Dohlenfelder Thronfolgestreit - Das zweite Heer: Unterschied zwischen den Versionen

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27. Boron 1032 BF  
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27. [[Boron]] [[1032]] BF <br.><br.>Nach dem Feldgöttinendienst war das Gros der Adelstruppen mit [[Hagen von Salmingen-Sturmfels]] an der Spitze über die Pervalsbrücke auf [http://www.dohlenfelde.de/Land_Lehen.php?recordID=baroniedohlenfelde Dohlenfeldsches] Territorium marschiert, während die Stadtwehr Herzoglich [[wikav:Twergenhausen|Twergenhausens]] – 21 schwergerüstete Reiter, gefolgt von 37 Armbrustern und 58 Spießkämpfern unter Führung des [http://www.dohlenfelde.de/Leuthe.php?standID=stadtpatriziat&recordID=throndwiggliependiek Sohnes des Bürgermeisters] – der [[wikav:Via_Ferra|Via Ferra]] folgend durch die der Stadt gehörende [http://www.dohlenfelde.de/Land_Lehen.php?recordID=herzoglichgrowinsmark Growinsmark] marschierte.<br.>Nur wenige Adlige waren diesem Kontingent gefolgt, darunter Ihre Hochgeboren [[alb:Praiodara von Wolfsstein-Föhrenstieg|Praiodara von Wolfsstein-Föhrenstieg]], die Baronin zu Wolfsstein mit ihrem kleinen Gefolge. Hagen selbst hatte nur eine Jungfer aus seinem Koscher Lehen [[Dunkelforst (Baronie)|Dunkelforst]], [[Thalia von Eichhain]], zur Wahrung seiner Interessen mitgeschickt. Die Niederadlige wusste um ihren Platz in der [[praios]]gefälligen Ordnung der Welt und hielt sich daher mit den fünf von ihr befehligten leicht bewaffneten Reitern hinter der [[Gratenfels]]er Baronin.<br.>Nach nicht langem Marsch war die [http://www.dohlenfelde.de/Land_Orte.php?recordID=wartewolkenfold Wolkenfolder Warte], ein städtischer Wachturm an der Brücke, die über die Grüngischt hinüber ins Edlengut [http://www.dohlenfelde.de/Land_Lehen.php?recordID=edlengutwolkenfold Wolkenfold] – ein Unterlehen der Baronie Dohlenfelde – führte, erreicht. Auf dem Turm wehte das blau-grüne Banner Twergenhausens, vier Stadtgardisten waren mit polierten Stiefeln vor ihrem Posten angetreten und grüßten die Truppen mit einem zackigen „Für die Zwölfe, für den [[Jast Gorsam vom Großen Fluss|Herzog]], für den Magistrat!“, was die stramm marschierenden Stadtwehrkämpfer lautstark, aber nicht sehr wohlklingend erwiderten.<br.>Während in der Growinsmark die Äcker vom Straßenrand so weit reichten, wie man blicken konnte, rückte in Wolkenfold schon nach wenigen Dutzend Schritt dichtes Unterholz an die Via Ferra, gepflastert und mit Randsteinen versehen, heran. Nach hundert Schritt konnte man den grauen Himmel nur noch sehen, weil die mächtigen Bäume ihr herbstlich buntes Laub bereits zu einem guten Teil verloren hatten.<br.>Eine gute halbe Stunde hinter der Wolkenfolder Warte stand hinter einer Biegung ein schwerer Heuwagen auf der Straße. Offensichtlich hatte der Wagen Radbruch erlitten, die beiden Ochsen waren ausgespannt worden und kauten friedlich an einem kleinen Heuballen herum. Ein kräftiger älterer Bauer hockte, Pfeife rauchend, auf einem moosbewachsenen Findling und ließ die Soldaten mit aller Seelenruhe näher kommen.<br.>Ein Korporal der Stadtwehr ging auf den Bauern zu, und forderte ihn auf:<br.>„Bei Praios! Macht den Weg frei für die Wehr Twergenhausens, die hier marschiert auf Wunsch des rechtmäßigen Barons Dohlenfeldes, Seiner Hochgeboren Hagen von Salmingen-Sturmfels!“<br.>Der Bauer erwiderte, ohne aufzustehen und die Pfeife aus dem Mund zu nehmen:<br.>„Baron Hagen? Ist der Baron nicht [http://www.dohlenfelde.de/Leuthe.php?standID=hochadel&recordID=angrondvonsturmfels Herr Angrond]? Ich verstehe nicht. Den Weg würde ich Euch natürlich gerne freiräumen, aber wie soll ich das tun, Herr, denn das Rad am Wagen, der voller Heu für Eure Stadt ist, ist gebrochen, das seht Ihr, und das Ersatzrad ist morsch, das müsst Ihr mir glauben, und meine Tochter, die sehr hübsch für ihr Alter ist, auch das müsst Ihr mir glauben, habe ich bereits nach [http://www.dohlenfelde.de/Land_Orte.php?recordID=pappelhof Pappelhof] zurückgeschickt, auf dass sie den Schmied…“<br.>Der Korporal, ein kräftiger Bäckersgeselle, winkte, nachdem er kurz zu Throndwig Gliependiek geschaut hatte, seine Leute herbei, die unter dem Zetern des Bauern – vom kräftigen
 
