Zorn und Not — Korn und Brot

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Ausgabe Nummer 49 - Efferd 1032 BF



TWERGENTRUTZ / GREIFENPASS. Viele Monde sind ins Land gegangen, seit wir zum letzten Mal vom Land am Greifenpass und den umliegenden Gebieten berichteten. Und inzwischen hat sich so manches an jenem für den Reisenden so wichtigen, dem Götterfürsten heiligen Ort verändert: Blut ist geflossen und Tränen, Fäuste wurden geballt und Hände geschüttelt, Hochmut und Demut erfüllten die Herzen mit Zorn und Bewunderung.

Hunger und Grollfrost
Aus einem Brief des Außerordentlichen Greven Rubax, S.d. Robogal, an Seine Exzellenz Cantzler Nirwulf, der uns den Abdruck freundlicherweise gestattete:
„Ach, Väterchen, guter Rogmarok! Der Segen Angroschs sei über Dir und über unserm schönen Angbar; doch über diesem Landstrich hier, in den Du mich im tiefen Grimmewinter sandtest, um nach dem Rechten zu sehen, liegt er nicht. Alles war noch viel schlimmer, als Du es in Deiner Weisheit ahntest, und dies ist – neben einem gebrochenen Bein und einem schlimmen Fieber – der Grund, weshalb ich Dich so spät von den Ereignissen in Kenntnis setzen kann. Mit größter Mühe bereiste ich die Orte am Greifenpass und in der Baronie Twergentrutz. Doch überall bot sich mir das gleiche Bild, nichts als Not und Elend, Hunger und Angst um nackte Leben.
Der Grollfrost, den die Menschen den Firunsgrimm nennen, hatte das Bergland viel früher als sonst heimgesucht, und er wollte gar nicht mehr gehen. Die Dörfer waren eingeschneit, mancherorten trugen die Dächer die Schneelast nicht mehr, brachen ein, begruben Mensch und Vieh. Zweimal habe ich solche in der Kälte erstarrten und blaugefrorenen Leichen gesehen, wo ich doch auf eine warme und gastliche Stube gehofft hatte. Und auch mir selbst wäre beinahe ein Gleiches widerfahren, als mich eine halbe Tagesreise vor Twergentrutz ein Schneesturz unter sich begrub. Ich will aber nicht von meinen Leiden sprechen, da die des Volkes insgesamt viel größer sind – außerdem hat mich der Herr Angrosch, dem die Berge heilig sind, beschützt: Denn Ettel Weitwurf, ein wackerer Mann aus Twergentrutz, kam durch Zufall oder gute Fügung an der Unglücksstelle vorüber, und sein Hund hat mich im Schnee gefunden. So kam ich doch noch in den Ort, der mein Ziel war, nur konnte ich nichts untersuchen, nichts raten und nichts bessern, denn ich lag zum Tode krank auf meinem Lager. Aber auch von dort habe ich genug des Elends gesehen, denn Schnee und Nordwind zwang die braven Leute zumeist in ihre Katen.
Das Ärgste aber war der Hunger: Die guten Vorräte waren ja rasch verbraucht (denn die Ernte war schlecht gewesen), dann auch der Notbissen, den ein kluger Wengenholmer vor sich selbst verbirgt, damit er nicht bei der ersten kleinen Knappheit schon daran rührt. Aber das half alles nichts. Man musste schließlich das Vieh schlachten und sogar ans Saatgut gehen, das doch gebraucht wird, um die ohnehin kargen Äcker im nächsten Frühjahr zu bestellen. Ach, Rogmarok, ich hab’s gesehen, wie eine Mutter mit hohlen Wangen ihren Kindlein einzeln die Körner in die Hand zählte, ein Mahl, das diesen Namen nicht wert war; und wie sie dazu sprach: ‚Hier, nimm, Kind! Eins von der guten Frau Peraine, die’s uns beschert hat; eins von der Mutter Travia, die uns schützt; eins von der Herrin Tsa, die uns sonst immer den Frühling gebracht hat! Aber keins vom Herrn Praios, der oben auf dem Pass in goldener Herrlichkeit thront und uns verhungern lässt!’ – Solcherart waren die Reden, die das Volk in seiner bittersten Not führte, und es ist ihnen, weiß Angrosch, nicht einmal zu verdenken! Ging doch in den Dörfern das Gerücht um, dass der Kornspeicher in Dunkelhain noch gut gefüllt sei, dass die Kammern des Hüters dufteten von Brot und Speck, doch der Abt, der gestrenge Derian Palagion, gebe nichts heraus. Auch Hochgeboren Nottr Halderin, der Baron von Twergentrutz, tat nichts, die Not zu lindern.“

