Neues aus Hohentrutz - Winterreise: Unterschied zwischen den Versionen

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''[[Rahja|Rahjawärts]] der Siedlung [[Hohentrutz]] in [[Moorbrück]], im [[Efferd]] 1033 BF''
''[[Rahja|Rahjawärts]] der Siedlung [[Hohentrutz]] in [[Moorbrück]], im [[Efferd]] 1033 BF''
<br.><br.>Dichter Schnee bedeckte den Sumpf.<br.>Wohin man blickte, eine einzige, weiße Schneefläche.<br.>Die einzige Erhebung weit und breit war die kleine Gesellschaft, die sich westwärts durch den tiefen Schnee voran arbeitete. Die Körper der Zugochsen dampften vor Anstrengung, denn sie zerrten Baumaterial auf zwei Schlitten hinter sich her, die man Rand des Sumpfes aus zwei normalen Fuhrwerken, vier langen Brettern und einem guten Dutzend Lederriemen improvisiert hatte.<br.>Wieder so eine merkwürdige Konstruktion, die [[Danja Salderken|Danja]] aus dem Bornland kannte, wo man winters wohl alle Kutschen und Fuhrwerke mit solchen Kufen ausstattete.<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] war zunächst skeptisch gewesen, ebenso die anderen Siedler, die ihn begleiteten. Diese Idee war alles andere als koscher – trotzdem funktionierte sie tadellos und erleichterte das Vorankommen im Schnee.<br.>Seit ihrem Aufbruch aus [[Hammerschlag (Baronie)|Hammerschlag]] waren erst einige Stunden vergangen, und das verdankte man nicht zuletzt diesen improvisierten Schlitten. Wie hatte die Maga sie gleich genannt? Galoschka? Nein, Kaleschak. Wieder so was außerkoscheres, was sich kein Schwein merken konnte!<br.>Es knirschte vernehmlich.<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] hatte Girte am Zügel hinter sich her geführt, sie bildeten die Spitze der kleinen Kolonne. Das Gewicht der Stute prüfte die Festigkeit des gefrorenen Bodens, und diese Stelle schien nicht besonders fest zu sein.<br.>Der Ritter hob die Hand und deutete nach links. Dort lag der Schnee noch tiefer, und glaubte man [[Danja Salderken|Danjas]] Worten, sprach das für hart gefrorenen Boden.<br.>Sie hatte versucht, ihm diesen Effekt zu erklären, mal wieder mit Worten, die [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] noch nie gehört hatte. „Exotherme Zerfallsprozesse“, wer konnte damit schon was anfangen? Und was das damit zu tun hatte, dass Schnee auch auf Komposthaufen nicht so schnell liegen blieb, leuchtete ihm auch nicht ganz ein.<br.>Doch was sollte es, denn bis jetzt stimmte das, was [[Danja Salderken|Danja]] behauptet hatte. Im tiefen Schnee kam man nicht besonders schnell, aber sicher voran, und bald würde man die ersten Pflöcke erreichen, die den Weg nach [[Hohentrutz]] kennzeichneten.<br.>Wenn [[Firun]] ihnen gnädig war, würde man die Siedlung zum Abend erreichen, mit zwei Fuhrwerken voll Baumaterial, aus dem man im Frühjahr das nächste Haus errichten konnte.<br.>Und bislang war der grimme Wintergott ihrem Vorhaben hold. Zwar trieb der Wind feinste Eiskristalle über das ebene Land, überzog Kleider, Haare und Bärte mit einer glitzernden Schicht, doch nach neuen Schneefällen sah es nicht aus. Dennoch, die Kälte war schneidend, biss den Wanderern ins Gesicht, ließ die Augen tränen und die Lippen rissig werden. Wangen und Hände wurden taub, und an den Beinen schienen Bleigewichte zu hängen.<br.>Stunde um Stunde schleppten sie sich dahin, schweigend zumeist, denn das Stapfen durch den Schnee verlangte ihnen alle Kräfte ab.
