Veränderungen - Ein schändlicher Überfall II
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Ein schändlicher Überfall III | ▻ |
Es war schon dunkel und die Sterne funkelten über ihnen, doch sie konnten es nicht zulassen, dass ihnen schändliche Räuber auf der Nase herumtanzten. Und so ritten sie weiter, hielten nur eine kurze stärkende Rast. Roklan dankte bei dieser Rast den hilfsbereiten Rittern und Baronen auch im Namen seiner holden Braut. Schließlich erreichten sie Grasbühl, Edlengut des galebqueller Seneschalls Ynbaht von Lichtenberg.
Doch hort wartete eine Überraschung besonderer Art. Ein Reisezug unter dem Banner des Fürstentums Kosch, bestehend aus einer Kutsche und einigen Reitern. Doch wie sahen sie aus?
Die Männer erschöpft und teilweise verwundet, die Kutsche ramponiert, das fürstliche Banner am Wagen zerrissen. Es blieb nicht viel Zeit für Höflichkeiten, der Rittmeister der kleinen Reisegruppe berichtete nur, dass sie im fürstlichen Auftrag reisten, ein Geschenk des Fürstenhauses an das Brautpaar zu bringen. Doch die Reise hatte unter keinem guten Stern gestanden. Ein Unwetter am Greifenpass hatte sie zuerst aufgehalten und für Verspätung gesorgt und dann, kurz vor der Baronie Galebquell, war man auch noch überfallen worden.
„Man hat uns hinterrücks angeschossen, wir hatten kaum noch Zeit zu reagieren. Schließlich haben uns die Rechtlosen eingekreist, die fürstliche Gesandte Iralda von Auersbrück aus dem Wagen gerissen und nicht nur den Rosenstock der Baronin von Metenar, sondern auch die dreiteilige Statue der Rondra mit den Heiligen Hlûthar und Baduar geraubt!“
Jetzt war das Maß voll! Nicht nur, dass diese Rechtlosen eine Hochzeitsfeier gestört und ein unschuldiges Dorf überfallen hatten, nun hatten sie auch noch eine Statue der ehrenhaften Kriegsgöttin der Rondra gestohlen! Was genug war, war genug.
Riobhan blieb mit einigen Waffenknechten im Dorf und kümmerte sich um die Dame von Auersbrück, welche immer noch bewusstlos in der Residenz des Edlen lag. Der Baron ließ den ganzen Zug aus dem Kosch dorthin verfrachten und gab Roklan die Befehlsgewalt über die nun folgende Mission. Rasch hatte man herausgefunden, dass die Räuber in den nahen Wald verschwunden waren, eine nicht unbedingt unerwartete Reaktion. Der Wald zwischen Grasbühl und Hainen war stellenweise dicht und kaum passierbar, doch seit der Feuertaufe Prinzessin
Gandrixas hatten einige der heute anwesenden Adligen Erfahrung darin, durch einen dichten Wald zu hechten.
Allerdings war es dunkel und man besprach sich, ob es so sinnvoll war, noch in der Nacht aufzubrechen. Baron Garmwart von Quakenbrück warf daraufhin ein, dass die Räuber sicherlich ebenfalls den nächsten Morgen abwarten würden. Und dass auch sie bis sie den Wald verlassen hatten, nicht die Pferde nutzen konnten, die sie offenkundig bei sich führten.
„Wenn wir also
früh genug aufbrechen, dann können wir ihrer habhaft werden. In der Nacht Spuren im Wald zu folgen, halte ich für sehr schwer möglich.“
Diesem Rat beugte man sich, auch wenn Roklan sofort auf Vergeltung drängte. Doch auch er sah ein, dass man in der Dunkelheit nichts ausrichten konnte.
Noch vor dem Sonnenaufgang brachen daher die Adligen am nächsten Tag, dem 13. Travia
1030 BF, auf und wagten sich in den Wald. Es war noch dunkel und nebelig. Unheimlich klangen nun die Geräusche, welche kleine unschuldige Nager und früh aufstehende Vögel von sich gaben und so manches Mal zuckte einer der Adligen zusammen. Mit geradezu animalischer Ruhe schlich der Edle von Schrazelroth neben seinem Lehnsherren, dem Baron von Eisenhuett, versuchte die Spuren der Räuber im Auge zu behalten. Dies war auch die Aufgabe der galebqueller Büttel, die seit jeher auch auf die Jagd im Wald ausgebildet waren. Oder zumindest auf diesem Gebiet Erfahrungen sammeln konnten.
Man kroch also durch das Unterholz, Roklan dem Zug voran, denn er hatte die Befehlsgewalt übernommen. Nein, sie war ihm zugeteilt worden. Und er musste sich nun vor allen Augen bewähren. Irgendwie erinnerte ihn das an die Räuberhatz vor einigen Wochen, als einige Banditen Eikenhorst überfallen hatten.
