Dohlenfelder Thronfolgestreit - Der Vorabend: Unterschied zwischen den Versionen

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Es war der Tag der Treue, der 12. Travia des Jahres 1032 BF, ein herrlicher warmer Herbsttag. Die ersten Blätter der Bäume des Dunkelwaldes begannen sich bereits zu verfärben. Auf den Feldern standen nur noch Stoppeln, die Landleute am koscher Ufer der Rakula waren zufrieden mit der eingebrachten Ernte, die Speicher waren voll, niemand würde in diesem Jahr hungerleiden müssen.
26. Boron 1032 BF
Aus verschiedenen Provinzen des Raulschen Reiches waren in den letzten Tagen zahlreiche Edelleute eingetroffen, die sich als Freunde und Verbündete Hagens von Salmingen-Sturmfels und des uralten Koscher Adelshauses Salmingen betrachteten. Untergekommen waren die Gäste Hagens auf Burg Salmingen, die über der gleichnamigen Stadt thronte und groß und wehrhaft war, wie es sich für die Stammburg eines Geschlechts gehörte, das sich als zu größerem denn nur Baronswürden berufen sah. Alle Gäste wurden von Baron Hagen von Salmingen-Sturmfels und Baronin Ansoalda von Leihenhof herzlichst begrüßt viele hatte man erst erst vor gut zwei Monden auf Burg Salmingen willkommen geheißen, zur Hochzeit des jungen Paares. Auch die Baronsmutter und Matriarchin des Hauses Salmingen, Frylinde von Salmingen, begrüßte alle Gäste mit wohlgewählten Worten auf der Burg ihrer Familie. An ihrer Seite fand sich ihre liebliche Tochter Durinya von Salmingen-Sturmfels, die von ihrer Knappenmutter, der Baronin zu Nablafurt, vorübergehend von ihren Verpflichtungen freigestellt worden war, um ihrem Bruder zur Seite zu stehen. Nach der gastgebenden Familie hießen Ihre Hochwürden Leuengunde vom Berg, Schwertschwester des Salminger Rondratempels, und Ihre Hochwürden Sephira Birninger, Hohe Lehrmeisterin des Hesindetempels zu Salmingen, die Freunde der Baronsfamilie willkommen.
 