<br.><br.>Dichter Schnee bedeckte den Sumpf.<br.>Wohin man blickte, eine einzige, weiße Schneefläche.<br.>Die einzige Erhebung weit und breit war die kleine Gesellschaft, die sich westwärts durch den tiefen Schnee voran arbeitete. Die Körper der Zugochsen dampften vor Anstrengung, denn sie zerrten Baumaterial auf zwei Schlitten hinter sich her, die man Rand des Sumpfes aus zwei normalen Fuhrwerken, vier langen Brettern und einem guten Dutzend Lederriemen improvisiert hatte.<br.>Wieder so eine merkwürdige Konstruktion, die [[Danja Salderken|Danja]] aus dem Bornland kannte, wo man winters wohl alle Kutschen und Fuhrwerke mit solchen Kufen ausstattete.<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] war zunächst skeptisch gewesen, ebenso die anderen Siedler, die ihn begleiteten. Diese Idee war alles andere als koscher – trotzdem funktionierte sie tadellos und erleichterte das Vorankommen im Schnee.<br.>Seit ihrem Aufbruch aus [[Hammerschlag (Baronie)|Hammerschlag]] waren erst einige Stunden vergangen, und das verdankte man nicht zuletzt diesen improvisierten Schlitten. Wie hatte die Maga sie gleich genannt? Galoschka? Nein, Kaleschak. Wieder so was außerkoscheres, was sich kein Schwein merken konnte!<br.>Es knirschte vernehmlich.<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] hatte Girte am Zügel hinter sich her geführt, sie bildeten die Spitze der kleinen Kolonne. Das Gewicht der Stute prüfte die Festigkeit des gefrorenen Bodens, und diese Stelle schien nicht besonders fest zu sein.<br.>Der Ritter hob die Hand und deutete nach links. Dort lag der Schnee noch tiefer, und glaubte man [[Danja Salderken|Danjas]] Worten, sprach das für hart gefrorenen Boden.<br.>Sie hatte versucht, ihm diesen Effekt zu erklären, mal wieder mit Worten, die [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] noch nie gehört hatte. „Exotherme Zerfallsprozesse“, wer konnte damit schon was anfangen? Und was das damit zu tun hatte, dass Schnee auch auf Komposthaufen nicht so schnell liegen blieb, leuchtete ihm auch nicht ganz ein.<br.>Doch was sollte es, denn bis jetzt stimmte das, was [[Danja Salderken|Danja]] behauptet hatte. Im tiefen Schnee kam man nicht besonders schnell, aber sicher voran, und bald würde man die ersten Pflöcke erreichen, die den Weg nach [[Hohentrutz]] kennzeichneten.<br.>Wenn [[Firun]] ihnen gnädig war, würde man die Siedlung zum Abend erreichen, mit zwei Fuhrwerken voll Baumaterial, aus dem man im Frühjahr das nächste Haus errichten konnte.<br.>Und bislang war der grimme Wintergott ihrem Vorhaben hold. Zwar trieb der Wind feinste Eiskristalle über das ebene Land, überzog Kleider, Haare und Bärte mit einer glitzernden Schicht, doch nach neuen Schneefällen sah es nicht aus. Dennoch, die Kälte war schneidend, biss den Wanderern ins Gesicht, ließ die Augen tränen und die Lippen rissig werden. Wangen und Hände wurden taub, und an den Beinen schienen Bleigewichte zu hängen.<br.>Stunde um Stunde schleppten sie sich dahin, schweigend zumeist, denn das Stapfen durch den Schnee verlangte ihnen alle Kräfte ab.<br.>Dann plötzlich stieß [[Thurescha Tochter der Tantalla|Thurescha]] einen Warnruf aus.<br.>„Drakka! Da vorn. Auf der rechten Seite, [[Alphak Hasweiler|Alphak]]!“<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Robans]] Kopf schwenkte herum. Erst auf den zweiten Blick konnte er die Bewegung ausmachen.