Dohlenfelder Thronfolgestreit - Blick aus dem Lazarett
Teil der Briefspielgeschichte "Dohlenfelder Thronfolgestreit"
Dohlenfelder Thronfolgestreit - Hagens Heer formiert sich | Dohlenfelder Thronfolgestreit - Angronds Schlachtlinie |
Ugbert Denkfaul hielt Maulaffen feil. Er stand unter einem der an den Lazarettzelten aufgespannten Sonnensegel, die aufgrund der geschlossenen Wolkendecke gar nicht nötig schienen.
Sein Blick hing gebannt an der unbegreiflichen Szenerie vor ihm. So viele bunte hohe Herrschaften zur Rechten, noch viel mehr bunte hohe Herrschaften zur Linken und die allerhöchsten hohen Herrschaften hinter seinem Rücken! Und er mittendrin! Vor ein paar Jahren, bei der großen Hochzeit des Landedlen, da gab es ein Turnier, er selbst stand in der dritten Reihe hinter der Abgrenzung, und da waren auch viele bunte hohe Herrschaften … aber so viele … neee, garnich. Das hier waren bestimmt … viele! Wenn man alles Vieh aus Dohlenfelde zusammentreiben und hier her bringen würde – was gar nicht so einfach wäre, weil die alle von unterschiedlich weit her kämen und die Erzweilerer ihr Vieh nimmernich auf dem selben Fleck grasen lassen wollen würden wie die Dohlenfelder und die sturen Zwerge ihre noch stureren Bergziegen bestimmt nicht so weit ins Tal führen wollten – … jedenfalls wären das bestimmt immernoch mehr Menschen als Vieh hier. Unfassbar! Und alle waren hier, um sich gegenseitig umzubringen.
„Ugbert! … Wo ist der alte Knabe denn schon wieder? … Ugbert!“
Die Stimme Mutter Hagenvels, der höchsten Perainepriesterin Wichtens, zog unangenehm an seiner Aufmerksamkeit. Dabei wollte er doch gerade den hohen Herren zuschauen, die sich da rechts in ihren Lehnstühlen bedienen ließen.
„Hier, Hochwürden! Hier!“
Ugbert winkte zögerlich in Richtung der fülligen Geweihten, deren Gesicht ob der stundenlangen schweißtreibenden Arbeit, ein Lazarett für womöglich Hunderte Verletzte zu errichten, ein tiefes Rot angenommen hatte.
„Ah, gut. Wir brauchen noch ein paar starke Leute, die uns gleich helfen, die schwer gerüsteten Verletzten her zu bringen und auf die Tische zu legen.“
Die Geweihte blickte auf das Schlachtfeld und seufzte. Echte Menschen waren etwas anderes als all die Zahlen, mit denen man im Vorfeld gerechnet hatte. Es waren dringend mehr Helfer nötig, als durch die Anwesenheit der wichtenfelser, schwarzfelser und freyener Landwehren in Peraines Diensten zur Verfügung standen! Die Geweihtenschaft aller dohlenfelder und [[wikav:Twergenhausen|twergenhäuser] Peraine- und Travia-Tempel – immerhin zweiunddreißig Geweihte zuzüglich mehrerer Dutzend Akoluthen und Novizen – wird mit der Wundheilung kaum nachkommen, wenn ihr nicht einige Arbeiten von Handlangern abgenommen werden.
Jeder verfügbare Barbier und jede Hebamme, sogar drei Schlachtermeister und ein Abdecker wurden gebeten, zu helfen. Ohne die Barbiere hätte es hier vermutlich nicht einmal genug scharfe Messer und ohne die Schlachter zu wenig Knochensägen gegeben.
Und nie hätte sie es für möglich gehalten, das Hilfsangebot eines Magiers jemals dankbar anzunehmen; aber dieser Schrazelrother bestand darauf, seinen Teil zur Lebensrettung Verwundeter beitragen zu können.
„Hochwürden, heißt das, ich muss aufs Schlachtfeld?“ fragte Ugbert furchtsam.
Mutter Hagenvel nickte und streichelte dem Bauern einfühlsam über die Schulter.
„Hab keine Angst, Ugbert. Die Göttin beschützt dich. Du trägst ihre grüne Schärpe an deinem Leib, niemand wird dich angreifen. Achte aber trotzdem darauf, dass du dich nicht von eurer Bedeckung entfernst. Jeder Trupp, der Verletzte birgt, wird von einigen Bewaffneten in grünen Wappenröcken begleitet. Sie sollen euch vor irrgeleiteten Geschossen und fehlgeleitetem Gesindel beschützen. Und ganz wichtig: Geh niemals ins Getümmel. Halte Abstand zur Kampflinie und rette nur die, die weiter hinten liegen. Dort drüben ist deine Gruppe. Sprich dich gut mit ihnen ab. Und Peraine mit dir!“
Eilig machte sich Mutter Hagenvel auf die Suche nach weiteren Helfern, die zunächst für weniger wichtige Arbeiten eingeteilt waren. Ugbert indes schlurfte auf die aus allen Teilen Dohlenfeldes zusammengestellte Gruppe von grünbeschärpten Landwehrleuten zu, die ihm die Hochgeweihte gewiesen hatte. Alle waren da, um zu verhindern, dass die bunten hohen Herrschaften sich gegenseitig umbrachten.