Der Gasthof „Guteruh“ bei Gôrmel
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Glaube im Kosch — Teil V: Die Ewigjunge Tsa | ▻ |
Schänken des Kosch: Der Gasthof „Guteruh“ bei Gôrmel
Normalerweise berichten wir in unserer Reihe „Schänken des Kosch“ von guten und angenehmen Wirtsstuben, die wir unseren Lesern aus diesem oder jenem Grund empfehlen können. Diesmal aber muss der Kosch-Kurier vor dem Besuche eines gewissen Hauses warnen, in das der Verfasser dieses Berichtes an einem stürmischen Regentag notgedrungen einkehrte.
Es handelt sich um den Gasthof „Guteruh“, ein Stückchen nördlich von Gôrmel, ein Ort, der sonst für seine Gastfreundschaft und heilsamen Quellen bekannt ist. Ob der verheißungsvolle Name von einem vorherigen Besitzer gewählt wurde oder blanker Hohn sein soll, ist schwer zu sagen. Jedenfalls findet sich dort alles andere als gute Ruhe und angenehme Rast: Dunkel, muffig und verräuchert ist der Schankraum, in dem man ein elend dünnes, fades Bier vorgesetzt bekommt. Die Butter ist ranzig, der Käse alt, das Brot kaum dicker als die Klinge, die es abgeschnitten hat. Und der Eintopf ist von einer Farbe, die an den Moorbrücker Sumpf gemahnt — vom Geschmack ganz zu schweigen! Wenn man es der Wirtin sagt, so wird sie patzig obendrein und beweist, dass man im Kosch auch derbe Wörter kennt. Das ist überhaupt so eine Person, mit einer Knollennase, dicker als ein Ferdokapfel, und Fingern wie Groinhager Würste, dazu graziös wie eine Bolle...
In den Schlafraum gelangt man über eine hölzerne Stiege, deren Stufen lauter knarren und quietschen als die Achsen eines alten Bierkarrens — mit Ausnahme der beiden in der Mitte, die nicht vorhanden sind, was im Halbduster aber nicht weiter auffällt. Der Schlafraum ist ein Abenteuer ganz eigener Art; in einer lauen Sommernacht kann man es dort aushalten, doch dann schläft es sich ohnehin schöner unter Phexens Sternen an der frischen Luft. Bei Regen aber tropft und trieft es in einem fort durch die unzähligen Löcher und Ritzen im Dach, wovon die Strohsäcke schon ganz faulig geworden sind. Man kann sich dort recht heimisch fühlen, zumindest wenn man eine Ratte oder Maus ist; zwar gibt es auch eine Katze in dem Gasthof, aber die geht lieber bei den Zechern betteln als auf die Jagd, und wenn sie nichts bekommt, zerbeißt sie einem die Hosenbeine.
Wer nach einer solchen Nacht früh aufbrechen will, der sollte nicht auf warme Milch und Grütze hoffen; denn dazu müsste der Knecht ja zeitig aufstehen und ein Feuer machen, Travia bewahre! Nein, grünliches Brunnenwasser, alter Käse, trocken Brot — und dann ade! Da soll demnächst der Greve nach dem Rechten schauen!