Nachdem man den Tag auf der Hochwildjagd im vom Herbstlicht durchfluteten Dunkelwald und auf der Falkenjagd in den Rakulaniederungen verbracht hatte, saß man am Abend im sogenannten Grafensaal der Burg Salmingen zusammen beim festlichen Bankett und beriet sich über das weitere Vorgehen. Der Grafensaal der uralten Burg kündete von der weit mehr als tausendjährigen Geschichte des hesindegefälligen Adelshauses derer zu Salmingen: Am Kopfende stand der zur Gänze mit Silber beschlagene Grafenthron, auf dem seit nunmehr 762 Jahren niemand mehr Platz genommen hatte. Die vier Grafen zu Ferdok, die die Salminger zwischen 162 und 270 BF stellten, standen in Lebensgröße aus Marmor gehauen zur linken und zur rechten desselben. Die Wand hinter dem Grafenthron war geschmückt von den jeweils zwei Schritt breiten Bannern der Baronien Dunkelforst, Baruns Pappel und Dohlenfelde – Hagen war der erste Salminger, der rechtmäßig gekrönter Baron gleich dreier Baronien war!
Es war der triste Nachmittag des 26. Boron des Jahres 1032 nach Bosparans Fall,
Den größten Teil des Raumes nahm die U-förmige Rittertafel ein, an deren Kopfende die beiden aus Blutulmenholz gearbeiteten Stühle der Baronin und des Barons zu Dunkelforst standen. An der gewölbten Decke des von zahllosen Kerzen erhellten Saales fanden sich die mit äußerster Kunstfertigkeit gemalten persönlichen Wappen aller Barone und Baroninnen zu Dunkelforst, von denen selbst die ältesten noch in schillernden Farben erstrahlten, offensichtlich Magie oder gar ein Wunder der Hesinde. Denn wie die göttliche Schlange der Weisheit wanden sich die vielen Dutzend Baronswappen spiralförmig vom höchsten Punkt des Gewölbes, das einem Hexagramm der Elemente vorbehalten war, in wohlgefälliger Weise nach unten.  
finstere Wolkenberge wurden vom Beleman hoch über dem Tal des Großen Fluss gen Rahja
Im Laufe des frühen Abends verlas Frylinde die unterstützenden Briefe, die ihrem Sohn von zweien der wichtigsten Geistlichen des Neuen Reiches zugegangen waren: Den ersten von Seiner Exzellenz Jorgast von Bollharschen-Schleiffenröchte, Geistlicher Rat am Herzogenhofe zu Elenvina und Illuminatus der Lichtei Elenvina, den zweiten von Seiner Exzellenz Siopan von Salmingen, dem einstigen und langjährigen Tempelvorsteher des Hesindetempels zu Salmingen, der vor einigen Jahren zum wandernden Erzpraetor aufgestiegen war.
getrieben, es war für die Jahreszeit ungewöhnlich kalt und windig. Ein guter Mond war seit den
Ihre Hochwürden Sephira Birninger hub schließlich auf Bitten des Barons mit einem ausführlichen Vortrag zur Sachlage an.  
Beratungen auf Burg Salmingen in der Baronie Dunkelforst vergangen. Hagen von Salmingen-
Ein zusehends gelangweilter Hagen ergriff, nachdem er sich einen neuen Krug Ferdoker hatte einschenken lassen, schließlich das Wort: „Ich danke Euch für Eure Ausführungen, Euer Hochwürden.“ Hagen stellte sich, griff den randvollen Krug und sprach in die Runde: „Auf meinen hochgeehrten und geliebten Vater Bernhelm, der nun an Rondras Tafel sitzt und auf uns herabschaut, auf dass sein letzter Wille endlich erfüllt werde!“ Damit hob der Reichskammerichter und Baron seinen Krug und gab den Trinkspruch „Bei Rondra! Auf seinen letzten Willen!“ aus, der zuerst von seiner Gattin Ansoalda, daraufhin zahlreich und lautstark im ganzen Grafensaal erwidert wurde.
Sturmfels, Baron zu Dunkelforst, Baruns Pappel und Dohlenfelde hatte seine adligen
Als in der Halle wieder Ruhe einkehrte, richtete Hagen erneut das Wort an seine Gäste und blickte auffordernd in die Runde: „Aber nun zur Sache: Wie würdet Ihr, meine Freunde und Verbündeten, meinen Halbbruder Angrond, den schändlichen Thronräuber, der auf dem Erbe unseres Vaters herumtrampelt, dazu bringen, die Baronie Dohlenfelde endlich mir, ihrem rechtmäßigen Herrn, zu überantworten?“
Verbündeten um sich geschart, hatte Söldlinge angeheuert, war gar ein geheimes Bündnis mit der
Herzogenstadt Twergenhausen eingegangen, um seine Ansprüche in der Baronie Dohlenfelde im
Isenhagschen durchzusetzen. Der Stadt waren für ihre Unterstützung weitgehende
Zugeständnisse gemacht worden, unter anderem war ihr die Herrschaft über Burg Schwarzfels an
der Via Ferra zugesichert worden.
 
