Dohlenfelder Thronfolgestreit - Hagens Heer zieht auf

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Texte der Hauptreihe:
K28. Sieg
K95. Kajax
F25. Epilog
27. Bor 1032 BF
Hagens Heer zieht auf
Furchtbare Neuigkeiten


Kapitel 30

Der Sturm bricht los
Autor: Reichskammerrichter, weitere

Nordmarken

27. Boron 1032 BF

Mochte jemand noch Zweifel daran gehabt haben, dass dies nicht der Wille Bernhelms sein konnte, er brauchte nur von den Zinnen des Bergfrieds von Dohlenhorst hinunter zu blicken, um den Beweis zu erkennen. Der Bernhelm, den Roderich einst gekannt hatte, er hätte niemals ein solches Heer, wie es zu Füssen der Feste nun aufzog auf seinen Landen geduldet, nicht als Feinde, nicht als Verbündete. Niemals hätte er es Dohlenfelde derart schänden und heimtückisch überfallen lassen. Dass es dazu kommen würde, war Roderich gewiss, dass es Hagens Last war, auch.
„Da liegt der Herr darnieder, und schon macht sich die Brut über den Leib des Landes her“, erinnerte sich Roderich mit Abscheu an eine Zeile eines Gedichtes, dass er einst gelesen hatte. Es stammt aus der kaiserlosen Zeit und hatte sich unter anderem auch mit tragischem Schicksal eines seiner Ahnen befasst.
Roderich lies eines der Geschütze abfeuern. Die Rotzen würden wenig Nutzen haben, denn sie waren auf den Fluss gerichtet.
Angrond hatte es, wie sein Vater, versäumt, die Geschütze der Feste neu auszurichten oder zumindest die Möglichkeit vorzusehen. Dass das Geschütz überhaupt noch brauchbar war, kam einem Ingerimm-Wunder gleich.
So hatte Roderich als Begrüßung auch ein brennendes Geschoss auf kurze Reichweite abfeuern lassen. Damit würden sie den Belagerern kaum schwer zusetzen können, doch es mochte sie zunächst verschrecken.
Sollte die Belagerung länger andauern, er würde das Geschütz umzusetzen versuchen lassen. Er machte sich aber keine großen Hoffnungen. Dem einzigen dem er es aufgrund seiner Herkunft noch zutrauen mochte dies zu bewerkstelligen, war Muragosch, und dieser hatte sich mit seiner Familie und einer geladenen Armbrust in seiner Kammer verschanzt. Roderich hatte ihn daran nicht gehindert, man wollte sich gegenseitig nicht im Weg stehen.
Ein Bote kam die Weg der Feste heraufgeritten.
Baronness von Liepenstein, übergebt dem Herrn die Nachricht, die ich vorbereitet habe, und vergesst den Dolch nicht. Kein weiteres Wort bezüglich Eures Herrn oder wer sich auf der Burg befindet. Mehr ist nicht zu sagen, nicht zu tun. Wir müssen für Angrond und die seinen Zeit gewinnen. In zwei bis drei Tagen können sie mit etwas Glück ein Boot in Nilsitz nehmen. Von da an sind sie so gut wie in Sicherheit in Eisenhuett.“