Die letzte Hoffnung
Und weiter heißt es in dem Brief des Greven:
„Ein kleiner, allzu kleiner Funken der Hoffnung leuchtete nur auf, als einige wackere Helden, vom Grafen Jallik gesandt, mit ein paar Maultieren ins Bergland kamen, beladen mit dem Allernötigsten. Ach, da hörte man zum ersten Mal seit Wochen wieder ein Lachen in den armen Hütten, und einmal weinten sich die Kinder nicht vor Hunger in den Schlaf. Doch wie gut es auch gemeint war, wie mutig auch die Tat – so wenig hat sie doch am Ende genutzt, bei einer so großen Not und so vielen hungrigen Mäulern. Der letzte Trost war Mutter Rosennag, die Perainedienerin von Twergentrutz. Keine Ruhe gönnte sie sich, überall war sie mit helfender Hand und gutem Rat, sorgte für Kranke, wiegte Kinder auf dem Arm, begleitete Sterbende auf ihrem letzten Gang. Wie oft kam sie aus dem Wald und hatte unter dem dichten Schnee mit frierenden Fingern einige Würzlein ausgegraben, aus denen sie einen dünnen Sud braute; ein andermal buk sie Brot aus gemahlener Rinde und Rübenschalen, das kaum nähren konnte, aber den schmerzenden Magen füllte. Und über all dem sprach sie immer mit einer Herzenswärme ihr Gebet: ‚Für Speis’ Trank / Perähn sei Dank. / Und ist es noch so karg, / Bewahrt’s uns vor dem Sarg.’ Anfangs beteten die Leute mit und dankten ihr. Aber dann kamen die Fragen: ‚Wie könnt Ihr noch hoffen, Mutter Rosennag?’ Oder: ‚Hat die Göttin kein Erbarmen, wenigstens mit den Kindern?’ Und schließlich: ‚Sagt, Mutter, warum sollen wir nicht nach Dunkelhain gehen und uns das Korn einfach nehmen?’ Und immer sprach die wackere Frau gütige Worte und gab den Leuten etwas Mut: ‚Bald, bald wird’s Frühling! Dann schmilzt der Schnee, dann werden wir in Wald und Wiese etwas finden! Dann schickt der Graf uns etwas, und der Fürst! Wenn erst die Straßen wieder frei sind!’ Aber mit der Zeit wurden ihre Reden kürzer, und irgendwann nickte sie nur noch stumm, wenn die Leute ihre Not klagten. Und dann waren nicht einmal mehr Tränen da, wenn man verhungerte Kinder zu Grabe trug – was sag’ ich, zu Grabe? Nicht einmal dem Grabe anvertrauen konnte man die kleinen Körper, denn der Boden war zu hart gefroren! Ach, Väterchen, so viel Not und Elend hab’ ich nicht einmal im Land gesehen, als die Orken kamen! Denn das hier ist ein Unglück, das nicht auf einmal mit Gebrüll herankommt, sondern leise und langsam schleicht, das in die Herzen und ins Mark hineinkriecht und nimmer fortgeht. Und der Mutter Rosennag ist’s auch ins Mark gekrochen, hat sie aufgezehrt. Sie hat zu oft ihr eigenes Mahl hergegeben aus Barmherzigkeit, und so ist sie immer blasser und magerer geworden, und am Ende war sie nur noch Haut und Knochen. Aber keiner hat’s gesehen, hat’s wirklich gesehen, dass sie sehenden Auges zum Strand des Nirgendmeeres wandelt! Und eines Morgens war es dann so weit, da hätte eigentlich die kleine Glocke schellen müssen, die zum Bittgebet ruft, aber es ist still geblieben. Zuerst hat’s keiner recht gemerkt, doch dann sind ein paar Leute hin zum Tempel und in die Kammer der Geweihten, und da lag sie, ‚still und ausgelebt’ – ja, so hat mir’s der Ettel später gesagt, mit diesen Worten. ‚Ausgelebt’, hat er gesagt, denn das Leben war wirklich ganz draußen gewesen aus ihrem armen Leib. Das war der Tag, an dem das Unheil seinen Lauf nahm: ‚Die Mutter Rosennag hat sich zu Tod’ gehungert, und der Praiospfaffe sitzt im Speck!’, riefen die Twergentrutzer, nahmen ihre Sensen und Beile und Stecken und stapften, allem Wetter, Schnee und Eis zum Trotz, in Richtung Greifenpass. Ich hätte sie gern abgehalten, eine Dummheit zu begehen, aber noch immer versagte mir mein Bein den Dienst, und so konnte ich ihnen nicht nach. Und es war auch keiner da, der für mich eine Nachricht bestellt hätte – nach Angbar nicht, und auch nicht zur Angenburg. So ließ sich nicht verhindern, was dann folgte...“

