Heerzug gegen Haffax - Straßenkampf

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1039, Tobrien

Nachdem der Herold der Kaiserin vor den Toren Mendenas brüsk zurückgewiesen worden war, eröffneten die Kaiserlichen und ihre getreuen Vasallen das Feuer auf die Stadt an der Mündung der Tobimora ins Meer. Katapulte und Rotzen brachten Tod und Zerstörung. Vor allem die Albernier und die Nordmärker hatten schweres Gerät mit ins Feld geführt.
Während die Kräfte der einzelnen Provinzen des Reiches sich auf unterschiedliche Ziele konzentrieren würden, die einen den Sturm auf die Mauern beginnen und die anderen versuchen würden die Tore zu öffnen, konzentrierte sich ein Teil der Truppen des Kosch auf die Sicherung der Vorstadt. Weiterhin hatte der Wehrmeister die Devise vorgegeben überall dort eingreifen zu wollen, wo man gebraucht wurde, das hieß wo Angriffslinien zu zerbrechen drohten oder wo Verbündete selbst angegriffen wurden, in Bedrängnis gerieten.

Cendrasch rückte zeitlich versetzt zu den Nordmärkern, welche die Vorstadt unter teilweise hohen Verlusten stürmten, nach und sicherte Stück für Stück die Gebäude im Rücken der Nachbarn. Die Männer und Frauen seines Banners der Fürstlichen Hellebardiere waren auf dem Weg nach Mendena stark dezimiert worden, doch noch immer blieben ihm etwas mehr als die Hälfte der ursprünglich in der Heimat aufgebrochenen Kräfte. Was schnell klar wurde war, dass kleinere, chaotisch angeordnete Widerstandsnester existierten, welche sich bei dem massiven Vorrücken der Nordmärker verbarrikadiert oder versteckt gehalten hatten und nun versuchten den Angreifern in den Rücken zu fallen. Eine äußerst unrondrianische Taktik. Doch der neue Hauptmann hatte damit gerechnet. Ihm, einem Amboßzwergen aus den Hallen Tosch Murs stand Rondra zwar nahe, doch war Krieg für ihn nicht ihre Sache. Mehr als die Leuin ehrte er Kor, den Sohn Rondras und Angroschs.

Während also der tobende Kampflärm von den Mauern der Stadt erscholl und das rhythmische Donnern, mit dem der große Widderkopf- förmige Stoß der Ramme des isenhager Garderegimentes das Eslamsbrücker Tor zum Fall zu bringen trachtete, rückten die Fürstlichen Hellebardiere weiter durch die brennende, zu großen Teilen in Trümmern liegende Vorstadt vor. Flankiert wurden die Soldaten durch lose, kleinere Verbände von Armbrustschützen, die versuchten Heckenschützen auszuschalten, bevor sie größeren Schaden anrichten konnten.
Hinter grau bis schwarzen Rauchfahnen, die ihre Quelle in den vielen Feuern hatten, erkannte Cendrasch die Stadtmauer in etwas mehr als fünfzig Schritt vor sich auftauchen, als sie gerade wieder eine Straßenecke passierten. Sein kleiner Verband von zwölf Hellebardieren und sechs Armbrustern war schnell vorrangekommen und hatte ohne Verluste ihren Sektor aufgeräumt, wenn man es so sagen wollte. Lediglich ein Mann hatte einen Bolzen abbekommen und war infolgedessen am Oberschenkel verwundet, hielt sich aber aufrecht. Wie lange wussten die Götter, ein Zurück gab es nicht für einen Einzelnen.