<br.>Einige gedrungene Kreaturen, das dichte, dunkle Fell mit Schnee überzogen, näherten sich langsam und geduckt ihrem Zug.<br.>„Rotaugen! [[Thurescha Tochter der Tantalla|Thurescha]], [[Danja Salderken|Danja]], Abwehrlinie. [[Alphak Hasweiler|Alphak]], hol die Geheimwaffe! [[Sindar Goblindodt|Sindar]], du bleibst bei den Wagen. Sind zwar keine Rotpelze, aber erschlag einfach alles, was euch zu nahe kommt!“<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] drückte [[Firundal Sackfold]] die Zügel seines Pferdes in die Hand und zog den Reiterbogen aus der Deckenrolle hinter dem Sattel.<br.>„Die Wagen müssen [[Hohentrutz]] erreichen!“ schärfte er dem Sohn des Schweinehirten ein.<br.>„Ganz gleich, was mit uns passiert, ihr marschiert weiter, verstanden?“<br.>[[Firundal Sackfold|Firundal]] presste die Lippen aufeinander und nickte tapfer.<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] gab ihm einen aufmunternden Schlag auf die Schultern, hakte die Bogensehne ein und hängte den Köcher an den Gürtel.<br.>Auch [[Thurescha Tochter der Tantalla|Thurescha]] hatte ihre Armbrust bereits schussbereit gemacht, während [[Danja Salderken|Danja]] einfach nur mit dem Stab neben der Zwergin stand.<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] hoffte, dass sie nicht würde zaubern müssen, denn [[Thurescha Tochter der Tantalla|Thurescha]] hasste und fürchtete nichts mehr als Zauberei. Entweder würde sie [[Danja Salderken|Danja]] auf der Stelle erschießen oder davon rennen, wenn wirklich Magie gewirkt wurde.<br.>Die Sumpfranzen schienen zu merken, dass ihr Überraschungsangriff erkannt war, sprangen auf und rannten jetzt in schnellem Lauf auf sie zu, wobei sie sich in zwei regelrechte Angriffskeile aufteilten, wie ein Reiterhaufen, der eine feindliche Kolonne in die Zange nehmen wollte.<br.>„Nicht übel, ihr Drecksviecher!“ knurrte [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] anerkennend. Beide Zangenarmen zeigten ihnen jetzt nur schmale Vorderseite, keine gute Voraussetzung für gezieltes Schießen.<br.>„[[Alphak Hasweiler|Alphak]], komm aus den Socken!“ brüllte er nach hinten.<br.>Der Hasenzüchter hatte einen großen Leinenbeutel vom zweiten Wagen gezogen und nestelte mit klammen Fingern an dem Band, dass den Beutel verschloß.<br.>Endlich hatte er es gelöst, schleuderte das Behältnis weit von sich und dem Wagenzug weg. Der Beutel drehte sich in der Luft und gab nach einigen Sekunden seinen Inhalt preis.<br.>Die Schlachtabfälle hatte [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] für ein paar Nickel erstanden, jetzt würde es sich zeigen, ob sich diese kleine Investition bezahlt machte.<br.>Und tatsächlich – die ersten Ranzen hatten die Leckerbissen bereits gewittert, die da so mir nichts, dir nichts vom Himmel fielen, und schwenkten ab, um diesen Festschmaus nicht verkommen zu lassen.<br.>Nach einigen Sekunden taten es die restlichen ihnen gleich, und jetzt zeigte ihnen das Rudel die Breitseite.<br.>„Schuß!“ kommandierte [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]].<br.>„Gortoscha mortomosch!“ erwiderte [[Thurescha Tochter der Tantalla|Thurescha]] und zog den Hahn durch.<br.>Pfeil und Bolzen schossen zeitgleich von den Sehnen, und beide fanden ihr Ziel. Zwei Körper überschlugen sich in einer Schneewolke und blieben liegen, [[Firun|Firuns]] weißes Element färbte sich in korgefälligem Rot.