Schwertschlucht
Zuweilen auch Schwertgraben genannte Schlucht in den den Koschbergen im Schetzeneck. Die Schlucht ist ein Heiligtum der Rondra und eine Pilgerstation des Zwölfergangs. Die Gläubigen durchschreiten die Schlucht, in die immer wieder Steine und ganze Gerölllawinen hinabfallen, und wer guten Mutes und frommen Herzens ist, der wird dies unbeschadet überstehen. Manche Gläubigen singen beim Durchwandern gar laute Lieder, um ihr Gottvertrauen zu beweisen. Anschließend ist es Brauch, sein Schwert an einem Felsen zu schärfen.
Die Schwertschlucht ist ein traditioneller Ort für Lehnseide, seit Graf Lemgurd von Schetzeneck hier einmal seinem Fürsten Angfold vom Eberstamm im Kampf gegen Verschwörer beistand.
Von der Schwertschlucht führt der Schwertstieg über einen schmalen und gewundenen Passweg, der nur im Sommer gangbar ist, in die gratenfelser Baronie Schwertleihe.
Der Zwist der zwei Tempel
War der ritterliche Fürst Baduar bereits zu Lebzeiten Legende, so setzte bald nach seinem Dahinscheiden eine regelrechte Heiligenverehrung ein, wiewohl noch keine offizielle Bestätigung durch das Schwert der Schwerter stattgefunden hatte. Damit aber erwuchs ein regelrechter Wettstreit mit den Verehrern Graf Hlûthars von Gratenfels, dem tragischen Helden der Ersten Dämonschlacht und letzten Träger Siebenstreichs. Denn ihm war der Tempel auf der anderen Seite des Passes geweiht, und dessen Vorsteher galt als Schwertbruder und nach dem Meister des Bundes höchster Geweihter der Senne.
Nicht zuletzt der Ehrgeiz der Angbarer Hochgeweihten Mechtessa war es, die die Verehrung Baduars nach Kräften vorantrieb und den siegreichen Koscher in ihren Predigten stets höher pries als den Heiligen Hlûthar. Wenn nämlich erst der „erste Ritter“ rechtens Sanctus und das Angbarer Göttinnenhaus ihm geweiht sei, dann werde ihr selbst gewiß der begehrte Titel der Schwertschwester zufallen – so dachte sie.
Diese Erhöhung aber wollte der tapfere Meister Deinhardt von Gratenfels nicht hinnehmen, und rief schlußendlich die Frau Mechtessa zum Zweikampf, wenn sie nicht ihrem Tun obsage. So kam es, daß auf einem Felsenstieg in den Koschbergen zwei Löwenritter wider einander die Schwerter zückten; die Göttin solle entscheiden, wen sie der höheren Würde würdig erachtetete, so dachten die Geweihten.
Die himmlische Leuin aber zürnte ihnen (daß da zwei ihrer Gefolgsleute miteinander fochten um der eig’nen Eitelkeit willen), und gewährte keinem der beiden den Sieg. Manche Stunde währte der Kampf, ohne daß einer der Streitenden einen Vorteil erringen konnte, doch ebensowenig wollten sie einsehen, daß ihr Fechten vergebens war. Und als die Göttin dies sah, da schwang sie ihre Klinge droben in Alveran, und auf Deren fuhr ein Blitz geradewegs zwischen die Kämpfenden und schmetterte sie zu Boden.
Im Fels aber tat sich ein Spalt auf. Tiefer und tiefer fraß er sich ins Gestein, weiter und weiter klafften die Felswände auseinander, und mit einem donnerndem Getöse stürzten von beiden Seiten gewaltige Felslawinen in den sich auftuenden Abgrund hinab und rissen die Leiber der Hochgeweihten mit sich.
Ihre Knappen aber, die den Hochgeweihten sekundiert hatte, betrachten all dies mit Schrecken und flehten die Göttin um Gnade an, und die himmlische Heerführerin verschonte sie von ihrem Strafgericht.
Von jenem Tag an aber hieß man die Schlucht den Schwertgraben und sah ihn als ein Heiligtum – und Mahnmal – der Göttin, und als die fromme Schwester Praiadne zur Zeit Kaiser Gerbalds das Mysterium des Zwölferganges in den koscher Bergen begründete, da tat man wohl daran, der Frau Rondra ebendort den Schrein zu weihen, und jeder, der den Pilgerweg entlangschritt, hat ihr dort gehuldigt.
(Sagte erzählt von Bolzer von Stanniz u. Zweizwiebeln, Knappe der Göttin, Rüstwart der Angbarer Tempelburg, )