Ein Traum wird wahr

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Ausgabe Nummer 37 - Ingerimm 1027 BF

Von edelsten Geschlechtern: Ein Traum wird wahr

Vom Liebesglück der Prinzessin Iralda Mechtessa

Es war ein kühler und stürmischer Herbstabend Ende Travia, an dem mich der Wind zu eben jener Tür des kleinen Hauses führte, dessen Bewohner mich in traviagefälliger Weise so herzlich willkommen hießen, wie man es sich nur wünschen kann. Nach einem wohlfeinen Mahl, vor dem die Älteste, ein Mädchen von gerade einmal fünf Götterläufen, auf wunderbar ernste Art das Tischgebet gesprochen, wäre es eigentlich an mir gewesen, der kleinen Runde die langen Stunden des dunklen Abends mit Nachrichten und Kunde aus fernen oder ersonnenen Landen zu verkürzen. Jedoch weit gefehlt... Lasst mich an dieser Stelle beginnen, wie es der Barden Art ist, und so will ich Euch erzählen von einem Märchen, das wahr geworden ist:

Lang waren die Schatten und düster das Land. Im Kamin prasselte das Feuer, während draußen der Wind an den Läden zerrte. Donner und Blitze grollten gegen die Erde, und der Regen schlug laut auf das hölzerne Dach des Hauses. In der Stube hatte man sich um das Feuer versammelt und erwartete nun Erzählungen aus lang vergangenen Tagen, von Furcht einflößenden Drachen, großen Schlachten, bösen Schurken, holden Maiden und wahren Helden. Ja, wahren Helden und wahrer Liebe. Es war ein Abend wie geschaffen für Geschichten der Dämmerung. Ich schloss für einen Moment die Augen, ließ die leicht mit Rauch geschwängerte Luft meine Sinne betören, und eben wollten die ersten Worte meine Lippen verlassen, als es an meinem Gewand zupfte. Doch nicht Fee oder Kobold waren es, die meiner Erzählung Einhalt geboten, sondern ein kleines Mädchen von fünf Götterläufen, das aus leuchtenden Augen zu mir empor sah.

„Hast du schon von der Prinzessin gehört? Sie hat jetzt einen Helden zum Mann, auch wenn sie gar nicht so hübsch ist wie die anderen Prinzessinnen.“ Ihr Gesichtchen strahlte bei diesen Worten so hell, wie ich es schon oft bei Kindern erblickte, die ihren sehnlichsten Wunsch in Erfüllung gehen wissen. Natürlich war meine Neugier geweckt, obschon ich bereits einiges über den Verlauf des Turnieres und die anschließende Vermählung, in der Travia Liebe Namen, vernommen hatte. Und so schüttelte ich mit gespielt erstaunter Miene den Kopf, wurde mir doch in eben jenem Moment bewusst, welch Freude in die Herzen der Menschen eingezogen war, die seit dem schicksalhaften Tag das ganze Glück ihrer Prinzessin und ihres neuen Prinzen teilten.

Die Blicke von drei Kindern, mir selbst und dem leise schmunzelnden Vater glitten nun zur Mutter herüber, die bei so viel offenkundiger Begeisterung wohl auch nicht mehr anders konnte, als sanft zu lächeln. Und mit einem Nicken und einem Augenzwinkern in meine Richtung, begann sie zu erzählen:

Es war an jenem Morgen des 12. Travia, des Tages der Treue, dass es Prinzessin Iralda für die Zeremonie zu kleiden galt. Ich selbst hatte die Prinzessin gerade gebadet, und ihr Haar duftete so wunderbar nach Blumen, wie auch das eure es einmal tun wird, wenn der Tag gekommen ist, an dem ihr einem ganz besonderen Menschen die Hand zum Treueschwur reichen könnt. Doch dieses Mal war es etwas ganz Besonderes, denn wer in das Gesicht der Prinzessin blickte, der konnte sehen, wie glücklich sie war. Sie strahlte so sehr, dass sie in diesem Moment genauso hübsch aussah, wie jedes andere Mädchen an einem solchen Tage es auch getan hätte, doch ihre ganz besondere Schönheit lag vor allem in dem Lächeln, das sie mir schenkte.

Ich bürstete gerade ihr Haar, als sie sich unvermutet zu mir umwandte, mich bei den Händen nahm und mich bat, mich neben sie zu setzen. Ein wenig überrascht, aber von ihrer Herzlichkeit hingezogen, tat ich, wie mir geheißen. Einen Moment lang sah sie mich nur an, und ihre Augen funkelten voll der Liebe, dann blitzte es in ihnen auf und ich bemerkte, wie ich vor Erwartung den Atem anhielt.

Sie wolle mir etwas erzählen, sagte sie, und ich musste ihr versprechen, dass das, was sie mir berichten wolle, jedem guten Menschen in der Grafschaft zuteil werden könne, damit alle wissen und erfahren, wie glücklich sie sei.

