Uztrutz — Die alte Pfalz in den Blutfelsen

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Ausgabe Nummer 12 - 1018 BF

Unser Kosch (Teil IX) — Uztrutz

Die alte Pfalz in den Blutfelsen

Ein Bericht des Herrn Losak, Sohn des Lousal, Zehntmann im Dienste der Gaugräfin Hartsteen, datiert zum 17. Peraine 23 Hal.

„Nun, wie Ihr mir geheißen, zog ich am vorgestrigen Tag von Koschtal los, um unserem südlichen Nachbarn meine Aufwartung zu machen. Meinen alten Grauen an der Seite zog ich den mir besser erscheinenden Trampelpfad Richtung Südost und erreichte so des Mittags Fünfbrunnen.

In diesem 300-Seelen-Dorf machte ich mich auf dem Marktplatz, im Schatten des turmartigen Traviatempels, an meine Arbeit. Ich darf Euch berichten, daß ich auf kein falsches Masz stieß; weder bei den hiesigen Bauern noch bei den Händlern aus dem Ort Rhaunen, welcher am großen Fluß liegt und eifrig Handel mit Ferdok, Nadoret und Bragahn treibt. Nicht nur von seiner Einwohnerzahl her ist dieses Dorf nach Uztrutz selbst die bedeutendste Ansiedlung der Baronie.

Mit einigen Händlern meines Brudervolkes, den Hügelzwergen aus dem in den Fels getriebenen Ort Arzcorn, aß ich sodann eine kräftige Mahlzeit in der „Badilikaner-Stube“, welche mir derart bemerkenswert scheint, daß ich Euch noch davon berichten werde.

Meine drei Tischgenossen jedenfalls waren Imker und verkauften ihren Honig hier auf dem Markt. Angeblich lebt ganz Arzcorn von dem Bienengold, welches ‘gar der Graf zu speisen pflegt!’. Ob dies stimmt, werdet Ihr besser wissen als ich.

Durch die endlos erscheinenden Praiosblumenfelder ritt ich nunmehr den Blutfelsen entgegen zur Stadt Uztrutz, von der die Baronie ihren Namen hat. Die Gebäude dieses Städtchen wurden allesamt aus dem tiefroten Gestein der Blutfelsen errichtet, was am Tage einen wahrlich beklemmenden Eindruck hinterlassen kann.

Wenn aber am Abend das Sonnenrund die Stadt in ein golden und rot glänzendes Lichterfest verwandelt, dann kann es selbst einem alten Haudegen wie mir warm ums Herz werden.

Nach einer viel zu kurzen Nacht — im Saatmond stehen die Uztrutzer offenbar besonders früh auf —, erklomm ich am gestrigen Morgen den steilen Weg zur alten Kaiserpfalz Rudes Schild, dem Baronssitz.

Diese Burg ist über drei Ebenen auf dem Fels errichtet und ebenfalls aus Blutstein.

Doch das erste, was einem auffällt, ist das infernoartige Hundegebell, welches jedweges Tier im weiten Umkreis fernhält. Der gute Baron Ontho hält sich wohl um die vierzig Hunde aller Rassen dort oben, vom Zwerg- (hrmpf!) Dackel bis zum Olporter. Überhaupt erscheint mir seine Hochgeboren Ontho Steigbügel nicht ein Hundertstel so gefährlich und intrigant, wie Ihr sagtet.

Es mag stimmen, daß er der letzte der ‘Verschwörerbarone’ ist, wie Ihr ja sagtet; es mag auch sein, daß der Mittsechziger das Verschwörerhandwerk noch von einem Pervalritter aus den Erbfolgekriegen erlernte, wie die Uztrutzer sagen (und es seinem Sohne Metzel weitervermittelt), sonst erscheint er aber wenig bösartig.

Ob er nun am Menzheimer Alter leidet, kann ich nicht sagen, aber beim Mittagsmahl geriet er dreimal in Panik, als ich die Gerüchte um Grein zur Sprache brachte.

Überhaupt, es ist mir ein Wunder, wie die Verwaltungsarbeit hier von statten geht, denn Onthos Hofstaat ist eine Ansammlung von Gestalten — verzeiht meine Zynik — wie sie sonst nur in Yaquirtaler Komödien auftauchen — abgesehen von der Frau Baronin, Eildina, die auf mich zwar recht bäuerlich, aber sehr nett wirkte.

