Von heulenden alten Weibern

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Ausgabe Nummer 25 - Peraine 1022 BF

Von heulenden alten Weibern

Geistererscheinungen im praiosgefälligen Metenar?

RHÔNDUR. Gar unheimlich ist der Boronanger von Rhôndur geworden, seit die Boronis vom Orden der Zorkabiner in die Koschberge zum Kloster Trolleck gezogen sind. Die beiden trollecker Äbte Malchias von Schnellenbrück und Surxinda Kreuthenstyn haben ihre Brüder derweil als dritte Gemeinschaft in ihrem Hause akzeptiert. Inzwischen soll der Zorkabinerabt Azzan Vamper bereits mit dem Anbau eines eigenen Refugiums für seine Bruderschaft begonnen haben.

Während sich die Rolle des Boronklosters im Grenzland zwischen Bärenfang, Fürstenhort und Metenar also stärkt (schon heute sind die dortigen Schwestern und Brüder die Einzigen, die des Nachts durch den nördlichen Schetzeneck ziehen, um die Toten zu bestatten, und die Wirren zu trösten), liegt der Anger im wenige Steig entfernten Rhôndur schutzlos brach.

Ein Zustand, der zunehmend für Beunruhigung in den Reihen der Metenarer sorgt, was einige ausgewählte Aussagen bestätigen mögen ...

„Also angefangen hat das noch im Hitzemond — also recht kurz nachdem die Rabenmönche ausgeflogen sind. Da hatt’ ich nachts Wache — wie ich ja meistens Wache hab ... Is’ ja sonst auch recht schön und ruhig sonst, aber diesmal hatte ich ganz üble Träume ... so von grausigen dunklen Gestalten und so ... und als es dann auch noch zu heulen angefangen hat, da bin ich aufgewacht. Aber geheult hat das immer noch. Zuerst hab ich ja noch gedacht, daß das vielleicht ’n Sturm sein könnte oder sonst, aber nix da — kein müdes Windchen war oben auf meinem Turm zu spüren. Was das nu genau war, weiß ich immer noch nich’, aber ganz deutlich von Richtung Boronsanger isses gekommen — und seitdem passiert das immer wieder mal — ganz unheimliczh is das!“

Knurrbold Schüttelbirn, Stadtbüttel von Rhôndur

„Ich war noch inner Weißgans — das is das Wirtshaus in Gansalt draußen. Da hab ich bei meinem Bier gesessen und mal wieder das Madahorn überhört — wenne Praiosscheibe unnergeht, werden nämlich alle Tore dicht gemacht — und damit keiner draußen auf’m Feld verhungert, wird das immer noch mal mittm Horn angezeicht.

Naja, ich war dann aber trotzdem zu spät dran, und weil ich freilich auch keinen Nickel mehr fürn Bett inner Weißgans übrich hatte, bin ich eben zum Brommerhof und wollte da vor seinem Viehpferch pennen — is ja auch Sommer, und das hab ich schon öfter gemacht.

Potzpolterplötzlich war ich dann aber wieder wach, als ich aufm Boronanger — der is gegenüber vom Brommer sein’ Hof — so was Weißes tänzeln gesehen hab. Un’ als ich genauer hinkuck, seh ich, daß das die alte Warzen-Alma war. Das modrige Weib is ja nun aber schon seit Fürst Berndrich Zeiten überm Yaquir — und dann tänzelt sie trotzdem noch rum als wenns ihr noch nie besser gegangen wär — da bin ich abber ganz schön losgerannt, das kannste glauben! Und als die Büttel das Tor dann endlich aufgemacht haben, dann haben se mich bloß ziemlich blöd ausgelacht...“

Brauwin Gleuhag, Schmiedegesell

„Wie immer bin ich früh auf die Weide neben dem Boronanger, um nach dem Rechten zu sehen und zu melken. Hab aber gleich gemerkt, daß die Geißen recht unruhig waren — und als ich so näher komm, seh ich neben der Mauer vom Anger doch glatt drei meiner besten Zicken tot rumliegen. Zuerst hab ich ja an ‘nen Wolf, Fuchs, Bären oder so was gedacht — aber die Viecher hatten nicht einen Kratzer — nur ‘nen ganz starren Blick hatten die, als wär’ ihnen der — zwölfseidbeiuns - Namenlose persönlich begegnet. Also seitdem weide ich die Zicken nur noch beim Buchenschlag — da ist das Gras zwar nich so gut — aber da isses bei weitem nich‘ so unheimlich...“

Jusmine Welftal, Viehbäuerin

Derlei Äußerungen hört man immer häufiger unter den Rhôndurern, was inzwischen dazu geführt hat, daß die Bevölkerung nur noch boronsradschlagend an den dunklen Mauern des Angers vorbeigeht — und diesen Weg des Nachts gar völlig meidet. Einzelne Felder und Höfe in unmittelbarer Umgebung des Angers wurden bereits aufgegeben.

Eine Entwicklung, die auch auf Burg Kystral, dem neuen Sitz des Barons von Metenar, inzwischen wahrgenommen wurde. Doch statt zu versuchen die Geweihten zur Rückkehr in den neben dem Boronanger liegenden Tempel zu bewegen, zog es Hochgeboren Graphiel vor, die Praioskapelle der Burg früher als geplant weihen zu lassen, und bei dieser Gelegenheit ihro Gnaden Jerodian von Nadoret-Nadoret zu bitten auch gleich die gesamte Burg zu segnen, auf daß sie von eventuellen Gefahren die vom Anger ausgehen könnten, verschont bleibe. Reisenden, die zur Zeit auf der Grevensteig geheißenen Landstraße zwischen Koschtal und Angbar unterwegs sind, sei jedenfalls empfohlen, die Mauern Rhôndurs noch vor Einbruch der Nacht aufzusuchen.

Losiane Misthügel