Unter Schurken - Gutes Bier

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Hinterkosch, 1021

“Aber ich merke, ich langweile die jungen Herrschaften“ – (da kokettierte der Baron mit den acht Jahren Unterschied, die ihn von dem Edlen trennten) – “drum spielt uns doch eine Weise, die das Reisen leichter macht, bester Wolfhardt.“
Nicht zweimal ließ sich das der Spielmann sagen, und so klang bald darauf dreistimmiger Gesang nach draußen und vermischte sich in der klaren Bergluft mit der hellen Stimme des Vinansamter Knappen Brin von Garnelhaun auf dem Kutschbock und dem knarzigen Baß des Siebentalers. Seine mangelnde Textsicherheit suchte Ritter Falk zunächst durch umso lauteres Brummen zu verbergen, schlug dann aber rasch vor, man solle doch das altbekannte “Wohlan, ihr Koscher“ schmettern. Mit einem schnellen Blickwechsel war den Insassen der Kutsche klar, daß ihnen nicht nach diesem gewöhnlich mit Gegröhle und Humpenschlagen einhergehenden Sang war. Was aber dann?
Ungeachtet der Anspielung des Wiesners auf das prekäre Schreiben mit den Siegeln dreier hochgestellter Damen saß Merwerd Stoia der Schalk im Nacken. Trotz der unheimlichen Geschehnisse hatte er Rabenstein leichteren Herzens verlassen, als er gekommen war, wollte den Edlen necken und war bereit, jede Erwiderung mit spitzer Zunge zu parieren (sein flinkes Mundwerk, das ihm in frühreren Jahren beileibe nicht nur Freunde geschaffen hatte, hatte er vielzulange allein für wohlgesetzte Worte der Diplomatie verwandt, befand er).
“Wie wär’s denn mit der ‚Maid am See‘?“ schlug er vor und zog in offensichtlich gespielter Unschuld die linke Braue hoch. Wolfhardts Antwort ließ eine Herzschläge auf sich warten.
“Nun, ich …“, setzte er an, wiederum bemüht, dem Baron genau in die Augen zu sehen (ein seltsames Bild – als gäbe es die den beiden gegenüber sitzende Ritterin überhaupt nicht), als ihr Fahrzeug mit einem Mal zu einem polternden Halt kam, so fest hatte der alte Kutscher Norbosch die Zügel anziehen müssen.
“Brr! Brr!“ klang seine Stimme durch aufgregtes Pferdegewieher und Hufschlagen.
“Heda, was geht vor?“
Schon hatte der Vinansamter den Kopf durch das Fenster gesteckt, um die Ursache des Radaus zu erkunden, während Wolfhardt sich schamhaft von der Ritterin löste, gegen die ihn das plötzliche Bremsmanöver geschleudert hatte, bemüht, sie keinesfalls länger als nötig zu berühren.
Noch während die Insassen der Kutsche sich daran machten, sich aus den engen Türen zu zwängen, ertönte von draußen die wohlbekannte Stimme Ritter Falks:
“Du Schurke! So ein Frevel, beim siebenäugigen Drachen vom Koschgau!“
Im Nu waren die Edelleute aus dem Wagen gesprungen und fanden sich auf der Via Ferra wieder, die hier durch Felsen und hohe Fichtenstämme recht eng war. Instinktiv zuckten die Hände an die Hefte der Schwerter, denn in solch düsteren Landen (und Zeiten!) sind Überfälle und Wegelagerei gewiß nicht selten.
Der Kutscher Norbosch hatte derweil die Pferde beruhigt und schimpfte nun ebenfalls voller Inbrunst auf jenen ein, der da offensichtlich die Schuld an dem allzu plötzlichen Halt hatte: Es war just nach einer unübersichtlichen Biegung der Landstraße, in deren Mitte nun ein großer, schwerfälliger Ochsenkarren stand – oder vielmehr lag, denn ein Rad war gebrochen, und der hölzerne Koloß hatte sich wie eine Festumer Kogge im Sturm hart auf die Seite gelegt. Bei diesem Unglück war die Ladung – ein Dutzend großer Fässer – zum Teile herabgerollt, und deren zweie waren auf dem harten Pflaster zerborsten, so daß sich der bräunliche weißschäumende Inhalt in den Graben ergoß.
Daneben stand nun, um das groteske Bild abzurunden, ein dickbäuchiger Mann im Lederwams der Fuhrknechte und Bierkutscher, raufte sich die drei Büschel fettiger Haare auf dem Kopf und stampfte mit beiden Beinen abwechselnd auf die Erde.
Dabei jammerte er fortwährend: “Der Wagen, ach! Und das Bier! Mein gutes Bier!“