28. Boron 1032 BF – Abends

Roderich wirkte gefasst, doch innerlich war er außer sich.
Es war noch der Abend des gleichen Tages, an dem Hagen und seine Verbündeten überraschend vor Burg Dohlenhorst aufgezogen waren. Selten hatte man so viele Möglichkeit gehabt und wieder vertan wie an diesem Tag.
Roderich befand sich auf dem Burgfried und versuchte auszumachen, ob man den Schaden, der angerichtet wurde, bereits erkennen konnte. Der Nieselregen prasselte weiter auf die Dächer der Burg und benetzte auch Roderichs Antlitz. Ein kalter Wind blies zudem unangenehm kalt über die Plattform des Burgfrieds. Er konnte nur hoffen, dass Efferd ihnen gewogen war und seinen Zorn über die Lande am Großen Fluss in den kommenden Tagen nachdrücklich zum Ausdruck bringen würde.
Die Belagerer waren noch nicht übergegangen, die Mauern zu erstürmen oder mit ihren beiden Rotzen zu beschießen. Das würde wohl noch kommen. Es war ein anderer Schaden, ein weit schwerwiegender, als jener, den der Kriegshaufen Hagens Burg Dohlenhorst zufügen konnte, der Roderich Sorgen bereitete.
Er hatte Ituberga von Liepenstein, die Burghauptfrau Angronds, auf den Turm kommen lassen. Sein Blick galt nicht dem Heer gen Firunrahja, bemerkte die Burghauptfrau, sondern war gen Efferd gerichtet. Sie konnte aber nicht erkennen, worauf seine Aufmerksamkeit genau gerichtet war, die Sicht war zu trüb. Das mochte auch besser sein. Sie mochte es sich jedoch denken.
Roderich war die Ankunft der Burghauptfrau nicht entgangen, und er wandte sich von der Brüstung ab. Sein Blick war ernst. Missbilligung war im Schein der Sturmlaterne in seinen Augen zu erkennen.
„Seid Ihr zu einer Jüngerin Noionas geworden?“ begann Roderich ohne Umschweife. Es war in familiären Kreisen bekannt, dass Ituberga mit Roderich nicht sonderlich gut auskam. Meist mochte man sich aus dem Weg gehen, hier musste man sich arrangieren. Roderich hatte sie bisher jedoch höflich und wohlwollend behandelt. Im lag mehr an einem guten Verhältnis.
„Was habt Ihr Euch dabei gedacht, Erlan von Sindelsaum auf die Burg zu lassen? Waren meine Anweisungen nicht deutlich genug? Waren sie womöglich nicht verständlich für Euch, als ich Euch nach dem Boten am Morgen sagte, es werde ab dann niemand mehr empfangen und mit niemanden außerhalb der Mauern Höflichkeiten ausgetauscht, ehe ich es nicht anders wünsche?“
Den ersten Boten hatte man nicht gleich fortgeschickt, das war Roderich recht gewesen. Der übergebene Dolch war ein deutliches und wohlüberlegtes Zeichen. Doch der Tag war nicht verstrichen und seine Anweisungen schon schwerwiegend übergangen.
Roderich wurde nicht laut, doch sein Ton klang arrogant und anmaßend in den Ohren Itubergas.
„Was maßt Ihr Euch an? Immer noch bin ich Burghauptfrau auf Dohlenhorst und schon Baron Bernhelm von Sturmfels ernannte mich dazu. Euch, einem Edlen, habe ich keine Erklärungen zu geben!“
Roderich war gemeinhin nur unter seinem Titel als Edler von Quakenbrück, Herr über ein kleines Gut mitten in der Baronie Eisenhuett bekannt und ließ sich üblicherweise auch nicht anders vorstellen oder mit mehr als Wohlgeboren anreden.
Gleichwohl Roderich der Schwiegervater Angronds war, sah die Burghauptfrau von Dohlenhorst und Baroness von Liepenstein, hier niemanden, der sich über ihr stellen konnte. Sie konnte es besser wissen.
"Um Euch dies noch einmal zu erklären: Ich bin Sohn des vormaligen Barons von Eisenhuett, Bruder des Barons von Eisenhuett, mein Sohn ist Baron von Lyngwyn und ich selbst bin Erbe von Eisenhuett“, denn nichts anderes bedeutete der Titel Edler von Quakenbrück. Den Junkertitel des Stammgutes führte stets der amtierende Baron von Eisenhuett, den Edlentitel sein Nachkomme oder zumindest Erbe. Roderich legte jedoch wenig Wert auf Titel oder die eben erläuterte Aufzählung. Die Werte die tatsächlich dahinter standen, an diesen war ihm gelegen.
„Und wenn Ihr es nicht mit Eurem Unverstand verhindern werdet, so wird auch meine Tochter dereinst rechtmäßige Baronin von Dohlenfelde an der Seite ihres Gemahls sein!“
Die Krönung fand bereits vor zwei Jahren statt, doch ohne den Eid gegenüber der Lex Zwergia, bezeugt vom Grafen des Isenhags, war das noch nicht viel wert.
„Euer Herr Angrond, bestimmte mich zudem in Eurer Anwesenheit als seinen Vertreter. Ihr werdet also sehr wohl Anweisungen eines Edlen entgegennehmen. Und ab nun werden das alle sein, die ich Euch gebe. Bei Praios, Ihr habt durch Euer törichtes Handeln nicht nur das Leben Eures Herrn, sondern auch das meiner Tochter und Ihrer Nachkommen gefährdet. Ihr mögt wählen, ob ich es Eurer Dummheit oder verräterischen Absichten zusprechen soll. Doch solltet Ihr erneut derart fehlen, dann werde ich selbst die Wahl treffen und die Konsequenzen daraus ziehen.“
Itubergas Gesicht wurde rot vor Wut. Sie konnte dem nicht viel entgegen bringen.
Roderich hatte nicht geringen Einfluss innerhalb der Familie Quakenbrück, und die Familie Quakenbrück hatte nicht geringen Einfluss im Isenhag und manch befreundeten Familie, aber auch benachbarter Baronie. Er mochte nicht mehr als ein Edler sein, doch wäre dies ein Boltanspiel auf dem Turm, Roderich hätte wohl alle Karten in der Hand.
Zwar vertraute Ituberga der Burgwache, doch einer ihrer Leute musste die Vorkommnisse und vor allem die letzten Worte des Barons von Sindelsaum an Roderich herangetragen haben. Wie es auch geschehen war, er hatte sie nun in der Hand.
