Der Ruf des Friedwanger Raben 1032 BF: Teil 13

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Texte der Hauptreihe:
K1. Prolog
K2. Teil 1
K3. Teil 2
K4. Teil 3
K5. Teil 4
K6. Teil 5
K7. Teil 6
K8. Teil 7
K9. Teil 8
K10. Teil 9
K11. Teil 10
K12. Teil 11
K13. Teil 12
K14. Teil 13
K15. Teil 14
K16. Teil 15
K17. Teil 16
K18. Teil 17
K19. Teil 18
K20. Teil 19
K21. Teil 20
K22. Teil 21
K23. Teil 22
K24. Teil 23
K25. Teil 24
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Briefspielgeschichte der Golgariten

Markt Friedwang, Wildermark, Anfang Praios 1032 BF

Das Zeichen des Namenlosen…Verrat…was mochte das alles bedeuten. Gregorius rieb sich nachdenklich das Kinn. Warum musste der Herold sterben, was wusste er, was hatte er womöglich gesehen, was ihn das Leben kostete. Beiläufig wanderte sein Blick über die Bewaffnung der Anwesenden, als hoffte er wider alle Vernunft eine blutverschmierte Waffe im Gehänge zu finden. Im kam das Geschwafel des Kobolds in den Sinn und kehrte in die Zelle zurück. „Hattet ihr einen Lagerplatz wo ihr Euch nach der Bluttat zusammenfinden wolltet, oder sonst eine Ahnung, wo der verräterische Scharlatan sich verstecken könnte. Da er zu euch gehört, werdet ihr auch alle für sein Tun zur Verantwortung gezogen werden, sofern ihr nicht bei der Aufklärung hilft.“

