Schlacht von Angbar 6: Angrosch Vater!
Wie der Herr Ingrimm seine Stadt beschützte
Schlacht von Angbar 5: Wohlan, ihr Koscher! | Schlacht von Angbar 7: Das Ende eines Schurken |
- Buddella Jochstrunk, Tochter der Bregga, Geweihte des Ingerimm zu Angbar
Stunde um Stunde hatten wir im Tempel ausgeharrt, während draußen die Welt unterging. Ich bedrängte Meister Ibralosch, den Erhabenen doch endlich aus seiner Meditation zu reißen, ihn zu bitten, etwas zu tun. Angbar ging unter, und wir taten nichts als beten. Ach, wie kleingläubig war ich doch! Aber man mag es einer ehemaligen Kriegerin verzeihen, dass sie lieber zur Streitaxt greifen will... Immer wieder lief ich wie ein ungeduldiges Zwergenmädchen hinaus und fragte, wer mir über den Weg lief, nach dem Stand der Dinge. Dann auf einmal hörte ich den Ruf: „Die Wengenholmer kommen! Die Wengenholmer kommen!“ Ich eilte hinab ins Heiligtum, stolperte fast vor Ungeduld und Freude, da kam mir – endlich! – der Erhabene entgegen, im vollen Ornat, gefolgt von allen Geweihten des Tempels. „Die Zeit ist da“, verkündete er und blickte uns alle seltsam an, als wolle er sich unsere Gesichter einprägen. Dann schritt er voran, hinaus aus dem Portal... Doch was war das? Der Platz vor dem Tempel war von grellrotem Flammenschein erleuchtet, heller als tausend Fackeln und Essen. In der Luft, hoch über den Dächern, schwebte der Alagrimm wie ein lauerndes Raubtier – oder zögerte er? Zögerte er, den Tempel des Herrn Ingerimm, des Herrn über Feuer und Glut, anzugreifen, das Allerheiligste der Flammenden und Erzkirche? Da hob Meister Hilperton den Hammer und schlug auf Baldarosch, den heiligen Amboss, den die Gesellen vor ihm hertrugen. Ein machtvoller Ton entstieg dem Erz und flog über den Platz, dann ein zweiter, ein dritter. In unerschütterlichem Takte schlug der Erhabene den Amboss, dazu sprach er laut das „Angrosch Vater“. Die Flügel des Flammenvogels zuckten, er kam herab, um sich auf unsere Schar zu stürzen – aber er blieb in einigem Abstand über dem Boden in der Schwebe. „Angrosch Vater...“, hub der Erhabene zum zweiten Male an, nachdem er das Gebet vollendet, und diesmal stimmten wir alle mit ein. Der Alagrimm versuchte, sich uns zu nähern, uns mit seinem Odem zu vertilgen, aber es gelang ihm nicht, gebannt war er von den heiligen Worten und dem Willen des Erhabenen. „Angrosch Vater...“ begannen wir zum dritten Male das Gebet, und da erklang es, wie ein Echo, von der andern Seite des Platzes her, ebenfalls: „Angrosch Vater!“ Dort stand der Hochgeweihte Esbadosch von Koschim, umringt von seinen Leuten. Sie schlugen im Takt mit Meister Hilperton die Waffen an die Schilde, dass es weithin dröhnte. Und es wurden mehr und mehr! Aus den Straßen und Gassen strömten mit einem Male die Bürger herbei, Menschen, Zwerge, hunderte und aberhunderte, sie füllten den Platz wie am heiligsten Tag, und alle stimmten in die Worte des Gebets mit ein und schlugen und schlugen und schlugen den Takt, mit Schwert und Schild, ja, manche gar mit Löffeln auf Töpfe XXX [ML] und Pfannen XXX. Das Erz erklang, Allvater Angroschs Stimme. Und schau, da begann der Alagrimm zu flackern wie eine Flamme im Luftzug, schwächer wurde er, unbeständiger in seiner Form. Darauf holten die Koschimer gewaltige Zangen herbei, die von mehreren geführt werden mussten wie Drachenspieße. Mit ihnen packten sie den zuckenden und sich windenden Feuervogel und zogen ihn hinab auf den felsigen Boden. „Haltet ihn so!“, rief der Geweihte Esbadosch, während einige Angroschim einen schweren Wagen herbeizogen, auf dem ein großer Sarkophag aus Stein stand. Einige mühten sich, den Deckel abzuheben, doch vergeblich – zu gewaltig war das Gewicht der Platte. Da ertönte eine Stimme: „Lasst mich helfen!“, und wir sahen den Hochkönig Albrax zu dem Wagen eilen. „Angrosch, Herr der Erzes, gib mir Kraft!“, rief er und stemmte sich mit den Waffenbrüdern gegen den Fels. Da schoben sie den Deckel beiseite, der Sarkophag war offen. Ach, es klingt so klein, wie ich es hier erzähle, und so gewaltig war doch, was wir sahen! Den zuckenden Alagrimm zogen sie hinab und zwangen ihn in das steinerne Gefängnis, und mit vereinten Kräften schoben sie die schwere Platte darüber. Das Flammenwesen war gefangen!
Aus dem Kosch-Kurier 38