Waren es dieselben? Hatten sie etwas mit dem Magier zu tun, welcher Galebquell drangsaliert hatte? Er wusste es nicht, doch er hoffte, dass diese Ereignisse hier rein derischer Natur waren. Der Wald wurde nun langsam dichter – dadurch der Nebel zwar dünner, aber die Sicht nicht eben die beste. Man konnte die Anstrengung in den Gesichtern der Adligen sehen. Insbesondere der Baron von Rabenstein humpelte wacker voran, verbiss sich indes jedes Anzeichen körperlicher Belastung.
Unermüdlich hingegen war der Edle von Schrazelroth, welcher mit gezogener Waffe und angetan
mit seinem schwarzen Panzer durch den Wald schlich, als ginge es gegen Orks und Paktierer und nicht um Räuber. Roklan musste einige Male dafür sorgen, dass der Edle nicht im Überschwang an ihm vorbeistürmte.
Auf einer kleinen Lichtung mitten ihm Wald hielt der gesamte Zug der Adligen und Ritter inne. Sie schöpften Luft und Kraft – und nebenbei sandte Roklan zwei Kundschafter aus, die in der näheren Umgebung nach Hinweisen auf den Verbleib der Banditen suchen sollten. Sie tranken klares Wasser aus ihren Wasserschläuchen und aßen Brot und Käse, um sich zu stärken. Einen jeden hatte eine unterbewusste Aufregung ergriffen und sie waren nun auf Recht und Gerechtigkeit.
Hagen von Sturmfels saß neben seinem ehemaligen Knappenherrn Lucrann von Rabenstein und reinigte seine Klinge. Darian von Lîfstein hielt Wache über seinen Lehnsherrn Garmwart von Eisenhuett, während Roana von Witzichenberg und Irian von Tandosch gemeinsam berieten, wie man vorgehen konnte, sollte man Hinweise auf den Aufenthaltsort der Banditen erhalten. Immerhin zählte der gesamte Trupp zur Rettung fürstlicher Geschenke neben den sieben Adligen auch noch acht Waffenknechte verschiedener Barone. Sie konnten es also durchaus mit einer Räuberbande aufnehmen.
Etwa eine bis anderthalb Stunden später kehrten die beiden Kundschafter zurück und brachten interessante Erkenntnisse mit. Mitten im Wald gab es am Hang eines Hügels eine Höhle in der
sich die Räuber verschanzt hatten. Roklan fühlte sich nun noch mehr an seine Räuberhatz vor einigen Wochen erinnert – eine kleine Räuberbande hatte sich in einer Höhle in den Koschbergen verborgen. Immerhin hatte er dadurch schon eine Idee, wie man ihnen beikommen konnte. Die Kundschafter berichteten von etwa einem Dutzend Banditen, davon zwei sicherlich deutlich angeschlagen durch die vorhergehenden Angriffe auf das Dorf und den Reisezug des Fürsten.
„Das sind gute Bedingungen“, vermeldete Hagen von Sturmfels, der Baron von Dunkelforst und Baruns Pappel.
„Wir können ihnen beikommen und sie in die Ecke drängen.“
Lucrann von Rabenstein nickte bei diesen Worten, aber vorsichtig.
„Wenn nicht ein Ausgang aus dieser Höhle existiert, den wir nicht kennen.“
Roklan hörte sich die Meinungen der Adligen an und gab dann den Abmarschbefehl. Sie würden die Banditen überraschen, auch wenn Hagen von Sturmfels sich zuerst dagegen ausgesprochen hatte. Doch mit dem Plan, wie ihn nun Roklan von Leihenhof ausgeheckt hatte, konnte auch der rondrianische Recke leben.
Sie verteilten sich nun und schlichen in einem Bogen durch den Wald. Sie wollten kein unnötiges Geräusch verursachen. Düstere Schatten huschten umher und hüllten die Stämme und das Unterholz ein. Unwirklich und bedrohlich, denn das Licht der Praiosscheibe fiel nur in dünnen Strahlen durch die Kronen der Bäume. Leise glitt der Wind durch die Zweige und durch das Unterholz, ließ die Blätter und die Sträucher leise rauschen. Wurzeln und Bodengewächse schienen sich zu Stolperfallen zu formen, als habe der Wald etwas gegen das Eindringen der Adligen, als seien sie Fremdkörper in diesem Lebewesen. Doch da waren noch mehr Fremdkörper und diese wollten die Adligen beseitigen.
Roklan bewegte sich nahezu in der Mitte des Halbrunds vorwärts und dicht bei ihm war der alte Baron von Rabenstein, sein Schwager seit einem Tag. Lucrann von Rabenstein ließ keine Gelegenheit aus, seinen prüfenden Blick auf den Erbbaronet zu werfen. Schließlich gehörte man nun zu einer Familie.