Die Rabenschnäbel : Teil 5: Unterschied zwischen den Versionen

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[http://golgariten.de/dramatis-personae/golgariten/timokles-hydidon/ Timokles] war noch so in seine Gedanken vertieft, dass er eine Weile brauchte, bis er den Sinn der Worte erfasste, die an ihn gerichtet waren. So vergingen einige Augenblicke, bis er zu einer Reaktion fähig war: „Ich? Mein Name ist Timokles Hydidon a Mylamas dyll Kyphos, Knappe und Übersetzer des [[gar:Greifenfurt:Kloster Rabenhorst|Klosters Rabenhorst]] auf dem Kürenstein, und ich habe etwas Dringendes mit [http://golgariten.de/dramatis-personae/golgariten/aquileya-desideria-di-montezza-von-erzfeldt/ Aquileya von Erzfeldt] zu besprechen. Doch die weit interessantere Frage ist die, was Euch hierher treibt?“
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Aktuelle Version vom 2. April 2022, 13:10 Uhr


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Texte der Hauptreihe:
K1. Prolog
K2. Teil 1
K3. Teil 2
K4. Teil 3
K5. Teil 4
K6. Teil 5
Bor 1030 BF
Teil 5
Teil 4


Kapitel 6

Autor: ?

Briefspielgeschichte der Golgariten

Burg Mersingen, Rabenmark, Boron 1030 BF

Timokles war noch so in seine Gedanken vertieft, dass er eine Weile brauchte, bis er den Sinn der Worte erfasste, die an ihn gerichtet waren. So vergingen einige Augenblicke, bis er zu einer Reaktion fähig war: „Ich? Mein Name ist Timokles Hydidon a Mylamas dyll Kyphos, Knappe und Übersetzer des Klosters Rabenhorst auf dem Kürenstein, und ich habe etwas Dringendes mit Aquileya von Erzfeldt zu besprechen. Doch die weit interessantere Frage ist die, was Euch hierher treibt?“

Golgariten.gif

Firutin zog eine Augenbraue hoch, als die Vorstellung (oder war es eine Rede?) des Graumantels endete. Soso, Timokles… fuhr es ihm durch den Kopf. Und ich dachte ich sei gesprächig… Im nächsten Moment deutete er höflich eine Verbeugung an, denn noch war er Novize – und Timokles Knappe. „Wie bereits gesagt: Seine Gnaden der Schwingenführer verwies mich an Ihre Gnaden Aquileya von Erzfeldt. Es geht um meine Initiation.“ Firutin wollte weiterfragen, aber er hielt sich zurück. Geduld, Firutin… ermahnte er sich selbst. Er holte tief Luft und wandte sich an die Ritterin: „Ihr sagtet etwas von einem Schwur, der diesen Vorfall betrifft, Euer Gnaden. Ich schlage vor, wir fahren zunächst damit fort, wenn dies Euer Wunsch ist.“

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Aquileya löste einen Stoffbeutel von ihrem Gürtel, öffnete den Lederriemen und hielt kurz darauf eine kleine graue Schale in der Rechten. Den dreien blickte wie ein lauerndes Auge aus der Mitte der Schale ein rostig-brauner Fleck entgegen, an zwei Stellen besaß der ansonsten hochgewölbte Rand halbrunde Einkerbungen. Entschlossen zückte die Ritterin ein kleines Messer und blickte erst Timokles, dann Firutin auffordernd an. „Eure Fingerkuppen, hier hin.“ Die Messerspitze wies auf die Kerben.

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Als die beiden jungen Männer getan hatten, wie geheißen, biss sich das scharfe Messer nacheinander durch beide Fingerkuppen und hinterließ rote Spuren. Aquileya nahm zufrieden zur Kenntnis, dass sowohl der unbekannte Knappe als der zu prüfende Darpatier ihre Finger nicht zurückzogen, sondern geduldig der Dinge harrten. Lebendig rote Tropfen ihres Blutes bahnten sich ihren Weg in das rituelle Gefäß und sammelten sich in der Mitte. „Es ist genug.“ Schließlich fügte sie sich ebenfalls den Schnitt zu, legte den blutenden Daumen über den Schalenrand und wartete einen Augenblick, während sie das Messer gedankenverloren an ihrem dunklen Beinkleid abwischte. Der Eisengeruch war nun unverkennbar. Sie musste sich konzentrieren, um sich nicht von den aufsteigenden Bildern der Vergangenheit aus dem Tritt bringen zu lassen. Blutregen. Vielfache Tode. Vorüber, ließ sie die innere Stimme sich selbst zuflüstern. „Seht, unser Blut hat sich vermischt“, begann sie mit trauriger Entschiedenheit und hielt Firutin und Timokles die Schale unter die Nase. Und mit feierlichem Ton fuhr sie beinahe flüsternd fort: „Heiliger Herr Boron, Dunkler Herr des Schweigens, und Heiliger Herr Praios, Leuchtendes Auge der All-Weisheit, segnet diesen Schwur mit Eurem Geiste. Die Worte, die nun gesprochen werden, sollen heilig sein, wie auch ihr Sinn und ihre Bedeutung. Sie werden aus freien Stücken geschworen, ohne Dunkelsinn oder Tücke im Geist, und Euch als Hütern anempfohlen. Wer jedoch diesen Schwur tut, um seine Bedeutung zu verzerren, wer den anderen gegen seinen Willen zwingt oder wer den Heiligen Eid schließlich bricht, der sei Eurer Strafe anempfohlen.“ Sie blickte in die Runde und hob Zeige- und Mittelfinger in die Höhe. „Sprecht mir nach: Ich gelobe beharrlich zu schweigen über die Geschehnisse rund um diese Waffe und den fremden Konsistoriums-Gast...“

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Die beiden Anwesenden hoben auch in feierlicher Stimmung ihre beiden Eidfinger und wiederholten die Worte der Golgaritin. Sobald die letzten Silben verklungen waren, durchströmte Timokles ein erhebendes Gefühl, wie er es seit seiner Aufnahme in den Orden nicht mehr gefühlt hatte. Es war, als ob sein geschundener, aufgeregter Leib in eine warme Badewanne sinken würde, deren warmes Wasser ihn angenehm umspülte und ihn zur Ruhe kommen ließ. Doch schon bald meldete sich die Stimme seiner Neugier, und auch wenn der Wille über diese Sache zu sprechen im Keim erstickt wurde, so bestand doch noch das brennende Interesse zu erfahren, was hier wirklich geschehen war und was noch geschehen würde. So beschloss er, der ehrenwerten und zugleich mysteriösen Aquileya zu folgen, was auch immer geschehen sollte.

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Firutin fühlte sich vom Geiste des Schwurs durchdrungen. Irgendetwas ließ kurz alle Zweifel an der Sache von ihm abfallen, und Gewissheit trat an deren Stelle. Selbst wenn der Schwingenführer ihn nicht zu ihr geschickt hätte: von nun an war er mit Aquileya verbunden. Selbst der Knappe mit dem langen Namen war still und andächtig geworden. Dem geht’s wohl wie mir… dachte Firutin. Nichtdestotrotz: Was hatte es mit dieser Waffe auf sich? Und dem Gast? Wann würde er die Ritterin wegen seiner Initiation sprechen können? Die Zweifel waren vertrieben, doch die Fragen waren geblieben. Geduld, Firutin, Geduld…