Nun war der Tag der Entscheidung gekommen. Auf insgesamt fünf Schiffen – dem Baron
zu Tandosch, einem der treuen Verbündeten Hagens, und der Herzogenstadt eigen – waren Ritter
samt ihrer Rösser und sonstiges Waffenvolk eingeschifft worden, um den geplanten Handstreich
gegen Angrond von Sturmfels, Baron zu Dohlenfelde, durchzuführen. Die Segelschiffe hatten
sich zwischen dem 22. und 24. Boron am Nordufer einer dem Herzog gehörenden, großen aber
unbewohnten Insel in der Mitte des Großen Flusses zwischen den Vogteien Nilsitz und der
Baronie Ludgenfels gesammelt und lagen dort dicht am Strand verankert. Noch trugen die Bäume
auf der Insel genügend buntes Laub, dass kein auf der Südseite der Flussinsel passierender Kahn
– denn dort befand sich die übliche Fahrrinne – die fünf Schiffe sehen konnte.
Zahlreiche und teilweise sehr alte Feuerstellen auf der Insel zeugten davon, dass dort
Fischer und vielleicht auch Schmuggler und Flusspiraten gerne nächtigten. Ein unheimlicher,
halb im sandigen Boden eingesunkener, basaltener Altar wurde von den Adligen und ihrem
Gefolge gleichermaßen gemieden, konnte doch niemand sagen, ob hier dereinst heilige oder
unheilige Wesenheiten verehrt wurden. Neue Feuerstellen zu errichten war den Soldaten verboten
worden, fürchtete man doch die Entdeckung durch vorbeifahrende Schiffe. So froren und
bibberten die Kämpfer, in dicke Decken gehüllt und zu Efferd betend, dass es ja nicht regnen
möge, und warteten auf das erlösende Signal zum Angriff auf die Baronie Dohlenfelde.
Baron Hagen inspizierte „seine“ Truppen mit großer Zufriedenheit. Er war stolz darauf, so
viele Unterstützer in seiner Sache zu haben. Die Zwölfe – und sicherlich auch das
Verhandlungsgeschick seiner Mutter Frylinde – waren mit ihm. Der junge Baron hatte sich mit
den mit ihm verbündeten Adligen und Geweihten in einem eigentlich viel zu kleinen Zelt
versammelt, eine prächtige, illuminierte Dohlenfeldekarte lag dort ausgebreitet auf einem
niedrigen Tisch. Es war ein Exemplar der 1029 BF noch von Baron Bernhelm bei einer
grangorschen Kartographin in Auftrag gegebenen Baroniekarte. Etwas abseits stand der der
Patrizier Throndwig Perval Aurentian Gliependiek, der auf Burg Salmingen als Unterhändler der
Herzogenstadt Twergenhausen fungiert hatte. Nach mehrstündigen Beratungen war man sich
endlich einig über den Angriffsplan geworden: Am nächsten Morgen, dem 27. Boron, sollten
beim ersten Silberstreif am Horizont die Schiffe ablegen und gen Twergenhausen fahren. Dort
würden sie nicht lange nach Sonnenaufgang eintreffen und sogleich entladen werden. Das Gros
der Truppen sollte dann rasch über die Pervalsbrücke südlich Twergenhausens gen Burg
Dohlenhorst vorstoßen, um den Thronräuber Angrond und seine Familie möglichst noch beim
Frühstücksmahl zu überrumpeln und festzusetzen und notfalls zu erschlagen.
Auf Burg Dohlenhorst war auch die Hälfte der Angrond treuen Truppen Dohlenfeldes –
ein Dutzend Streiter – zu erwarten, die wohl kaum bereit wären, einen hoffnungslosen Kampf
wider die erdrückende Übermacht der Angreifer zu führen. Gleichzeitig würde die Stadtwehr
Twergenhausens, unterstützt von nur wenigen Adelstruppen (die insbesondere Frylinde eher als
Aufpasser betrachtete) in raschem Marsche den Darlin aufwärts vorstoßen, um gegen Mittag die
an der Via Ferra gelegene Burg Schwarzfels einzunehmen. Dort war die andere Hälfte der
Kämpfer Angronds zu erwarten. Mit dem Fall oder zumindest dem Einschließen von Burg
Dohlenhorst und Burg Schwarzfels wäre die Baronie in den Händen Hagens von Salmingen-
Sturmfels. Um das Junkergut Erzweiler musste man sich keine Sorgen machen: Die dortigen
Soldaten hatten bereits über den Ritter zu Maringen Hagen ihre Treue erklärt, und würden sich
am Angriff auf Burg Schwarzfels beteiligen.
 
