Neues aus Hohentrutz - Lichter im Dunkel: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Nacht fiel auf Hohentrutz. Wie fast jeden Abend stieg Nebel aus den zahllosen Tümpeln, Sumpflöchern und Teichen, die den Hügel umgaben.
Die Nacht fiel auf [[Hohentrutz]].<br.>Wie fast jeden Abend stieg Nebel aus den zahllosen Tümpeln, Sumpflöchern und Teichen, die den Hügel umgaben.<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] machte noch eine letzte Runde um die Hügelkuppe, spähte in das Zwielicht hinaus und suchte nach möglichen Anzeichen einer Gefahr – und nach den Irrlichtern. Bei seinem ersten Besuch an diesem Ort waren sie zu Dutzenden, wenn nicht zu Hunderten erschienen, doch seit seiner Ankunft hier hatten sie sich kein einziges Mal gezeigt, was ihm schon einige skeptische Blicke seiner Untertanen und spöttische Bemerkungen von [[Danja Salderken|Danja]] eingetragen hatte, aber er war absolut sicher, dass die Irrlichter hier gewesen waren – immerhin war er ja nicht der Einzige gewesen, der sie gesehen hatte.<br.>Auf halbem Weg entdeckte er eine Gestalt, die am Hang auf einem Stein saß und anscheinend Schilfrohr, Weidenruten oder etwas ähnliches zusammen flocht, und war nicht besonders überrascht, [[Danja Salderken]] zu erkennen, als er näher trat.<br.>„Bist du unter die Korbflechter gegangen?“ schmunzelte er, denn die Maga flocht tatsächlich Schilfrohr zu flachen, ovalen Matten zusammen.<br.>„Mitnichten, Hochgeboren“, gab sie ungerührt zurück.<br.>„Ich verfolge vielmehr eine Idee, die ich schon länger gehegt habe, und da ich in der seltenen und überaus willkommenen Situation bin, mich dem Sumpf nicht allein stellen zu müssen, werde ich diese jetzt verfolgen!“<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] nickte, während er den Inhalt des Satzes in Gedanken noch einmal durchging.<br.>„Und was ist das für eine Idee?“ fragte er schließlich.<br.>„Warte es ab“, neckte sie ihn.<br.>„Aber wenn alles klappt, wirst du mir noch sehr dankbar sein!“<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] hob skeptisch die Brauen. [[Danja Salderken|Danjas]] Ideen waren bisweilen etwas merkwürdig, und er hoffte nur, dass sie keine neue Zauberei ausprobieren wollte.<br.>Zumindest nicht in Sichtweite der Siedlung.<br.>„Keine Bange – nichts Magisches“, erriet sie seine Sorge.<br.>„Dann ist ja gut“, brummte der Ritter und blickte wieder auf das Moor.<br.>Plötzlich stutzte er, kniff die Augen zusammen, dann tippte er der Maga auf die Schulter.<br.>„Da!“ Er deutete in den Nebel hinaus.<br.>„Da! Siehst du sie?“<br.>[[Danja Salderken]] blickte von ihrer Arbeit auf und starrte ebenfalls ins Moor. Sekundenlang sprach niemand, bis die Magierin sich langsam erhob.<br.>„Irrlichter“, stellte sie mit belegter Stimme fest.<br.>„Jede Menge Irrlichter. Du hast dich also doch nicht getäuscht!“<br.>„Sagte ich doch! Wir müssen die Siedler warnen, ehe einer von ihnen ins Moor torkelt!“<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] wollte bereits loslaufen, doch [[Danja Salderken|Danja]] hielt ihn zurück.<br.>„Nicht so eilig“, beschwichtigte sie ihn.<br.>„Irrlichter können sich nicht besonders weit bewegen, angeblich nur einige Schritte weit vom Ort ihres Todes. Und ihr Einfluss reicht auch nicht besonders weit.“<br.>„Für Girte hätte es beinahe gereicht!“ schimpfte [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] und riss sich los, um zu den drei Hütten zurück zu hetzen. Wecken würde er niemanden, aber zumindest acht geben, dass nicht jemand plötzlich aus einem der Gebäude kam und ins Moor lief.<br.>[[Danja Salderken|Danja]] folgte ihm, mit weniger Eile, und holte ihn schließlich ein, als er zwischen den Hütten halt machte.<br.>„Siehst du – alles in Ordnung. Aber zugegeben, ein überaus beklemmender Anblick!“<br.>Sie blickte wieder ins Moor, wo jetzt zahllose Irrlichter eine Art skurrilen Tanz aufzuführen schienen.<br.>„Was meintest du eigentlich damit – dem Ort ihres Todes?“ fragte [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]], noch immer etwas atemlos. [[Danja Salderken|Danja]] blickte ihn ernst an.<br.