Würde Angrond von den Schergen Hagens tatsächlich eingeholt werden, sie hatte keinen Zweifel daran, Roderich würde ihr die Verantwortung auferlegen. Und sie hatte keine Möglichkeit, diese von sich zu weisen. Ihre Wut wuchs ob dieser Ohnmacht nur umso mehr.
Kurz flackerte ein Gedanke in ihr auf. Die Brüstung des Burgfriedes war nicht sonderlich hoch, umso mehr der Turm selbst. Einen Sturz in die Tiefe würde man nicht überleben. Der Wache, die sie begleitet hatte, vertraute Ituberga zudem. Es würde jedoch nichts ändern und die Schuld letztlich erneut auf sie fallen. Sie würde dadurch nichts gewinnen.
Kurz in ihren Gedanken gefangen bemerkte sie, dass Roderich sie nicht aus den Augen verloren hatte. Sein Blick war misstrauisch auf ihr Gesicht gerichtet. Hatte er unter seinem Mantel die Hand an den Dolch gelegt?
„Nun ist es geschehen. Wir wollen aber dennoch am vereinbarten Vorhaben festhalten, mehr können wir nicht tun. Also folgt meinen Anweisungen!“, waren die beschwichtigenden Worte Roderichs.
Er verstand es allerdings, zu befehlen. Er mochte vergleichsweise wenig Erfahrung in Kriegsdingen haben, doch in Abwesenheit seines Bruders war er dessen Vogt und in dessen Anwesenheit sein Lehnsvot und Berater. In Eisenhuett folgte man seinen Anweisungen.
„Heute Nacht werden die Wachen so aufmerksam sein, als würde der Namenlose vor den Toren stehen.“
In Roderichs Augen machten die Schergen Hagens, die er als Werkzeug Charissias sah, womit er mit Ituberga übereinstimmte, nur einen geringen Unterschied zu Kriegsknechten im Sold eines Anhängers des Rattenkindes. Nur diesen vor dem Burgtor war es schwerer anzulasten.
„Ich selbst werde darauf achten, dass sich keiner Bishdariel hingibt und nachhelfen, wenn es doch geschehen sollte. Dem Tandoscher Piratenpack ist alles zuzutrauen, selbst dass sie sich in solch einer Nacht über die Mauern zu schwingen versuchen. Und auch morgen am Tag und auch in der folgenden Nacht und Tag wird es nicht anders sein. Wer es wagt, sich der Feste zu nähern, der soll mit Pfeilen und Bolzen herzhaft begrüßt werden. Wir wollen da auch nicht mit sparen! Wir müssen kaum mehr als zwei Wochen aushalten.“
Roderich hoffte es anders, und würde die Burg auch länger halten, wenn es sich ergab. Dohlenhorst konnte ob seiner Bauweise und Lage einem überlegenen Heer lange genug stand halten. Hagen verfügte zudem nur über wenige Kriegsmaschinen, und es würde ihm unmöglich sein, die Mauern der Feste zu untergraben.
Doch zwei Wochen mochten schon reichen, befand Roderich. Weiteres würde man dann entscheiden. Das Heer Hagens über den Winter an die Burg zu ketten und auszuzehren, sowohl was die Mägen der Kämpfer als auch den Säckel Hagens anging, konnte für einen späteren Zeitpunkt von Vorteil sein.
„Das Gesinde soll die letzten Vorräte in den Burgfried herein tragen. Und lasst einen großen Kessel im Torhaus der Vorburg auf setzen und auch einen im zweiten Torhaus. Wasser haben wir dank Efferd genug, wir wollen es mit Ingerimms Element für jede Narren vorbereiten, die meinen die Tore in den kommenden Tagen berennen zu wollen. Sie sollen einen warmen Empfang erhalten. Die kommenden Tage soll daher stets genug Holz bereit liegen.“
Roderich machte nur eine kurze Pause, gab Ituberga jedoch keine Gelegenheit, zu antworten.
„Und Gnade Euch der Götterfürst, dass Angrond und die Seinen noch rechtzeitig Nilsitz erreichen!“
Kalman von Nilsitz hatte sich schon früh zum Streit geäußert. Sein Wohlwollen galt von vornherein Angrond, den er über die Jahre als guten Nachbarn kennen gelernt hatte. Auch mochte der alte Vogt in seinem Umfeld wenig Unruhen und große Veränderungen leiden. In einen bewaffneten Konflikt würde sich der Vogt sicher nicht hineinziehen lassen, seine Verantwortung galt dem Grafen. Doch Angrond und Isida würden ab Nilsitz in Sicherheit sein, Kalman würde sie weder den Kopfgeldjägern Hagens überlassen, noch dessen Kriegsvolk auf seinem Grund dulden.
„Ich hoffe, Ihr habt nun alles verstanden und werdet nicht erneut fehlen!“
Roderich Blick glitt von Ituberga kurz auch zur Burgwache hinter ihr. Er wusste wohl, dass die Soldaten hinter ihrer Burghauptfrau standen. Doch welche Loyalität war ihnen die Entscheidende, jene zu ihrem Herrn Angrond oder jene zur Burghautfrau? Er mochte sie heute nicht auf die Probe stellen und hoffte, auch nicht in den kommenden Tagen. Wenn es darauf hinaus lief, würde er jedoch die Herausforderung nicht scheuen. Gleichwohl er Ituberga selbst im Kampf sicher unterlegen war und seine zwei bewaffneten Begleiter kaum etwas gegen die Burgwache würden ausrichten können.
Sich gegenseitig zerfleischen durften sie sich jedoch nicht. Es würde ein falsches Zeichen für die Anhänger Angronds sein. Er musste also Ituberga in die Schranken weisen, dabei allerdings Nachsicht zeigen. Die Burghauptfrau erwiderte den Aussagen Roderichs nichts. Kaum merklich nickte sie, ihr Stolz war nicht gering, um sich dann den Turm herunter zu begeben.
Das letzte Wort war jedoch nicht gesprochen, das wusste Roderich. Er selbst verweilte noch einen Moment auf dem Turm und versuchte in der Ferne etwas zu erkennen. Unmöglich.
Er begab sich sodann noch einen Moment in der Kapelle dem Gebet widmen und dem Götterfürsten um Beistand zu bitten. Dann machte er sich selbst daran, seinen Aussagen nachzukommen. Diese Nacht würden sie nur wenig Schlaf bekommen.