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Bäcker in Schach gehalten –, den Wagen anhoben und scheppernd von der Straße kippten. Eine junge Schmiedegesellin zog sich dabei einen üblen Splitter in den linken Handballen, das erste Blut des Feldzuges war geflossen. Mit einem Knirschen brachen mehrere Seitenstreben des Heuwagens, dann brach sogar die Vorderachse des alten und insgesamt sehr instabilen Gefährts.<br.>Der Korporal rief Gliependiek zu: „Der Weg ist frei, geehrtester Herr!“ – und sah nicht, wie der alte Bauer einen Knüppel erhoben hatte, um ihm diesen über den Schädel zu ziehen. Die Jungfer
Nach dem Feldgöttinendienst war das Gros der Adelstruppen mit Hagen von
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Thalia von Eichhain war sofort mit ihrem Pferd heran und schlug dem verdutzten Bauern den Knüppel mit der blitzartigen Reaktion einer Veteranin vieler Kämpfe aus der Hand. Sie hoffte, mit den Städtern in keinen echten Krieg ziehen zu müssen, und sprach daraufhin zu dem alten Bauern:<br.>„Bringe Er kein Unglück über sich und die Seinigen, der Alte! Sein Feind ist nicht die Stadt und schon gar nicht Hochgeboren Hagen. Der zerbrochene morsche Wagen soll Sein Schaden nicht sein, Herr Hagen wird Ihn dafür angemessen entschädigen. Nun kümmere Er sich um Seine Ochsen und belästige keine anständigen Leute.“<br.>Gleichermaßen eingeschüchtert wie erstaunt ging der Bauer drei Schritte zurück, fiel rückwärts ins Unterholz und blieb dort mit qualmender Pfeife liegen, bis auch der letzte Kämpfer an ihm vorbeigezogen war. Die Ochsen ergötzten sich weiterhin an ihrem kleinen Heuballen.<br.>Nach diesem Zwischenfall war Wolkenfold recht schnell durchquert, die Bauern des großen Guts Pappelhof gafften nicht schlecht, als das kleine Heer passierte. Nicht weit hinter Pappelhof führte die Pappelbrücke über den Weihlbach, direkt an dessen Mündung in
Salmingen-Sturmfels an der Spitze über die Pervalsbrücke auf Dohlenfeldsches Territorium
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den Darlin lag das zu Freiherrlich Dohlenfelde gehörende Dorf [http://www.dohlenfelde.de/Land_Orte.php?recordID=muehlenheim Mühlenheim]. Die Ortschaft lag am Nordrand der Kernlandschaft der Baronie, der eigentlichen „Dohlenfelde“, einem fruchtbaren Hügelland rechts des Darlin, wo vor über 1000 Jahren – auch an einem tristen Tag im Boronmond – die Schlacht von Heiligenfurt gegen die [[Goblin]]s geschlagen wurde. Nicht weit von
marschiert, während die Stadtwehr Herzoglich Twergenhausens – 21 schwergerüstete Reiter,
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hier hielten Kajax und Nakaja, Tierkönig und Tierkönigin der Dohlen, Hof. Wo genau, das wussten aber nur die Götter, die Feen und die alten Weiber.<br.>Im tristen Borongrau stieg der Rauch aus den Schornsteinen der schmucken Häuser der gut 250 Einwohner Mühlenheims, allesamt freie Bauern, auf. Kein Mensch war auf der Via Ferra zu sehen, die das Dorf zerschnitt. Zur Rechten, wo man die namensgebende Mühle am Darlin sehen konnte und klappern hörte, stand ein großer [[Peraine]]tempel im klassischen Bergbauernstil, darin schienen zahlreiche Menschen versammelt zu sein, mehrere Kinder weinten, Säuglinge schrien.<br.>Zur Linken die dem [[wikav:Gilborn von Punin|Heiligen Gilborn]] geweihte hochaufragende Praioskapelle. Auch in der Kapelle schienen mehrere Gläubige versammelt zu sein. Achtlos auf der Straße liegendes Arbeitsgerät, ein zerbrochener Milchkrug und ein einsamer Schuh ließen erkennen, dass die Mühlenheimer offensichtlich in großer Eile in den Tempel geflüchtet waren.<br.>In einem Haus am Ortseingang, in dem ein baronieweit bekannter Kräuterhändler lebte und arbeitete, hörte man von innen Hammerschläge. Der furchtsame Eigentümer vernagelte die Haustür oder die geschlossenen Fenster.<br.>Die gespenstische Leere der Via Ferra ließ manch einen der Twergenhäuser