<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] legte den nächsten Pfeil auf die Sehne, während [[Thurescha Tochter der Tantalla|Thurescha]] die Armbrust absetzte und nach der Sehne griff.<br.>Der Angriff hatte die Sumpfranzen kurz verwirrt, sie schwankten zwischen Angst, Wut und Fressgier, doch dann kreischte eine von ihnen regelrecht herrisch los, ein besonders großes Tier, und sofort formierte der Rest sich erneut, dieses Mal aber nur in einem einzigen, großen Haufen.<br.>Und dieser Haufen zielte genau auf die drei frechen Zweibeiner, die es gewagt hatten, die Ranzen in ihrer ureigensten Heimat anzugreifen.<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] und [[Thurescha Tochter der Tantalla|Thurescha]] schossen noch einmal.<br.>Die Zwergin traf erneut, der Bolzen schlug einem der Tiere in die Stirn, doch [[Roban Grobhand von Koschtal|Robans]] Schuß, der dem Leittier gegolten hatte, ging fehl, der Affe machte einen blitzartigen Satz zur Seite.<br.>Für einen Moment schauderte [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]].<br.>Das Vieh kannte er doch!<br.>[[Erborn Donnerbacher|Erborn]], der Wildhüter in Diensten des [[Reto von Tarnelfurt]], hatte diesem Biest während der Erkundung der Siedlungsplätze schon einmal eine verplättet, nur in die Schulter, aber immerhin!<br.>Scheinbar wollte es sich jetzt für die Wunde von einst bedanken, eine Rechnung, die in Blut beglichen wurde.<br.>Er zog einen Pfeil aus dem Köcher, ließ ihn und den Bogen aber fallen, griff nach Schwert und Hammer.
Dann plötzlich stieß Thurescha einen Warnruf aus.
Er würde ohnehin keine Zeit für einen weiteren Schuß haben.<br.>Das Leittier hetzte in gewaltigen Sprüngen heran, blanke Mordlust flackerte in den roten Augen, Geifer triefte von den Lefzen. Es war dem restlichen Rudel weit voraus, kaum noch zehn Schritt, dann würde es angreifen.<br.>Ruckartig riss [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] seine Waffen vom Gürtel, suchte sicheren Stand.<br.>[[Danja Salderken|Danja]] klatschte in die Hände und sprach ein Wort.<br.>Schlagartig schien die Sumpfranze langsamer zu werden, ihr Körper überzog sich binnen eines Augenblicks mit einer dünnen Schicht aus Reif, sie strauchelte, brach zusammen, stieß ein klägliches Wimmern aus und blieb reglos liegen.<br.>Sofort brach der Angriff des restlichen Rudels zusammen, kreischend sprangen die anderen Tiere umher, die ersten setzten sich sofort ab, suchten jetzt doch lieber nach den herumliegenden Schlachtabfällen.<br.>„Hauen wir ab!“ drängte [[Danja Salderken|Danja]]. „Der CORPOFRIGO wirkt ganz gut, aber leider nicht allzu lang. Das Biest wird bald wieder aufstehen.“<br.>„Ka Angrosch garaschmox! Das du eiskalt bist, Draxgroschna, wusste ich, aber dass es so schlimm ist...“, [[Thurescha Tochter der Tantalla|Thurescha]] eilte, so schnell es ihr die kurzen Beine gestatteten, hinter den zwei Großlingen her, immer darauf bedacht, einen Sicherheitsabstand zu der Maga einzuhalten.<br.>„Ich hätte das Tier auch verbrennen können!“ gab [[Danja Salderken|Danja]] keuchend zurück. „Hättest du das präferiert?“<br.>„[[Ingerimm|Angroschs]] Element in deinen lästerlichen Gigrim-Händen? [[Ingerimm|Angrosch]] behüte! Ersäuf sie meinetwegen!“ schnaufte die Angroschna zurück.