Der Hofschreiber Reineke von Falkenhag-Zandor ist trotz jungen Alters ständig müde, aber ein wahrer Weinkenner, in dessen Vorräten man alles vom Erweiler bis zum Tharf findet. Die Hundemeisterin Hamvide (man stelle sich dieses Amt mal vor, dauernd hinter den Hunden herzuwischen, um...) Ilma Grausee schwankte während unseres Mahles zwischen hektisch und hysterisch. Der Weibel Lonnert beschwerte sich ununterbrochen über seine Arbeit — man sagt, er beschwere sich so oft, daß er nie zum Arbeiten komme — und der Hofmagier, den ich nur unter dem Namen die ‘Eule’ kenne, war selbst beim Essen noch damit beschäftigt, aus Pergament jene kleinen Segelboote zu falten, auf die man überall auf der Burg tritt. Welch Verschwendung.

Wie froh war ich, als ich heute morgen nach getaner Arbeit das Schloß Skurril verlassen konnte. Meine hügelzwergischen Bekannten haben behauptet, hier träfe der Spruch „Wie der Herr, so sein G’scherr“ zu.

Zuvor gönnte ich mir allerdings noch einen Blick vom Glockenturm aus über das Land. So sah ich auch die Burg Herolds’ Wacht, die über dem Großen Fluß thront — sie beherbergt g’rade mal dreißig Leutchen, und das Flößer- und Fischerdorf Pahlûn, welches angeblich größtenteils von einer anno 6 Hal zerschlagenen Piratenbande bewohnt wird.

Mein weiterer Weg führte mich nach Pirkensee, einem Kleinstädtchen, das — verzeiht — noch verschlafener ist als Koschtal. Hier sitze ich nun unter einer ‘P’irke und blicke über den See auf die Holzfällerkate Knutenholz und überlege, was Euch noch interessieren könnte.

Ich jedenfalls finde den starken Aberglauben bemerkenswert, der hier herrscht; viel schlimmer noch als im finsteren Dunkelwald.

So hörte ich von verdorbenen Feenwesen, die nachts den Menschen ihre Geldbeutel entwenden, von einem Druidenkreis, an dem eitle Gecken in Phexissen verwandelt werden (Phexissental, jo!), und von einem Flügelpferd, das Phex einen Stern geklaut haben soll und sich seitdem furchtsam im See versteckt... Einen druidischen oder geodischen Steinkreis soll es hier geben (ich habe ihn selbst nicht aufgesucht). Um dessen Macht zu bannen, seien in den Magierkriegen die Praiosblumen gepflanzt worden, wie mir eine abergläubische Müllerin anvertraute. Aber auch über Euer Lehen Koschgau wußte sie mir nichts als abergläubische Spukgeschichten zu erzählen...

Ich glaube, auch wenn Ihr meine Einstellung zu Eurer Pantheon-Religion kennt, daß es hier zu wenig „Volkshüter“ gibt. In Fünfbrunnen hat es einige Badilikaner, in Pirkensee einen Firun- und in Uztrutz einen Ingerimmtempel. Insgesamt kommen wohl 300 Bewohner auf einen Geweihten. Nicht gerade viel.

Eure Hochwohlgeboren, ich schließe hiermit meinen Bericht unter Beilage der Ergebnisse meiner Masz- und Steuerprüfung.

Losak, Sohn des Luosal

Uztrutz in Stichworten
Grafschaft: Schetzeneck
Lehnsherr: Ontho Steigbügel (seit 27 vor Hal)
Baronssitz: Burg Rudes Schild
Hauptstadt: Uztrutz (500 E)
Einwohner ges.: etwa 1850

Wappen: Ein zweigeteiltes blaues Schild, darin in Silber die Schlangenlinie des Großen Flusses und die Symbole Hund (Baron Ontho) und Fuchs (ehemalige Pfalz der Kaiser)

Unterbelehnte Vasallen: Ritter Polter von Pirkensee, Junkerin Ilma auf Butterwus, Ritter Alphak von Steinklos, Edler Alrich Steigbügel zu Herolds Wacht

Eine treffliche Karte des Landes Uztrutz findet der geneigte Leser auf der folgenden Seite. — Die Schriftleitung.

Baronie Uztrutz © M. Lorber