Ein Zug des Zorns
Was dann folgte, war ein Zug des Zorns vor das Hüterkloster am Greifenpass. Unterwegs schlossen sich den Twergentrutzern auch Leute aus den umliegenden Dörfern an, aus Kammhütten, aus Passweiser, sodass es mehrere Hundert waren, die schließlich am Nachmittag des 2. Tsa in Dunkelhain ankamen sich mit Gewalt Zugang zum Kornspeicher und den gehorteten Vorräten verschafften. Die vier Waffenknechte des Abtes, welche den Speicher bewacht hatten, suchten ihr Heil in der Flucht und alarmierten ihren Herrn; dieser kam, noch während die Aufständischen die Beute unter sich verteilten, mit allen Insignien seiner Macht und großem Gefolge auf den Dorfplatz. Im ersten Moment tat die priesterliche Autorität, die tief verwurzelte Frömmigkeit gegenüber allen Zwölfen ihre Wirkung, und die einfachen Hirten und Bauern wichen scheu zurück. Und vielleicht wäre es jetzt noch möglich gewesen, zu einer friedlichen Einigung zu kommen und die Wogen des Zorns zu glätten – doch die strenge Predigt, zu welcher der Abt nun anhob, goss vielmehr Öl ins Feuer. Als er mit erhobenem Finger die Strafen des Herrn für derlei Ungehorsam und Aufruhr ausmalte, traf ihn plötzlich ein Schneeballen und warf ihm die goldweiße Haube vom Kopf. „Pfaffentrutz!“, schrie einer aus der Menge, wahrscheinlich der Werfer selbst, und dieser Ruf wurde von allen aufgenommen. Nun gab es kein Halten mehr, die Geweihten flohen Hals über Kopf zum Kloster zurück, und nur der Entschlossenheit ihrer Knechte (allesamt Söldner aus dem Hinterkosch, die beim Volk reichlich verhasst waren) ist es zu verdanken, dass sie dort heil ankamen. Bei dem Handgemenge fanden allerdings zwei Bauern aus Kammhütten, eine Hirtin aus Passweiser und zwei Schergen des Abtes den Tod, zahlreiche weitere, auch einige Geweihte, wurden verwundet. So färbte rotes Blut den weißen Schnee am Greifenpass. Die Praioten verschanzten sich hinter den wehrhaften Mauern des Hüterklosters, das ja einst dazu erbaut wurde, ketzerische Schriften und Schlimmeres sicher in seinen Kammern zu bergen. Die Aufständischen versperrten alle Wege und stellten – ungeachtet der Kälte – Wächter auf, die verhindern sollten, dass der Abt aus Angbar oder den Nordmarken Hilfe holen konnte, bevor sie selbst entschieden hatten, wie es weitergehen sollte.

