Berichte von der Keilerkompanie - Von Titeln und Talern

Aus KoschWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen


Harzklamm, Albumin, Efferd 1048, wenige Tage nach der Reorganisation der Kompanie.

Viburn von Rohenforsten stand unter dem schützenden Vordach des neu errichteten Zeughauses, die Arme verschränkt, als der Säckelmeister der Kompanie endlich erschien – Der Mantel nass vom Regen, die Pergamente darunter trocken wie seine Stimme: „Ihr wolltet eine Erklärung, Herr Oberhauptmann“, sagte der Zwerg ohne Umschweife und überreichte Viburn ein Liste. „Hier ist sie. Mit Zahlen.“

Ohne auf eine Reaktion zu warten, trat Gargamil Ribbenstiel durch den schweren Eichentürflügel des Zeughauses, gefolgt von Viburn. Der Raum roch nach feuchtem Pergament und Wachs. Mit einem geübten Satz erklomm Gargamil seinen zu kleinen Hocker hinter einem zu hohen Pult, schlug ein schweres Buch auf und murmelte in seinen Bart.

Viburn überflog die Liste: „Was soll das heißen: nicht zugewiesen – verweigert Weibelstitel?“

Der Zwerg schnaubte. „Euer junger Ritter von Hartsteig hat erklärt, er sei kein Knecht, sondern Ritter – und wer einen Ritter Weibel nennt, dem wolle er die Kauleiste so weich klopfen, dass kein Medicus mehr hilft – höchstens ein Goldschmied. Wortlaut.“

Und Trest von Mackenstein hat mir erklärt, er sei von Stand, reite besser als alle anderen und natürlich Rittmeister und kein Weibel. Rittmeister. Und dazu Offizierssold.“

Viburn schloss die Augen und atmete langsam aus. „Also wollen sie alle Titel. Und mehr Sold.“

„Sie wollen den Orden, bevor sie den ersten Befehl gehört haben.“, knurrte der Zwerg. „Und wehe dem, der einem Ritter zu Fuß Weibel ruft. Dann ist nicht nur die Kauleiste in Gefahr, sondern auch die Bilanz.“

In diesem Augenblick polterte Trest von Mackenstein herein, die Reiterhandschuhe noch am Gürtel, gefolgt von Baerwin von Hartsteig, der sich sofort einen Apfel vom Tisch nahm, als wäre er zu Gast bei Freunden.

„Hört, das geht so nicht!“ rief Trest, bevor jemand den Mund aufmachen konnte. „Ich bin doch kein Weibel! Ich bin Rittmeister!“

„Wie viele Pferde befehligt Ihr denn gerade?“ brummte Gargamil, ohne aufzublicken.

Trest blinzelte. „Meine Lanze ist beritten, das zählt.“

„Ihr befehligt zehn Reiter, eine Pferdemagd und einen Küchenburschen mit einem Esel.“

„Der Esel trägt die Vorräte!“

„Dann seid Ihr Jausenmeister.“

Baerwin prustete los: „Das klingt doch gar nicht schlecht. Jausenmeister von Mackenstein. Passt wunderbar zu eurem Appetit auf Ehre.“

Trest fauchte: „Ich bestehe auf den Rang eines Rittmeisters! Das gebietet der Stand.“

„Und das Gehalt?“ fragte Gargamil.

„Selbstverständlich!“ Trest warf die Schultern zurück. „Ich werde mich doch nicht wie ein Landwehrweibel bezahlen lassen.“

Der Zwerg sah ihn ruhig an: „Der Kommandant einer zehnköpfigen Kampfeinheit trägt den Titel Weibel. Zweite kaiserlich-retosche Heeresreform. Beschlossen, als ich gerade mein erstes Soldbuch führte und euer Großvater noch mit Zinnsoldaten spielte. Ich kenne sie auswendig – und alle Ausreden seither.“

Trest setzte ein überlegenes Lächeln auf. „Ihr spielt doch selbst noch mit Zinnsoldaten werter Säckelmeister.“ Er wandte sich an Baerwin: „Ich sah ihn neulich den Artikel über das Gießerei-Turnier im Kosch-Kurier lesen. Das Goblinheer war dick markiert.“

Gargamil verzog kurz das Gesicht. Trest fuhr fort: „Wer Adel mit Fußvolk gleichsetzt, ruiniert mehr als nur die Moral. Und außerdem – es gibt Reiterzulagen!“

„Ich verschaffe euch eine Extraportion Hafer“, murmelte Gargamil. „Aber lasst den Pferden auch was über.“

„Spottet nur! Ich diene dem Fürsten, nicht der Feder eines Buchhalters!“

„In meinen Büchern zählt, was ihr leistet. Und das ist bisher: keine Schlacht, kein Vorratszug, kein Feindkontakt.“

„Noch nicht!“

„Dann kommt wieder, wenn das ‚noch nicht‘ erledigt ist.“

Viburn trat zwischen die beiden. „Genug! Das hier ist ein Militäreinheit, kein Bauerntheater. Titel werden nicht verteilt wie Wurstkränze am Wursttag. Bezahlt wird, wer trägt, nicht wer träumt.“

„Wer mich einen Weibel nennt, ruft den Spott auf sich, nicht auf mich!“ knurrte Trest.

Baerwin grinste. „Schreibt ihn als Edler Bittsteller – klingt fast so gut wie Rittmeister “

„Oder“, meinte Gargamil mit trockener Stimme, „ich führe eine neue Spalte ein: „Gefühlter Rang“. Dann dürfen sich alle nennen, wie sie wollen – und ich bezahle sie trotzdem wie Weibel.“

Viburn nickte. „So machen wir’s. Adelige Rottenführer sind Leutnante, die berittenen Lanzenführer von mir aus Rittmeister, Sold nach Leistung. - Und keine weiteren Anmerkungen!“

Trest murmelte etwas, das klang wie „Unverschämtheit“. Baerwin warf ihm einen weiteren Apfel zu. „Trag’s mit Würde, Jausenmeister.“