Ich nickte zaghaft. Von da an sprudelten die Worte wie ein Wasserfall aus unserer Prinzessin heraus und ich muss Acht geben, dass ich auch wahrheitsgetreu wiedergebe was sie mir sagte.“

Die Mutter machte eine Pause, nahm den Jüngsten, der bereits auf dem Schafsfell vor ihrem Stuhl eingeschlafen war, auf den Arm, legte ihn in sein Bettchen und lehnte sich dann wiederum gemütlich in dem hölzernen Lehnstuhl zurück. Während der süße Qualm der Pfeife des Vaters meine Sinne zum Träumen anregte, war ich gespannt zu erfahren, wie es weiter ging.

Er hatte sie geküsst. Er hatte sie geküsst und ihr gesagt, er wolle nicht, dass sie denke, er würde sie nur wegen des Grafentitels heiraten.“

Die Mutter schüttelte leicht den Kopf, ein Lächeln überzog ihr Gesicht. „Sie fragte mich, ob ich mir das vorstellen könne. Sie waren im Garten spazieren, bei den Beeten. Am Steinbrunnen legte er dann den Arm um sie und sah sie lange an. Er lächelte, sah sie einfach nur an und lächelte. Sie war wie bezaubert. Dann fing es an zu regnen, und sie mussten beide lachen, weil... — sie konnte nicht sagen, weshalb eigentlich, aber sie waren einfach nur glücklich. Er legte seinen Umhang um ihre Schultern, und als sich ihre Blicke trafen, war es plötzlich ganz still um sie herum. Sie wurden ganz nass, aber das machte ihnen nichts, es war ihnen egal. Sie wusste nicht mehr, wie es geschah, doch als ihre Lippen sich sanft berührten, gab es nur noch sie beide. Irgendwann hörte sie ihren Vater rufen, und sie liefen schnell hinein. Es war noch ein wunderschöner Abend zusammen mit den anderen, aber dieser Moment, dieser Augenblick, als sie im Regen standen und sich ihre Lippen berührten... — sie hatte plötzlich keine Angst mehr vor dem nächsten Tag, so sagte sie.

Die Prinzessin hatte die ganze Zeit meine Hände gehalten, und bei den letzten Worten waren ihre Augen ganz feucht geworden, so dass sie den Kopf leicht abgewandt hatte und sich nun mit einem Taschentuch die Tränen aus den Augenwinkeln tupfte. Ein paar Mal musste sie ob der Tränen leise schluchzen, während sie weitersprach und mir erklärte, dass sie gar nicht wisse, wieso sie ausgerechnet jetzt, wo sie so glücklich sei wie noch nie in ihrem Leben, zu weinen anfange.

Ich muss zugeben, dass mir ebenfalls die Tränen in die Augen stiegen, und als sie dies bemerkte und mich erstaunt ansah, mussten wir beide lachen. Sie reichte mir ihr Taschentuch und sagte, dass wir uns nun aber beeilen müssten. Das wäre ja sonst auch eine schöne Bescherung, wenn sie nachher noch zu spät käme.

Ich bürstete ihr Haar, flocht kleine Zöpfe hinein und kleidete sie an. Als nur noch der Schmuck fehlte, hieß sie mich die wunderschönen Perlen beiseite legen, ging zu einem Tischchen hinüber und öffnete eine kleinen Holzschatulle, die darauf stand. Daraus holte sie ein ganz einfaches Band hervor, an dem ein Anhänger befestigt war. Ich konnte leider nicht erkennen, welche Form er hatte, aber eines weiß ich gewiss, diesen Anhänger hat ihr der Herr Throndwig geschenkt an jenem Abend, denn niemals zuvor habe ich etwas in dieser Art an ihr gesehen. Sie legte ihre Hand darauf, schloss für einen Moment die Augen und atmete tief ein, bevor sie zu ihrem Vater hinaustrat, der schon ungeduldig auf sie gewartet hatte.“

In dem kleinen Zimmer war es mucksmäuschenstill geworden. Jeder hatte gebannt der Geschichte gelauscht und war so sehr ins Träumen geraten, dass es noch eine ganze Weile still blieb, bis das kleine Holzpferdchen, welches der älteste Sohn die ganze Zeit fest in der Hand gehalten hatte, den erschlafften Fingerchen entglitt und zu Boden purzelte, wo es so lange liegen blieb, bis auch das zweite Kind in seinem Bettchen lag. Das Bild des Mädchens jedoch, welches das Holzpferdchen mit dem kleinen Ritter darauf vom Boden aufhob, behutsam zu einem Tisch hinübertrug und vorsichtig abstellte, bevor es aus großen ernsten Augen zu mir aufblickte und mir einfach nur zunickte, werde ich wohl nie vergessen, — als wäre ich nun eine von ihnen. Und wahrhaft wusste ich, was es zu tun galt. Und so soll nun jeder in der Grafschaft, der es noch nicht vernommen hat, und über die Grenzen hinaus erfahren, welche Liebe und welches Glück die beiden jung Vermählten verbindet, und dass die Bitte Mütterchen Bureschas um einen würdigen und treuen Gemahl mehr als nur erfüllt worden ist.

So erlebt und für den Kosch-Kurier aufgeschrieben von der reisenden Bardin Lemea van Tarush