>„[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]], glaubt man den Quellen, die sich intensiv mit der Natur von Irrlichtern befasst haben, dann ist jedes Irrlicht die Seele eines im Sumpf versunkenen Menschen“, erklärte sie.<br.>Dann deutete sie in die Nacht hinaus.<br.>„Eine derartige Zahl von Irrlichtern auf einem Fleck würde bedeuten...“<br.>„...dass da unten eine ganze Armee im Sumpf verreckt ist“, vollendete [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] den Satz, und sie konnte trotz der Dunkelheit sehen, wie er blass wurde.<br.>„Eine Armee, eine Dörflerschaft, auf jeden Fall eine große Gruppe denkenden Wesen, deren Seelen jetzt an diesem Ort gefangen sind.“<br.>Ihre Finger spielten nachdenklich am Holz ihres Magierstabes herum.<br.>„Weißt du, wie schnell dieser Sumpf entstanden ist?“ fragte sie schließlich.<br.>„Ich meine, dauerte es Tage, Stunden oder vielleicht gar nur Minuten, bis das Land morastig wurde?“<br.>„Keinen Schimmer!“ gestand [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]], doch dann hellte sich seine Miene auf.<br.>„Oder? Bolzer hat da was erzählt – [[Bolzer Spatenschwingh]], der Torfstecher, der uns auf der Erkundung geführt hat. Nicht von der Entstehung des Sumpfes, aber aus den Tagen, als er durch schwarze Magie noch größer wurde. Angeblich wuchs er so schnell, dass die Wagen auf der Flussstraße versanken. Sie hatten also keine Möglichkeit, ihm auszuweichen oder einfach davon zu fahren!“<br.>[[Danja Salderken|Danja]] nickte vielsagend.<br.>„Also vermutlich Stunden, möglicherweise sogar nur wenige Minuten, um dieses ganze Land zu vergiften“, folgerte sie.<br.>„Eine überaus wertvolle Information. Schlagartige Kulmination astraler Energie statt lang einwirkender Kontamination durch heptasphärische Mächte wie in Tobrien. Dann könnte hier tatsächlich eine größere Menschengruppe vom Sumpf, nun ja, überrascht worden sein. Das würde die große Zahl von Irrlichtern erklären, die jetzt hier gebunden sind. Ihre sporadische Anwesenheit könnte mit den Madamal-Phasen zu tun haben“, sie blickte kurz zum Firmament, wo man das halbvolle Madamal hinter den Wolken erahnen konnte.<br.>„Wie zeigte sich Mada bei eurer Erkundung?“<br.>„Halbvoll, so wie jetzt“, antwortete [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]].<br.>„Spekulativ könnten sich die Irrlichter immer zu diesem Zeitpunkt manifestieren“, murmelte [[Danja Salderken|Danja]] mehr zu sich selbst als zu [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]].<br.>„Vielleicht entspricht dieser Zeitpunkt auch jenem ihres Ablebens, oder ein anderer Parameter führt zu dieser sporadischen Präsenz.“ Weiter murmelnd schritt sie auf und ab, schien [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] völlig vergessen zu haben.<br.>„Und was machen wir jetzt?“ fragte der Ritter schließlich.<br.>[[Danja Salderken|Danja]] blickte überrascht auf.<br.>„Was wir machen?“ Für einen Moment überlegte sie.<br.>„Nun, angesichts der Tatsache, dass Irrlichter ruhelose Seelen sind, wäre es wohl nicht verkehrt, die Kirche des [[Boron]] zu Rate zu ziehen. Womöglich hilft auch deren Symbolik rings um die Siedlung. Vorsichtshalber sollten wir morgen ein paar gebrochene Räder flechten und aufstellen. Ansonsten werden wir mit unseren begrenzten Mitteln wohl wenig tun können, aber wie gesagt, die Reichweite der Irrlichter ist begrenzt, und solange niemand in solchen Nächten den Hügel verlässt, dürfte nichts passieren. Das müssen wir den Leuten aber einschärfen, [[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]], ehe wirklich noch jemand in den Sumpf gelockt wird! Aus der Ferne betrachtet sind Irrlichter einfach nur unheimlich, aber aus der Nähe sind sie lebensgefährlich – nicht nur für Pferde!“<br.>[[Roban Grobhand von Koschtal|Roban]] nickte mit bitterer Miene.<br.>Halb hatte er gehofft, die Irrlichter würden nicht mehr wiederkehren.<br.>Jetzt waren sie wieder gekehrt, und er war nicht sicher, ob seine Siedler ihm unter diesen Umständen die Treue halten würden.<br.>Und zu seinem Ärger musste er sich eingestehen, dass er dafür vollstes Verständnis haben würde.