Pfaffentrutz!
In einer gemeinsamen Ratsversammlung beschlossen die Leute aus Twergentrutz und Dunkelhain, es ihren Vettern ringsumher im Koschgebirge gleichzutun und eine freie Sendschaft auszurufen, die man trotzigerweise Pfaffentrutz benannte. Zur Sendrin wurde Alwide Ohnerast gewählt, die selbstbewusst zur Mittagsstunde des 3. Tsa vor die Tore des Hüterklosters trat und den Beschluss der Ratsgemeinde gegen den Nordwind und die Tempelmauer rief. Aber niemand zeigte sich, keine Antwort kam zurück. Dafür traf unerwartete Kunde aus Burg Twergentrutz im Lager der Aufständischen ein: Unbemerkt von allen, eingeschlossen in seine Kammer, war Seine Hochgeboren Nottr Halderlin, Baron von Twergentrutz, in aller Stille gestorben; seit Wochen hatte er keine Speise mehr zu sich genommen – wohl aus Lebensüberdruss und Sehnsucht nach den dunklen Hallen des Herrn Boron, dem er als Ritter Golgaris seit Jahren gedient hatte. Die „Pfaffentrutzer“ nickten stumm zu dieser Nachricht, die in ihnen keine große Trauer hervorrief, sondern fast ein wenig Freude: Umso leichter würde es sein, den Anspruch ihrer Sendschaft umzusetzen – zumal Dorian, der Sohn und Erbe, avesweißwo weilte, vielleicht schon gar nicht mehr unter den Lebenden...
Mit neuem Mut setzten sie also die Belagerung des Hüterklosters fort, denn die Dunkelhainer erzählten Märchenhaftes von den Vorräten, die „der gierige Abt da drinnen gehortet“ habe. Zugleich baten sie den Außerordentlichen Greven Rubax, S.d. Ronogal, einen Brief an Cantzler Nirwulf aufzusetzen und dem guten Väterchen ihre Not zu schildern, die er ja am eigenen Leibe miterlebt hatte. Denn nicht mit dem Fürsten Blasius oder dem Grafen Jallik lägen sie im Streit, und wenn man ihre Rechte anerkennen wolle, so würden sie im Gegenzug stets treue und wackere Untertanen bleiben. Der Greve ging mit gemischten Gefühlen auf diese Bitte ein, kannte er doch einerseits die Not und schuldete den Twergentrutzern sein Leben – andererseits mochte er den gewaltsamen Aufstand nicht gut heißen. Wie wir aber eingangs gelesen haben, überwog am Ende doch sein Verständnis für die armen Seelen, welche nur die Not getrieben hatte. Den Brief übergab er an seinen Wirt und Retter Ettel Weitwurf, der ein erfahrener Schneegänger war, und dieser machte sich mit sei- nen Skiern auf den Weg ins ferne Angbar..

