
Farelius, als einfachem Ritter stand es nicht zu, jemanden des Baronsstandes zum Ehrenhändel zu fordern.
Und wäre es wohl vermessen es dennoch zu fordern?
Und was, wenn es sich nur um einen unglücklichen Zufall oder den Überfall gewöhnlicher Strauchdiebe handelte?
Farelius schreckte aus seinen Gedanken hoch, als er direkt angesprochen wurde.
Mit einer eleganten Verbeugung erwiderte er:
"Selbstverständlich, euer Hochwohlgenbohren. Es wird mir eine Ehre sein, euch bei der Aufklärung dieser Angelegenheit zu helfen und mit meinem Schwert zur Seite zu stehen."
An seinen grau berobten Freund gewandt sagte er: "Ich weiß, dass du nicht gerne so lange reitest. Daher stelle ich es dir frei, zum Gut zurück zu reiten und meinem Knappen und den Anderen von dem hier zu berichten, oder mit zu helfen, Licht in diese Angelegenheit zu bringen."
Die Baroness nickte Farelius dankbar zu. Dann ließ sie ihren Blick noch einmal über die Schweigenden wandern. Isida vermochte ihre Enttäuschung nur schlecht zu überspielen, als kein anderer sich meldete: „Gut, wir sollten vielleicht auch nicht zu viele sein, um kein Gefühl der Bedrohung hervorzurufen.“ Sie schob in dem nun fast stillen Raum unangenehm laut ihren Stuhl nach hinten und lächelte den Gastgebern zu: „Ihr mögt mich bitte entschuldigen. Die bisherige Reise war schon etwas mühsam. Und morgen früh sollten wir bei Sonnenaufgang aufbrechen“, sagte sie, an Farelius gerichtet.“ Isida vom Grauen See verbeugte sich und verließ den Raum.
Zu den Schweigenden hatte bislang auch Holdwin von Falkenhag-Zandor gehört. Kaum jemand hatte den Fürstlichen Schlachtreiter beachtet, der still in einer Ecke saß. Nun schien es, als hätte ihn das Geräusch des ruckenden Stuhles Isidas aus seinen Gedanken gerissen. Er stand auf, räusperte sich und erklärte:
„Kein Zweifel, dem Schicksal Alerichs muss nachgeforscht werden. Doch in der Frage der Erbschaft ist sie doch eigentlich nebensächlich. Wenn ein rechtmäßiges Testament besteht, kann es vor dem Herrn Praios doch nur eine Konsequenz geben. Wir sollten also das Testament von der Priesterschaft beglaubigen lassen. Mit dem Segen des Götterfürsten müsste es ein Leichtes sein, Graf und Fürst zu überzeugen. Ich bin sicher, Eure Tante Grimma würde mir da zustimmen“, zwinkerte er Berwin von Treublatt zu.
Erlan von Sindelsaum nickte zustimmend. Er hatte sich ruhig verhalten, hatte er doch abwarten wollen wie sich die Treublatts verhalten würden. „Gut gesprochen Falkenhag. In der Tat sollten wir das Testament beglaubigen lassen und in der Zwischenzeit nach Alerich suchen. Ich selbst werde mich dem Suchtrupp für den Verschollenen anschließen, sprachs, verließ den Raum und ließ Derya und den übrigen Treublatts keine Zeit zu wiedersprechen. Derya von Uztrutz schien zuerst verdutzt, doch nickte auch sie dann zustimmend. „So werden wir es machen. Mit einem von der Praioskirche beglaubigten Testament und dem Schicksal meines Vaters aufgeklärt werden wir den Streit ohne weiteres für uns entscheiden können.“ In der allgemeinen Erleichterung und dem Stühlerücken gingen die finsteren Blicke unter die Roban und Gisbrun von Treublatt austauschten. Sie waren scheinbar äußerst unzufrieden mit dem Ausgang der Beratungen.