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===Vom Grafen und seinem Oheim, und ihren Plänen. Wie sie sich wider den Fürsten und alles Recht wandten. Der Zug auf Angbar.===
===Vom Grafen und seinem Oheim, und ihren Plänen. Wie sie sich wider den Fürsten und alles Recht wandten. Der Zug auf Angbar.===
So verstrichen beinahe drei Monde. Auf Fürstenhort war Prinz Berndrik an der Seite seiner Ahnen bestattet worden, doch auch nachdem der Thronfolger zu seiner letzten Ruhe gebettet worden war, hatte sich der durchlauchte Herr mit keinem Wort vernehmen lassen, wen er nun als seinen Erben auserkoren hatte. Dies bereite einige Unruhe unter den Männer und Frauen des Herrscherhauses, die auch die Vasallen ergriff. Zwar hieß es allgemein, daß es sicher der Prinz Answart sein werde, der seinem Bruder nachfolge, doch in einem weniger gefestigten und praiosgefälligem Lande hätte die Ungewißheit wohl bald zu Bruderstreit und finsteren Ränken geführt. Das Haus Eberstamm aber wartete geduldig, daß der Fürst seine Entscheidung fälle.
So verstrichen beinahe drei Monde. Auf Fürstenhort war Prinz Berndrik an der Seite seiner Ahnen bestattet worden, doch auch nachdem der Thronfolger zu seiner letzten Ruhe gebettet worden war, hatte sich der durchlauchte Herr mit keinem Wort vernehmen lassen, wen er nun als seinen Erben auserkoren hatte. Dies bereite einige Unruhe unter den Männer und Frauen des Herrscherhauses, die auch die Vasallen ergriff. Zwar hieß es allgemein, daß es sicher der Prinz Answart sein werde, der seinem Bruder nachfolge, doch in einem weniger gefestigten und praiosgefälligem Lande hätte die Ungewißheit wohl bald zu Bruderstreit und finsteren Ränken geführt. Das Haus Eberstamm aber wartete geduldig, daß der Fürst seine Entscheidung fälle.
 
Porquid aber kam ins Grübeln, da er über so viele Söldinge gebot wie nie zuvor, und der Fürst tatenlos auf seiner Feste weilte. Die alte Ordnung galt nicht mehr seit Valpos Tod, und Aufruhr herrschte allerorten. Gerade erst hatte man vernommen, daß den Geschehen ist in Tobrien vernommen und davon, daß die Westlande des Reiches Oberherrschaft anstrebten. So ward der Graf von verderbter Gier nach Macht ergriffen, und verschwor sich mit seinem Oheim, der der heil‘gen Halle des Praios zu Ferdok vorstand. Jener ward ebenso verblendet, denn auch ihn gelüstete es nach mehr. All seine heiligen Eide und Schwüre vergaß er, und ließ öffentlich kundtun, daß ein Fürst, der seine Lehnspflichten nicht erfülle und seinen Vasallen zur Seite stehe, wenn diese in Not gerieten oder Feinde sie bedrohten, all ihre Rechte verwirkt hätten, und Praios selbst jene schütze, die sich wider sie erheben. Der Eberstamm hätte eben dies getan, sei ein Tyrann und müsse gestürzt werden. Sodann rief Graf Porquid nach seinen Vasallen, und mit ihnen und seinem Söldlingsheer zog er auf Angbar, die Hauptstadt, zu. Und viele Ritter folgten ihm, denen der Sinn nach Kampf und Beute höher galt als die Treue zu ihrem Fürsten. So erschienen sie vor der Capitale zur Phexenzeit, und erstürmten das Garether Tor mit Waffengewalt.
Porquid aber kam ins Grübeln, da er über so viele Söldinge gebot wie nie zuvor, und der Fürst tatenlos auf seiner Feste weilte. Die alte Ordnung galt nicht mehr seit Valpos Tod, und Aufruhr herrschte allerorten. Gerade erst hatte man vernommen, daß den Geschehen ist in Tobrien vernommen und davon, daß die Westlande des Reiches Oberherrschaft anstrebten. So ward der Graf von verderbter Gier nach Macht ergriffen, und verschwor sich mit seinem Oheim, der der heil‘gen Halle des Praios zu Ferdok vorstand. Jener ward ebenso verblendet, denn auch ihn gelüstete es nach mehr. All seine heiligen Eide und Schwüre vergaß er, und ließ öffentlich kundtun, daß ein Fürst, der seine Lehnspflichten nicht erfülle und seinen Vasallen zur Seite stehe, wenn diese in Not gerieten oder Feinde sie bedrohten, all ihre Rechte verwirkt hätten, und Praios selbst jene schütze, die sich wider sie erheben. Der Eberstamm hätte eben dies getan, sei ein Tyrann und müsse gestürzt werden. Sodann rief Graf Porquid nach seinen Vasallen, und mit ihnen und seinem Söldlingsheer zog er auf Angbar, die Hauptstadt, zu. Und viele Ritter folgten ihm, denen der Sinn nach Kampf und Beute höher galt als die Treue zu ihrem Fürsten. So erschienen sie vor der Capitale zur Phexenzeit, und erstürmten das Garether Tor mit Waffengewalt.
Niemand wagte es, ihnen entgegenzutreten, als sie die Zitadelle besetzten und Porquids Banner über der Stadt wehte. Der Hochgeweihte des Praios, Idamil, ward von ihnen ergriffen und in eine finstere Zelle geworfen, als er seine Stimme erheben wollte – da schwieg auch der Rat der Bürger und ließ den Ferdoker gewähren. Einzig die Rondrianer traten ihm entgegen, drei an der Zahl, die sich wacker schlugen und wohl die zehnfache Zahl an Gegnern zu Boron schickten, bevor sie der der Übermacht erlagen. Zuvor aber wohl die Ritter der Göttin in weiser Voraussicht ihre Novizen eilends als Boten gen Fürstenhort gesandt, vor dem Unheil zu warnen, das seinen Verlauf nahm.
Niemand wagte es, ihnen entgegenzutreten, als sie die Zitadelle besetzten und Porquids Banner über der Stadt wehte. Der Hochgeweihte des Praios, Idamil, ward von ihnen ergriffen und in eine finstere Zelle geworfen, als er seine Stimme erheben wollte – da schwieg auch der Rat der Bürger und ließ den Ferdoker gewähren. Einzig die Rondrianer traten ihm entgegen, drei an der Zahl, die sich wacker schlugen und wohl die zehnfache Zahl an Gegnern zu Boron schickten, bevor sie der der Übermacht erlagen. Zuvor aber wohl die Ritter der Göttin in weiser Voraussicht ihre Novizen eilends als Boten gen Fürstenhort gesandt, vor dem Unheil zu warnen, das seinen Verlauf nahm.



