Zufall, Ahnung oder Glück?

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Ausgabe Nummer 49 - Efferd 1032 BF



ANGBAR. Alles Gute kommt von oben. Diese alte Volksweisheit wackelt dieser Tage in den Angbarer Landen, nachdem der Fürst nur um Handbreite dem sicheren Tod entgangen ist. Doch was war geschehen?
Der gute Fürst Blasius hatte mit Stolz und Freude den Wiederaufbau Angbars nach dem Feuer des Alagrimm verfolgt. Um diesen Fleiß zu belohnen, ließ er schließlich die Stiftung eines Theaters verkünden, das künftig den braven Bürgern zur Erbbauung dienen solle. Lange hatten die Menschen der Reichsstadt Angbar der Fertigstellung der neuen Attraktion unweit von Schloss Thalessia entgegengefiebert. Und so strömten die Massen auch zur ersten Vorstellung im Beisein des Fürsten an den Angbarer See, um in ausgelassener Stimmung den edlen Spender zu feiern, der es sich nicht hatte nehmen lassen, die Stufen des Schaupielhauses zu erklimmen, um das prächtige Bauwerk aus der Nähe zu begutachten.
Äußerst zufrieden zeigte sich Seine Durchlaucht von der Umsetzung seiner Pläne, um einen Ort des Frohsinns und gehobenen Unterhaltung zu schaffen, so dass er sich mit den anderen geladenen Gästen auf eine kleine Führung durch das Gebäude begab. Und dort, so wollen es später die Anwesenden gesehen haben, kam es zu einem Beinaheungück, dessen mögliche Konsequenzen den Menschen erst nach und nach aufgingen. Ein Giebelstein hatte sich unvermittelt aus dem Dachfirst gelöst und stürzte zu Boden. Just auf die Stelle, an der sich unser geliebter Fürst gerade anschickte, die neue Bühnenkonstruktion zu bewundern. „Zeter und Mordio“, entfuhr es zahlreichen Kehlen, doch schon drohte der Steinbrocken den Koschern ihren Fürsten zu nehmen, als Worte der Macht das Gezeter durchdrangen. Ein zufällig unter den Schaulustigen weilender Magus war mit ausgestreckten Armen vorgetreten und stoppte den Steinquader eine Handbreit über dem Scheitel seiner Durchlaucht. Um ein Haar wäre die ruhmreiche Regentschaft unseres geliebten Fürsten beendet gewesen.
Doch hatte der Magier bei diesem Zauber augenscheinlich seine ganze Kraft schlagartig verbraucht, da dieser nur einen Augenblick nachdem die Wachen den Fürsten in Sicherheit gebracht hatten, zusammenbrach. Blut aus Nase und Mund benetzten sein dunkles Gewand, ehe er in eine tiefe Bewusstlosigkeit fiel, aus derer erst am folgenden Tag erwachte.
Der Fürst selbst begab sich an das Krankenbett seines Retters. Aus tiefer Dankbarkeit, aber auch aus alter Verbundenheit zum ehrwürdigen Hause Mersingen, dem der gebrechlich wirkende Erolân angehört, bot der Fürst seinem Retter sogleich den lange vakanten Posten eines Leibmagiers an. Der Angesprochene nahm diesen ehrenvollen Posten freilich an und ist seinem neuen Dienstherrn auf Burg Fürstenhort gefolgt. Es bleibt abzuwarten, wie die fürstliche Hof-Praiosgeweihte Ulabeth vom Pfade, die bislang erfolgreich die Berufung eines Hofmagiers verhindern konnte, auf diese Entwicklung reagieren wird, und wie sich das Verhältnis der scheinbar so gegensätzlichen Gefolgsleute künftig gestaltet.
Zudem sind sich die Köche der Gerüchteküche noch immer uneins, wie es zu diesem Vorfall eigentlich kommen konnte. Während nicht wenige Charissia von Salmingen verdächtigen, die seit langem den Tod des Fürsten ersehne, verweisen leise Stimmen auf den rotäugigen und unheimlichen Magier selbst, der so unvermittelt als Retter in der Not auf den Plan trat.

Thorben Scheckenfell