Gerade wollte der Hauptmann Order geben Halt zu machen, um sich neu zu orientieren, zu entscheiden, wohin sie sich nun, da die Stadtmauer in greifbarer Nähe war, wenden sollten, weiter in diese Richtung, oder parallel zur Mauer, als vor ihm ein sich überschlagender Warnruf gellte. Es war einer seiner Männer.
Eben noch rechtzeitig warfen sich seine Männer in die nächstgelegenen Hauseingänge, als ein dunkler, mächtiger Schatten aus der Stadt kommend über die Zinnen der Wehr der Stadt schwebte und sich dann in die Häuserflucht herabsenkte, in der sie sich befanden. Es war ein geflügelter Schlangendämon, ein götter- verfluchter Karakil.
Mit nur wenig Bewegung seiner weit ausladenden, ledrig- löchrigen Schwingen hielt er sich dicht über dem Boden und glitt mit einem grässlichen Fauchen, welches nicht von dieser Welt kommen konnte, an ihnen vorbei. Der Dämon hatte sie zweifelsohne wahrgenommen, als er sie passiert hatte. Grimmig blickte der Zwerg dem Wesen nach, wohl wissend, dass sie ihm nicht beikommen konnten, zumindest nicht, wenn er in der Luft war. Ein Armbrustbolzen konnte ihm nichts anhaben.
Der Karakil hatte einen Reiter besessen, doch war das Gespann zu schnell an ihnen vorbei gewesen, um mehr als den flüchtigen Eindruck eines in eine dunkle Robe gehüllten Mannes zu erhaschen. Dann war er auch schon wieder zwischen den Gebäuden verschwunden.
Der Hauptmann wollte sich soeben abwenden, als er über einige Häuser hinweg sah, dass der Dämon an Höhe gewann, um eine weite Kurve zu fliegen. Er kam wieder auf ihre Position zu, bremste dann aber drastisch ab, streckte die mit riesigen Krallen bewehrten Beine nach vorne aus und stieß herab. “Er landet”, meinte die Soldatin neben Cendrasch mit ungläubigen Ton in der Stimme. Der Zwerg nickte, sie hatte recht und es war nicht weit von ihnen entfernt, wo er heruntergekommen seien musste.
“Wir haben ein neues Ziel”, sagte der Hauptmann grimmig und deutete in die Richtung des vermeintlichen Landeplatzes, eine Geste die seine Männer mit einem leicht verunsicherten Gesichtsausdruck quittierten. Dennoch folgten sie ihm ohne Murren, als er vorweg marschierte.

