Reichstreu bis zum letzten Atemzuge

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Ausgabe Nummer 17 - Hesinde 1020 BF

Reichstreu bis zum letzten Atemzuge

Die ebenso erstaunliche wie ruhmvolle Vita des Barons von Metenar

Im rauhen Uhdenberg jenseits von des Reiches nördlichster Mark wurde am 3. Rahja des 16. Jahres von Bardo und Cella (29. vor Hal) dem Ehepaare Corgan und Vasalia Stragon ihr erster von drei Söhnen geschenkt und mit dem Namen Myros, welcher von den fernen Zyklopeninseln stammt, bedacht.

Sein Vater war ein leidlich erfolgreicher Händler der ingrimmschen Gaben der Roten Sichel, und wollte freilich, daß gerade jener älteste Sproß sein Geschäft einmal erben solle. Umso entsetzter war der Vater, als eines Tages ein alter Magister der Donnerbacher Akademie auf Corgan zutrat und ihn darum bat, seinen Sohn Myros als Eleven fördern zu dürfen. Es bedurfte einiger Überredungskünste und des energischen Einsatzes der Mutter, bis Jung-Myros schließlich sein Studium der arkanen Künste beginnen konnte (Man sieht, daß der Zwist zwischen Vater und Sohn im Hause Stragon auf einige Tradition verweisen kann).

Nun jedoch stand dem Eifer des wißbegierigen Jungen nichts mehr im Wege, und als er schließlich 10 vor Hal sein Siegel des grauen Weges entgegennahm, hatte er sich insbesondere in den alchemistischen Gebieten hervorgetan. Nach all den bisweilen trockenen Jahren hinter harten Schreibpulten und staubigen Folianten wollte der Jüngling nun endlich die fernen Lande mit eigenem Auge erblicken, die er doch bislang nur aus den Schriften kannte. Gar manches Abenteuer wartete auf den Recken, und nicht selten, so sagt man, waren auch höchst rahjagefällige darunter...

So kam es, daß eine nächtliche Affaire mit der Schwester des Söldnerhauptmannes Ludovigo Sforigan (der heuer Puniner Stadtvogt ist) im Götterlaufe 6 nach Hal zur Zeugung eines Kegels führte, dessen Existenz zunächst für viele Jahre geheimgehalten wurde.

Also zog Myros unwissend weiter, bis er schließlich in der Maraskanerin Paraya die Liebe seines Lebens fand und seine Reisezeit endlich zugunsten des Traviaglücks beendete. 9 Hal erfolgte die Trauung, wenige Monde darauf erblickte Töchterlein Shanija (seit kurzem, wie der Vater, eine studierte Magierin), 10 Hal Sohn Jachob und 14 Hal schließlich Töchterlein Jileia das Licht Praios’.

Von keinem geringeren als dem guten Kaiser Hal selbsten, erschallte im Boron 11 Hal an Magister Myros der Ruf, daß er künftig — ob seiner Verdienste in den Jahren der Wanderschaft — als Baron von Metenar Ruhe in dieses von Verschwörerbaronen und allerlei Gesindel geplagte Land in Schetzeneck bringen möge. Wahrlich sollte es noch die gesamte gesammelte Erfahrung der früheren Götterläufe benötigen, um mit den diversen Widrigkeiten (Feindseligkeiten der Junker Mehring auf Munkelstein und gar des Vogtes Roban zu Fürstenhort heißt es) zu meistern.

Zum Glück fand Baron Myros von Kystral, wie er nun genannt ward, in Recken wie Baron Barytoc oder Ritter Falk stets Freunde und Helfer in der Not. So unterlag die Landwehr während der Usurpation fast der Hinterlist der Answinisten auf den Silkwiesen, doch Unglück wandte sich (nicht zuletzt dank Ritter Falk) zu Glück und schließlich zum Siege. Der Baron selbst jedoch blieb den Silkwiesen fern, was ihm bösen Spott zutrug — zu unrecht, focht er doch zu diesem Zeitpunkte im Albernia und verlor bitterlich seine geliebte Gemahlin Paraya und den Sohn Jachob - Verluste, die er bis zuletzt nicht verschmerzte.

