Mode und Tracht

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Trachtenhut und Lederschurz

Vom Gewande wie es einem Koscher geziemet

Wer als Fremder von Dorf zu Dorf durch unser schönes Land streift, wird früher oder später in eine Festgesellschaft geraten. Denn gefeiert wird gut und gerne in unserer Heimat. Wo auch immer dies sein mag, er wird die dortigen Feiernden in bisweilen zwar schlichten, aber stets würdigen und schmucken Gewändern erleben. Die Volkestracht ist im Kosch nämlich ebenso eng mit Festivitäten verbunden, wie die Feste selbst mit dem Volk1. Auch wenn dies in anderen Gegenden Aventuriens kaum anders sein mag, im Koscherland hat dies schon eine lange Tradition.

Ursprünge

Als die dunklen Zeiten vor über 1500 Götterläufen über das Land hereinbrachen fanden sich im Wengenholm viele neue Siedler ein. Ihr Widerstand gegen übelwollende Mächte schweißte die Nachbarn zusammen, so dass sie schon bald als äußerliches Symbol ihrer Gemeinschaft Erkennungszeichen, wie den Wergengurt... einen dort noch immer gebräuchlichen breiten Gürtel, verwendeten. Daraus entstanden nach und nach weitere ähnliche Kleidungsstücke. Jedoch erst als man auch talwärts, in der Stadt Angbar, dieses Brauchtum aufgriff, entwickelten sich im Einklang mit althergebrachter zwergischer Handwerkskluft allmählich die heute üblichen Standestrachten, an denen man einzelne Zünfte unterscheiden konnte. Seit Baduars Zeiten schließlich wurden gar ungeschriebene, aber in der Tradition verwurzelte, feste Regeln eingehalten, die es wert sind genauer betrachtet zu werden, auf dass man als Fremder nicht böse ins Fettnäpflein gerate.

Von Stand und Tracht

Auch dem flüchtigen Betrachter wird es freilich nicht schwer fallen eine arme Almbäuerin von einer reichen Junkerin zu unterscheiden. Doch an der rechten Kleidung kann man auch weitaus feinere Unterschiede erkennen, denn die Wahl der Form und Materialien ist keineswegs willkürlich. Zitieren wir hierzu die Rolle der Angbarer Markttagsordnung:

“Jedem Stande gebühret seyn Kleyd, er solle es tragen zum Zeychen an jeden der ihm begegne. So solle tragen der gemeyn Bettelsmann ein Gewandt in völliger Schlichtheydt mit weytem Ärmelen; das Bauersvolk trage Stoff aus gewachsenem Kraut, wie Linnen oder Hanff, dazu Hüte von Stroh, aber keinerley Zierrat; dem gelehrten und zaubernden Stande sey es lange Roben zu tragen, die bis an den Boden gehen, ihr Huthwerk sey aus Stoff gemachet oder überzogen; die Kauffleut sollen seyn gewandet in Kleydung mit weyten Oberarmsäcken, die Kramboldte tragen zudem Wilbursmütz und Wanderstecken; die Leutt vom Handtwerke kleydet lederne Ware, zufürderst Schürzen, zudem Hüthe von Filtz; Söldlingsvolk möge tragen ledern Rüstzeug, aber nit von Eysen, denn das gebühret in Friedenszeyten den Ritter- und Kriegersleuten, die Waffen seyen dem Marktgreven gegen Zins zu melden und gut befestiget zu sein, auf dass niemand zu Schaden komme; die Geweyhtenschaft trage das Ornat ihrer Gottheyt; der Adelsstand, wie die Twerche untterliegen dieser Ordnung nit...”

Wobei darauf zu achten ist, dass bestimmte Materialien und Schmuck nur bestimmten Ständen zustehen, was bei Unkundigen leicht zu Ärger führen kann, dazu wieder die Markttagsordnung:

“...Einzig den Adelsleuten gebühret das tragen von Gold, Diamant, Zobel und Hermelin, wobei letzterer nur dem Fürstenstande zustehet, dazu alles andere, was ihnen beliebet; die Kaufleut und Gelehrten dürfen Silber, Perle, Edelsteyn, Sammet und niederen Peltz tragen, so sie ihn sich redlich leisten können; Peltz vom Wild gebühret auch dem firungefälligen Jägersvolk; den eingetragenen Handtwerksmeistern ist das tragen von Kupfer und Bronze erlaubet; den Gesellen, einfachen Handtwerksleuten und Boten sei das Tragen von Eisen; die niederen Stände sollen sich schmücken mit Hirschhorn und Holz, Feldfrucht und Kraut.”