gefolgt von 37 Armbrustern und 58 Spießkämpfern unter Führung des Sohnes des Bürgermeisters
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Stadtwehrkämpfer erschauern. Als die ersten Reiter auf Höhe der Praioskapelle waren, öffnete sich deren Tor, ein Pferd scheute. Der Dorfschulmeister zu Mühlenheim, [http://www.dohlenfelde.de/Leuthe.php?standID=freie&recordID=edorianschirrbauer Edorian Schirrbauer], im reinweißen Gewand eines Akoluth des Ordens vom [[wikav:Orden vom Bannstrahl Praios'|Bannstrahl Praios’]] trat, ein vergoldetes Abbild des Heiligen tragend, aus der Kapelle heraus und sprach mit lauter Stimme, nein, er schrie fast:<br.>„Gepriesen sei der Herr Praios, Tod seinen Feinden, Verderben allen Feinden des Reiches und der Reichskirche!“<br.>Edorian war der bekannteste Bannstrahler in Dohlenfelde, und seine eifernden Predigten wurden auch in Twergenhausen gerne gehört. Der Akoluth fuhr fort, seine ganze Kraft benötigend, um das Standbild des Gilborn gen Himmel zu recken:<br.>„Kniet nieder, um dem Herrn Praios für Seine unerschöpfliche Gerechtigkeit, seine Weisheit und seine Güte zu danken! Herr, wir loben Dich! Tilge der Herr Praios alle Ketzer und Sünder mit Deinem gleißenden Bannstrahl vom Derenschild!“<br.>Dann begann der Prediger den praiosgefälligen Tageschoral zu singen, wie ihn Priesterkaiser [[wikav:Gurvan Praiobur I.|Gurvan]] vor vielen Jahrhunderten in seinem [[wikav:Al'Anfa|al’anfanischen]] Exil gedichtet hatte.<br.>Bleiern lag der Boronhimmel über der Szene. Zwei Dutzend Gläubige kamen aus der Kapelle, knieten sich auf den kalten Boden, stimmten in den Praioschoral ein. Auch die Reiter hielten inne. Als mehrere Twergenhäuser Stadtwehrkämpfer – darunter sicherlich der eine und
– der Via Ferra folgend durch die der Stadt gehörende Growinsmark marschierte. Nur wenige
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andere, der den Lehren des Bannstrahl Praios’ nahe stand – sich ebenso niederknieten und mitsangen, stiegen auch zahlreiche Reiter ab.<br.>Manch einem Städter, der [[wikav:Bosparano|Bosparano]] verstand, erschien es als böses Omen, dass der [[wikav:Gurvanische Choräle|Gurvanische Choral]] des 27. Boron davon handelte, dass kein Stand fordern solle, was einem anderen Stande sei – es kamen die Zeilen vor:<br.>„Treu und fest stehen wir für den Herrscher [[wikav:Alveran|Alverans]]: Wir Ritter, wir wachen für Praios in den Burgen! Wir Bürger der Städte, wir wachen für Praios auf den Mauern! Treu und fest wachen wir für den Herrscher Alverans, jeder an seinem Platze!“<br.>War man nicht gerade dabei, durch die Eroberung der Burg [http://www.dohlenfelde.de/Land_Orte.php?recordID=burgschwarzfels Schwarzfels] diese Ordnung umzustoßen?<br.>Nach diesem bizarren Zwischenspiel drängten die Offiziere, den Vormarsch gen Burg Schwarzfels fortzusetzen, hatte man doch erst die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Kaum hatten die letzten Kämpfer der Twergenhäuser Stadtwehr Mühlenheim verlassen, sammelten sich mehrere Dutzend kräftige, junge Freibauern am Ortsausgang, auf dem
Adlige waren diesem Kontingent gefolgt, darunter Ihre Hochgeboren Praiodara von Wolfsstein-
