Botenreiter und Gerüchte

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Ausgabe Nummer 50 - Rahja 1032 BF

Botenreiter und Gerüchte

Wie sich Neuigkeiten im Kosch verbreiten


Wie verbreiten sich eigentlich Neuigkeiten im Koscherland? Wie kommt eine Nachricht von ihrem Absender zum Empfänger? Und wie schnell und zuverlässig geschieht dies? Auf diese Fragen soll der folgende Artikel eine Antwort geben. Natürlich bemüht sich der KOSCH-KURIER, der geneigten Leserschaft stets möglichst neue und sichere Kunde zu bringen, aber erstens erscheint unser Blatt nur einige Male im Götterlauf, zweitens berichtet es nur über Ereignisse von allgemeinem Interesse, und drittens dauert es oft eine Weile, bis eine Ausgabe die letzten Winkel der Provinz erreicht hat. Wer nun einem lieben Verwandten einen Brief zukommen, einem Handelspartner eine wichtige Mitteilung senden möchte, der ist auf andere Mittel und Wege angewiesen.


Geschwind zu Pferde

Wir alle erinnern uns noch gut an die Zeiten, in denen die Beilunker Reiter schnell und zuverlässig eine Botschaft überbrachten, nicht selten sogar über solch gewaltige Strecken wie von Havena nach Perricum, also einmal quer durch den Kontinent. Dies setzte freilich ein dichtes Netz von Botenstationen voraus, in denen stets frische Pferde zum Wechseln auf die eiligen Reiter warteten. Mit dem Einfall des Dämonenmeisters und dem Jahr des Feuers ist diese Organisation weitgehend zusammengebrochen. Natürlich gibt es auch heute noch Botenreiter: Die hohen Adelshäuser und auch reiche Kaufleute wie Stippwitz können wichtige Nachrichten mit eigenen Botenreitern versenden. In den großen Städten und einigen Orten entlang der großen Straßen gibt es so genannte Botenhöfe, in denen die Reiter Unterkunft finden oder ihre Pferde wechseln können. In solchen Höfen besteht auch für Bürger die Möglichkeit, gegen entsprechendes Entgelt die Dienste eines reitenden Boten in Anspruch zu nehmen. Dabei kostet ein Eilbote, der möglicst rasch eine einzelne Depesche an ihren Bestimmungsort trägt, eine hübsche Summe Geld. Erschwinglicher ist der etwas langsamere Weg, bei dem die eingehende Post einige Tage gesammelt wird, sodass sich gewissermaßen mehrere Schreiber das Entgeld für den Boten teilen. Diese Möglichkeit besteht freilich nur auf den wichtigsten Routen wie etwa dem Grevensteig von Angbar bis Uztrutz oder auf der Reichsstraße von Angbar nach Ferdok.


Boten aus Gefälligkeit

Viel häufiger geschieht es, dass eine Nachricht einem vertrauenswürdigen Reisenden, einem Händler oder wanderndem Geweihten mitgegeben wird. In den entlegeneren Bergregionen sind es oft die Krambolde, die Mitteilungen oder Grüße in die Nachbardörfer überbringen – meistens in mündlicher Form, weshalb die Kiepenkerle immer bestens über Neuigkeiten in ihrem „Revier“ unterrichtet sind.


Durch Tunnel und Stollen

Die Zwerge verwenden in ihren Bingen ein altbewährtes System von Stafettenläufern, das wohl noch aus den Zeiten der Drachen- oder Orkenkriege stammt, als es nötig war, die Binge möglichst rasch vor einem Angriff zu warnen. Dank des häufigen Botenwechsels, der Ortskundigkeit der Läufer und der Tatsache, dass sie die Berge unter- und nicht überqueren müssen, gelangt eine Nachricht mit erstaunlicher Geschwindigkeit unter dem Amboss oder Kosch hindurch – sofern sie denn wichtig genug ist. Die Zwerge unterscheiden offenbar mehrere Stufen von Wichtigkeit: Wenn höchste Not herrscht, etwa bei einem Grubenunglück oder einem Angriff, geben die Stafettenläufer ihr Letztes, um die igrom rogolim („Brandworte“, also Alarm) zu überbringen. Am anderen Ende der Skala stehen die baroschom rogolim („Trunkworte“); der Name ist wohl so zu verstehen, dass der Läufer ruhig noch ein Bierchen trinken kann, bevor er sich auf den Weg macht...


