Neuankömmlinge auf Rabenhorst: VI. Ein neuer Knappe: Unterschied zwischen den Versionen
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|Reihe=Neuankömmlinge auf Rabenhorst 1031 BF | |||
|Teil=6 | |||
|Datum=11.1031 | |||
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|Autor={{Briefspieler|Benutzer:Sisimbria|}}, Philipp Reich, Fabian Schlums, Stefan Flüchter | |||
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|Zusammenfassung=Golgariten-Knappe Marbian von Mersingen ä. H. kommt auf Rabenhorst an und lernt als erstes Timokles, Bogumil, Finja und Tauterfirn kennen. | |||
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Aktuelle Version vom 7. November 2023, 10:00 Uhr
VI. Ein neuer Knappe
Kloster Rabenhorst, Mark Greifenfurt, Anfang Ingerimm 1031 n.B.F.
Beteiligte:
- Timokles Hydidon von Mylamas (Knappe Golgaris) (SC)
- Tauterfirn (Knappe Golgaris) (SC)
- Bogumil Spadaduro (Deuter Golgaris) (SC)
- Firnjana 'Finja' Rotenzenn (Bogumils Mündel) (SC)
- Marbian von Mersingen ä. H. (Knappe Golgaris) (SC)
Gedankenverloren ging Marbian von Mersingen ä. H. seinen Weg. Sachte strich eine leichte, warme Brise über sein Gesicht unter seiner Kapuze, als er aufschaute. Sein Freund Brin, das Maultier, stockte und riss ihn dadurch aus seinen Gedanken. "Hm, alles in Ordnung, mein Freund?" Der junge Mann strich dem Tier sachte durch die Mähne, dann fiel sein Blick auf die Klosterfestung Rabenhorst, sein neues Zuhause. 'Es sieht nicht sehr einladend aus, aber nun ja, es ist eine Feste und kein Palast', ging es ihm durch den Kopf. "Nun komm, mein Prinz, die letzten Schritte schaffen wir auch noch!" Marbian zog sachte an den Zügeln, und langsam setzten sie ihren Weg fort. Der Knappe hoffte inständig, dass das Geklapper der ganzen Töpfe und seiner anderen Habseligkeiten den anderen Ordensmitgliedern nicht übel aufstieß. Dies wäre zumindest kein guter Einstieg. 'Naja, ich werde das schon irgendwie schaffen, nur nicht zu viel reden, Junge', sagte er sich. Es konnte nicht schlimmer als im Felde sein. Und Hauptsache, diese Stimmen würden bald verschwinden, und Hauptsache, er musste seinen letzten Vorrat an Zuckerstangen nicht hergeben.
Bogumil musste nur wenige Schritte gehen, als er auch schon sein Mündel und den Pförtner erblickte, einander gegenüberstehend und sich offenbar unterhaltend. Bogumil hoffte dabei, dass die Unterhaltung kein unnützes Gewäsch von Worten war, sondern wenigstens seinen Sinn hatte. Ihm fiel die Verlegenheit Finjas auf, und er mußte innerlich schmunzeln.
Sonst war der vorher noch so belebte Hof nahezu ausgestorben. Nur das regelmäßige Scharren eines Besens, den ein Mönch im Radgang benutzte, und das vereinzelte Tschirpen der Vögel, die unter der angenehmen Ingerimmssonne ihre waghalsigen Flüge unternahmen, störte eine perfekte Ruhe.
Der Boroni streifte seine Kutte glatt und näherte sich dem Knappen und Finja.
Als Timokles Bogumil bemerkte, der schon knapp hinter ihm stand, trat er einen Schritt zurück und begann unter Andeutung einer Verbeugung: "Darf ich ..." Dann unterbrach er sich geschwind und besann sich, dass man einen Boroni ja nicht selbst ansprechen dürfe. Also schwieg er lieber und überließ Bogumil das erste Wort.
Auf dessen Gesicht war ein sachtes Lächeln jetzt nicht mehr zu übersehen. "Sicher", sagte er und nickte Timokles zu.
Inzwischen hatte es erneut Unruhe am Tor gegeben. Noch ein weiterer Besucher schien angekommen zu sein. Diesmal war es, wie sein Wappenrock verriet, ein Golgarit, allerdings keiner, den Timokles kannte. Der diensttuende Pförtner brachte ihn geradewegs zu Timokles.
Der Wachhabende begrüßte den Neuen schweigend mit einem Nicken. Emotionslos wies er zum Innenhof, wo offenbar ein Golgarit im Gespräch mit einem Borongeweihten und einem Mädchen war.
'Oh, ein Empfangskomitee, freundlicher als es man es sich bei den Golgariten denken könnte. Jetzt nur einen guten Eindruck machen und nicht soviel reden!', dachte sich Marbian.
Er zog etwas seinen Bauch ein, zog sachte an den Zügeln und führte Brin in die Richtung der drei. Das Geklapper der Töpfe und seines übrigens Gepäcks durchschnitt die heilige Stille der Burg wie eine warme Klinge durch Butter glitt. Einfach ignorieren, schoss es Marbian durch den Kopf.