Version vom 26. Januar 2009, 10:19 Uhr

Zusammenfassung

915 BF, in der Kaiserlosen Zeit, erhob sich Graf Porquid von Ferdok gegen Fürst Alphak vom Eberstamm, schloss diesen mit seinem Heer auf der Feste Fürstenhort ein, wo sich der Fürst und die Getreuen seines Hauses versammelt hatten. Die Feste fiel schließlich durch Magie und Verrat, wobei die Söldlinge beinahe alle Angehörigen der fürstlichen Familie niedermetzelten. Als einziger entkam mit Hilfe des Lands-Jagdmeisters Jörch der kindliche Prinz Holdwin vom Eberstamm, der später die Fürstenwürde zurückerlangte.

Das Saustechen ist ein traumatisches Erlebnis in der Geschichte des Fürstenhauses und des Kosch. Mehrere Jahrzehnte mieden die Eberstamms den Ort des Schreckens, erst Fürst Blasius ließ 1015 BF, nach hundert verstrichenen Jahren, die Stammburg wieder als Zweitresidenz herrichten.

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Das Saustechen

Vom Streit der Vasallen nach Kaiser Valpos Ende. Der Beginn der Thronkriege. Wie Fürst Alphak den Seinen gebot zu warten.

Es begab sich in jenen unglückseligen Tagen, da das Reich war ohne Herr, seit der letzte Kaiser, Valpo, den man nur den Trinker hieß, in Borons Hallen eingerufen ward, ohne die Krone einem Erben zu hinterlassen. Zwist und Hader erhoben hatten sich darob unter seinen Vasallen erhoben, die in Gareth, der Hauptstadt des Reiches, zusammengekommen waren. Uneins waren sich die Mächtigen, wer nun als nächster den Greifenthron besteigen solle. Ja, nicht einmal auf den praiosgefälligen Ratschlag der Botin des Lichts, den neuen Kaiser durch göttliches Orakel aus ihrer Mitte bestimmen zu lassen, mochten sich die Versammelten nicht beugen, denn etliche der Fürsten und Herzöge — Grafen gar! — sahen sich selbst als den Würdigsten an.

Kein Weichen war in ihrem Stolz, so gab alsbald ein Wort das andere, bis die Ersten in ihrer Wut die Schwerter zogen und auf einander einhieben. Schon lag ein Dutzend der Edlen am Boden, und es schien, als würde des toten Kaisers Halle bald im Blute seiner Getreuen getränkt werden. Allein die Heliodana gebot den Verblendeten, einzuhalten, und sie folgten ihr, wenn auch widerwillig und zögerlich (Denn sie waren ohne ihre Knechte und keiner konnte hoffen, die anderen allein zu überwinden). Nun versuchten die Verständigen Ausgleich und Einigung zu schaffen, doch wessen Blut in Wallung ist, der kennt kein Einsehen. So gingen ihm Zorne auseinander die Ersten des Reiches, und ein jeglicher hieß seine Mannen, sich zu sammeln, und erbat Rondras Segen für das, was da kommmen mochte. So ward das Reich in größtes Übel gestürzt für lange Zeit, und viel Unbill kam über das Land und die Menschen, aber nur wenig Gutes. Zu Angbar herrschte in jenen Tagen der gute und gerechte Fürst Alphak vom Eberstamm, der in seiner Jugend der Freund und Gefährte des alten Kaisers Eslam gewesen war. Al sich nun seine Getreuen um ihn scharten, und einer von ihnen, Berndrik, der des Fürsten ältester Sohn war, vortrat und fragt: „Vater, Herr, was sollen wir tun? Gegen wen sollen wir reiten in eurem Namen?“, da schwieg der Fürst still. Keinen sah er unter den Edlen des Reiches, der mit Praios Gnaden versehen war, und keinen, für den die Seinigen streiten sollten. So gebot er ihnen, ihren Eifer zu zügeln, und sprach zu ihnen: „Noch ist niemand da, rechtens auf den Thron zu folgen. Drum laßt uns all‘ den Rat der Göttlichen Zwölf erbitten, auf daß sie uns den einen wahren zeigen mögen.“ Die Götter aber offenbarten sich nicht, obwohl Fürst Alphak gar viel in der Praioshalle bat und betete; und als Firun seine eisige Herrschaft begann, da schied auch die Lichtbotin von Deren, und es war, als sollte die Dunkelheit nimmermehr enden.

Da folgte einen Zeit, in der viele griffen nach Kron‘ und Thron, und doch keiner sie erringen konnte, obschon vielhundert Listen ersonnen und so manche Schlacht geschlagen wurde. Götterlauf um Götterlauf verging, und immer öfter bedrängten die Getreuen Fürst Alphak, streiten zu dürfen für diesen oder jenen, der ihnen recht erschien. Doch stets verneinte der Fürst ihr Ansinnen, auch, als sie sich erboten, zu ziehen, um zu sehen, ob sie nicht gar vielleicht für seine Durchlauchtigkeit, den Fürsten selbst, einen Sieg erringen könnten, alldieweil niemand Würdiger oder Praiosberufener sich auftue. So gehorchten die Ritter, und schlugen sich wacker wider alle Feinde, die in die Marken eindringen wollten, doch zogen sie selbst nicht aus.

Vom Heerzug des Gratenfelsers und seinem unglücklichen Ende. Die Blutmeilen nach Ferdok. Ein Prinz wird zum Helden.