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Schützenfeld, wo vor einem guten Mond, am vorletzten Praiostag im [[Travia]], das größte Schützenfest der Baronie stattfand. Der hohe Mast, auf dem der gekrönte Fisch prangte, stand noch in einem kleinen Teich, wie es die sonderbaren Rituale dieses Festes vorsahen. Die Mühlenheimer Bauern riefen:<br.>„Verschwindet von unserem Land, Pfeffersack-Knechte! Verschwindet in Eure von den Göttern verlassene Stadt!“<br.>Und eine einzelne Stimme schrie heraus:<br.>„Unser Baron heißt Angrond von Sturmfels! Wir haben nichts zu tun mit Hexenbaron Hagen! Bei Praios!“<br.>In den Anruf des Sonnengottes stimmten die renitenten Bauern allesamt ein, nun konnte man sehen, das nicht wenige von ihnen Mistgabeln und Dreschflegel bei sich trugen, einige führten gar Armbrüste mit sich, und die meisten waren sicherlich wohlgeübte Schützen.<br.>Zwischen den Bauern konnte man Ihre Hochwürden [http://www.dohlenfelde.de/Leuthe.php?standID=geweihtenschaft&recordID=heiltrudebachenthal Heiltrude Bachenthal], die Hüterin der Saat des Perainetempels zu Mühlenheim, erkennen. Aber ob die Geweihte die jungen Rabauken in ihrem Zorn anstachelte oder sie von üblerem zurückhielt, war nicht zu erkennen.<br.>Auf den umliegenden Feldern und Äckern, die für die Überwinterung vorbereitet waren, saßen zahllose Dohlen und Raben, die gekommen waren, um Kajax und Nakaja ihre Aufwartung zu machen. Das „Schack-schack“ und „Kja-Kja“ der Dohlen und das „Kraa-Kraa“ der Raben
Föhrenstieg, die Baronin zu Wolfsstein mit ihrem kleinen Gefolge. Hagen selbst hatte nur eine
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übertönte fast die wütenden Rufe der Menschen. Den Rabenvögeln würde sich über ein großes Blutvergießen sicherlich freuen. Und ihnen waren die Gründe herzlich egal, so lange nur genügend Leiber für sie zurückblieben.<br.>Als die kleine Armee Hagens und seiner Verbündeten in Twergenhausen
Jungfer aus seinem Koscher Lehen Dunkelforst, Thalia von Eichhain, zur Wahrung seiner
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anlandete, war im Junkergut [http://www.dohlenfelde.de/Land_Orte.php?recordID=erzweiler Erzweiler] in aller Eile und zugleich jedweder möglicher Ruhe die Landwehr ausgehoben worden. Kurz zuvor war eine Brieftaube Hagens von Sturmfels bei Ritter [http://www.dohlenfelde.de/Leuthe.php?standID=landadel&recordID=rondrianvonmaringen Rondrian von und zu Maringen], dem loyalen Gefolgsmann des jungen Barons, eingetroffen. Umgehend hatte der Ritter seine Tochter [http://www.dohlenfelde.de/Leuthe.php?standID=landadel&recordID=alienavonmaringen Aliena] auf seinem schnellsten Pferd zum Markt Erzweiler geschickt, um der dortigen [[Ingerimm]]geweihten, die dem über die Ortschaft herrschenden Erzrat vorsaß, die Aushebung der Landwehr des Junkergutes im Namen des Barons zu befehlen. Hagen hatte seinem treuen Ritter noch auf der Versammlung in [[Salmingen]] ein entsprechendes von ihm gesiegeltes Dokument überreicht, zu genau diesem Behufe.<br.>Aliena, die vor gerade erst zwei Jahren ihren Ritterschlag in [[wikav:Herzogtum Weiden|Weiden]] erhalten hatte, war in [[wikav:Gambeson|Gambeson]] und Reiterharnisch gewandet und überragte mit ihren 190 Halbfingern den bürgerlichen Befehlshaber der Garde des Junkers zu Erzweiler, [http://www.dohlenfelde.de/Leuthe.php?standID=freie&recordID=ingbaldbertenschlag Ingbald Bertenschlag], deutlich.<br.>Dieser, ein erfahrener Veteran vieler Schlachten, hatte sein Ross satteln lassen und den schwarzgelben Umhang mit dem Wappen Erzweilers übergeworfen, an seiner blauen Reichsschärpe prangte sein größter Stolz, die Kaiser-Rauls-Schwerter in Bronze, die er in den [[wikav:Dritter Orkensturm|Orkkriegen]] als junger Mann nach der Befreiung [[wikav:Greifenfurt|Greifenfurts]] von den [[Ork]]en verliehen bekommen hatte. Aliena und Ingbald trieben die Landwehrkämpfer zur Eile an und marschierten nach dem Segen der Ingerimmhochgeweihten – so viel Zeit musste sein – die Via Ferra hinab zum [http://www.dohlenfelde.de/Land_Orte.php?recordID=maringen Gutshof Maringen]. Dort hatte derweil Ritter Rondrian seine zwei Waffenknechte ausgeschickt, um die Landwehrkämpfer des Gutes zu sich zu befehlen.
Interessen mitgeschickt. Die Niederadlige wusste um ihren Platz in der praiosgefälligen Ordnung
 
