Unter Schurken - Das Ende naht: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 25. März 2019, 09:51 Uhr
Teil der Briefspielgeschichte Unter Schurken
Laßt ab | Epilog |
Atrax kniete noch immer über dem Leichnam Gorboschs und war in Gedanken versunken. Er blutete aus einigen, nicht allzu tiefen Wunden. Sein rotes Haar war stellenweise blutverklebt. Ob es das seine oder das der niedergestreckten Gegner war, konnte man nicht sagen. Er hatte die Augen fest zugekniffen. Eine Träne lief langsam an seiner breiten Nase hinunter. Er weinte. “Ihr solltet Euch von Rena verbinden lassen.“ Der Baron war an den Angroscho herangetreten. Der schreckte hoch. “Äh, ja, das wird wohl das Beste sein.“ Und sichtlich verlegen wischte er sich das Gesicht ab. “Ihr habt da aber auch ein schönes Andenken mitbekommen“, meinte er und deutete mit der rechten Hand auf die klaffende Wunde an Merwerds Oberarm, die seinen Ärmel bereits blutrot gefärbt hatte. Und niederhöllisch schmerzte, wie der Vinansamter nun wieder bemerkte.
Gemeinsam schritten sie hinüber zu der Buche, an der noch immer die Ritterin sitzend und der Edle stehend lehnten. “Na, ganz umsonst war die Unternehmung nun auch wieder nicht, würde ich sagen.“ “Wie meint Ihr das?“ der Edle von Toroschs Au war überrascht. Rena hatte das ganze Tuch inzwischen zu handlichen Streifen verarbeitet, von denen sie zwei dem Wiesner reichte. “Naja, wir haben zwar den Schurken nicht gefaßt, aber haben wir ihm nicht wenigstens deutlich gemacht, daß er keine ruhige Minute haben wird? Ich denke, wir haben ihm Respekt eingeflößt.“ “Respekt? Das war ja wohl das Mindeste, was wir ihm einflößen sollten. Respekt!“ Wolfhardt war aufgebracht. “So geht das doch nicht... wartet, ich helfe Euch.“ Rena stand auf und half ihm, die tiefe Schnittwunde an seinem linken Unterarm zu verbinden. “Nicht gerade fachmännisch, aber Hauptsache, es hält.“ “Respekt...“
Ritter Falk sondierte derweil weiter das Schlachtfeld, doch es machte ihm wenig Freude, im blutgetränken Schnee herumzuwühlen. Außerdem schien es neben dem Käse nichts mehr zu geben, was für ihn von Wert sein könnte, und so schickte er sich an, zu den anderen zu gelangen. “Könnt Ihr noch weitere Patienten behandeln?“ Merwerd und Drogosch kamen zu der Buche. Die Ritterin drehte ihren Kopf. “Ja sicher. Ich habe noch ein paar Streifen übrig. Vielen Dank, daß Ihr mir so schnell beigestanden habt. Ich wußte gleich, daß Ihr da seid, als ich den Laut der Koschammer vernommen habe.“
“Ah ja. Das war der tapfere Falk. Wir dachten, Ihr hattet es nicht gehört.“ “Das kann ja nun nicht sein!“ Falk war ebenfalls an der Buche angekommen. “Ich hatte damals... wann war das noch gleich...? Ist egal, jedenfalls rief ich damals diesen Zwerg. Und mein Ruf der ollen Ammer war so echt, daß mich im Nu dreie, viere umschwirrten. Koschammern mein’ ich. Also die dachten tatsächlich, das wäre ein Männchen, das sie da ruft, und...“ “Ist ja gut, ist ja gut.“ Der Baron stoppte den Redefluß des Siebentalers. “Nachdem wir nun alle halbwegs wieder hergestellt sind, sollten wir den Beschluß fassen, daß unsere Jagd auf den Schurken... ein glatter Mißerfolg war!“ “Waaas?“ Wolfhardt wirbelte herum. “Ihr wollt aufgeben Baron? Jetzt, wo wir so dicht dran sind?“ “Der Schurke! Nieder mit dem Schurken!“ Falk war offenbar derselben Meinung wie der Sänger.
“Seht uns doch an! Ich denke, es hat keinen Zweck, die Fährte erneut aufzunehmen. Statt dessen sollten wir den Zwölfen danken, daß wir einigermaßen heil aus der Sache herausgekommen sind. Und uns endlich auf die Heimreise in den Kosch begeben!“ “Das denke ich auch.“ Die Arbasierin stimmte dem Vinansamter zu. “Ah. Meint Ihr wirklich? Na gut.“ Wolfhardt schien schnell überzeugt. “Dann steht der Beschluß fest. Packen wir unsere Sachen und suchen in dieser götterverlassenen Gegend einen Hof, von dem wir vielleicht Pferde bekommen können. Ich möchte meine Kutsche ungern selber nach Vinansamt ziehen!“ So gelangten sie zu Gorboschs Quartier, wo sie ihr Packpferd und einen Teil ihrer Ausrüstung zurückgelassen hatten.
“Ich komme nicht weiter mit“, meldete der Angroscho sich zu Wort. “Das habe ich mir gedacht. Und wenn Ihr nicht mehr so gut zu Fuß seit, könnt Ihr auf einem der Maultiere reiten, die Gorbosch gehört haben“, erwiderte Merwerd. “Vielleicht könntet Ihr dem Herrn von Rabenstein Bericht erstatten“, fügte Rena hinzu. “Das kann ich wohl tun, nur das mit dem Reiten werde ich schön bleiben lassen. Ich will schließlich kein Bauchgrimmen bekommen!“ lachte der Zwerg, und die Spannung aller löste sich, als sie in sein Lachen einfielen. Sie waren wirklich noch einmal davongekommen.
Die Verabschiedung fiel sachlich aus, mit kurzem Händedruck wünschte Atrax den anderen Lebewohl. Als er hinter dem Berg verschwunden war, setzten sich auch die vier wackeren Koscher wieder in Bewegung. In die Richtung, in der sie die Kutsche des Vinansamter Barons vermuteten. “Ich will Euch noch ganz persönlich danken.“ Rena ging mit Wolfhardt etwa zwölf Schritt hinter den anderen. “Hättet Ihr nicht die Aufmerksamkeit der Schergen auf Euch gelenkt, würde der Pfeil wahrscheinlich in meinem Rücken statt im Baum stecken.“ “Ja, wahrscheinlich.“ Sie sahen sich an. “Das wäre nicht gut.“ “Nein, gut wäre das wirklich nicht.“ Sie waren stehengeblieben. “Hey, wo bleibt ihr denn?“ Falk hatte bemerkt, daß Rena und Wolfhardt ihnen nicht mehr folgten. Der Vinansamter mußte schmunzeln, als er sich ebenfalls nach den beiden umblickte...