Beim Orkenzuge aber zeigte sich Baron Myros sehr wohl auf den Silkwiesen, und dies nach langer Zeit wieder als Magus, obwohl ihm dieses zu diesen Tagen noch den Titel hätte kosten können. Auf dem großen Hoftag von Gareth jedoch ward das Lehen nicht nur bestätigt, Baron Myros wurde gar vom frischgekürten Reichsbehüter Brin in die Reihen der Reichskammerrichter bestallt (was indes nicht zuletzt dem Verzichte von Baron Barytoc von Bragahn zu verdanken war).

Etwa zu dieser Zeit begab es sich, daß ein etwa 14jähriger Kriegernovize aus dem Almadanischen (eben jener bereits erwähnte voreheliche Kegel) auftrat, und vorgab, ein Kind des Barones von Metenar zu sein. Fürwahr, ein Götterurteil auf den Feste zum 50. Tsatag des Barons bestätigte die Vaterschaft Seiner Hochgeboren über den Knaben Graphiel.

Die anfängliche Freude über den neugewonnen Sohn wurde jedoch bald schon von dunklen Wolken überschattet, alldieweil der Sproß mehr und mehr den Pfad des Praios einschlug, während Myros doch seit jeher ein gläubiger Hesindejünger war und blieb. Die Spannungen mit dem Sohne belasteten den Baron stark, selbst sein Herz litt an dem eigensinnigen Kinde (man erinnere sich an den Zusammenbruch zu Gareth 25 Hal).

Diese schicksalshafte Entwicklung mußte mit dem Beitritt Graphiels zu den Bannstrahlern unweigerlich zum Bruch führen, zu welchem es auf Graphiels Vermählung mit der Jungfrau Ina von Dubios im letzten Rahjamond schließlich kam. Ceytorax, Hofmagus zu Bragahn und seit langen Jahren Freund Baron Myros’ wurde von dem jungen Bannstrahlritter verhaftet und sitzt seither in Obhut des Praiosordens fest (der Kosch-Kurier Nr. 16 berichtete).

Die Vorkommnisse im Osten des Reiches verhinderten jedoch bisher sowohl die Befreiung als auch die Verurteilung des Zauberers, da sowohl Graphiel (im Gefolge der Geißler), als auch Baron Myros (als Reichsrichter im königlichen Gefolge zu Praske) zu eiliger Abreise gezwungen waren.

Vom heroisch-tragischen Ausgang der letzteren Mission seid Ihr, werter Leser, ja indes unterrichtet — Graphiel hingegen zeigte sich von der Todesnachricht äußerlich wenig beeindruckt (auch wenn es Gerüchte von einem unterdückten Schrei gibt), bat jedoch sogleich um vorläufige Erlaubnis den Heerbann der Bannstrahler verlassen zu dürfen — sein Roß ritt er nach Praske fast zu schanden.

Dort ließ er sein Schwert weihen und schloß sich in Vertretung des von Golgari genommenen Vaters den Baronen von Arbasien, Liliengrund und Dohlenfelde auf ihrem Erkundungsritt gen Eslamsbrück (dem verlorenen) an. Es heißt, er kam nach der neuntägigen Quest in das niederhöllisch-verfluchte Land mit kreidebleichem Antlitze zurück, soll in sieben Nächten schweißgebadet aufgewacht sein und pilgere nun baren Fußes von Praske nach Gareth.

Ob dies der Ungehorsamkeit gegenüber seines Vaters (des Verstosses gegen ein wichtiges Gebot des PRAios- wie TRAviaglaubens mithin) oder allein den schreckenserregenden Bildern im verlorenen Tobrien wegen geschieht — wer will das sagen?

Losiane Cendrak