der Welt und hielt sich daher mit den fünf von ihr befehligten leicht bewaffneten Reitern hinter
 
der Gratenfelser Baronin.
 
 
 
Nach nicht langem Marsch war die Wolkenfolder Warte, ein städtischer Wachturm an der
 
Brücke, die über die Grüngischt hinüber ins Edlengut Wolkenfold – ein Unterlehen der Baronie
 
Dohlenfelde – führte, erreicht. Auf dem Turm wehte das blau-grüne Banner Twergenhausens,
 
vier Stadtgardisten waren mit polierten Stiefeln vor ihrem Posten angetreten und grüßten die
 
Truppen mit einem zackigen „Für die Zwölfe, für den Herzog, für den Magistrat!“, was die
 
stramm marschierenden Stadtwehrkämpfer lautstark, aber nicht sehr wohlklingend erwiderten.
 
Während in der Growinsmark die Äcker vom Straßenrand so weit reichten, wie man
 
blicken konnte, rückte in Wolkenfold schon nach wenigen Dutzend Schritt dichtes Unterholz an
 
die Via Ferra, gepflastert und mit Randsteinen versehen, heran. Nach hundert Schritt konnte man
 
den grauen Himmel nur noch sehen, weil die mächtigen Bäume ihr herbstlich buntes Laub bereits
 
zu einem guten Teil verloren hatten.
 
 
 
Eine gute halbe Stunde hinter der Wolkenfolder Warte stand hinter einer Biegung ein
 
schwer0er Heuwagen auf der Straße. Offensichtlich hatte der Wagen Radbruch erlitten, die
 
beiden Ochsen waren ausgespannt worden und kauten friedlich an einem kleinen Heuballen
 
herum. Ein kräftiger älterer Bauer hockte, Pfeife rauchend, auf einem moosbewachsenen Findling
 
und ließ die Soldaten mit aller Seelenruhe näher kommen. Ein Korporal der Stadtwehr ging auf
 
den Bauern zu, und forderte ihn auf: „Bei Praios! Macht den Weg frei für die Wehr
 
Twergenhausens, die hier marschiert auf Wunsch des rechtmäßigen Barons Dohlenfeldes, Seiner
 
Hochgeboren Hagen von Salmingen-Sturmfels!“ Der Bauer erwiderte, ohne aufzustehen und die
 
Pfeife aus dem Mund zu nehmen: „Baron Hagen? Ist der Baron nicht Herr Angrond? Ich verstehe
 
nicht. Den Weg würde ich Euch natürlich gerne freiräumen, aber wie soll ich das tun, Herr, denn
 
das Rad am Wagen, der voller Heu für Eure Stadt ist, ist gebrochen, das seht Ihr, und das
 