Dann aber kam der dreizehnte Sommer, und als es der Mond der Rondra war, da kam der Landgraf Wulfhas von Gratenfels mit mächtigem Heerbanne gezogen über die Berge, um zu fordern den Thron von Gareth; und er bat, der ehrwürdige Fürst zu Angbar möge sein Ansinnen unterstützen. Fürst Alphak aber mochte sich nicht erweichen lassen, obgleich seine Vasallen wohl drängten, entließ aber die, die sich dem Zug des Gratenfelsers anschließen wollten. Unter denen, die Herrn Wulfhas’ Ruf folgten, waren die edelsten Prinz Berndrik und Porquid, der Ferdoker Graf, der sich in Kämpfen stets als der Fürderste hervorgetan hatte. Doch stand die Heerfahrt nicht unter Rondras Segen: Kaum daß man vor Gareth stand, starb der Herr Wulfhas unverhofft auf seinem Lager, und der Feind fiel aus der Stadt aus und wütete gar fürchterlich unter den Führerlosen. Die Hauptleute sahen wohl, daß ihre Sache verloren war ohne des Landgrafen starke Hand, und es erging der Ratsschluß, den Kriegszug zu enden, als von den Wällen abermals zum Angriff geblasen wurde. In wilder Hast flohen die Geschlagenen zurück gen Westen, denn aller Kampfgeist hatte sie verlassen, nachdem ihr Heerführer nicht mehr war. Die Scharen der Feinde aber ließen nicht ab und setzten ihnen unerbittlich nach. Meile um Meile forderte ihren blutigen Zoll, bis nach Tagen endlich die heimatlichen Marken erreicht waren. Vor den Verfolgten streckte sich das Bett des Großen Flusses, und am jenseitigen Ufer erhoben sich die Mauern von Ferdok. Nun hieß es alsbald den Strom zu überschreiten, denn der Feind war dicht aufgerückt. Berndrik vom Eberstamm war es, der sich erbot, mit seinen Mannen auszuharren, während Graf Porquid und die übrigen des Heeres der Reih‘ nach übersetzten. Weh! Gar heldenhaft war des jungen Prinzen Tat, allein, ein jeder konnt‘ sehen, daß ihm und den Seinen kein Erfolg vergönnt sein könne. Doch siehe — auch als für jeden erschlagenen Feind zwei neue nachrückten und auf die Helden eindrangen, da wichen und wankten die Tapferen nicht. Erst als selbst die Nachhut des Heeres die schützenden Mauern erreicht hatten, da wandten sich der Prinz und die letzten der Seinen von ihren Gegnern ab, sich mit einem kühnen Satz den Fluten anvertrauend. Nur ihrer fünf erreichten die Ferdoker Seite, ein jeder von einer Unzahl von Wunden bedeckt und dem Tode näher als dem Leben. Als man sah, daß auch der Prinz alsbald den Flug übers das Nirgendmeer würde antreten müssen, da machte sich große Trauer unter den Verbliebenen breit. Sie huben ihren Anführer auf seinen Schild, und wollten ihn heim zu den Seinen tragen, doch er hieß sie auszuharren und mit den Ferdokern zu kämpfen in Rondras Namen. Des Feindes Ansturm war zu einen Halt gekommen, doch immer noch standen die Söldlinge in Scharen am jenseitigen Ufer, erfüllt von Durst nach Blut und Beute.


Triumph und Tod. Wie Fürst Alphak um seinen Sohn trauerte. Vom Grafen Porquid und den Söldlingen.

Der Anführer der Feinde hatte seine Mannen und Frauen geheißen, Holz zu schlagen und auf Flößen den trennenden Strom zu überschreiten. Als nun die ersten der Söldlinge landeten, da befahl der Prinz von seinem Lager, aus den Toren auszufallen. Herr Porquid aber, der Ferdoker, wollte nicht, daß die Wälle der Stadt unbemannt blieben, und so zog nurmehr des Prinzen Gefolgschaft hinaus vor die Tore, um sich dem Feinde zu stellen. Erneut trafen die Herrscharen aufeinander, und bald schien es, als sollte es den Verteidigern nun nicht mehr gelingen, den Ansturm ihrer Gegner zurückzuhalten. Da, im Augenblick höchster Not, erschallten mit einem Mal der Klang von Hörnern und Fanfaren über das Schlachtfeld, und in der Ferne flatterte Ondifalors, der Fürsten vom Eberstamm Heerbanner. Da faßten die Verteidiger neuen Mut, und schlugen zu mit frischer Kraft, weil ihnen ihr Fürst zur Hilfe kam. Endlich, als sich Praios schon anschickte, sein Antlitz hinter den Bergen zu Ruh’ zu legen, hatte das Kämpfen ein Ende, doch hoch war der Preis, den die Koscher für ihren Sieg hatten zahlen müssen: Vogt Erbwin vom See, Heriol von Koschtal und viele mehr der Edlen, die mit dem Fürsten gezogen, lagen erschlagen im Schlamm des Ufers. Der Fürst aber trat vor seinen Sohn, und weinte, als er sah, daß sein Erbe wund auf den Tod darnieder lag. Der Prinz aber reckte sich nach seinem Vater, um ihn an seine Brust zu drücken. „Trauer nicht.“ flüsterte er noch, dann verschied er in den Armen des hilflosen Fürsten, der seine Tränen nicht zurückhalten konnte. All jene, die am Leben waren, starrten bedrückt zu Boden, und konnten keine Freude an ihrer Rettung finden, wo doch der Prinz sich für sie geopfert hatte. Und wahrlich: wenn Berndrik auch als Held vor Boron und Rondra trat, so war es doch erst sein brachte Tod, der soviel Leid über sein Geschlecht und das ganze Land bringen sollte. Allein, dies Schicksal war in jener Stunde am Ferdoker Strand noch niemanden bekannt. Dann wandte sich der Vater dem Grafen Porquid zu, und verlangte voller Zorn zu wissen, warum er nicht dem Prinzen zur Hilfe geeilt sei. Doch bevor dieser noch antworten konnte, wandte sich der Fürst ab und bestieg sein Roß, den Leichnam seines Sohnes vor sich im Sattel. Nach Fürstenhort zog er, und mit ihm all seine Getreuen, und es war eine zutiefst traurige Gesellschaft, die da ihren Weg durchs Koscher Land machte. Wenn der Zug einen Weiler durchquerte, schaute nicht einer der Reiter nach links oder rechts, wo die Dörfler zusammengelaufen waren, um ihren alten Herrn zu schauen, und den Prinzen, der nun nimmermehr herschen würde. Der Profoß Nordog hatte den Fürsten nach langem Bitten endlich bewegen können, den Leichnam auf eine Bahre zu binden, doch als sie durch die Klamm die letzten Meilen hinauf nach Fürstenhort ritten, da ließ ihn der Fürst wiederum in den Sattel setzen, auf daß sein toter Sohn hoch zu Roß heimkehre und nicht schmählich gezogen werde. Zwei und zwei Borongeweihte und Ritter hielten die Totenwacht, und nur mit Mühe konnte Meister Nordog den durchlauchten Herrn davon abhalten, selbst Tag und Nacht an der Lagerstatt im Rittersaal durchzuwachen, auf der man den Prinzen aufgebahrt hatte. Indes waren Herold und Boten in alle vier Richtungen entsandt, die Sippe zu sammeln, und zu sehen, wer neuer Erbe sein sollte. Die ersten, die Burg erreichten, waren , die Gemahlin Berndriks, und die kleine Thrisil, beider Tochter, die nun vaterlos war. Auch Answart kam, Ritter der Göttin und zu Angbar Schwertbruder, und nach Berndrik der nächste Sohn; und Hlûthar und Leonhild und Holdwin und all die anderen. Zu Ferdok derweil war Herr Porquid von mancher Sorge geplagt. Noch stand der Feind vor seinen Toren, und machte sich daran, die Vorstadt Fährhafen zu plündern, die außerhalb der Befestigungen lag. Da mußt der Graf Kriegsknechte des Gratenfelsers in seinen Sold nehmen, um die Gegner zu vertreiben, denn die Garde allein war nicht genug, da ein Großteil des Regimentes in der Ferne in Garnision lag. Zudem wollten die Reiterinnen ihm nicht recht gehorchen, da sie allein Fürst und Kaiser ergeben waren. Kaum war jedoch die Gefahr durch die Angreifer gebannt, bahnte sich neues Unheil an. Die Söldlinge nämlich benahmen sich gar ungenierlich und holten sich ihren Sold selbst in den Häusern der Bürger und auf den Feldern der Bauern, als der Graf mit ihren Hauptleuten in einen Streit geriet ob des Goldes, das zu zahlen war für die Waffenhilfe. So waren die Ferdoker nach ihrem Fürsten die ersten im Kosch, über die das Leid eines Reiches ohne Herrscher kam. Der Graf sandte einen Boten gen Fürstenhort, daß Herr Alphak den Reiterinnen strengen Befehl senden möge, ohne das je einen Antwort kam. Sei es, daß der Fürst nie den Wortlaut der Botschaft vernahm, sei es, daß er aus Zorn oder Trauer eine Antwort verwehrte – niemand vermag dies heute zu sagen. Graf Porquid war darob aufs äußerste erbost, doch kam er schließlich mit den Söldlingen überein, und nahm sie alle in seinen Dienst.