Roban machte noch eine letzte Runde um die Hügelkuppe, spähte in das Zwielicht hinaus und suchte nach möglichen Anzeichen einer Gefahr – und nach den Irrlichtern.
Bei seinem ersten Besuch an diesem Ort waren sie zu Dutzenden, wenn nicht zu Hunderten erschienen, doch seit seiner Ankunft hier hatten sie sich kein einziges Mal gezeigt, was ihm schon einige skeptische Blicke seiner Untertanen und spöttische Bemerkungen von Danja eingetragen hatte, aber er war absolut sicher, dass die Irrlichter hier gewesen waren – immerhin war er ja nicht der Einzige gewesen, der sie gesehen hatte.
Auf halbem Weg entdeckte er eine Gestalt, die am Hang auf einem Stein saß und anscheinend Schilfrohr, Weidenruten oder etwas ähnliches zusammen flocht, und war nicht besonders überrascht, Danja Salderken zu erkennen, als er näher trat.
„Bist du unter die Korbflechter gegangen?“ schmunzelte er, denn die Maga flocht tatsächlich Schilfrohr zu flachen, ovalen Matten zusammen.
„Mitnichten, Hochgeboren“, gab sie ungerührt zurück. „Ich verfolge vielmehr eine Idee, die ich schon länger gehegt habe, und da ich in der seltenen und überaus willkommenen Situation bin, mich dem Sumpf nicht allein stellen zu müssen, werde ich diese jetzt verfolgen!“
Roban nickte, während er den Inhalt des Satzes in Gedanken noch einmal durchging.
„Und was ist das für eine Idee?“ fragte er schließlich.
„Warte es ab“, neckte sie ihn. „Aber wenn alles klappt, wirst du mir noch sehr dankbar sein!“
Roban hob skeptisch die Brauen. Danjas Ideen waren bisweilen etwas merkwürdig, und er hoffte nur, dass sie keine neue Zauberei ausprobieren wollte. Zumindest nicht in Sichtweite der Siedlung.
„Keine Bange – nichts Magisches“, erriet sie seine Sorge.  
„Dann ist ja gut“, brummte der Ritter und blickte wieder auf das Moor.  
Plötzlich stutzte er, kniff die Augen zusammen, dann tippte er der Maga auf die Schulter.
„Da!“ Er deutete in den Nebel hinaus. „Da! Siehst du sie?“
Danja Salderken blickte von ihrer Arbeit auf und starrte ebenfalls ins Moor. Sekundenlang sprach niemand, bis die Magierin sich langsam erhob.
„Irrlichter“, stellte sie mit belegter Stimme fest. „Jede Menge Irrlichter. Du hast dich also doch nicht getäuscht!“
„Sagte ich doch! Wir müssen die Siedler warnen, ehe einer von ihnen ins Moor torkelt!“
Roban wollte bereits loslaufen, doch Danja hielt ihn zurück.
„Nicht so eilig“, beschwichtigte sie ihn. „Irrlichter können sich nicht besonders weit bewegen, angeblich nur einige Schritte weit vom Ort ihres Todes. Und ihr Einfluss reicht auch nicht be-sonders weit.“
„Für Girte hätte es beinahe gereicht!“ schimpfte Roban und riss sich los, um zu den drei Hütten zurück zu hetzen. Wecken würde er niemanden, aber zumindest acht geben, dass nicht jemand plötzlich aus einem der Gebäude kam und ins Moor lief.
Danja folgte ihm, mit weniger Eile, und holte ihn schließlich ein, als er zwischen den Hütten halt machte.
„Siehst du – alles in Ordnung. Aber zugegeben, ein überaus beklemmender Anblick!“ Sie blickte wieder ins Moor, wo jetzt zahllose Irrlichter eine Art skurrilen Tanz aufzuführen schienen.
„Was meintest du eigentlich damit – dem Ort ihres Todes?“ fragte Roban, noch immer etwas atemlos. Danja blickte ihn ernst an.