Gratenfelser Waffen
Dann überschlugen sich abermals die Ereignisse: Am Morgen des 8. Tsa setzte unerwartet mildes Wetter ein, wie es seit Götterläufen um diese Jahreszeit am Greifenpass nicht mehr geherrscht hatte. Durch Zufall griffen die Wachtposten in der Nähe des Klosters eine in Pelze gehüllte Gestalt auf, die unvermutet zwischen den Felsen aufgetaucht war. Es war niemand anderes als Vogt Derian Palagion von Solfurt, der sich durch einen geheimen Gang aus dem Kloster geschlichen hatte, um Hilfe gegen die Aufrührer zu holen. Er hatte aber nicht versucht, nach Osten, gen Angbar zu gelangen, sondern in den Hinterkosch, nach Gratenfels, wo, wie er wusste, ein Banner Söldner untätig im Winterlager saß. Im Futter seines Mantels eingenäht fanden die „Pfaffentrutzer“ eine gute Menge an edlen Steinen und Goldstücken, genug, um eine schlagkräftige Truppe in Sold zu nehmen. Da packte sie eine so große Wut, dass sie den Abt, ihren bisherigen Herrn, ergriffen und zu einem kahlen Baume schleiften, wo sie ihn aufhängen wollten wie einen gemeinen Strauchdieb. „So soll es allen gehen, die Gratenfelser Waffen gegen Wengenholm führen!“, riefen einige, bei denen der alte Groll gegen die Nachbargrafschaft noch schwelte. Schon war das Seil über den Ast geworfen, schon legte sich die Schlinge um den Hals des Abtes, als eine sanfte, aber weithin schallende Stimme rief: „Ihr Wengenholmer, haltet ein! Gerechtigkeit erlangt man nicht durch Unrecht!“
Da wandten alle ihre Köpfe, und da sahen sie keinen Geringeren als Tarjok Boquoi, den Hochgeweihten zu Angbar und Baron des Landes am Greifenpass. In schlichter Reisekutte und zu Fuß, das Haar zerzaust vom Wind, mehr einem Büßer gleich als einem Herrn, so stand er auf dem Passweg. Und hinter ihm eine lange Reihe von Maultieren, bis obenhin bepackt mit Körben, Säcken, Beuteln voller Lebensmittel. In seinen Händen hielt der Praetor einen Brotlaib, der sicher ein paar Tage alt war, und dennoch stieg der Duft frisch wie am Backtag allen in die Nase. Wie vom Donner gerührt standen sie da und schauten den Hochgeweihten an, der so unverhofft und unvermutet erschienen war – viel zu früh, als dass es eine Antwort auf den Brief des Greven hätte sein können. Und so war es auch nicht. Denn Tarjok Boquoi sagte: „Dies, meine Kinder, meine zornigen, verirrten, hungrigen, armen Kinder, hieß mich in ihrer letzten Stunde eure Mutter Rosennag euch bringen. Denn sie wusste, was ihr vergessen habt: Dass der Herr Praios die Seinen nicht im Stich lässt.“ Mehr sprach er nicht, denn jedes weitere Wort wäre ein Wort zu viel gewesen. Er brach nur ein kleines Stück vom Brot ab und hielt es mit ausgestreckter Hand der erstarrten Menge entgegen.
Wie lange sie so standen, Auge in Auge, die „Pfaffentrutzer“ und der Hochgeweihte, vermochte später keiner mehr zu sagen. Alle sahen, dass der Praetor ohne Schutz gekommen war – nur mit ein paar Eseltreibern. Und der ganzen Würde und Kraft eines tausendjährigen Glaubens. Und diejenigen, die seit Tagen versucht hatten, ein Kloster des Herrn Praios zu stürmen und zu plündern und einen seiner Äbte hinzurichten, traten nun, erst einer, dann noch einer, dann immer mehr und schließlich alle, auf den ehrwürdigen Mann zu, und einem jeden legte er segnend die Hand auf den Scheitel und reichte ihm ein Stückchen Brot.


Die neue Ordnung
So kam der Aufstand der „Pfaffentrutzer“ zum Erliegen. Doch sie waren nicht besiegt, sondern versöhnt worden. Vogt Derian Palagion wurde seiner Ämter enthoben und zur Buße auf Pilgerfahrt nach Fasar geschickt. Dies war die letzte Handlung von Tarjok Boquoi als Baron vom Greifenpass und Hochgeweihter zu Angbar. Denn er legte diese Ämt nieder und begab sich in das Hüterkloster, als dessen Abt er den Rest seiner Tage verbringen will. Das Gold, mit dem sein Vorgänger die Statuen am Greifenpass geschmückt hatte, ließ er entfernen, um davon Korn zu kaufen und die größte Not zu lindern. Und mehr noch tat er: Auf seine Fürsprache hin erkannten Graf und Fürst die neue Sendschaft an – freilich unter der einen Bedingung, dass sie nicht „Pfaffentrutz“, sondern schlichtweg „Twergentrutz“ genannt werde. Sie umfasst die Gemarkungen der Dörfer Twergentrutz, Passweiser und Kammhütten. Lediglich der Greifenpass selbst und das Dorf Dunkelhain in der Nähe des Hüterklosters bleiben selbigem als Kirchenlehen unterstellt – zu- sammen mit den Spenden der Pilger genug, um die Abtei in angemessener Weise zu versorgen.
So wurde es nach einigen Verhandlungen beschlossen, und in diesem Sinne leistete die Sendrin Alwide Ohnerast auf der Angenburg Graf Jallik den Treueeid für sich und ihre Sendschaft.

Karolus Linneger