Zwei, drei Schritte vor den drei Personen blieb der Knappe stehen, deutete eine leichte Verneigung und ein Lächeln an. "Boron zum Gruße!", sagte er mit freundlichem Ton und hob die Rechte zum Gruße. MIt allzu freundlichem Ton, kam es ihm vor. Er überlegte kurz und sprach gedämpft weiter: "Mein Name ist Marbian von Mersingen, älteres Haus. Ich soll in dieser prachtvollen Feste in der nächsten Zeit meinen Dienst für den Herrn tun." Er verharrte gespannt. 'Habe ich zu viel gesagt?', dachte er sich. "Äh, wo könnte ich Brin ..., äh, also mein Maultier unterbringen?" Nervös knetete er die Zügel in seinen Händen. Irgendwie hatte er den Eindruck, dass dies doch nicht das Empfangskomitee war
Tauterfirn war gerade fertig mit seiner Arbeit, da gewahrte er den Neuankömmling, der sich offensichtlich fragte, wohin mit seinem Muli. Ohne ein Wort trat er hinzu, nickte dem Deuter und danach den beiden andern kurz zu, dann blickte er zwischen dem von Mersingen und Brin hin und her, bereit, den vierbeinigen Gefährten zu übernehmen und in den Stall zu führen, sollte es gewünscht sein.
Der Name von Mersingen sagte ihm gerade nichts, aber er stammte ja auch aus einer Welt, in der Vornamen mehr Wert zugemessen wurde als Nachnamen. Marbian, wie er den Mann folgerichtig in Gedanken nannte, hatte gut auf die Sanftnase aufgepasst, doch nun wartete sie auf einen ruhigen Platz für den Abend, etwas zu essen und zu trinken - und vor allem darauf, trockengerieben zu werden.
Timokles war etwas überfordert mit der Situation, dass nun plötzlich noch jemand ins Kloster kam und um gastliche Aufnahme bat, während sonst das ganze Jahr nur der eine oder andere Kiepenkerl auftauchte. Nun standen schon drei Leute hier in seinem Kloster, die gewiss schon weite Teile Aventuriens bereist haben mochten und von denen man so manche Neuigkeit erfahren konnte. Das Herz schlug laut in seiner Brust.
Er rieb sich kurz die Hände und wandte sich dem, wie er fand, dicken Neuankömmling zu. "Boron möge auch deine Schritte beschirmen, Bruder Marbian von Mersingen. Einen großen Namen führt Ihr da! Ich darf Euch willkommen heißen hier im Kloster Rabenhorst. Doch quält mich nun doch die Frage, wer Euch hierher schickte? Sagt an! Ich selbst bin Timokles a Mylamas dyll Kyphos. Ihr dürft mich auch einfach Polypynthanos oder Bruder Timokles nennen, das ist mir gleichgültig. Doch nun ..."
Er unterbrach seinen Redeschwall abrupt. Der Almadaner würde ihn nun gewiss für einen Schwätzer halten, schoss es ihm durch den Kopf und er biss sich auf die Zunge. Dann trat er einen Schritt zurück und sagte etwas leiser: "Boron mit Euch." Dann wandte er sich von dem Neuen ab und raunte dem Norbarden zu: "Frater Tauterfirn, ich denke, du darfst den Muli wegbringen."
Zögerlich gab Marbian die Zügel an den Norbaden weiter. Er streichelte dem Maultier sanft durch die Mähne und schaute ihm in die Augen. Das Tier schmiegte seinen Kopf an die Seite Marbians und der Knappe lächelte. Das war Vertrauen, das war wahre Freundschaft. "Geh ruhig mit ihm, mein Freund", sagte er. "Der Bruder wird dir ein warmes Plätzchen zuweisen und dir etwas zu fressen geben. Und wenn du lieb bist, wird er dich sicher noch striegeln." Marbian schaute dem Nordbaden tief in die Augen und sagt sanft: "Passt bitte gut auf Brin auf, Bruder Tauterfirn. Er hat eine beschwerliche Reise hinter sich." Ein flehendes Lächeln huschte kurz über sein Gesicht, dann wurde er sich der Situation wieder bewusst und straffte sich. Er wandte sich dem Bruder mit Namen Timokles zu und zückte ein Pergament. "Ich danke Euch für Eure freundlichen Willkommensworte, Bruder Timokles a Mylamas dyll Kyphos." Erstaunlicherweise sprach er den Namen fehlerfrei und ohne Unterbrechung aus. Etwas schwärmerisch fuhr er fort: "Gewiss entstamme ich einer ehrwürdigen Familie, Bruder. Der Ruhm meines Vaters, Junker Jandhold von Mersingen, eilt meinen Reisen immer weit voraus. Seine Interpretation der hügelzwergischen Rezeptvariante der gefüllten Gänsebrust auf amazonischer Safransauce mit thalusischem Reis ist aufgrund seiner besonderen geschmacklichen Note über alle Grenzen hinaus bekannt ..." Marbian stockte, als ihm einfiel, dass die Anwesenden wahrscheinlich in letzter Zeit kein Gasthaus, geschweige denn ein Restaurant besucht hatten. "Naja, ähm, mein Onkel Gernot von Mersingen ist natürlich ähnlich bekannt, denke ich ... Ähm, wie dem auch sei ... Der werte Kriegsherr, Hochwürden Gernot, versetzte mich in dieses Kloster, um hier meine Knappenzeit zu beginnen. Hier mein Marschbefehl." Er überreichte das Pergament dem jungen Timokles, auch wenn er sich bewusst war, dass dieser nicht der endgültige Empfänger dieses Schreibens war. Mit einem sehr formalen, strengen Tonfall setzte er seine Erklärung fort: "Ich bin erst seit wenigen Monden Mitglied dieses Ordens und bin Hauptmann a. D. der kaiserlichen Armee. Infanterie-Offizier mit Spezialisierung auf Logistik und Heeresversorgung, wenn ich das noch hinzufügen darf." Er lächelte kurz stolz, wartete dann unentschlossen. Er hatte den Eindruck, dass er definitiv zu viel redete.