Der junge dreifache Baron schaute in die Runde seiner Freunde und Unterstützer.
Zufrieden sprach er: „Bleibt nur noch eines zu klären: Wer von Euch wird an der Seite des Herrn
Gliependiek, der die Twergenhäuser Truppen kommandieren wird, gen Burg Schwarzfels reiten,
und wer wird mir nach Burg Dohlenhorst folgen?“
 
(Roland) Die Baronin zu Wolfsstein wirkte zwischen den gepanzerten Männern und
Frauen etwas verloren, überragten diese die zierliche Baronin doch auch fast alle. Gewappnet war
Praiodara einzig und allein in eine Brigantine, die sie unter dem wärmenden Umhang trug. An
ihrer Seite baumelte ein Rapier, jedoch wussten ihre Vasallen, dass die Frau aus dem Hause
Föhrenstieg diesen eher ungerne einsetzte. Wenn es denn zu einem Kampf kommen sollte, würde
sich die Baronin wohl eher auf ihre kostbare Balestrina verlassen. Ihre beiden Gefolgsfrauen –
die hochgewachsene Rittfrau Phelinda von Gernebruch und die untersetzte, fast bullig wirkende
Rhela von Föhrenstieg – wirkten da schon eher kampferfahren. Beide Frauen wiesen bereits
graue Strähnen im blonden Haar auf, neben einigen Narben, die von vergangenen Schlachten und
Gefechten erzählten.
 
„Ich denke, dass dem Herrn Sohn des Bürgermeisters ein adeliges Geleit gut zu Gesicht
stehen würde. Zudem jemand, der ein waches Auge auf die Entscheidungen und die Bündnistreue
der Stadtwehr haben wird. Wie ihr ja wisst, sollte auch ein reicher Patrizier ab und zu an seinen
Platz in der praiosgefälligen Ordnung erinnert werden.
Ein dünnes Lächeln unterstrich die leisen Worte der blassen Baronin. Die kalte Witterung
schien der zierlichen Edeldame ein wenig zuzusetzen.
„So ihr wünscht, könnte meine Base Rhela ein wenig Ordnung in die Fußtruppen der
Stadtwehr bringen. Als ehemalige Korporälin des Bannstrahl-Ordens ist sie es gewohnt schwere
Infanterie zu führen und gegen Berittene zu kämpfen, wenn es sein muss.“
„Dem Herrn Sohn des Bürgermeisters ist ein adeliges Geleit durchaus
willkommen. Mögen sich die werten Damen und Herren von der Schlagkraft und Bündnistreue
Twergenhausens überzeugen“, erwiderte Throndwig Gliependiek mit einem süffisanten Lächeln.
„Es bedarf uns allerdings keiner Unterstützung an Befehlshabern, vielen Dank, So Ihr Euch und
die Euren indes in die Truppen der Stadtwehr einreihen wollt, werde ich Euch nicht im Wege
stehen, Euer Hochgeboren.“
 
Für die meisten Anwesenden überraschend war der tandoscher Baron nicht
anwesend. Die Ereignisse im Westen zwangen ihn, die albernische Grenze im Auge zu behalten.
Stellvertretend hatte er seine Tochter Fiona geschickt, die in den Nordmarken bisher kaum in
Erscheinung getreten war. Ihre hübsche, zierliche Erscheinung konnte nur von ihrer Mutter
stammen und war durchaus geeignet, manch Galan anzulocken. Umso erstaunlicher war es, dass
sie weder verheiratet noch versprochen war, auch schien ihr Vater keine Ambitionen zu hegen,
seine Tochter politisch zu verheiraten. Fiona wechselte leise ein paar Worte mit dem tandoscher
Korgeweihten, dann erklang ihre glockenhelle Stimme. „Tandosch wird mit Euch gen
Dohlenhorst ziehen.“
 