Etwa ein viertel Stundenglas später spähte Cendrasch aus dem Untergeschoss eines stark zerstörten, zweistöckigen Hauses auf einen großen Innenhof. Sie hatten mehr und mehr Deckung gesucht, je näher sie sich dem Karakil wähnten und waren am Ende durch Gebäude geschlichen, wenn diese noch passierbar und nicht vollständig eingestürzt waren.
Nun hockte der Schlangendämon keine zehn Schritt vor ihnen entfernt auf dem Boden, die Flügel angelegt und wartete scheinbar auf etwas. Nervös ruckte der Kopf an dem langen, biegsamen Hals immer wieder hin und her. Vom Reiter war nichts zu sehen.
Der Soldat der am anderen Ende der Fensteröffnung kauerte sah nicht hinaus. Der eine, flüchtige Blick auf den Dämon, als sie in den Raum vorgestoßen waren reichte ihm offenkundig, er zitterte fast unmerklich. Die anderen seiner Männer waren einen Raum zurückgeblieben und warteten auf Befehle. Die Armbruster hatte Cendrasch ein Stockwerk höher geschickt und sich nah der Fenster platzieren lassen. Wenn er schon dem Karakil nicht beikommen konnte, so doch hoffentlich dem Paktierer, welcher ihn beherrschte.
Cendrasch wollte gerade wieder in Deckung gehen, da sich der Kopf der Bestie in seine Richtung bewegte, als ein Grollen, gemeinsam mit einem Erzittern des Bodens das Gebäude zum Ächzen brachte. Staub rieselte von der Decke herab, Balken knackten, hielten aber stand. “Das war knapp”, meinte der Zwerg mehr zu sich selbst, dennoch nickte sein Kamerad bestätigend. “Die Albernier treffen mit ihren Katapulten nicht immer das was sie wollen. Wir sind weit weg von der Mauer. So ein Orkendreck”, gab Cendrasch auf dem Hosenboden sitzend mit deutlicher Verärgerung hinzu.
Als er wenige Augenblicke später erneut hochkam, um hinaus zu blicken, kam nervöse Bewegung in den Karakil. Drei Männer, der Reiter unter ihnen kamen gerade aus dem gegenüberliegenden Haus. Der Paktierer, denn um einen solchen musste es sich zwangsläufig handeln, war ein großer Mann in einer Rüstung aus dunklem Leder. Sein schwarzer Umhang trug den roten, aufrecht schreitenden Mantikor auf goldenem Grund. ‘Ein Bluttempler’ fluchte der Hauptmann innerlich, doch was hatte er erwartet, dass es einfach werden würde? Die Männer die ihn flankierten trugen Kettenrüstungen, jedoch keine Wappenröcke, oder andere sichtbare Symbole die Cendrasch hätte zuordnen können. Vermutlich hatten sie sich aus der Stadt gestohlen und wollten nicht sofort als Feinde wahrgenommen werden, falls man sie aufgriff.
Eine weitere Gestalt trat auf den Innenhof. Es war ein schmächtiger Junge, welcher keine zwanzig Sommer gesehen haben konnte. Er trug Lumpen, war Barfuß und erbärmlich unterernährt. Ausgerechnet dieses Häufchen Elend schleppte eine offenbar schwere, eisenbeschlagene Kiste mit krummen Rücken in Richtung des Karakil, während der Templer schon wieder anstalten machte auf sein Reittier aufzusitzen.
Erst unmittelbar vor der Bestie nahmen die beiden Gerüsteten dem Jungen die Last ab. Einer gab ihm einen gewaltigen Tritt, so dass er im Staub landete, bevor er sich hastig auf allen vieren außer Reichweite brachte und wieder im Inneren des Hauses verschwand. Die Übeltäter wuchteten die Kiste in Richtung Sattel und der Templer verschnürte sie dort eiligst.
Nun wurde es Zeit für Befehle. Cendrasch blickte zu seinem Kameraden. “Schleiche hoch und sag den Schützen, sie sollen ihr Feuer auf den Reiter mit dem Umhang konzentrieren. Geschossen wird erst, wenn ich Zeichen gebe. Verstanden?” Der Mann nickte knapp und entfernte sich in gebückter Haltung.
Der Hauptmann spähte wieder nach draußen und registrierte wie der Karakil immer ungehaltener wurde über die Last die man ihm aufbürdete. Die Kiste mochte ihn nur wenig gestört haben, doch als die anderen Gestalten auf ihn stiegen, zischte und brüllte er das Cendrasch das Blut in den Adern gefror. Doch der Paktierer schien gar nicht vorgehabt zu haben, die beiden Gerüsteten mitzunehmen. Noch als sie dabei waren sich hinter ihm festzubinden, denn der Sattel war nur für eine Person gedacht, riss er einen langen, verborgenen Dolch aus einer Scheide im Stiefel und stach ihnen mit Präzision jeweils kurz hintereinander in den Hals, eine Tat die nicht nur von Können, sondern auch von Beweglichkeit sprach. Der Körper des Reiters verdrehte sich dabei so in sich, dass Oberkörper und Gesäß in die exakt die gleiche Richtung deuteten und Cendrasch mutmaßte, dass er keine Knochen besitzen konnte. Leblos glitten die Gestalten vom Leib des Karakil, nachdem der Paktierer ihre Halteseile zertrennt hatte. Hart schlugen sie auf den Boden. Nun kam endgültig Bewegung in den Dämon. Er streckte die riesigen, ledrigen Schwingen zur vollen Breite aus und begann mit ihnen zu schlagen. Staub wirbelte auf und der Zwerg musste blinzeln, um seinen Blick weiter auf der Szenerie halten zu können. Als die Bestie den vorderen Teil ihres Leibs, mit dem langen Hals nach oben streckte, machte er zwei schnelle Schritte vorwärts und hob träge ab.

“JETZT”, brüllte Cendrasch! Fast augenblicklich wurde der Reiter im Sattel sitzend von Bolzeneinschlägen erschüttert. Nicht jeder traf, was nicht verwunderlich war, doch mindestens zwei hatten ihr Ziel getroffen. Einer war zwischen seine Beine durch den Sattel in das gefahren, was bei dem Karakil am ehesten der Nacken sein mochte. Der Paktierer fiel nach vorne und der Karakil sackte ab, streckte seine Beine dem Boden entgegen und kam mit Wucht auf. Der Dämon bog seinen Hals nach hinten, so dass der grässlich anzusehende Schlangenkopf mit dem Horn darauf den schwer blutenden Reiter in Augenschein nehmen konnte. Das Vieh brüllte ihn an, Flüssigkeit aus seinem Maul besprenkelte den Leib auf seinem Rücken.
Doch Cendrasch hatte sich zu früh gefreut, der Paktierer zuckte kurz, dann rappelte er sich benommen auf, machte sogar anstalten sich einen der Bolzen aus der Seite zu ziehen, doch soweit ließ es der Karakil nicht kommen. Der Kopf der Bestie ruckte vor und biss seinem vermeintlichem Beherrscher einfach den Kopf ab. Das knackende Geräusch ließ den Zwergen kurzzeitig Übelkeit verspüren. Offenbar hatten die Schmerzen einen Kontrollverlust verursacht und der Dämon war anscheinend nicht bereit gewesen sich die ihm bietende Chance auf Unabhängigkeit auszulassen.
Der Karakil biss noch einige weitere Male zu und hob den angefressenen Leichnam aus dem Sattel, warf ihn achtlos von sich, nur um dann auch die Gurte zu zerreißen, mit denen der Sattel auf seinem Rücken befestigt worden war. Die Anfertigung aus gehärtetem Leder glitt hinab und landete gemeinsam mit der Kiste, die daran befestigt gewesen war, scheppernd auf dem Boden.
Befreit sprang der Schlangendämon einmal in die Luft und bog dabei den Rücken durch wie ein bockendes Pferd, dann nahm er ein paar Schritte Anlauf, hob seinen Leib mit kräftigen Schlägen seiner Schwingen in die Luft und verschwand alsbald zwischen den Häuserzeilen.

