Dohlenfelder Thronfolgestreit - Der zweite Tag

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Texte der Hauptreihe:
K28. Sieg
K95. Kajax
F25. Epilog
13. Tra 1032 BF
Der zweite Tag
Ein heikler Auftrag


Kapitel 12

Ein Angebot

Salmingen, 1032

Nachdem die Gespräche am ersten Tage des Treffens am 12. Travia 1032 BF bis in die späte Nacht angedauert hatten, und im Anschluss noch ein Barde koscher und nordmärkische Weisen vortrug, dauerte es am nächsten Morgen recht lange, bis sich die Gäste Hagens von Salmingen-Sturmfels´ im prächtigen Grafensaal der Burg Salmingen eingefunden hatten.
An diesem Tag war eine Sauenjagd an den Rändern des Dunkelwaldes geplant – wirklich tief in den angeblich verfluchten Wald hatte sich ohnehin noch nie jemand gewagt, und die Vorsicht war seit dem Tode Bernhelms von Sturmfels im Ingerimm 1029 BF in ebendiesem Gehölz und den unheimlichen und erst recht den bis heute nicht aufgeklärten Geschehnissen im Praios dieses Jahres nur noch größer geworden.
Die Jagd begann in der Mittagsstunde und dauerte bis in den frühen Abend, der 13. Travia 1032 BF war ein goldener Herbsttag, den nur wenige vom Beleman schnell über den Kosch dahingetriebene Wölkchen trübten. Am Abend konnte man im flackernden Fackelschein auf dem Innenhof der mächtigen Burg Salmingen eine ansehnliche Strecke bewundern, dem Herrn Firun zum Wohlgefallen und den Jägern zum Ruhme. Die Edeldamen und -herren, die sich besonders mit dem Sauspieß hervorgetan hatten, konnten sich vor Beglückwünschungen kaum retten, aber manch ein Anwesender war auch einfach nur neidisch auf den Erfolg der anderen. Die Gesellschaft zog sich zum gemeinsamen Mahle wieder in den Grafensaal zurück.
Wie am Abend zuvor wurde der größte Teil des Raumes durch die U-förmige Rittertafel eingenommen, an deren Kopfende die beiden aus Blutulmenholz gearbeiteten Stühle der Baronin und des Barons zu Dunkelforst standen. Zahllose Kerzen erhellten den Tisch, der sich unter den Wein- und Bierkrügen bog, und auf dem sicherlich genügend Wildbret stand, dass niemand zum Brot greifen musste.
Ein guter Teil der Gäste war wie am Tage zuvor von den mit äußerster Kunstfertigkeit an die gewölbte Decke des Saales gemalten persönlichen Wappen aller Barone und Baroninnen zu Dunkelforst angetan, von denen selbst die ältesten, tausend Jahre alten, noch in schillernden Farben erstrahlten – offensichtlich Magie oder gar ein Wunder der Hesinde. Wer genau hinschaute, mochte bemerkten, dass die die vielen Dutzend Wappen, die sich wie die göttliche Schlange der Weisheit spiralförmig vom höchsten Punkt des Gewölbes, das einem Hexagramm der Elemente vorbehalten war, in wohlgefälliger Weise nach unten wanden, ein wenig heller erstrahlten als am Tage zuvor. Ob dies nun daran lag, dass die Patronin des Hauses Salmingen, die Herrin Hesinde, mit besonderem Wohlwollen auf die Gesellschaft schaute – oder einfach nur daran, dass mehr Kandelaber als am 12. Travia den Saal erhellten, lag im Auge und in der Gläubigkeit des Betrachters.
Einige neue Gäste waren im Laufe des zweiten Tages der Versammlung der Verbündeten Hagens in der Baronie Dunkelforst eingetroffen, die Hagen und seine Gattin Ansoalda von Leihenhof nun beim Bankett herzlichst vor aller Augen willkommen hießen und den bereits Anwesenden vorstellten.
Besonders begrüßten sie Ihre Hochgeboren Praiodara von Wolfsstein-Föhrenstieg, die Baronin zu Wolfsstein, deren Ehemann, der Baron zu Wolfsstein, sich für die Seite Angronds entschieden hatte. Auch hier entzweite der Streit um Dohlenfelde also eine alte nordmärkische Hochadelsfamilie. Kaum abwarten, die Baronin aus dem Gratenfels’schen selbst begrüßen zu dürfen, konnte der Knappe Hagens – war er doch der Sohn der für ihren Praiosglauben bekannten Baronin:
Seine Hochgeboren Lucan Firunius von Wolfsstein, der bis zum Tode Baron Bernhelms Ende 1029 BF dessen Knappe und auch Zeuge seines Todes war, nahm nach dem Tod seines Schwertvaters das Angebot Hagen von Salmingen-Sturmfels’ an, und setzte seither bei diesem seine Ausbildung fort.