Natürlich werden solche Regeln auf dem Land nicht überall so streng beachtet wie in der Reichsstadt Angbar, wo die Marktgreven selbst sein Auge auf die Einhaltung hat. Sie sind zwar, bisweilen mit lokalen Unterschieden wie etwa in Koschtal, wo die Kaufleute noch immer keine Perlen und Edelsteine tragen sollen (denn dieses Recht haben sie in Angbar erst vor kurzen errungen... wie es heißt nicht zuletzt auf Drängen des Hauses Markwardt), im gesamten Land verbreitet, werden aber nur selten von der Obrigkeit kontrolliert. Die einzelnen Gilden, Zünfte und Werkschaften selbst sind es, von denen diese Werte in hohen Ehren gehalten und streng überwacht, aber auch bisweilen mit phexischer List umgangen werden2 . Jeder ist auf die jeweiligen Symbole seines Standes sehr stolz und genießt es, wenn man die ingerimmgegebene Profession schon von weitem, oft vor allem an typischen Hutformen erkennt. Sie erzeugen gleichermaßen Respekt vor dem Bäckermeister mit weißer Haube und bronzenen Knöpfen, wie ein Gefühl von Zusammengehörigkeit der einzelnen Gruppen selbst. Würde sich jemand dieser Ordnung widersetzen, dürfte er sich nicht wundern als zunftloser Außenseiter von seinem Umfeld nicht mehr ernst genommen oder gar gemieden zu werden. Dem gemeinen Koscher sind diese Regeln daher so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass sich mancher leicht von Fremden durch deren Äußeres beeinflussen lässt. Das mag es Betrügern zunächst leichter machen, doch wehe dem, der als Schwindler enttarnt wird...

Von Herkunft und Tracht

Nicht nur die einzelnen Zünfte sind an der Tracht zu erkennen, sondern auch die Heimat seiner Trägerin oder Trägers. Während der Stand vor allem durch Schnitt und Material der Kleider ausgedrückt wird, spielt bei der Herkunft vor allem Farbe und Musterung eine große Rolle.

Grob gesagt, kann man die Wengenholmer an der Verwendung von Grüntönen, Naturbraun und Beige erkennen, die Tracht rund um den Angbarer See am Weiß, Grün und aus Garnelblüten gewonnenem Blau, welches auch im Schetzeneck verwendet, aber dort mit gelblichen Tönen, Schwarzgrau und örtlich auch rotbraunem Beiwerk kombiniert wird, schließlich die Ferdoker Lande, in welchen ebenfalls Blau, aber auch Schwarz, Grau und Weiß dominieren. Wobei in den Ambossbergen Garnel nicht gedeiht und daher statt Blau das Rot der Rottenrübe Verwendung findet. Grundsätzlich wirken die Trachten aus den ärmeren Bergregionen naturbelassener und schlichter, während man in den Städten und Tälern der ferdoker und angbarer Lande oft etwas kräftigere Farben bevorzugt.

Neben dieser allgemeinen Unterscheidung lässt sich anhand von Stoffmustern, Bestickungen und anderen Zutaten die Heimat auch genauer bestimmen, denn jede Baronie, nicht selten gar jeder Ort, hat seine Eigenheiten. So tragen etwa die Zweizwiebelner in der Tat zwei hölzerne Taschen in Zwiebelform am Gürtel, besticken die Salminger ihre Wämser mit Schlangenlinien, während man im Drakfoldschen auf angenähte Lederlappen trifft, die als Drachenschuppen bezeichnet werden.

Vorsicht Reisende: Auch wenn so manche dieser vielfältigen Trachten in fremden Augen merkwürdig aussehen mag, hütet Euch vor lästerlichen Bemerkungen oder gar Gekichere. Nicht selten endeten solche Ausrutscher für die Gäste mit blauen Flecken in einem Graben vor dem Dorfe...