Vom Grafen und seinem Oheim, und ihren Plänen. Wie sie sich wider den Fürsten und alles Recht wandten. Der Zug auf Angbar.

So verstrichen beinahe drei Monde. Auf Fürstenhort war Prinz Berndrik an der Seite seiner Ahnen bestattet worden, doch auch nachdem der Thronfolger zu seiner letzten Ruhe gebettet worden war, hatte sich der durchlauchte Herr mit keinem Wort vernehmen lassen, wen er nun als seinen Erben auserkoren hatte. Dies bereite einige Unruhe unter den Männer und Frauen des Herrscherhauses, die auch die Vasallen ergriff. Zwar hieß es allgemein, daß es sicher der Prinz Answart sein werde, der seinem Bruder nachfolge, doch in einem weniger gefestigten und praiosgefälligem Lande hätte die Ungewißheit wohl bald zu Bruderstreit und finsteren Ränken geführt. Das Haus Eberstamm aber wartete geduldig, daß der Fürst seine Entscheidung fälle.

Porquid aber kam ins Grübeln, da er über so viele Söldinge gebot wie nie zuvor, und der Fürst tatenlos auf seiner Feste weilte. Die alte Ordnung galt nicht mehr seit Valpos Tod, und Aufruhr herrschte allerorten. Gerade erst hatte man vernommen, daß den Geschehen ist in Tobrien vernommen und davon, daß die Westlande des Reiches Oberherrschaft anstrebten. So ward der Graf von verderbter Gier nach Macht ergriffen, und verschwor sich mit seinem Oheim, der der heil‘gen Halle des Praios zu Ferdok vorstand. Jener ward ebenso verblendet, denn auch ihn gelüstete es nach mehr. All seine heiligen Eide und Schwüre vergaß er, und ließ öffentlich kundtun, daß ein Fürst, der seine Lehnspflichten nicht erfülle und seinen Vasallen zur Seite stehe, wenn diese in Not gerieten oder Feinde sie bedrohten, all ihre Rechte verwirkt hätten, und Praios selbst jene schütze, die sich wider sie erheben. Der Eberstamm hätte eben dies getan, sei ein Tyrann und müsse gestürzt werden. Sodann rief Graf Porquid nach seinen Vasallen, und mit ihnen und seinem Söldlingsheer zog er auf Angbar, die Hauptstadt, zu. Und viele Ritter folgten ihm, denen der Sinn nach Kampf und Beute höher galt als die Treue zu ihrem Fürsten. So erschienen sie vor der Capitale zur Phexenzeit, und erstürmten das Garether Tor mit Waffengewalt.

Niemand wagte es, ihnen entgegenzutreten, als sie die Zitadelle besetzten und Porquids Banner über der Stadt wehte. Der Hochgeweihte des Praios, Idamil, ward von ihnen ergriffen und in eine finstere Zelle geworfen, als er seine Stimme erheben wollte – da schwieg auch der Rat der Bürger und ließ den Ferdoker gewähren. Einzig die Rondrianer traten ihm entgegen, drei an der Zahl, die sich wacker schlugen und wohl die zehnfache Zahl an Gegnern zu Boron schickten, bevor sie der der Übermacht erlagen. Zuvor aber wohl die Ritter der Göttin in weiser Voraussicht ihre Novizen eilends als Boten gen Fürstenhort gesandt, vor dem Unheil zu warnen, das seinen Verlauf nahm.

Die Schlacht an den Furten. Was weiter geschah. Der fremde Spielmann.