28. Boron 1032 BF – Morgens

Die Geschütze der Belagerer hatten bereits früh begonnen zu feuern, doch das war kein Ärgernis.
Zwei Rotzen, mehr schienen sie nicht zu haben, mochte für eine Feste, deren Baumeister Drachen fürchteten, nur einen geringen Schrecken einjagen. Die abgefeuerten Feuertöpfe waren dabei die geringste Gefahr, wenn sie auf den nassen Schieferdächern auftrafen und bald selbst erloschen, ohne Schaden anzurichten. Man musste nur darauf achten, dass sich niemand auf dem Hof befand und diesen ein unglückliches Schicksal ereilte.
Roderich ballte die Fäuste zusammen. Vom Bergfried aus konnte er eine Schar Reiter erblicken, die sich gen Efferd begab. Einer der Wächter hatte sie gesehen und Roderich hatte die Stufen zur Plattform in zweien und dreien genommen.
Die Bedeutung der Reiter konnte sich Roderich leicht erklären. Sie waren nicht aus, um zu kundschaften, nicht aus, Verbündete zu suchen, wo es keine gab. Das war eine Jagd.
Die Schändlichen hatten sich aufgemacht Angrond zu verfolgen. Roderich bettete, dass Phex Angrond und den Seinen beistand, Praios die Verfolger blendete oder Efferd sie ersäufen möge.
Beide Schicksale hätten sie verdient. Gesindel, dass unter gemeinem mit den Bannern Eisensteins und Tandoschs focht. Pack, das sich mit Frylinde und Charissia von Salmingen eingelassen hatte.
Er wusste nicht welche Schlange ihm ein größeres Ärgernis war.
„Praios vergib!“ sprach Roderich zu sich selbst.
Er hatte sich gehen lassen. Er war zwar nicht allein auf dem Burgfried, doch die Wache hatte wohl nichts bemerkt. Dennoch konnte er sich in dieser Lage nicht gehen lassen.
Die feige Brut vor den Mauern Dohlenhorst würde ihre gerechte Strafe noch erhalten, er durfte sich aber nicht dem Zorn hingeben.
Er strich sich mit der kalten nassen Hand durch Gesicht und Haar. Was immer geschah, er musste einen kühlen Kopf behalten, das Schicksal Angronds und Isidas konnte er nicht mehr beeinflussen.
„Erwähnt nichts gegenüber der Burghauptfrau!“ war der eisige Befehl an den Wächter.
Roderich hatte seine Position bereits dargelegt, diese Beobachtung würde die Wunde nur erneut aufreißen, ohne etwas bewirken zu können. Sollte Angrond aufgrund Itubergas Dummheit letztlich doch in die Hände Hagens fallen, Roderich hätte dann immer noch Gelegenheit sie dafür zu strafen.