Ersatzrad ist morsch, das müsst Ihr mir glauben, und meine Tochter, die sehr hübsch für ihr Alter
 
ist, auch das müsst Ihr mir glauben, habe ich bereits nach Pappelhof zurückgeschickt, auf dass sie
 
den Schmied…“
 
 
 
Der Korporal, ein kräftiger Bäckersgeselle, winkte, nachdem er kurz zu Throndwig
 
Gliependiek geschaut hatte, seine Leute herbei, die unter dem Zetern des Bauern – vom kräftigen
 
Bäcker in Schach gehalten –, den Wagen anhoben und scheppernd von der Straße kippten. Eine
 
junge Schmiedegesellin zog sich dabei einen üblen Splitter in den linken Handballen, das erste
 
Blut des Feldzuges war geflossen. Mit einem Knirschen brachen mehrere Seitenstreben des
 
Heuwagens, dann brach sogar die Vorderachse des alten und insgesamt sehr instabilen Gefährts.
 
Der Korporal rief Gliependiek zu: „Der Weg ist frei, geehrtester Herr!“ – und sah nicht, wie der
 
alte Bauer einen Knüppel erhoben hatte, um ihm diesen über den Schädel zu ziehen. Die Jungfer
 
Thalia von Eichhain war sofort mit ihrem Pferd heran und schlug dem verdutzten Bauern den
 
Knüppel mit der blitzartigen Reaktion einer Veteranin vieler Kämpfe aus der Hand. Sie hoffte,
 
mit den Städtern in keinen echten Krieg ziehen zu müssen, und sprach daraufhin zu dem alten
 
Bauern: „Bringe Er kein Unglück über sich und die Seinigen, der Alte! Sein Feind ist nicht die
 
Stadt und schon gar nicht Hochgeboren Hagen. Der zerbrochene morsche Wagen soll Sein
 
Schaden nicht sein, Herr Hagen wird Ihn dafür angemessen entschädigen. Nun kümmere Er sich
 
um Seine Ochsen und belästige keine anständigen Leute.“ Gleichermaßen eingeschüchtert wie
 
erstaunt ging der Bauer drei Schritte zurück, fiel rückwärts ins Unterholz und blieb dort mit
 
qualmender Pfeife liegen, bis auch der letzte Kämpfer an ihm vorbeigezogen war. Die Ochsen
 
ergötzten sich weiterhin an ihrem kleinen Heuballen.
 
 
 
Nach diesem Zwischenfall war Wolkenfold recht schnell durchquert, die
 
Bauern des großen Guts Pappelhof gafften nicht schlecht, als das kleine Heer passierte. Nicht
 
weit hinter Pappelhof führte die Pappelbrücke über den Weihlbach, direkt an dessen Mündung in
 
den Darlin lag das zu Freiherrlich Dohlenfelde gehörende Dorf Mühlenheim. Die Ortschaft lag
 
am Nordrand der Kernlandschaft der Baronie, der eigentlichen „Dohlenfelde“, einem fruchtbaren
 
Hügelland rechts des Darlin, wo vor über 1000 Jahren – auch an einem tristen Tag im
 
Boronmond – die Schlacht von Heiligenfurt gegen die Goblins geschlagen wurde. Nicht weit von
 
hier hielten Kajax und Nakaja, Tierkönig und Tierkönigin der Dohlen, Hof. Wo genau, das
 
wussten aber nur die Götter, die Feen und die alten Weiber.
 
 
 
Im tristen Borongrau stieg der Rauch aus den Schornsteinen der schmucken Häuser der
 
gut 250 Einwohner Mühlenheims, allesamt freie Bauern, auf. Kein Mensch war auf der Via Ferra
 
zu sehen, die das Dorf zerschnitt. Zur Rechten, wo man die namensgebende Mühle am Darlin
 
sehen konnte und klappern hörte, stand ein großer Perainetempel im klassischen Bergbauernstil,
 
darin schienen zahlreiche Menschen versammelt zu sein, mehrere Kinder weinten, Säuglinge
 
schrien. Zur Linken die dem Heiligen Gilborn geweihte hochaufragende Praioskapelle. Auch in
 
der Kapelle schienen mehrere Gläubige versammelt zu sein. Achtlos auf der Straße liegendes
 
Arbeitsgerät, ein zerbrochener Milchkrug und ein einsamer Schuh ließen erkennen, dass die
 
Mühlenheimer offensichtlich in großer Eile in den Tempel geflüchtet waren. In einem Haus am
 
Ortseingang, in dem ein baronieweit bekannter Kräuterhändler lebte und arbeitete, hörte man von
 
innen Hammerschläge. Der furchtsame Eigentümer vernagelte die Haustür oder die
 
geschlossenen Fenster.
 