<br.>„Nicht sabbeln, rennen!“ kommandierte [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] nach einem Blick über die Schulter.<br.>Das Leittier hatte sich tatsächlich wieder aufgerappelt, schien aber ebenfalls die Lust an weiteren Angriffen verloren zu haben. Es humpelte zum Rest des Rudels, ließ seine schlechte Laune an ein paar Artgenossen aus, die schon beim Fressen waren, und sicherte sich wohl seinen Teil an ihrer „Geheimwaffe“.<br.>Nach ein paar Minuten hatten sie die Wagen eingeholt und mussten ausführlich von dem kleinen Gefecht berichten. [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] lobte [[Alphak Hasweiler|Alphak]] für den guten Wurf, der einigen Abstand zwischen die Wagen und die Sumpfranzen gebracht hatte, und [[Firundal Sackfold|Firundal]] dafür, den Zug trotz der Eile auf sicherem Grund weiter geführt zu haben.<br.>Drei Stunden später erreichten sie den ersten Markierungspflock. Ein Stück einer roten Tischdecke, schon im Herbst bei einem Flickschneider erstanden, flatterte im Wind, mit einem Nagel an den Pflock geheftet, und in der Ferne konnte man schon den nächsten roten Flecken ausmachen.<br.>„Jetzt ist es nicht mehr weit!“ versprach [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]], an die zwei Fuhrleute gewandt, deren Gemecker mit jeder Minute lauter geworden war, und tatsächlich war es noch nicht mal völlig dunkel, als sie [[Hohentrutz]] erreichten. Die letzte halbe Meile hatte sie ein Signalfeuer geleitet, von [[Rondred Brotbäck|Rondred]] weisungsgemäß mit Anbruch der Dämmerung angezündet, und mit großem Hallo wurden die Ankömmlinge begrüsst.<br.>Das Bauholz wurde auf den Querbalken unter den Hausdächern eingelagert, und was dort keinen Platz mehr fand, verschwand unter großen geflochtenen Schilfmatten.
„Drakka! Da vorn. Auf der rechten Seite, Alphak!“
Robans Kopf schwenkte herum. Erst auf den zweiten Blick konnte er die Bewegung ausmachen. Einige gedrungene Kreaturen, das dichte, dunkle Fell mit Schnee überzogen, näherten sich langsam und geduckt ihrem Zug.
„Rotaugen! Thurescha, Danja, Abwehrlinie. Alphak, hol die Geheimwaffe! Sindar, du bleibst bei den Wagen. Sind zwar keine Rotpelze, aber erschlag einfach alles, was euch zu nahe kommt!“ Roban drückte Firundal Sackfold die Zügel seines Pferdes in die Hand und zog den Reiterbogen aus der Deckenrolle hinter dem Sattel.
„Die Wagen müssen Hohentrutz erreichen!“ schärfte er dem Sohn des Schweinehirten ein.  
„Ganz gleich, was mit uns passiert, ihr marschiert weiter, verstanden?“
Firundal presste die Lippen aufeinander und nickte tapfer.
Roban gab ihm einen aufmunternden Schlag auf die Schultern, hakte die Bogensehne ein und hängte den Köcher an den Gürtel.  
Auch Thurescha hatte ihre Armbrust bereits schussbereit gemacht, während Danja einfach nur mit dem Stab neben der Zwergin stand. Roban hoffte, dass sie nicht würde zaubern müssen, denn Thurescha hasste und fürchtete nichts mehr als Zauberei. Entweder würde sie Danja auf der Stelle erschießen oder davon rennen, wenn wirklich Magie gewirkt wurde.
Die Sumpfranzen schienen zu merken, dass ihr Überraschungsangriff erkannt war, sprangen auf und rannten jetzt in schnellem Lauf auf sie zu, wobei sie sich in zwei regelrechte Angriffskeile aufteilten, wie ein Reiterhaufen, der eine feindliche Kolonne in die Zange nehmen wollte.