Nachdem die neuen Gäste förmlich willkommen geheißen waren, schilderte Frylinde in einer längeren Rede die Ergebnisse der Besprechungen des Vorabends. Alle auf Burg Salmingen Versammelten standen ohne Zweifel hinter Hagens Anspruch, und waren daher übereingekommen, dass eine jede Lösung des Thronfolgestreits Angrond keinerlei Gelegenheit geben dürfe, seinen Anspruch durchzusetzen. Zu viel stand auf dem Spiel.
Der Baron zu Tandosch hatte dafür gesorgt, dass die Herzogenstadt Twergenhausen in den Mittelpunkt der Überlegungen gerückt war: Sollte es gelingen, die Stadt auf Hagens Seite zu bringen, eröffnete sich die Möglichkeit, auf dem Großen Fluss weitgehend unbemerkt Truppen bis quasi direkt vor das Burgtor Angronds zu befördern. Der überraschte Usurpator hätte keine Gelegenheit, seine Landwehr zu mobilisieren oder gar Verbündete zusammenzurufen, die Baronie wäre weitgehend in Hagens Hand, bevor Angrond auch nur reagieren könnte. Zur Umsetzung dieses Planes waren drei Dinge nötig:
Schlagkräftige und verlässliche Truppen, Schiffe zum Transport der Streiter und Pferde – und schließlich die Unterstützung der Stadt.
In ersterer Sache kam es zur freudigen Entwicklung, dass zahlreiche Alliierte Hagens bereits Kämpfer zugesagt hatten. Die Streiter aus Eisenstein und Galebquell – der Baronie von Hagens Schwager Roklan – sollten nicht vergessen werden, innerhalb Dohlenfeldes schließlich konnte Hagen auf die Notablen und Bewohner des Junkerguts Erzweiler, vertreten durch den Ritter von und zu Maringen, rechnen, die es Angrond nicht verziehen hatten, dass dieser am 1. Efferd 1030 BF seine Krönung nicht – wie Hagen und Bernhelm und dessen Vorgänger – im Rondratempel zu Erzweiler, sondern im Praiostempel zu Dohlenfelde vollziehen lassen hatte.
Als problematisch wurden die beiden von Angrond und seinem Vasallen, dem Ritter zu Schwarzfels, besetzten Burgen Dohlenhorst und Schwarzfels am Darlin betrachtet. Hier sollten sich aber mit Sicherheit die Sappeure bewähren, die das dem Hause Salmingen seit Generationen verbundene Haus Sindelsaum aus dem Kosch angeboten hatte. Fast jeder der Anwesenden war zudem bereit, Söldner für die Eroberung Dohlenfeldes anzuheuern. Auch auf Schiffe konnte man durch die Unterstützung des Barons zu Tandosch hoffen, auch wenn es fraglich erschien, ob dessen Transportkapazität für das Vorhaben ausreichend war.
Als wichtigstes Problem blieb Twergenhausen. Ohne die Unterstützung der Stadt – die zumindest den Schiffen, die Hagens Truppen herbeischafften, Liegestellen bieten musste, war der Feldzug undurchführbar.
Aber sollte alles so klappen, wie es geplant war: Dohlenfelde wäre Ende Boron in Händen Hagens, und Angrond hätte kapituliert, oder wäre aufgrund des einbrechenden Winters ohne Hoffnung auf Entsatz auf Burg Dohlenhorst eingeschlossen.
Der Erfolg wäre so gut wie sicher – wenn Twergenhausen, wie gesagt, davon zu überzeugen wäre, Hagen zu unterstützen. Sollte Twergenhausen neutral bleiben, könnte man immerhin im kommenden Frühjahr versuchen, Dohlenfelde über die Via Ferra aus dem Rabensteinschen oder über das Junkergut Finsterklamm östlich der Baronie anzugreifen. Sollte Twergenhausen aber offen auf Angronds Seite wechseln – die Konsequenzen wären kaum auszudenken. Darum hatte man gleich bei Sonnenaufgang eine Brieftaube von Burg Salmingen nach Ferdokgeschickt, hatte doch der Baron zu Tandosch die wertvolle Information, dass dort im Kontor des Twergenhäuser Handelshauses Gliependiek Throndwig Gliependiek, das älteste lebende Kind des Bürgermeisters Perval Gliependiek und dessen voraussichtlicher Nachfolger, zu Geschäftsverhandlungen weilte.
Der Patrizier, Jahrgang 987 BF, der einen Kriegerbrief besaß und auch eine juristische Ausbildung hinter sich hatte, war für seine Arroganz und Machtgier weithin bekannt. Sicherlich kein einfacher Gesprächspartner, aber immer noch einsichtiger als sein Vater Perval und zudem kein Freund Angronds. Throndwig war bereits am Nachmittag, während Hagen und seine Gäste noch auf der Jagd waren, auf Burg Salmingen eingetroffen, und Frylinde hatte bereits zusammen mit Ihrer Hochwürden Sephira Birninger, der Hohen Lehrmeisterin des Hesindetempels zu Salmingen, mehrere Stunden mit ihm über die Situation gesprochen. Hagen war sehr froh gewesen, dass seine Mutter ihm diese unangenehme Aufgabe abnahm.