Baron Rajodan von Keyserring auf Eisenstein überblickte finster
dreinblickend die Szene. Die Wolken und der kalte Wind ließen auf Sturm schließen. Ja, einen
Sturm würde es geben. So war es richtig, befand der Baron. Was würde wohl Bernhelm von
Sturmfels sagen, wenn er die Scharr seines Sohnes hier nun sehen könnte. Die Zwölfe mochten
wissen, ob er dies womöglich tatsächlich vermochte, Rajodan hoffte es. In einer
Nachtundnebelaktion würde der eine Bruder über den anderen her fallen. Das hätte dem Vater
sicherlich gefallen. Trotz der Kälte die jede Kleidung durchdrang, empfand er bei diesem
Gedanken ein warmes wohliges Gefühl. Der Schädel des Barons war kahlrasiert, nur der dünne
braune Schnurrbart zierte sein Antlitz. Die hervortretenden Wangenknochen machten das Gesicht
des Barons kantiger als es bereits war. Missmutig schien er stets, doch wer in kannte, wusste dass
er guter Dinge war. Der Baron trug eine Harnischen aus dunklem Stahl ohne große Zier.
An der Seite des Eisenseinter stand sein getreuer Ritter Gorwin von Eisentein-
Schleiffenröchte. Die Verhandlungen hatte er seinem Ritter überlassen, doch nachdem der
Konflikt in Albernia derart unblutig zu Ende gebracht worden war, bereits ab Efferd wieder
Friede herrschte und sich jeglicher Widerstand in Luft aufgelöst zu haben schien, hatte es sich
Rajodan nicht nehmen lassen selbst zu erscheinen. Er schätzte eine Gefahr für dieses
Unternehmen nicht groß ein. Seine Spione hatten ihm berichtet, dass mögliche Anhänger und
Verbündete Angronds sicher wiegten und keine Anstalten gemacht hatten Angrond
Unterstützung zu schicken. Und wie es nun hieß, war Angrond auf einen Angriff nicht
vorbereitet. Nicht Hagen, Frylinde war es, die hier geschickt agiert hatte und ihre Verbündeten
reiflich ausgewählt hatte. Rajodan hatte mit Verrat oder zumindest dem Durchsickern des
Treffens in Salmingen gerechnet und Konsequenzen erwartet. Derartiges war nicht
unwahrscheinlich und bei manch einem hatte er nichts anderes erwartet. Doch nichts dergleichen
war geschehen. Besser so, er gehörte ungern zur Partei, die Opfer eines Verrates wurde. Dennoch
hatte er dafür gesorgt, dass Roban von Hax ausreichend Männer und Frauen verblieben war. Ja
das Gros der Eisensteiner Wehr, vor allem die erfahrenen Streiter waren in der Heimat
verblieben. Neben Gorwin war ihm auch kein weiterer Ritter gefolgt. Wichtige Anliegen, eine
Krankheit und eine persönliche Fehde um Ruhm und Ehre hatten sie gehindert, so zumindest die
Aussage des erbosten Barons über seine Vasallen. Hier setzte Rajodan allerdings auch lieber auf
Söldlinge, die es nun aus Albernia zu genüge gab. Einige Bauern, die sich gut in den
Wappenröcken der Eisensteiner Wehr machten, verstärkten den Haufen. Niemand würde es
erfahren und es hatte den Vorteil, dass seine Nachbarn lediglich von der Abreise des Barons
erfahren haben mochte, die Eisensteiner Wehr war abgesehen der persönlichen Wache daheim
geblieben. Rajodan wollte niemandem Grund zum Spekulieren geben.
 