„Nicht übel, ihr Drecksviecher!“ knurrte Roban anerkennend. Beide Zangenarmen zeigten ihnen jetzt nur schmale Vorderseite, keine gute Voraussetzung für gezieltes Schießen.
„Alphak, komm aus den Socken!“ brüllte er nach hinten.
Der Hasenzüchter hatte einen großen Leinenbeutel vom zweiten Wagen gezogen und nestelte mit klammen Fingern an dem Band, dass den Beutel verschloß.
Endlich hatte er es gelöst, schleuderte das Behältnis weit von sich und dem Wagenzug weg. Der Beutel drehte sich in der Luft und gab nach einigen Sekunden seinen Inhalt preis.
Die Schlachtabfälle hatte Roban für ein paar Nickel erstanden, jetzt würde es sich zeigen, ob sich diese kleine Investition bezahlt machte.
Und tatsächlich – die ersten Ranzen hatten die Leckerbissen bereits gewittert, die da so mir nichts, dir nichts vom Himmel fielen, und schwenkten ab, um diesen Festschmaus nicht verkommen zu lassen.
Nach einigen Sekunden taten es die restlichen ihnen gleich, und jetzt zeigte ihnen das Rudel die Breitseite.
„Schuß!“ kommandierte Roban.
„Gortoscha mortomosch!“ erwiderte Thurescha und zog den Hahn durch.
Pfeil und Bolzen schossen zeitgleich von den Sehnen, und beide fanden ihr Ziel. Zwei Körper überschlugen sich in einer Schneewolke und blieben liegen, Firuns weißes Element färbte sich in korgefälligem Rot.
Roban legte den nächsten Pfeil auf die Sehne, während Thurescha die Armbrust absetzte und nach der Sehne griff.
Der Angriff hatte die Sumpfranzen kurz verwirrt, sie schwankten zwischen Angst, Wut und Fressgier, doch dann kreischte eine von ihnen regelrecht herrisch los, ein besonders großes Tier, und sofort formierte der Rest sich erneut, dieses Mal aber nur in einem einzigen, großen Haufen.
Und dieser Haufen zielte genau auf die drei frechen Zweibeiner, die es gewagt hatten, die Ranzen in ihrer ureigensten Heimat anzugreifen.
Roban und Thurescha schossen noch einmal. Die Zwergin traf erneut, der Bolzen schlug einem der Tiere in die Stirn, doch Robans Schuß, der dem Leittier gegolten hatte, ging fehl, der Affe machte einen blitzartigen Satz zur Seite.
Für einen Moment schauderte Roban.
Das Vieh kannte er doch! Erborn, der Wildhüter in Diensten des Reto von Tarnelfurt, hatte diesem Biest während der Erkundung der Siedlungsplätze schon einmal eine verplättet, nur in die Schulter, aber immerhin!
Scheinbar wollte es sich jetzt für die Wunde von einst bedanken, eine Rechnung, die in Blut beglichen wurde.
Er zog einen Pfeil aus dem Köcher, ließ ihn und den Bogen aber fallen, griff nach Schwert und Hammer.
Er würde ohnehin keine Zeit für einen weiteren Schuß haben.
Das Leittier hetzte in gewaltigen Sprüngen heran, blanke Mordlust flackerte in den roten Augen, Geifer triefte von den Lefzen. Es war dem restlichen Rudel weit voraus, kaum noch zehn Schritt, dann würde es angreifen. Ruckartig riss Roban seine Waffen vom Gürtel, suchte sicheren Stand.
Danja klatschte in die Hände und sprach ein Wort.
Schlagartig schien die Sumpfranze langsamer zu werden, ihr Körper überzog sich binnen eines Augenblicks mit einer dünnen Schicht aus Reif, sie strauchelte, brach zusammen, stieß ein klägliches Wimmern aus und blieb reglos liegen.