Seltsam war es, als man auf der Feste der Eberstamms hoch droben in den Koscher Bergen Kunde von den Geschehnissen erlangte. Jederman nämlich wartete auf ein Wort des Fürsten, was nun zu tun sei ob der Taten des treulosen Ferdokers, der, wie es schien, seinen Verrat allgemein machen wollte und kein Verbot mehr scheute. Den Lehnseid hatte er gebrochen und sich wider alles Gesetz gewandt, was wollte ihn da noch zurückhalten, auch die Hand gegen seinen Fürsten zu erheben? Der aber wollte von alledem keine Kenntnis erlangen, und überließ es Answart war voll Zorn ob der Angbarer Bürger, und sandte seine Gemahlin Uthjane mit zwei Novizen auf geheimen Wegen gen Tobrien, wo ihre Eltern lebten, denn sie trug sein Kind unter dem Herzen. Er selbst aber wollte die Ritter des Fürsten in die Schlacht wieder den Verräter führen. Niemand zweifelte daran, daß er gewiß der tüchtigste Anführer war, wiewohl es ihm gleichermaßen daran gelegen sein mochte, sich vor seinem Herrn Vater als würdiger Thronfolger zu beweisen, nun, da Berndrik niemals mehr die Krone Hardubrandts tragen sollte. Es war der Morgen des 27sten Praios 938, als die Reiterschar die Burg verlies, die nimmermehr wiederkehren sollte, und Ondifalors flatterte lustig voran. Bei Karnten schließlich, in Rohalssteg, da traf des Fürsten Aufgebot auf die blutdürstigen Söldlingsscharen des Aufrührers. Als die Rittsleute im ersten Licht des jungen Morgens das Dorf erreichten, da sahen sie, daß die Brücke über den Hils eingehauen war, und auf der anderen Seite ein Fähnlein Söldner kampierte, ein Spähtrupp nur, wie es schien. Rasch gab Prinz Answart gab das Zeichen zum Angreif, und die Reiter setzten über den Fluß. Kaum aber hatten die ersten das jenseitige Ufer erreicht, da erscholl Marschgetön und Kriegstrommeln, in straffen Formationen schwenkten die Truppen des Ferdokers um die Ecke. Ein ganzes Meer von Piken streckte sich den Ritter des Fürsten entgegen, den es kaum gelang, mehr als einige Fußbreit Land am Ufer zu gewinnen. Jene waren viele, die Getreuen aber wenig in der Zahl, und auch die Himmlische Heerführerin schien in jenen Götterläufen ihren Blick nicht hinab auf Dere zu senken. So tapfer die Ritter auch fochten, sie konnten sich am Ende nicht gegen der Gegner stemmen, und wurden Schritt um Schritt zurück gedrängt. „Wer fliehen will, mag dies tun,“ schrie Prinz Answart. „Ich kämpfe!“ „So teuer wie möglich!“ ging der Ruf, „Rondra will es!“, und wer schon verwundet war, der griff sein Schwert fester. Allein, niemand vermochte es, den bitteren Ausgang der Schlacht noch abzuwenden: Noch standen die Reihen, noch begann eine weitere Stunde tödlichen Ringens, doch bald schon bald waren mehr Erschlagene die staubige Böschung hinabgerollt, als noch Krieger am Ufer standen. Unerbitterlich drangen die Söldner nach vorn und zwangen Prinz Answart und die Seinen schritt um Schritt zurück. Rot färbte sich das Wasser und braun der Sand, genährt von der Lebenskraft so vieler guter Recken, von denen nicht einer mit einer Wunde im Rücken starb. Schließlich standen noch zwei außer dem Prinzen, der auf den Tod verwundet war, und als die Feinde sie nicht töten wollten, da erschlug einer die anderen und stürzte sich selbst in sein Schwert. Nur die alte Baronin v. Drakfold, die vom Pferd fiel und für tot gehalten wurde, bis ein Bauer sie fand, überlebte das Gemetzel; und drei Knappen, die der Sieger nach Fürstenhort schickte, dem verratenen Fürsten Zeitung zu bestellen. Der nun fand sich von allen verlassen: wiewohl er sich von seiner Sippe umgeben fand, waren doch die erschlagen, die ihm am teuersten waren, und so viele der Getreuen mit ihnen. Aus dem Wengenholmschen kam keine Nachricht mehr, allein die Gräfin Vieska von Schetzeneck war ihm treu geblieben, und sie führte die letzten Edlen an, die noch zum Fürsten standen, und eilte von Koschtal mit 250 Kämpen heran. Manch einer dachte bei sich, nun möge sich alles zum Guten fügen, denn schon einmal, in längst vergangenen Praiosläufen, war ein Schetzenecker Graf seinem Herrn, dem Fürsten Angfold vom Eberstamm, gegen Aufrührer zur Hilfe geeilt. Als jedoch schließlich die Krieger unter dem Zeichen der Koschammer den schmalen Weg zur Burg hinaufmarschierten, da zählten sie nicht einmal zehn Dutzend Schwerter, so viele waren auf dem Weg entsprungen oder hatten sich gar dem Feinde angeschlossen. Die Zwerge aber, zu denen der Profoß Herolde schickte, mochten sich nicht in die Angelegenheiten der Menschen mischen, oder scherten sich nicht darum, da sie eigene Zwiste austrugen. Der hohe König unter dem Berg war es nicht mehr, gefällt von böser Zaubermacht, und es herrschte Streit zwischen denen, die vor viel hundert Götterläufen in den Hügeln ein Heim gefunden hatte (doch das ist eine kurze Zeit für das Kleine Volk, obzwar ewiglich für einen Menschen), und jenen, die die Berge und die Bingen und Stollen darunter der einzig rechte Platz für einen Zwergen seien. Später aber bereute so mancher Angroschim, daß sie dem Herrn Alphak nicht beigestanden hat, der von den Großlingen doch einer der erträglichsten gewesen war. Einzig die Männer aus Drubols Sippe, die von jeher mit dem Haus Eberstamm freundschaftlich verbunden gewesen waren und vielfach in ihrer Jugend einige Jahre im Dienst des Fürsten gestanden hatten, rüsteten sich zum Kampfe. Nicht wenige von ihnen verstanden sich zudem auf die Baukunst, so daß ihreVerstärkung umso willkommer war. Sie waren die letzten, die die Burg erreichten, denn am Abend des selben Tages noch war das Heer des Ferdokers heran. Einem Lindwurm gleich schlängelten sich die die Scharen der Söldner die schmale Paßstraße hinauf. Die letzten Sonnenstrahlen des zuendegehenden Tages ließen die Waffen und Rüstungen in der Abenddämmerung blitzen, während Praios’ Sonnenscheibe langsam hinter den Koscher Bergen verschwand. Blutrot verfärbte sich das Antlitz des Götterfürsten, und bei aller Schönheit des Augenblicks gab es niemanden in der Feste, der dies für ein gutes Zeichen hielt.

Von List und Verrat. Das Ende des Fürsten. Wie Porquid herrschte.