Von Familie und Tracht

Damit der Unterscheidungen nicht genug. Selbst die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Sippe lässt sich, insbesondere bei reicheren Freibauern, Handwerkern oder Händlern, an der Kleidung ablesen. Hierzu dient der Gürtel, der wie bereits erwähnt vor allem im Wengenholmschen oft recht breit ausfällt, und daher viel Platz für eingeprägte Muster und Bildnisse lässt. Der Einfallsreichtum reicht hier von eingestanzten Zwergenrunen bis zur aufgenähten Ifirnsweißblüte.

Anders bei den Zwergen, insbesondere dem Hügelvolk. Dort wird die Sippenangehörigkeit am liebsten durch häufig ausladende und prächtige Kapuzen zur Schau gestellt. Ein inzwischen nahezu legendärer Brauch, der mittlerweile vor allem im Hügelland um Angbar bis hinunter in den nördlichen Schetzeneck auch von manchem Menschen übernommen wurde.

Festtagsschmuck

Es sei darauf hingewiesen, dass der gemeine Bürger oder gar Bauer die genannten Trachten natürlich nicht ständig trägt. Es sind teure Einzelstücke, welche die meiste Zeit des Jahres wohlgehütet im Schrank verwahrt und nicht selten von den Eltern an die Kinder weitervererbt werden3. Im alltäglichen Gebrauch zieht man weitaus schlichtere Gewänder an, die vor allem zweckmäßig sein sollen. Lediglich Vertreter bestimmter Stände, die Wert auf ein entsprechendes Auftreten legen müssen, wie etwa Kaufleute, Boten oder Magier, werden zumindest einzelne Bestandteile ihrer Kluft, wie die Kopfbedeckung, als Erkennungszeichen mit Stolz auch Wochentags anziehen.

Geht man Praios- oder Feuertags jedoch zum Götterdienst, oder wird gar ein Fest gefeiert, so schlüpft man nur zu gerne in die Familienschätze und stellt sich zur Schau. Auch wenn nur wenige reiche Koscher das nötige Gold für mehrere dieser Gewänder haben, schmückt man sich zu besonderen Anlässen durchaus unterschiedlich.

Während schon aus Faulheit zum wöchentlichen Tempelgang nur besonders eitle Leute oder Dorfhonoratioren mehr als Ihren Festtagshut und einzelnes Beiwerk tragen, wird bei hohen Festtagen wie zur Sommersonnenwende (1. PRA), Tag der Jagd (1. FIR), Zunftfeiern oder dem örtlichen Bierfest das gesamte Prachtkleid hervorgeholt. So etwa zum Saatfest (1. PER), wenn man sich zudem mit am Vortag geflochtenen Blumenkränzen schmückt oder am Fest der eingebrachten Früchte (1. TRA), zu dem Strohkränze oder Früchte auf Wams, Haupt oder Hut befestigt werden. Auch an runden Tsatagen oder Taufen sieht man häufig Grün als Zeichen des Lebens an den Gewändern – seien es Tannenzweige oder Zweiglein von Laubbäumen. An Hochzeiten besteckt der Gast die Kopfbedeckung zu Ehren TRAvias dagegen mit Federn (möglichst Gänsefedern) und das reich geschmückte Brautpaar unter anderem mit Schleiern aus weißem Tuch. Geflochtene Stoffkränze, sogenannte “Jungfern- oder Jünglingskränze” dürfen übrigens nur von Unvermählten auf dem Kopf getragen werden. Bei Boronsdiensten und Beerdigungen lässt man jeglichen bunten Schmuck und hüllt sich statt dessen in schwarze Tücher und Häkelwerk.

Achtet diese alten, tief verwurzelten Traditionen, begegnet ihnen mit dem gehörigen Respekt und hütet Euch als rechter Koscher vor neumodischem Geckenkram, zumindest so ihr nicht von Stand seid. (Artikel aus dem Kosch-Kurier Nr. 33)

Siehe auch

Fußnoten

1 All diese Betrachtungen gelten vor allem für die Menschen und Hügelzwerge im Lande. Die Amboss- und Erzzwerge hingegen halten meist wenig von diesem Brauchtum und gehen ihren eigenen modischen Gepflogenheiten, so es denn solche gibt, nach.

2 Beispielsweise gelten Perlen aus Holz schon als typisches Standeszeichen der reicheren Freibauern.

3 Man hüte sich eine dieser Trachten versehentlich oder gar mit Absicht zu beschädigen bzw. zu beschmutzen. Eine “Tracht Prügel” ist noch die geringste der möglichen Folgen.

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