Die Rabenschnäbel : Teil 3

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Texte der Hauptreihe:
K1. Prolog
K2. Teil 1
K3. Teil 2
K4. Teil 3
K5. Teil 4
K6. Teil 5
Bor 1030 BF
Teil 3
Teil 2


Kapitel 4

Teil 4
Autor: ?

Briefspielgeschichte der Golgariten

Burg Mersingen, Rabenmark, Boron 1030 BF

Er war nicht mehr so nervös gewesen, seit er auf Burg Devendoch angelangt war. Stets hatte er aus der borongefälligen Ruhe Kraft und Ausgeglichenheit geschöpft, doch er fragte sich, ob ihm das auch diesmal gelingen würde. Ziellos wanderte er im Kloster umher. Hier und da schnappte er Gesprächsfetzen über die offenbar bevorstehende Heerfahrt in die Schwarzen Lande auf. Bei Boron, dachte er bei sich, ich hoffe man nimmt mich mit. Der Gedanke an den bevorstehenden Feldzug brachte ihn noch mehr aus dem Gleichgewicht. Seit seiner frühesten Jugend wollte er endlich zurückschlagen, auf dass die Schwarzen Horden und Kalten Alriks vom Angesicht Deres getilgt würden. Tief sog er Luft ein. Der Schwingenführer hatte ihn zu Recht ermahnt, den Pfad Borons zu suchen. Diese Gedankengänge waren noch unpassend. Geduld, Firutin, Geduld… dachte er bei sich. Die Bewegung tat ihm wie immer gut. Sie lenkte ihn von der Grübelei ab. Langsam beruhigte sich sein Gemüt wieder. Seine Gedanken schweiften zu seiner bevorstehenden Initiation ab. Der Schwingenführer hatte ihm eine Person genannt, an die er sich wenden konnte: Aquileya von Erzfeldt, Ritterin des Ordens. Er meinte sich zu erinnern, sie ein paar Male erblickt zu haben, hatte jedoch nie mit ihr gesprochen. Sie war eine große dürre Frau, etwas größer als er selbst, mit einem Kahlkopf, und war, nachdem was er gehört hatte, eine erfahrene und kampferprobte Kämpferin. Ihre eher schmale Figur lässt das kaum vermuten, schoss es Firutin durch den Kopf. Neben ihrer Erscheinung kam er sich wie ein grobschlächtiger Bauerntrampel vor – da fiel ihm ein, dass er ja eigentlich auch einer war. Er grinste innerlich. Seine Schritte brachten Firutin von der Menge weg. In einem Nebenhof war es bedeutend ruhiger. Als er sich noch gehend umsah, bemerkte er etwas abseits eine große schlanke Frau mit kahlgeschorener Kopfhaut, die sich offenbar mit einem anderen Knappen unterhielt. Er hielt inne, als er Aquileya von Erzfeldt erkannte. Gemessenen Schrittes ging er auf die beiden zu. Im Näherkommen erschrak Firutin, als Aquileya plötzlich zu Boden ging. Von dem Knappen bei ihr und Firutin selbst abgesehen hatte es aber offenbar niemand sonst bemerkt. Dabei wollte ich sie eigentlich zur Initiation befragen.. dachte Firutin noch und eilte hin.

Timokles blickte paralysiert auf die Ritterin. Er wagte nicht zu atmen. Eine nahezu unwirkliche Stille war entstanden, und selbst, als Aquileya zu Boden glitt, wurde die Stille nur unwesentlich gestört. Doch sogleich war der Knappe aus seiner Starre erwacht und bei der Gestürzten in die Knie gegangen. Ihre Augenlider flackerten, wie wenn ein unangenehm grelles Licht diese blenden würde. Der Knappe polsterte ihren Kopf in seinem Schoß und wartete eine Reaktion der Golgaritin ab. Ihre Stirn glänzte vor kaltem Schweiß, ihre Lippen bebten. Timokles klopfte auf ihre Wange und murmelte: „Bleibt da, Schwester, möge Uthars Pfeil an Euch fehlgehen.“, als sie ihn mühevoll ansprach: „Bruder? Bitte helft mir auf!“ Timokles griff ihr unter die Arme und war erfreut, als er merkte, dass die Ritterin nicht die womöglich nahe Schwelle zu Borons Reich überquert hatte. Der Rabenschnabel steckte noch immer mit seinem Kopf tief in der Erde.

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Als die Ritterin wieder auf beiden Beinen stand, rann eine Träne über ihr Gesicht. Ihre Stimme klang jedoch weniger brüchig als zuvor. „Timokles, merkwürdige Botschaft überbringt du. Doch, hör mir gut zu, Bote der die Vergangenheit ins Leben ruft, ohne den Absender ist sie beinahe wertlos! Und so viel hängt davon ab – ich MUSS wissen, wer dir die Waffe gab, sprich!“ Die Eindringlichkeit der Worte ließ wenig Zweifel zu.

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„Schwester“, Timokles’ Hals war trocken, und er vermochte wenig zu sprechen, ohne durch Schlucken unterbrochen zu werden, was seinen ganzen Rachen brennen ließ, „ich weiß es nicht. Es war während des Konsistoriums. Als der Ritter mit den Rabenschnäbeln kam, griff plötzlich eine Hand auf meine Schulter. Sie war so kalt.“ Ein Schauer schüttelte den mageren Leib des Knappen. „Seine Haut war wie von Feuer verbrannt und hatte Blasen geworfen, und eine Gestalt in einem schwarzen Mantel sagte, ich solle Euch diese Waffe übergeben. Doch bevor ich etwas unternehmen konnte, war der Mann schon wieder verschwunden. Seine Stimme war so… so… so… unnatürlich, er krächzte, wie ein Rabe. Oder eine Krähe.“ Tränen standen in den Augen des jungen Mannes, sein Atem rasselte, während er versuchte seine Fassung wiederzufinden und auf die Reaktion Aquileyas wartete.