Wohl war innert der Festungsmauern das Haus Eberstamm versammelt, doch allzu klein erschein ihre Zahl nach jüngsten Ereignissen. Auch fehlte es dem stolzen, alten Haus an einem Anführer, denn Berndrik war erschlagen und Answart und auch der alte Fürst selbst war in seiner Trauer gefangen, ohne daß er seinen Kriegern befehlen konnte. Nordog, der Haushofmeister war und ein Zwerg, war in in Kriegsdingen nicht bewandert, so daß die verbliebenen Ritter den Herrn Wengel von Erlenschloß zum Obersten kürten, weil dieser von ihnen der älteste war. Die Zwerge jedoch wollten keinem anderen folgen als dem Fürsten oder ihrem Väterchen Wullidur, der auch Stollenfreund hieß. Keiner von diesen wollte einen Ausfall befehlen ohne den Willen des Fürsten zu kennen, doch wären’s wohl ohnedies nicht genug Krieger gewesen, die man hätte entbehren können. So gab es niemanden, der den Eingeschlossenen Mut und Zuversicht zusprach und ihre Kräfte bündelte, nun, da es am nötigsten war. Allein, der Feind draußen vor den Toren schien gleichsam keine Eile zu kennen, und anstatt seiner Armee den Sturm zu befehlen, hieß Porquid sie, ein Lager aufzuschlagen. Der Herrscher des Landes war in seiner eigenen Feste gefangen. Praioslauf um Praioslauf verging, ohne das sich auf einer der beiden Seiten eine Regung tat. Wohl schreckte der Treulose noch zurück, wahrhaftig gegen seinen Herrn die Waffen zu erheben, oder war schon so in seinem Wahn gefangen, das er zu stolz war, seine Herausforderung zu überbringen. Nachdem aber zwei Wochen vergangen waren, erschienen doch Herolde vor den Toren, die die Trommeln sclugen und von Porquid in seinem Hochmut geschickt waren. Den Herrn der Feste verlangten sie nicht zu sprechen, sondern verlasen allein eine Botschaft, die ihnen aufgetragen worden war. Ein jedes Weib und alle Mannen der Festung sollten sich dem Herrn Porquid ergeben bis zur Praiosstunde des dritten Tages, dann wolle dieser in seiner Gnade all diejenigen schonen, die unschuldig seien. Allein wer den Namen Eberstamm trage, solle büßen für das Unrecht, das sein Haus begonnen. Nachdem sie solchermaßen gesprochen hatten, trat einer der Abgesandten vor, der ein kleines, hölzernes Kästlein trug. „Seht, ihr dort drinnen: dies war einst eine vom Eberstamm, und Ihr sollt wohl sehen, was für ein lustiges Saustechen, gehalten wird, wenn erst der Befehl kommt, die Mauern zu stürmen.“ Mit diesen Worten schlug er den Deckel zurück, den Inhalt des Kästleins enthüllend. Ein Aufschrei erhob sich auf den Zinnen, als die getreuen Burgsleute einen menschlichen Kopf schauten, den man vom Rumpfe grausam abgehackt hatte. Und obgleich die Züge von Tode grausam entstellt waren, erkannten sie gleich erkannten die Base Rondralieb vom Eberstamm, die zu Ferdok Reiterin war, und mit ihrem Schwadron hatte zur Hilfe eilen wollen. Allein die Würde ihres Amtes bewahrte die Herolde vor einem schrecklichen Hagel von Speeren und Pfeilen, und sie kehrten unbeschadet in ihr Lager zurück. Ans Aufgeben aber dachte niemand mehr, und so bekamen die Truppen des Ferdokers die Wut der Belagerten zu spüren, als sie tags darauf den Angriff begannen. Stunde um Stunde berannten sie die Wälle, mühten sich ab, Leitern in Stellung zu bringen, und mit einem großen Baumstamm das Tor zu sprengen – vergebens. Noch dreimal schickten sich die Feinde an, die Burg im Sturm zu nehmen, doch sollte es ihnen kaum gelingen, den Graben zu überwinden. Es war der vierzig und zweiteTag der Belagerung, als ein Fremder den Weg zur Feste hinauf fand. Er selbst hieß sich Shavla-Teril, der Eibensang, doch die Zwerge nannten ihn Olrodum, denn er war aus dem Volk der Elben. Schön war er von Gestalt, bartlos wie ein Jüngling, doch seine Stimme vermochte es, den Kämpen Mut einzuflößen, schon als er sich den Wächtern am Tor zu erkennen gab. So gewährte man ihm gastfrei Quartier, denn wenn der Fremde auch nicht auf den Mauern auf Posten stand, so half seine Kunst doch, die Eingeschlossen zu überzeugen, daß Rondra mit ihnen war. Die Feste indes ward von einem Feind bestürmt, der mit Schwertern und Speeren kämpfte – nicht durch Hunger die Tapferen bezwang. Die Speicher nämlich waren gut gefüllt gewesen, die Zisterne voll Wasser, und die Bauern des Dorfes hatten sich gar schon daran gemacht, die kargen Äcker innerhalb des Festungsringes zu bestellen, so daß kein Mangel herrschte. Nein, eine schreckliche Sieche war es, die untoter Ghul ihre Klauen nach den Lebenden ausstreckte und sie zu sich ins Grab zog. Kaum einer der Kriegsleute ward von ihr bezwungen, doch fielen ihr die anheim, die von schwächerer Natur waren: die Jungfer Irmingund und das Printzlein Sigisward wie die kluge Peradne, die Gemahlin Berndriks und Gidiane, seine Tochter. Mit ihnen starb die Hoffnung der Belagerten, daß nur die allerwenigsten noch auf ein glückliches Ende der Geschehnisse glauben mochten. Einzig der Fürst gewann an Mut, und er hieß seine Leibritterin, die Frau Huldagut Wardent v. Fürstenhort, ihm seine Rüstung zu richten. So legte er den herrlichen Panzer an, den der Zwergenkönig Thorbadrum einst in sieben Wochen aus Zwergensilber und reinstem Gold gefertigt hatte und dann seinem liebsten Freund, dem Menschenheld Freilian v. See vermachte. Jener nun war im Kampf mit dem Lindt-Wurme Greing Scharfzahn gefallen,und als dessen Hort an Halmdahl den Keiler fiel, da nahm dieser die wunderbare Rüstung an sich, die von da an Fürstenbrünne