Der Hauptmann wartete einige Herzschläge, dann orderte er seine Hellebardiere zu sich. Die Schützen beließ er zur Deckung im Obergeschoss. Gemeinsam rückten sie auf den Innenhof vor und Cendrasch ließ die Kiste bergen und ins Haus schaffen, in dass sie sich sogleich wieder zurück zogen. War es einfach Kriegsbeute, mit dem sich der Templer hatten absetzen wollen, oder steckte mehr dahinter? Mit steigender Anspannung sah er wie seine Rechte das kleine Vorhängeschloss mit dem Knauf seiner Seitenwaffe aufhieb und er die gußeisernen Riegel öffnete.
Das erste was Cendrasch und die beiden Männer sahen, welche dicht bei ihm standen, war blitzendes Gold- Dukaten, Dublonen, Batzen und noch weit mehr. Auf den Unmengen an zu Münzen gepresstem Edelmetall lagen drei Pfeile und dem Zwergen war sofort klar, dass es keine gewöhnlichen waren. Sie trugen eine arkane Rune auf dem Schaft. Cendrasch kannte die Berichte, welche in Ôkdragosch existierten nur zu gut. Es waren Freipfeile. Verfluchte Magie lag auf ihnen. Sie waren das Dämonenwerk des Gegenspielers des Weißen Mannes. Unweugerlich fröstelte es dem Hauptmann und er verzog angewidert das Gesicht.
“Niemand rührt etwas an”, sagte er bestimmt, so dass alle ihn hören konnten. Dann fiel ihm ein kleines Stück Papier auf, welches in der oberen, rechten Ecke der Kiste aus dem Gold herausragte. Vorsichtig und mit deutlichem Unbehagen griff er danach. Cendrasch wollte es nicht, ja er sträubte sich innerlich gar dagegen, doch sie mussten wissen was es damit auf sich hatte.
Es war ein Umschlag, dies wurde schnell deutlich, als der Hauptmann das Papier langsam aus den Münzen herauszog. Er trug kein Siegel, doch prangte auch auf ihm ein arkanes Symbol. Mehr aus einem Impuls seiner Neugierde heraus, denn aus Vernunft, öffnete er den Umschlag und holte das gefaltete Stück Pergament heraus, welches sich in ihm befand.
Drei Reihen Schriftzeichen kamen zum Vorschein, als er es entfaltete, doch sie ergaben keinen Sinn. Die Abfolge der Buchstaben, welche dem Kusliker Alphabet angehörten formten keine Wörter, nur krudes Kauderwelsch. Dennoch glaubte Cendrasch das es sich dabei um Namen handeln musste, denn es waren drei Mal zwei Zeichenfolgen. Ja, so musste es sein, Vor- und Familiennamen.
Gerade wollte er den Zettel zurück in den Umschlag stecken, als die Schrift urplötzlich zu brennen begann und er das Papier aus einem Reflex heraus von sich warf. “Verfluchtes Drachenwerk”, fluchte der Hauptmann erschrocken. Er musste mit ansehen, wie das Pergament verbrannte. Kein Versuch die Flammen auszutreten waren von Erfolg beschienen. Achtlos warf er den zurückgebliebenen Umschlag in die Kiste zurück und donnerte verärgert den Deckel zu.
“Wir brechen augenblicklich auf. Es geht auf schnellstem Wege zurück ins Feldlager. Die Pfeile dürfen dem Feind nicht wieder in die Hände fallen!”