Dohlenfelder Thronfolgestreit - Planungstreffen

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Texte der Hauptreihe:
K28. Sieg
K95. Kajax
F25. Epilog
Autor: Reichskammerrichter, Geron, weitere


Nordmarken, 1033

Baronie Dohlenfelde, am Mittag des 11. Rondra 1033 BF

Im Rittersaal der Burg Dohlenhorst lag am Mittag des 11. Rondra auf dem großen Tisch lagen zwei Karten ausgebreitet: Eine Karte der Baronie Dohlenfelde und der Herzogenstadt Twergenhausen und eine Karte der Grafschaft Isenhag und der angrenzenden Baronien, beide von horasischen Kartographen gezeichnet.
Die Aufregung der vergangenen Nacht war verflogen. Alvide von Eichental und Hagen von Salmingen-Sturmfels waren unter vier Augen übereingekommen, die Tatsache, dass sie Halbgeschwister waren, geheim zu halten. Er würde darüber mit niemandem sprechen, abgesehen von seiner Ehefrau Ansoalda. Hagen hatte Entschuldigung seiner Schwester Alvide dafür, dass er in ihren Planungen übergangen wurde, akzeptiert – hatte er doch erkannt, dass sie ehrlich in seinem Interesse zu handeln versuchte. Und als Alvide ihm todernst gelobte, notfalls ihr Leben für den letzten Willen ihres Vaters zu geben, verflogen die letzten Zweifel bei Hagen. Seine Schwester war eine aufrechte Ritterin. Das war das Wichtigste. Nun galt es einen Krieg zu gewinnen.
Auf Burg Dohlenhorst wurde am Morgen viel gerätselt, warum Hagens Zorn so rasch verflogen war. Doch niemand hatte genug Phantasie, um der Wahrheit auch nur nahe zu kommen. Nun erklärte die fast 40jährige Baronin zu Sindelsaum ihrem 25jährigen Halbbruder die Lage und erläuterte die Geschehnisse der vergangenen Wochen. Solche Besprechungen und Planungen waren Hagens Sache nicht. Er liebte die Schlacht und den Zweikampf und am meisten die Tjoste. Nicht jedoch das Feldherrenhandwerk. Er war sehr froh, Alvide an seiner Seite zu haben. Und hatte dies ihr auch offen gesagt. Es waren zahlreiche weitere Adlige versammelt: Hagens Gattin Ansoalda war dort, zudem der junge Baron zu Galebquell und der ebenso alte wie erfahrene Baron zu Orgils Heim. Dazu kamen ein Dutzend weiterer Adliger und Offiziere.
Es lag eine gewisse Anspannung über der Versammlung. Dies lag daran, dass man wusste, dass Angronds Heer sich im benachbarten Nilsitz und auch in Weidleth sammelte und in wenigen Tagen die Grenze Dohlenfeldes überschreiten würde. Vermutlich am 15. oder 16. Rondra war mit einer Entscheidungsschlacht zu rechnen. Mehr Sorgen als der Angriff Angronds und seiner Verbündeten bereitete aber das erwartete Eintreffen eines Verbündeten: Seine Exzellenz Gorfang Reto vom Großen Fluss und von Brüllenfels, Herzoglicher Flussvogt, wurde auf Burg Dohlenhorst erwartet.
Am vergangenen Tag hatte dieser einen Offizier der Flussgarde auf die Burg geschickt, der darauf bestand, Baron Hagen zu sprechen – persönlich. Alvide ging zu diesem Zeitpunkt noch davon aus, dass Hagen in Wengenholm war, während die ganze Baronie und die Stadt glaubten, dass Hagen auf Burg Dohlenhorst weilte. Sie musste spontan reagieren und entschied sich, den Offizier im herzoglichen Rock zu vertrösten. Dieser reagierte barsch und kündigte wütend an, dass Seine Exzellenz am nächsten Tag selbst nach Burg Dohlenhorst zu reite gedenke und dann Baron Hagen sprechen wolle. Dass Hagen nur einige Stunden, nachdem der Offizier davongeritten war, auf Burg Dohlenhorst ankam, war einerseits eine glückliche Fügung – andererseits änderte es nichts daran, dass in Kürze ein erbostes Mitglied der Herzogenfamilie im Rittersaal stehen würde. Der Salminger Gardist, der vor dem Rittersaal Wache hatte, rief nur „Seine Exzellenz, der…“ in den Raum, als er recht unsanft von einem durchtrainierten Mittfünfziger mit vollem, dunkelbraunen Haar und akkurat gestutztem Vollbart beiseite geschoben wurde. Der Mann in der blau-grünen Uniform der Flussgarde polterte „Spare Dir Deine Ankündigung!“ und stapfte mit seinen schweren Reiterstiefeln in den Rittersaal, zielstrebig auf Hagen zu, ihm folgten zwei Offiziere der Flussgarde. Während Baron Hagen noch nach passenden Worten zur Begrüßung rang, sprach Gorfang Reto, der es offensichtlich nicht gewohnt war, warten gelassen zu werden, im süffisanten Ton der eleganten Elenviner Salons: „Wie schön, Euer Hochgeboren, dass Ihr Euch die Zeit nehmt, mich persönlich zu empfangen. Ich danke Euch herzlich. Ach war, ich danke Euch sogar allerherzlichst!“ Als er der anmutigen Baronin Ansoalda ansichtig wurde, die sich rasch nach vorne gedrängt hatte, um vor dem Vetter des Herzogs einen eleganten Knicks zu machen, wandte der Allwasservogt sich der jungen Leihenhoferin zu, verbeugte sich vor ihr und gab ihr einen Handkuss nach horasischer Manier: „Entschuldigt, Hochgeboren, dass ich Euch nicht früher ansichtig wurde. Selbstverständlich gilt der Hausherrin mein erster Gruß.“ Die Situation war sogleich entspannt, Ansoalda zwinkerte ihrem Gatten zu.