geheißen wurde. Als er so angetan zum ersten Mal seit langem wieder seine Gemächer verließ, fühlten die Kriegsleute der Burg noch einmal ein Glühen der alten Kraft und des edlen Willens, der einst im Herzen des Herrschers gelodert hatte. Ja, seine ungebeugte Gestalt auf den Zinnen erschien selbst den Feinden vor den Mauern stolz und ehrfurchtgebietend. Porquid selbst soll den Fürsten geschaut haben, und es heißt, daß er mit seinen Hauptleuten beim Mahle saß und lauthals prahlte, nun werde der alte Mann sich ihm unterwerfen, auf Gnade oder Ungnade. Wie muß er geflucht und getobt haben, als er die volle, und weithin tönende Stimme Alphaks vernahm: „Höre, Treuloser!; und höret, alle die mit ihm sind! Der Keiler von Kosch ließ diese Wälle errichten an der Stelle seines größten Sieges; und in seinem Angedenken wär jeder andere ehrlos und feige, der nicht kämpfte bis zum Äußersten. So sei’s Euch gesagt, Herr Porquid – Wer einen Eber erlegen will, der muß ihn den Wald gehen, und sich ihm stellen, bei Rondra!“ Das sei die Stunde gewesen, in der Porquid allen Eberstamms den Tode schwur, so wird es berichtet. Alles im Lager harrte des Zeichens zum Angriff, doch es kam nicht, bis mit einen Mal die Hörner und Trompeten der Wachen, dieTrommeln und die Schlachtrufe der Söldlinge die Burg aus unruhigen Träumen. „Drauf und dran! Spieß voran!“ grölten die wilden Gesellen; „Zu den Waffen! Zu den Waffen!“ geboten die Rufe der Türmer, da standen die großen Flügel des Tores schon weit offen ohne daß ein Rammstoß von außen erklungen war, und die Angreifer stürmten hindurch in den Hof, Dutzende und Aberdutzende. „Verrat!“ schrien die Torwächter, die die Riegel nicht geöffnet hatte, und „Verrat!“ hallte es aus dem Pallas am Rand des Tales. „Mein Panzer, mein Schwert.“ hatte Herr Alphak verlangt, der aus seiner Kammer im Palast den Fackelschein erblickte und den Kampfeslärm hörte. Seine Leibritterin Huldagut aber war veschwunden und die Fürstenbrünne mit ihr. „Verrat“ schrie er, als er nach draußen eilte, und aber stand am warf sich selbst ins Gefecht bar jeder Wappnung, nur mit seinem Bidenhänder „Erzenmacht“ gerüstet, und er war nicht er einzige, der ohne rechte Rüstung oder gar im Nachtgewand sich dem Feind entgegenstellte. So plötzlich kam der Ansturm, daß ein Großteil der Recken gerade Zeit fand, das Schwert zu gürten oder nach der Axt zu greifen, bevor der Gegner heran war. Noch einmal faßten sich die Verteidiger ein Herz, und mit dem Mut der Verzweiflung drangen sie auf ihre Feinde ein. Diese aber waren vom Rausch auf Blut und Beute besselt, und kannten kein Halten auch wenn die Kameraden links wie rechts fielen und der eigne Tod nicht mehr fern war. Der alte Fürst selbst kämpfte in vorderster Linie, bis sich zuletzt ein Armbrustbolzen sich in seine bare Brust bohrte. Der Eber war gefallen. Die Söldlinge aber hatten ein leichtes Spiel mit den Getreuen, die ohne eine Führer und eine Hoffnung auf den Sieg waren. Rondras Gebote galten ihnen nichts, und sie scheuten sich nicht, zu metzeln und zu morden, wen immer sie erblickten. Vergeblich flehte so manche Magd um Gnade, wandte sich ein Stallbursche zur Flucht – den Helmbarten und Glefen der Söldlinge fielen sie zum Opfer, und starben, wie die Ähren von der Sense abgemäht werden. Kaum einer der Burgsassen entkam dem schrecklichen Schicksal, die Edlen schonten sie nicht und die Leibeigenen nicht, und nur den allerwenigsten glückte die Flucht, wenn auch unter ihnen ein Knabe war, von dem man später noch hören sollte. Als schließlich keiner mehr da war, der sich zu wehren vermochte, und stieg Porquid mit einigen seines Gefolges zum Wehrgang hinauf, um das Schlachtfeld zu schauen. Dann ließ er die Fanfaren des Sieges blasen, und die Söldlinge hielten inne in ihrem Wüten. Der Ferdoker Praiosdiener Wengel ergriff nun das Wort und wandte sich an die Menge: „Seht, ihr Gläubigen, schaut dies und danket! Der Sieg ist unser, wie‘s Praios und Rondra gefügt.“ Da jubelten die Söldlingsscharen, vom Siege trunken wie vom Bier. „Denn wer im gerechten Namen wieder einen falschen Fürsten streitet, der wird nach Götterwunsch auch mit dem Sieg belohnt; grad so ist’s heuer hier gewesen.“ fuhr er fort, und verkündete, daß Graf Porquid ihm offenbart sei als der künftige Kaiser und Herr des Reiches! Sie hoben ihren siegreichen Anführer auf seinen Schild, und der ließ sich die Huldigungen wohl gefallen. „Heute Fürstenhort, und morgen das ganze Land.“ rief er ihnen zu, als sie die Feste verließen, die geplündert war und hier und dort in Flammen. Von Marschgetön und Trommelklang begleitet stieg das Heer hinab aus den Bergen, um die Dörfer und Städte des Kosch in Besitz zu nehmen. Nur kurze Zeit – und doch viel zu viel schreckliche Tage – dauerte es, bis sich das Land vor Porquid beugte. Dieser aber war nach seinem Sieg vollendens vom Wahn besessen, niemand anders als er sei zum Herr der zwölfgöttlichen Lande bestimmt. Einzig die Wengenholmer blieben von seiner Herrschaft verschont, denn obschon ihr Graf dem Herrn Porquid nicht widersprach, mochte er doch nichts tun, was dem mächtigen Ferdoker mißfallen hätte. Furchtbare Götterläufe waren dies für den Kosch, Hunger und Tod quälten Land und Leute wie Dämonenbrut, denn Porquid war ein grausamer Herrscher, der nicht Güte noch Gnade kannte. Allein, sein Ende sollte früher kommen, als er selbst erwartet, und von einer Hand, die niemand erraten hätte.