 
 
Die gespenstische Leere der Via Ferra ließ manch einen der Twergenhäuser
 
Stadtwehrkämpfer erschauern. Als die ersten Reiter auf Höhe der Praioskapelle waren, öffnete
 
sich deren Tor, ein Pferd scheute. Der Dorfschulmeister zu Mühlenheim, Edorian Schirrbauer, im
 
reinweißen Gewand eines Akoluth des Ordens vom Bannstrahl Praios’ trat, ein vergoldetes
 
Abbild des Heiligen tragend, aus der Kapelle heraus und sprach mit lauter Stimme, nein, er schrie
 
fast: „Gepriesen sei der Herr Praios, Tod seinen Feinden, Verderben allen Feinden des Reiches
 
und der Reichskirche!“ Edorian war der bekannteste Bannstrahler in Dohlenfelde, und seine
 
eifernden Predigten wurden auch in Twergenhausen gerne gehört. Der Akoluth fuhr fort, seine
 
ganze Kraft benötigend, um das Standbild des Gilborn gen Himmel zu recken: „Kniet nieder, um
 
dem Herrn Praios für Seine unerschöpfliche Gerechtigkeit, seine Weisheit und seine Güte zu
 
danken! Herr, wir loben Dich! Tilge der Herr Praios alle Ketzer und Sünder mit Deinem
 
gleißenden Bannstrahl vom Derenschild!“ Dann begann der Prediger den praiosgefälligen
 
Tageschoral zu singen, wie ihn Priesterkaiser Gurvan vor vielen Jahrhunderten in seinem
 
al’anfanischen Exil gedichtet hatte.
 
 
 
Bleiern lag der Boronhimmel über der Szene. Zwei Dutzend Gläubige kamen aus der
 
Kapelle, knieten sich auf den kalten Boden, stimmten in den Praioschoral ein. Auch die Reiter
 
hielten inne. Als mehrere Twergenhäuser Stadtwehrkämpfer – darunter sicherlich der eine und
 
andere, der den Lehren des Bannstrahl Praios’ nahe stand – sich ebenso niederknieten und
 
mitsangen, stiegen auch zahlreiche Reiter ab. Manch einem Städter, der Bosparano verstand,
 
erschien es als böses Omen, dass der Gurvanianische Choral des 27. Boron davon handelte, dass
 
kein Stand fordern solle, was einem anderen Stande sei – es kamen die Zeilen vor: „Treu und fest
 
stehen wir für den Herrscher Alverans: Wir Ritter, wir wachen für Praios in den Burgen! Wir
 
Bürger der Städte, wir wachen für Praios auf den Mauern! Treu und fest wachen wir für den
 
Herrscher Alverans, jeder an seinem Platze!“ War man nicht gerade dabei, durch die Eroberung
 
der Burg Schwarzfels diese Ordnung umzustoßen?
 
 
 
Nach diesem bizarren Zwischenspiel drängten die Offiziere, den Vormarsch gen Burg
 
Schwarzfels fortzusetzen, hatte man doch erst die Hälfte der Strecke nach Burg Schwarzfels
 
zurückgelegt. Kaum hatten die letzten Kämpfer der Twergenhäuser Stadtwehr Mühlenheim
 
verlassen, sammelten sich mehrere Dutzend kräftige, junge Freibauern am Ortsausgang, auf dem
 
Schützenfeld, wo vor einem guten Mond, am vorletzten Praiostag im Travia, das größte
 
Schützenfest der Baronie stattfand. Der hohe Mast, auf dem der gekrönte Fisch prangte, stand
 
noch in einem kleinen Teich, wie es die sonderbaren Rituale dieses Festes vorsahen. Die
 
Mühlenheimer Bauern riefen: „Verschwindet von unserem Land, Pfeffersack-Knechte!
 