Dem Tandoscher wollte er zudem nicht vertrauen, wenn es darum ging Eisenstein zu
entsetzen. Einer nicht unwahrscheinlichen spontanen Reaktion aus Eisenhuett oder Kyndoch
wollte er seine eigenen Lande allerdings nicht preisgeben. Er verfolgte andere Pläne und wenn
sich alles entwickelte, wie sich der Baron erhoffte, würde es zu seinem Gunsten ausfallen.
Das Fernbleiben des Barons von Tandosch machte ihm zunächst jedoch stutzig, ja ein
Verdacht möglichen Verrats keimte in ihm. Wohl hatte er seine Tochter gesandt, ein Opfer, dass
Irian sicher nicht bringen würde, dennoch erschienen ihm die Erklärungen seiner Abwesenheit
eher als Ausflucht und er mochte auf alles gefasst sein. Würde Irian seine Tochter auf Wunsch
des Herzogs opfern? Sicher nicht, aber Isora war nicht mehr, Invher verbannt und Widerstand,
wie Kaiserstreue hatten sich hinter Idra vereint. Noch immer war Albernia nicht gänzlich zur
Ruhe kommen, doch Grenzen mussten keine gesichert werden, die stolzen Streiter Albernias
waren schon lange auf den Feldern verhungert oder verblutet. Wer noch am Leben war, konnte in
Rajodans Augen nur Feige und ehrlos sein. Nur noch Räuberbanden und Marodeure suchten das
Land heim und damit sollten die Albernier schon selbst fertig werden.
Sollte sie der Tandoscher und Hagens Absichten jedoch hintergehen, er würde leiden
müssen, hatte Rajodan entschieden. Wenn es Growin im Falle eines Verrates nicht gelänge der
Tochter des Tandoscher habhaft zu werden, hatte der Baron dem fähigsten Schützen seiner
persönlichen Wache einen entsprechenden Auftrag gegeben. So oder so der Preis würde gezahlt
werden.
 
Nach einem Moment der Stille ergriff Erlan von Sindelsaum schließlich das Wort.
„Mir scheint, dass Burg Dohlenhorst für uns oberste Priorität hat, da sich dort Angrond aufhält.
Daher werde ich mit meinen Leuten gen Dohlenhorst ziehen. Wie versprochen habe ich einige
fähige Geschützmeister angeworben und diese Leute werden wohl vor Dohlenhorst benötigt. Da
das viele Material meinen Anmarsch verlangsamen wird werde ich mit meinen Leuten der
eigentlichen Heermacht hinter herziehen und dann wohl leider etwas später als das eigentliche
Heer an der Burg eintreffen.“
 
Als sich sämtliche Anwesenden für das eine oder andere Ziel des
morgigen Angriffs entschieden hatten, wandte sich Frylinde von Salmingen an die versammelte
Runde: „Im Namen des Hauses Salmingen-Sturmfels, auch ich danke Euch allen nochmals für
Euer Erscheinen und Eure tatkräftige Unterstützung des wahren Barons von Dohlenfelde.
Insbesondere möchte ich dem leider abwesenden Baron zu Tandosch meinen Dank aussprechen –
ohne die tandoscher Schiffe wäre dieses Unternehmen wohl nicht mehr vor dem Winter
geglückt.“ Frylinde nickte bei diesen Worten Fiona von Tandosch anerkennend zu. „Und auch
Euch, Euer Hochgeboren von Sindelsaum, gilt Unser besonderer Dank, werden sich Eure
Geschützmeister vor Burg Dohlenhorst sicherlich als überaus nützlich erweisen – und sei es nur,
um Angrond zur schnellen und unblutigen Aufgabe der Burg und seiner falschen Ansprüche zu
bewegen.“
 
Unter den Blicken der Anwesenden bildeten sich rote Flecken auf Fionas Wangen.
Sie blickte beschämt zu Boden, zuckte mit den Schultern und versuchte mit einem kleinen Schritt
rückwärts aus dem Zentrum der Aufmerksamkeit zu gelangen.
Erlan nickte Frylinde freundlich zu. Im stillen dachte er, dass sein Aufgebot
dennoch nicht der Rede wert war. Es war lediglich dadurch wertvoll, dass er zwei Rotzen und
eben so viele Hornissen mit sich führte. Die Armbruster die er angeworben hatte waren aber auch
recht fähige Sappeure. Alles in allem waren es wohl drei dutzend Fußknechte, fünf Ritter und
zehn andere Reiter. Nicht schlecht, aber andererseits auch nicht so viele, dass er befürchten
musste die Kontrolle über seine Leute zu verlieren.


[[Kategorie:Abenteuer]]
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Version vom 17. Februar 2010, 18:18 Uhr

Teil der Briefspielgeschichte "Dohlenfelder Thronfolgestreit"