„Roban, glaubt man den Quellen, die sich intensiv mit der Natur von Irrlichtern befasst haben, dann ist jedes Irrlicht die Seele eines im Sumpf versunkenen Menschen“, erklärte sie. Dann deutete sie in die Nacht hinaus.
„Eine derartige Zahl von Irrlichtern auf einem Fleck würde bedeuten...“
„...dass da unten eine ganze Armee im Sumpf verreckt ist“, vollendete Roban den Satz, und sie konnte trotz der Dunkelheit sehen, wie er blass wurde.
„Eine Armee, eine Dörflerschaft, auf jeden Fall eine große Gruppe denkenden Wesen, deren Seelen jetzt an diesem Ort gefangen sind.“ Ihre Finger spielten nachdenklich am Holz ihres Magierstabes herum.
„Weißt du, wie schnell dieser Sumpf entstanden ist?“ fragte sie schließlich. „Ich meine, dauerte es Tage, Stunden oder vielleicht gar nur Minuten, bis das Land morastig wurde?“
„Keinen Schimmer!“ gestand Roban, doch dann hellte sich seine Miene auf. „Oder? Bolzer hat da was erzählt – Bolzer Spatenschwingh, der Torfstecher, der uns auf der Erkundung geführt hat. Nicht von der Entstehung des Sumpfes, aber aus den Tagen, als er durch schwarze Magie noch größer wurde. Angeblich wuchs er so schnell, dass die Wagen auf der Flussstraße versanken. Sie hatten also keine Möglichkeit, ihm auszuweichen oder einfach davon zu fahren!“
Danja nickte vielsagen. „Also vermutlich Stunden, möglicherweise sogar nur wenige Minuten, um dieses ganze Land zu vergiften“, folgerte sie. „Eine überaus wertvolle Information. Schlagartige Kulmination astraler Energie statt lang einwirkender Kontamina-tion durch heptasphärische Mächte wie in Tobrien. Dann könnte hier tatsächlich eine größere Menschengruppe vom Sumpf, nun ja, überrascht worden sein. Das würde die große Zahl von Irrlichtern erklären, die jetzt hier gebunden sind. Ihre sporadische Anwesenheit könnte mit den Madamal-Phasen zu tun haben“, sie blickte kurz zum Firmament, wo man das halbvolle Madamal hinter den Wolken erahnen konnte. „Wie zeigte sich Mada bei eurer Erkundung?“
„Halbvoll, so wie jetzt“, antwortete Roban.
„Spekulativ könnten sich die Irrlichter immer zu diesem Zeitpunkt manifestieren“, murmelte Danja mehr zu sich selbst als zu Roban. „Vielleicht entspricht dieser Zeitpunkt auch jenem ihres Ablebens, oder ein anderer Parameter führt zu dieser sporadischen Präsenz.“ Weiter murmelnd schritt sie auf und ab, schien Roban völlig vergessen zu haben.
„Und was machen wir jetzt?“ fragte der Ritter schließlich. Danja blickte überrascht auf.
„Was wir machen?“ Für einen Moment überlegte sie. „Nun, angesichts der Tatsache, dass Irr-lichter ruhelose Seelen sind, wäre es wohl nicht verkehrt, die Kirche des Boron zu Rate zu ziehen. Womöglich hilft auch deren Symbolik rings um die Siedlung. Vorsichtshalber sollten wir morgen ein paar gebrochene Räder flechten und aufstellen. Ansonsten werden wir mit unseren begrenzten Mitteln wohl wenig tun können, aber wie gesagt, die Reichweite der Irrlichter ist begrenzt, und solange niemand in solchen Nächten den Hügel verlässt, dürfte nichts passieren. Das müssen wir den Leuten aber einschärfen, Roban, ehe wirklich noch jemand in den Sumpf gelockt wird! Aus der Ferne betrachtet sind Irrlichter einfach nur unheimlich, aber aus der Nähe sind sie lebensgefährlich – nicht nur für Pferde!“
Roban nickte mit bitterer Miene.
Halb hatte er gehofft, die Irrlichter würden nicht mehr wiederkehren.
Jetzt waren sie wieder gekehrt, und er war nicht sicher, ob seine Siedler ihm unter diesen Umständen die Treue halten würden.  
Und zu seinem Ärger musste er sich eingestehen, dass er dafür vollstes Verständnis haben würde.


[[Kategorie: Abenteuer]]
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Version vom 16. November 2010, 19:07 Uhr

Teil der Briefspielgeschichte "Neues aus Hohentrutz"