"Boron mit Euch", sagte nun auch der Boronpriester sanft und musterte Marbian mit offenem, leicht belustigtem Blick. "Bogumil Spadaduro. Ebenfalls heute angekommen." Aufmerksam musterte er auch den Norbarden, bevor er sich wieder Timokles und dem neuen Gast zuwandte.
Das Mädchen neben ihm verbeugte sich linkisch. Sein Blick flog von einem der Golgariten zum anderen, und es war schwer zu sagen, welcher der drei es mehr verwirrte: der kahlköpfige schweigende Riese, der hübsche, flinkzüngige Mylamaser oder der für einen 'Boronsritter' viel zu gemütlich wirkende Neuankömmling.
Marbian deutete nochmals eine leichte Verbeugung in Richtung des Geweihten an. "Boron auch mit Euch, Euer Gnaden", antwortete er mit gedämpfter Stimme.
Neugierig musterte er den Geweihten. 'Meine letzte Beichte liegt schon lange zurück', dachte er sich. 'Und die Gespräche mit Vater Boronir auch.' Kurz hörte er wieder die Schreie, die Schreie seiner Söhne und Töchter. Traurigkeit ergriff ihn. 'Sie waren meine Familie und nun sind sie alle fort.'
Bogumil entging die Veränderung im Gesichtsausdruck des Mersingers nicht. Fast unmerklich nickte er dem Mann zu. Er mochte kommen, wenn er Rat und Hilfe brauchte. Vorerst galt es aber, sich um die praktischen Seiten des Lebens zu kümmern, und in dieser Hinsicht war er selber noch Fremder und Gast.
Die linkische Verbeugung des Mädchens und der verwirrte Gesichtsausdruck führten Marbian wieder zurück in die Gegenwart.
Ja, wie ein Golgarit sah er wirklich nicht aus, dachte er sich belustigt. Der Bauch und das runde Gesicht mochten so gar nicht zu einem Ordenskrieger passen. Die geschwärzte Platte und der graue Wappenrock mochten zwar einem gut durchtrainierten Krieger gut zu Gesicht stehen, doch bei einem Mopps wie ihm wahrscheinlich eher lächerlich wirken.
Es war nun ein neuer Lebensabschnitt angebrochen. Ein Neuanfang. Ja, ein Neuanfang. Er würde das Beste daraus machen und wieder zu sich selbst finden. Vielleicht sogar zu einem neuen Selbst, neue Seiten an sich entdecken.
Marbian bedachte das Mädchen, dessen Namen er nicht verstanden hatte, mit einem väterlichen Lächeln und einem ganz kurzen Augenzwinkern, bevor er sich wieder den beiden Herren zuwandte. Er verschränkte in einem Anflug von alter Offiziersroutine seine Arme hinter dem Rücken und fuhr mit militärisch formellem Ton fort: "Werter Bruder Polypynthanos, der Wachhabende verwies mich zwecks Aufwartung gegenüber des Abtes an Euch. Der Abt ist ja wahrscheinlich noch verhindert. Vielleicht könntet Ihr mir meine Bleibe und den Rest des Klosters zeigen, bis ich zu ihm oder seiner Stellvertretung vordringen darf? Außerdem müsste ich mich noch um mein Gepäck kümmern." Marbian lächelte sachte und nickte dem jungen Golgariten aufmunternd zu. 'Tja, wenigstens bin ich nicht der Einzige, der verunsichert ist', dachte er sich.
Auch Timokles erinnerte sich nun wieder an seinen Auftrag, den Neuankömmlingen ihre Schlafstatt zu zeigen. Aber wieso denn nicht noch eine kleine Führung durch das Kloster unternehmen? Lyeria hatte momentan doch eh keine Zeit, und es konnte ihr nur angenehm sein, wenn er dem neuen Dicken auch Rabenhorst etwas zeigte.
Text: Friederike Stein, Philipp Reich, Fabian Schlums, Stefan Flüchter