„Das heißt…wir können einen Handel machen, ja?“ Ein Blick des Questadors in Richtung des Barons, mit gieriger Feilscher-Miene. „Wir packen hier aus als, äh, Zeugen und ihr lasst uns laufen?“ „Vielleicht mag es dir mildernde Umstände bescheren, Mordbube“, sagte Alrik, mühsam beherrscht. „Kunbert Zundelfinger…Meinen treuen Herold habt ihr gemordet…Selbst im Krieg wagt niemand Hand an einen Unterhändler zu legen…und ihr stecht ihn ab wie der Bauer ein Schwein im Boronmond…“ „Das warn nich wir, das war der Scharlatan.“ Boronio ruckte an den Fesseln und hob den Kopf: „Der is längst ab durch die Mitte, wenn Ihr mich fragt. Ihr habt da ne Lücke in der Mauer, Richtung Wald…“ „Aha, und woher wisst ihr das?“ „Weil wir da durch sind. Ich meine, ihr schließt eure Tore zeitig und wir haben unsere Zelte draußen im Wald stehen…wenn man da abends noch einen heben will…“ „Zelte…Wald…“ Praiolyn machte sich eifrig Notizen, auf einem Wachstäfelchen. „Das werden wir einmal genauer in Augenschein nehmen müssen. Wo genau ist das?“ „Ein alter Bauernhof gen Efferd…völlig überwuchert…aber mit dem Mäuerchen außen rum fühlten wir uns sicher wie in Muttchen Travias Schoß, häha…“ „Ihr nächtigt also im Freien…warum nicht in Friedwang?“ wollte Alrik wissen. „Und lass Mutter Travia aus dem Spiel…“ „Is halt billiger. Im Wald. Wir lieben halt unsere Freiheit…die frische Luft…und vor allem unser sauer verdientes Geld…“ grinste Schwarzwasser. „Und dieser Colgan ist also in eurem Räuberlager?“ „Was denn, was denn…Dieser eigensinnige Honinger hat sich als einziger im Dorf einquartiert, im Steinbock. So ein Dachkämmerchen. Wenn ich jetzt so drüber nachdenke, komischer Kauz…Hat dort die Nacht zum Tag gemacht und umgekehrt bei Praioslicht kaum das Bett verlassen…ständig in den Nachthimmel geglotzt und irgendwelches magisches Zeugs ausgerechnet…so mit Sternen und so weiter…Viel werdet Ihr dort nicht finden, …nur so vollgeschmierten Papierkram…Den hat er aber meistens gleich wieder verbrannt.“ „Wartet mal…ihr lagert doch nicht etwa draußen am Itzenkötter-Hof? Sokramors Zorn?“ Alrik rieb sich über den Spitzbart. „Meine Güte. Da traut sich doch niemand hin wegen dem Begrabenen Büttel…. Dort soll es spuken“ fügte der Freiherr eifrig hinzu, als er Gregorius fragendes Gesicht sah. „Vor ein paar Jahren wurde da mal ein Gardist…von etwas…geholt…aus der Erde…buchstäblich vom Erdboden verschluckt.“ „Jaja, die Ammenmärchen haben wir auch gehört. Um so besser, da kann man seine sieben Sachen auch mal unbeaufsichtigt lassen.“ Das Grinsen des Al´Anfaners wurde immer breiter, er schien sich ernsthaft über etwas zu freuen. „Jetzt wo ihrs sagt…Colgan scheint die Geschichte auch gekannt zu haben. Und vor allem geglaubt. Deswegen ist er wohl auch ins Wirtshaus. Der hatte draußen im Wald regelrecht Angst auf den blanken Erdboden zu treten, so bekloppt wie sich das jetzt anhört. Einmal hat er gebrüllt wie am Spieß, nur weil er sich an so ner Dornenhecke geritzt hat…Oswald will sogar gesehen haben, dass sein Arm geraucht hat. Geraucht! He, selbst wenn ihr den noch erwischt, seid nicht so streng zu ihm, also ich glaub langsam, der hat nen Dachschaden, ne Vollmeise…“ Ein Blick in die Bleikammer, wo der Tote zu erahnen war. „Solche Leute gibt’s, vor allem bei Magiern, das sieht man ja auch nicht immer auf den ersten Blick…Ich meine, ihr Puniner Ketzer kümmert euch doch gerne um Typen, die am Boronsrad drehen, nehmt ihn mit in eines eurer Klöster, legt ihm die Selemer Jacke an, zieht die Schnallen richtig fest zu, und seid ruhig ein bisschen nett zu ihm…wir haben mit diesem Schlitzer nichts mehr zu tun…“ „Natürlich, ihr schießt nur auf durchreisende Golgariten. Alrik nahm Gregorius beiseite. „Kann ich Euch mal kurz sprechen?“ Er wies mit dem Kopf auf den Toten, der gerade mit einem Umhang abgedeckt wurde. „Wisst Ihr, was ich merkwürdig finde…Man hat dem Herold die Kehle aufgeschlitzt…und dennoch, an seinem Hemd war weniger Blut, als wenn ihn ein Barbier bei der Rasur geschnitten hätte…Da stimmt doch was nicht…glaubt mir, ich kenne mich mit solchen Wunden aus…“ Der Golgarit runzelte die Stirn. Der Umstand, dass sich ein Baron des Raulschen Reiches mit Meuchlerwunden auskannte, war gerade nicht das einzige, was ihn irritierte. „Wo immer dieser Scharlatan aufgetaucht ist, scheint er solche Halswunden zu hinterlassen“, meinte Alrik. „Im Gauklerlager ebenso wie hier im Turm…Ich fürchte, ich weiß, mit wem wir es hier zu tun haben…“ Im nächsten Moment sprang Boronio auf, befreite endgültig seine Hände, während er die ganze Zeit über an seinen (schlecht angelegten) Fesseln gezerrt und nun endlich die Handgelenke aus den Schlingen gezogen hatte. Er stieß einen der Wachen grob zur Seite, der Schemel kippte um, der Questador zog ein verstecktes Messer aus seinem Stiefel. Einen Herzschlag lag später presste er die krumme, gezackte Klinge der verdutzt aufschreienden Praiolyn an die Kehle. „So, das Blatt hat sich gewendet“, keuchte der Söldner. „Ihr werdet jetzt meine Gefährten losbinden, sofort. Und ihnen dann eure Waffen aushändigen!“ Er zog den Kopf der Bannstrahlerin an den blonden Haaren nach hinten, bis der Hals schutzlos dalag. „Habt Ihr nicht gehört, was ich gesagt habe? Eure Waffen, und Dukatenbeutel….aber zackig!!! Oder die Metze hier hat nen zweiten Mund wie der Tattergreis da drinnen. Und dann rein mit euch in das Kerkerloch…“ Gregorius hob die Augenbraue. Seinem „Praiosblick“ entging der dankbare Gesichtsausdruck nicht, mit dem der Al´Anfaner in Richtung einer der Tempelwachen im Kerker sah. War das nicht sogar einer der beiden Söldlinge, die den Gefangenen herbeigezerrt, ihm wohl auch die Fesseln angelegt hatte? Wie zur Bestätigung zogen die beiden blank – in Richtung Gregorius und des Barons. „Dein Wort in Kors Ohr“ lachte der Söldner, die Schwertspitze drohend erhoben. „Die Hälfte der Beute. Ich hoffe, dieser goldene Kelch ist so kostbar, wie du gesagt hast.“ Elendes Söldnerpack – eine Krähe hackte der anderen kein Auge aus. Verdammt, wem konnte man hier eigentlich noch trauen?