Der junge Holdwin. Seine Rückkehr, und wie er den Fürstentitel wieder errang. Porquids Tod.

Niemand aber weiß, was wirklich in der Nacht auf Fürstenhort geschehen ist. Einzig gewiß ist, daß der Fürst vom Eberstamm verraten ward, die Feste durch Verrat fiel, Verräter dem Feind die Tore öffneten, und daß die Leibritterin Huldagut verschwand, und mit ihr viele der Kleinodien des Hortes, dessen Hüterin sie war. Tiefe Bitternis erfüllte die Herzen aller aufrechten Koscher, als sie diese Kunde erreichte, und beinahe ebenso schwer wie der Tod so vieler schmerzte der Treuebruch, den wohl jene begang, der der Schutz des durchlauchten Leben anvertraute Aufgabe war. Der elfische Spielmann aber, der Alphaks Gast war, fand auch am Hof des neuen Herrschers gnädig Aufnahme, und es gibt eben so viele, die ihn des Verrats bezichten. Er war bei Porquid lange Zeit wohl gelitten, bis er den Ferdoker verließ, als dessen Stern ins sinken kam. Danach verliert sich auch seine Spur. Drubols Haus, der treue Zwergenklan, ist nicht mehr, aber die Linie derer vom Eberstamm sollte nicht vergehen. Denn als der Fürst fiel und tod war, da floh sein Sohn Holdwin, der ihm Schildknappe war, und erklomm einen Turm, um sich dort zu verbergen. Furcht schüttelte den Knaben, der die Schrecken sah in seinem Versteck, bis ihn eine feste Hand an der Schulter griff und mit Schwung herumriß. Da vermeinte er, daß sein Ende gekommen sei, und brach in die Knie vor dem anderen. „Auf, eylt, meyn Printz!“, sprach der Fremde da, und das sollte von jenen Tag an die Losung des Haus Falkenhag sein, denn niemand anderes war es als der wackere Jörch, des Landes Jagdmeister, von Falkenhag. Gemeinsam gelang Ritter und Knappen die Flucht, und auch wenn sie der Frau Rondra nicht gefällig sein mochte, so schämte sich später doch keiner beiden, daß sie die Namen verschwiegen und behielten das Leben auf ihrer Reise durch zerstrittenes Land. Nach Baliho im Weidenschen am Roten Wasser endlich gelagten sie, wo eine Kriegerschul’ ihren Sitz hatte. Dort traten sie ein, als Meister der eine, als Lehrling der andere, und lebten fürderhin dort, ohne daß jemand anders als Vorsteher der Schule um ihre Herkunft gewußt hätte. Viele Götterläufe ritt der Prinz Holdwin nach Gareth, im Gepäck nichts anderes als sein Schwert und den gerade gesiegelten Kriegerbrief, an seiner Seite der getreue Falkenhager. In einer Schenke noch vor Wehrheim war es, da brachen zwei trunkene Kriegsleute einen Streit vom Zaun mit dem Jüngling, den sie für einen unerfahrenen Adelssproß hielten. Holdwin zwang sie zu Boden und trieb sie in Fesseln in ihr Lager, um sie ihrem Heerführer zu überantworten. Der war nun kein anderer als Perval von Gareth, der dereinst Kaiser sein sollte der Zwölfgöttlichen Land. Später sollte man ihn verfluchen ob seiner Grausamkeit, und seiner Mißachtung der rondrianischen Gebote, doch erkannte er wohl, daß dieser Ritter nicht der Gecke war, für den mancher ihn halten mochte ob seiner Jugend. Nachdem er die beiden streitlüsternen Kämpen dem Henker überantwortet hatte, obschon Holdwin um Milde für sie bat, bot Perval den Gefährten die Posten ihrer Gegner an, denn diese waren Offiziere seiner Armee gewesen. So wurde Holdwin Hauptmann in Pervals Heer. Und im Jahr 65 vor Hal da kehrte Alphaks Sohn an der Spitze eines Perricumer Regiments ins Koscher Land zurück. Porquid war‘s nicht gelungen, seine Herrschaft weiter auszudehnen, ein kümmerliches Reich regierte er, zwischen Landen der Mächtigen im Westen wie im Westen, die ihn einzig hatten walten lassen, weil’s ihnen so zupaß kam. Nun aber wurde es hinweg gefegt im Sturme, als die großen Heerhaufen sich sammelten, und sich trafen in der Zwergenpforte. Holdwin befahl die Vorhut von Pervals Heer, und er war es, dem die Bürger von Angbar ihre Stadtschlüssel überreichten. Über den Greifenpaß´zogen die Truppen, um sich bei Albenhus mit jenen von Barduron, Pervals Vater, zu vereinen. Als nach der Schlacht Perval der mächtigste Mann im Reiche war und mit Recht Kaiser geheißen und endlich gesalbt wurde, da vergaß er den Koscher nicht und dessen treue Dienste, und belehnte ihn auf dem Felde noch mit dem Fürstentitel. So kehrte Holdwin über den Großen Fluß zurück ins Land seiner Ahnen, um von seinem Erbe Besitz nehmen, und das Volk jubelte ihm zu und die Edlen huldigten ihm. Schon hießen sie ihn den Erneuerer, der alles richten würde nach all den schlimmen Götterläufen. Porquid aber, der Elende, fand sich von all seinen Günstlingen verlassen, denn wahrhaft getreue hatte der Verräter niemals gehabt. Voller Angst floh er und sucht er sich zu verstecken, doch der Hauptmann seines Söldlingshaufen ließ ihn ergreifen, um sich der Gunst des Siegers zu versichern. Diesen Handel aber befand nicht Fürst Holdwin für Recht noch der Greifenpriester, der mit ihm war, und so wurden der Verräter und seine Schergen allesamt an hohen Buchen aufgeknüpft, und hingen auf 7 Götterläufe, für jederman zur Warnung wohl. Jörch von Falkenhag aber lohnte er für seine treue, und ernannte ihn und alle seine Erben zu Grafen vom Angbarer See, dem Kaiser aber schenkte er ein Eiland im See, das fortan den Namen Pervalia tragen sollte. Der einzige Nachfahre der Leibritterin braucht erheblich länger, bis er im Gewand eines Golgariten aus der selbst auferlegten Verbannung in die heimatlichen Gefilde zurückkehrt. Nicht einmal seinen wahren Namen gibt er zuerkennen, bis nicht die Schande von seiner Ahnherrin genommen. Ist er doch festen Glaubens, die treue Seele sei nichts anderes als ein Opfer elfischer Zauberränke gewesen… Magister Quendellyn Turmold Dergeldorp, Hoher Lehrmeister im Unserer Herrin HESinde Haus zu Angbar

(Text: fs

Quellen