Es folgten längere Gespräche über das weitere Vorgehen in Dohlenfelde. Der Allwasservogt gab Hagen eine unmittelbare Schuld an der Eroberung der Wasserburg Schwarzfels durch Darian zu Lîfstein und dessen Schergen. Denn der Edle sei offensichtlich mit seinen Kämpfern über dohlenfeldsches Territorium gezogen, bevor er vor der Burg stand. Kein Grenzwächter, kein Zöllner Hagens habe der Burgbesatzung eine Warnung zukommen lassen. Dies sei ein sträfliches Versagen, Hagen habe offensichtlich seine Pflichten als Landherr vernachlässigt. Doch der Allwasservogt bot Hagen einen Ausweg an: Die sehr zahlreichen Truppen, die auf Burg Dohlenhorst, vor allem aber im Söldnerlager bei Altengrund versammelt waren, sollten sich dem Heerzug der Herzogenstadt Twergenhausen und der dort befindlichen herzoglichen Truppen anschließen. Damit sei die Schmach getilgt, die Hagen auf sich geladen habe. Einer der Offiziere des Allwasservogts, der mit der Lage in Dohlenfelde überraschend gut vertraut war, führte daraufhin aus, dass ein Aufstand der Gemeinen im Markt Dohlenfelde drohte, da der Edle Darian das Volk gegen Hagen und vor allem Twergenhausen aufgebracht hätte, und dabei sogar vom Ritter zu Darlinstein unterstützt wurde. Einzig die Anwesenheit des legitimen Barons zu Dohlenfelde könnte womöglich ein Massaker verhindern – denn dies wäre unausweichlich die Folge, wenn die Gemeinen sich dem Heer Twergenhausens entgegenstellen würden.
Alvide verneinte ganz deutlich die Vorwürfe des Allwasservogts, stritt jegliche Mitschuld des Barons Hagen ab. Und viele der Anwesenden waren verwundert darüber, wie vehement die Koschbaronin Hagen in Schutz nahm. Außerdem betonte Alvide, dass es vor allem darum ginge, Angrond und sein Heer zu schlagen, dass man alle Zeit der Götter hätte, sich um die Schwarzfels zu kümmern. Der im Markt Dohlenfelde und in Mühlenheim drohende „Volksaufstand“ sei doch nichts weiter als Waschweibergeschwätz. Dass die dortigen Bauern und Handwerker mit der Herrschaft Hagens nicht allzu glücklich seien, sei kein Geheimnis, da sie Hagen als Freund der Erzweilerer betrachteten. Aber dennoch würden sie die praiosgefällige Ordnung nicht in Frage stellen, dafür würde schon die Hochgeweihte des Dohlenfelder Praiostempels, Ihre Hochwürden Gratfride Praiodera von Föhrenstieg, sorgen.
Doch es half alles nichts, der Allwasservogt bestand darauf, dass Hagen und seine Truppen sich am Zug gegen Burg Schwarzfels beteiligen würden. Schließlich forderte Alvide: „Exzellenz, einverstanden, auch meine braven Koscher werden zur Schwarzfels marschieren. Aber unter folgender Bedingung: Dass die Flussgarde nicht in die Kämpfe zwischen Hagen und Angrond eingreifen soll, ist für mich schwer nachvollziehbar, aber letztendlich Eure Entscheidung. Aber den Truppen der herzoglichen Vögte solltet Ihr es nicht nur freistellen, auf Hagens Seite zu streiten, sondern diesen solltet Ihr es auch anempfehlen.“
Der Allwasservogt war forderndes Auftreten von nordmärkischen Adligen nicht gewohnt, aber diese Alvide war ja auch eine Koschbaronin. Und sie wusste offenbar genau, was sie wollte. Außerdem war ihm klar geworden, dass ihr die zahlreichen und kampfstarken Koscher Söldner in Altengrund unterstanden, und nicht direkt Hagen. Und auf diese Söldner und die Koscher Geschütze hatte er spekuliert, nicht auf die Erzweilerer Landwehr und die Handvoll Gardisten Hagens. So antwortete er: „Nun gut, Hochgeboren Alvide. So soll es sein. Ich werde den Vögten Seiner Hoheit und ihren Streitern anempfehlen, sich dem Heer Baron Hagens anzuschließen, um den Usurpator Angrond im Felde zu besiegen – sofern dieser überhaupt so dreist sein wird, gegen Kämpfer in des Herzogs Rock das Schwert zu erheben.“ Hagen hatte damit einen großen Erfolg errungen. Herzogliche Kämpfer würden in seinen Reihen stehen, wenn es zur Entscheidungsschlacht käme. Würden Angrond und seine Verbündeten es tatsächlich wagen, gegen diese zu streiten?
Die Diskussionen hatten sich letztendlich bis in den Abend gezogen. Der Allwasservogt blieb noch bis nach dem festlichen, ihm zu Ehren aufgetragenen Mahl auf Burg Dohlenhorst. Aber schon am späten Nachmittag hatte Alvide ihre Söldnerhauptleute darüber informiert, den nächsten Tag zu nutzen, um das Lager bei Altengrund abzuschlagen. Man würde entgegen der ursprünglichen Pläne gen Schwarzfels ziehen.