Höret, höret!

Neuigkeiten, die für die Allgemeinheit gedacht sind, werden vielerorts durch einen Ausrufer bekanntgegeben. In Angbar, wo die meisten Bürger des Lesens kundig sind, gibt es am Neumarkt die Neuwe Mur (die „Neuigkeiten-Mauer“), an der die frisch erlassenen Verordnungen des Stadtrates, aber auch andere Nachrichten oder Berichte glaubwürdiger Reisen- der angeheftet werden. Daneben besteht für jedermann die Möglichkeit, gegen eine geringe Gebühr einen eigenen Anschlag anbringen zu lassen – etwa wenn ein Händler Geleitschutz für einen Warentransport sucht. Von diesen an die Neuwe Mur angehefteten Zetteln kommt übrigens die Redensart „etwas anzetteln“.

Abgesehen von dieser Angbarer Spezialität sind es aber in der Regel die Herolde, die offizielle Erlasse und Nachrichten im Lande verbreiten. Natürlich reitet nicht der Fürstliche Herold Hernobert von Falkenhag höchstselbstens durch den gesamten Kosch; wohl aber unterstehen ihm sieben Herolde, welche er in alle sieben Winde entsenden kann. Doch selbst bei einer „Allgemeinen Zei- tung“, einer Bekanntmachung im ganzen Land (zuletzt bei der Geburt des Erbprinzen) ist es nicht üblich, dass die Herolde in jeder Stadt, in jedem Dorf, in jedem Weiler, in jedem Gehöft Halt machen und ihre Mittei-lung verkünden. Nein, damit sich eine Kunde bis in die letzten Winkel des Landes verbreitet, bedarf es einer besonderen Art der Nachrichtenübermittlung:


Tausend Zungen, tausend Ohren

Das Gerücht! Es ist erstaun- lich, wie schnell zuweilen eine Nachricht, sei sie falsch oder wahr, vollständig oder halb, die Runde macht – und beileibe nicht nur in den Städten, wo viele Menschen auf engstem Raum leben. Dabei scheint jedoch der Zufall und eine sonderbare Willkür des Schicksals den Ausschlag zu geben, und manchmal sind es unwichtige Kleinigkeiten, die schneller bekannt werden als große Ereignisse. Dies mag daran liegen, dass das Gerücht am besten durch Lieder reisender Barden oder durch die Schwatzlust und Neugier einfacher Leute in Tavernen, am Gartenzaun, an Brunnen und Waschplätzen oder Marktständen gedeiht, wo weder Zeit noch Lust noch Sinn vorhanden ist, um über die großen Schicksale des Derenlaufs zu grübeln. Im übrigen kann man feststellen, dass schlechte Neuigkeiten, vor allem solche, über die man sich „das Maul zerreißen“ kann, deutlich raschere Verbreitung finden als frohe, gute und löbliche. Und natürlich verbreiten sich Gerüchte entlang des Großen Flusses oder Reichsstraße, wo viel Volk unterwegs ist, deutlich schneller als im einsamen Wengenholm; in manches entlegene Bergdorf gelangt eine Neuigkeit erst nach Monate, wenn sie andernorts vielleicht schon längst vergessen ist.


Von Turm zu Turm

Eines aber verbreitet sich in rasender Eile in Wengenholm: Wenn der Ork von Norden dräut und das Land zu überrennen droht. Nach dem letzten großen Orkensturm im Jahre 1012 BF wurde längs der Ange Signaltürme errichtet, die mit Hornrufen und Leuchtfeuern vor einem Angriff warnen können. Diese Wacht an der Ange ist mittlerweile auch mit der Greifenfurter Orkenwehr verbunden, zum Schutze des Kosch und des ganzen Reiches.


Karolus Linneger