Sofort brach der Angriff des restlichen Rudels zusammen, kreischend sprangen die anderen Tiere umher, die ersten setzten sich sofort ab, suchten jetzt doch lieber nach den herumliegenden Schlachtabfällen.
„Hauen wir ab!“ drängte Danja. „Der CORPOFRIGO wirkt ganz gut, aber leider nicht allzu lang. Das Biest wird bald wieder aufstehen.“
„Ka Angrosch garaschmox! Das du eiskalt bist, Draxgroschna, wusste ich, aber dass es so schlimm ist...“, Thurescha eilte, so schnell es ihr die kurzen Beine gestatteten, hinter den zwei Großlingen her, immer darauf bedacht, einen Sicherheitsabstand zu der Maga einzuhalten.
„Ich hätte das Tier auch verbrennen können!“ gab Danja keuchend zurück. „Hättest du das präferiert?“
„Angroschs Element in deinen lästerlichen Gigrim-Händen? Angrosch behüte! Ersäuf sie meinetwegen!“ schnaufte die Angroschna zurück.
„Nicht sabbeln, rennen!“ kommandierte Roban nach einem Blick über die Schulter.
Das Leittier hatte sich tatsächlich wieder aufgerappelt, schien aber ebenfalls die Lust an weiteren Angriffen verloren zu haben. Es humpelte zum Rest des Rudels, ließ seine schlechte Laune an ein paar Artgenossen aus, die schon beim Fressen waren, und sicherte sich wohl seinen Teil an ihrer „Geheimwaffe“.
Nach ein paar Minuten hatten sie die Wagen eingeholt und mussten ausführlich von dem kleinen Gefecht berichten. Roban lobte Alphak für den guten Wurf, der einigen Abstand zwischen die Wagen und die Sumpfranzen gebracht hatte, und Firundal dafür, den Zug trotz der Eile auf sicherem Grund weiter geführt zu haben.
Drei Stunden später erreichten sie den ersten Markierungspflock. Ein Stück einer roten Tischdecke, schon im Herbst bei einem Flickschneider erstanden, flatterte im Wind, mit einem Nagel an den Pflock geheftet, und in der Ferne konnte man schon den nächsten roten Flecken ausmachen.
„Jetzt ist es nicht mehr weit!“ versprach Roban, an die zwei Fuhrleute gewandt, deren Gemecker mit jeder Minute lauter geworden war, und tatsächlich war es noch nicht mal völlig dunkel, als sie Hohentrutz erreichten. Die letzte halbe Meile hatte sie ein Signalfeuer geleitet, von Rondred weisungsgemäß mit Anbruch der Dämmerung angezündet, und mit großem Hallo wurden die Ankömmlinge begrüsst.
Das Bauholz wurde auf den Querbalken unter den Hausdächern eingelagert, und was dort keinen Platz mehr fand, verschwand unter großen geflochtenen Schilfmatten.
Als endlich alle Arbeit erledigt war, versammelten sich die Siedler und die zwei Fuhrknechte im Haus des Ritters, wo es Sindar übernahm, mit großen Worten und noch größeren Gesten von ihrer Fahrt zu berichten.
Als endlich alle Arbeit erledigt war, versammelten sich die Siedler und die zwei Fuhrknechte im Haus des Ritters, wo es Sindar übernahm, mit großen Worten und noch größeren Gesten von ihrer Fahrt zu berichten.
Schon während des Sommers hatte sich „Sindars Märchenstunde“, wie der Ritter derlei Zusammenkünfte abfällig titulierte, zu einem festen Bestandteil des Hohentrutzer Alltags entwickelt.
Schon während des Sommers hatte sich „Sindars Märchenstunde“, wie der Ritter derlei Zusammenkünfte abfällig titulierte, zu einem festen Bestandteil des Hohentrutzer Alltags entwickelt.

Version vom 21. März 2011, 19:39 Uhr

Teil der Briefspielgeschichte "Neues aus Hohentrutz"