Verschwindet in Eure von den Göttern verlassene Stadt!“ Und eine einzelne Stimme schrie
 
heraus: „Unser Baron heißt Angrond von Sturmfels! Wir haben nichts zu tun mit Hexenbaron
 
Hagen! Bei Praios!“ In den Anruf des Sonnengottes stimmten die renitenten Bauern allesamt ein,
 
nun konnte man sehen, das nicht wenige von ihnen Mistgabeln und Dreschflegel bei sich trugen,
 
einige führten gar Armbrüste mit sich, und die meisten waren sicherlich wohlgeübte Schützen.
 
Zwischen den Bauern konnte man Ihre Hochwürden Heiltrude Bachenthal, die Hüterin der Saat
 
des Perainetempels zu Mühlenheim, erkennen. Aber ob die Geweihte die jungen Rabauken in
 
ihrem Zorn anstachelte oder sie von üblerem zurückhielt, war nicht zu erkennen.
 
 
 
Auf den umliegenden Feldern und Äckern, die für die Überwinterung vorbereitet waren,
 
saßen zahllose Dohlen und Raben, die gekommen waren, um Kajax und Nakaja ihre Aufwartung
 
zu machen. Das „Schack-schack“ und „Kja-Kja“ der Dohlen und das „Kraa-Kraa“ der Raben
 
übertönte fast die wütenden Rufe der Menschen. Den Rabenvögeln würde sich über ein großes
 
Blutvergießen sicherlich freuen. Und ihnen waren die Gründe herzlich egal, so lange nur
 
genügend Leiber für sie zurückblieben.
 
 
 
Als die kleine Armee Hagens und seiner Verbündeten in Twergenhausen
 
anlandete, war im Junkergut Erzweiler in aller Eile und zugleich jedweder möglicher Ruhe die
 
Landwehr ausgehoben worden. Kurz zuvor war eine Brieftaube Hagens von Sturmfels bei Ritter
 
Rondrian von und zu Maringen, dem loyalen Gefolgsmann des jungen Barons, eingetroffen.
 
Umgehend hatte der Ritter seine Tochter Aliena auf seinem schnellsten Pferd zum Markt
 
Erzweiler geschickt, um der dortigen Ingerimmgeweihten, die dem über die Ortschaft
 
herrschenden Erzrat vorsaß, die Aushebung der Landwehr des Junkergutes im Namen des Barons
 
zu befehlen. Hagen hatte seinem treuen Ritter noch auf der Versammlung in Salmingen ein
 
entsprechendes von ihm gesiegeltes Dokument überreicht, zu genau diesem Behufe.
 
Aliena, die vor gerade erst zwei Jahren ihren Ritterschlag in Weiden erhalten hatte, war in
 
Gambeson und Reiterharnisch gewandet und überragte mit ihren 190 Halbfingern den
 
bürgerlichen Befehlshaber der Garde des Junkers zu Erzweiler, Ingbald Bertenschlag, deutlich.
 
Dieser, ein erfahrener Veteran vieler Schlachten, hatte sein Ross satteln lassen und den schwarzgelben Umhang mit dem Wappen Erzweilers übergeworfen, an seiner blauen Reichsschärpe prangte sein größter Stolz, die Kaiser-Rauls-Schwerter in Bronze, die er in den Orkkriegen als junger Mann nach der Befreiung Greifenfurts von den Orken verliehen bekommen hatte. Aliena und Ingbald trieben die Landwehrkämpfer zur Eile an und marschierten nach dem Segen der Ingerimmhochgeweihten – so viel Zeit musste sein – die Via Ferra hinab zum Gutshof Maringen. Dort hatte derweil Ritter Rondrian seine zwei Waffenknechte ausgeschickt, um die
 
Landwehrkämpfer des Gutes zu sich zu befehlen.
 
  
 
Als die Truppen der Herzogenstadt Twergenhausen, die den Darlin gen Dohlenfelde
 
Als die Truppen der Herzogenstadt Twergenhausen, die den Darlin gen Dohlenfelde
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den Landwehrkämpfern aus Erzweiler geschlichtet.
 
den Landwehrkämpfern aus Erzweiler geschlichtet.
 
  [[Kategorie:Abenteuer]]
 
  [[Kategorie:Abenteuer]]
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Version vom 20. April 2012, 10:30 Uhr

Teil der Briefspielgeschichte "Dohlenfelder Thronfolgestreit"